Pro:
Thematik; realistisch; authentisch; Beleuchtung vieler Probleme und Charaktere; kein Gejammer; Denkanstoß; lockere Sprache; abwechslungsreich; Charaktere; Kapitel; Rückblick; erweckt Mitgefühl;
Kontra:
Aherns Schreibstil an manchen Stellen; Erzählung in der dritten Person;
Empfehlung:
Ja
Holly und Gerry sind ein glückliches Paar. Natürlich gibt es in jeder Beziehung Höhen und Tiefen, so auch bei den beiden, jedoch stellt ihre etwas Besonderes dar. Als Gerry dann plötzlich an einem Gehirntumor erkrankt und sich herausstellt, dass er in wenigen Monaten sterben wird, beginnt die innigste und gleichzeitig schlimmste Zeit für Holly - sie muss tapfer sein für ihren Mann, um ihm die restlichen Tage seines Lebens so leicht wie möglich zu machen, gleichzeitig kämpft sie auch mit sich selbst, weil sie weiß, dass sie eines Tages nicht mehr neben ihm aufwachen wird.Gerry stirbt in ihren Armen und das Einzige, was Holly verspürt, ist diese unsagbare Leere. Und genau da setzt die Handlung von "P.S. Ich liebe dich" ein.
Kein Schmerz der Welt lässt sich in den folgenden Sekunden, die sich für Holly wie lange, finstere Jahre anfühlen, mit einem anderen vergleichen. Sie hat das höchste Glück ihres Lebens verloren und konnte nichts dagegen tun. Das Einzige, was ihr Leben jetzt noch ausfüllen kann, ist, ständig an Gerry zu denken. Denn die Erinnerungen, seinen auch Monate nach seinem Tod ungewaschenen Bademantel und die Schuhe, die er ihr geschenkt hat, sind das Einzige, was ihr Sinn gibt. Und die Erinnerungen an früher werden mit jedem Tag weniger, sie greift nach diesen kostbaren Einzelteilen, doch immer wieder fliegt eines dieser Teile unwiderrufbar in die unendliche Weite. Holly hat zudem keinen Job mehr, fristet einfach nur noch ihr Dasein, isst nichts mehr und lässt sich völlig gehen. Bis zu dem Tag, an dem ihre Freundin Sharon zu ihr kommt und sie aus ihrem geistigen Tiefschlaf weckt. Holly rafft sich auf und versucht , ihr Leben neu zu organisieren.
Dabei stöst sie auf zehn Botschaften von Gerry, die er ihr hinterlassen hat. Für jeden Monat des kommenden Jahres eine. Als Holly seine erste Nachricht am Strand neben ihrem Elternhaus liest, ist sie hin und weg und kann sich vor Freude, doch noch etwas mehr von Gerry zu haben, kaum noch bewegen. Von diesem Augenblick an ist ihr der Erste des Monats, an dem sie einen weiteren Brief von ihrem Geliebten lesen darf, das Heiligste. Er lässt sie trotz des Schicksalsschlages wieder Glück empfinden, an alte Zeiten erinnern und auch nach vorne blicken. Durch ihn kann Holly sich endlich aufraffen, sich einen erfüllenden Job zu suchen. Gerry denkt dabei auch an Kleinigkeiten, zum Beispiel, dass sich seine Frau doch bitte eine Nachttischlampe kaufen soll, damit sie sich in Zukunft nicht mehr die Zehen am Bett anstößt, wenn sie schlafen geht. Durch seinen letzten Brief beweist Gerry zudem sehr viel Mut: er wünscht Holly das Beste, gleichgültig, was passiert. Sie soll glücklich sein, auch mit einem anderen Mann, wenngleich sie sich das im Moment noch nicht vorstellen kann.
Für Holly beginnt ein völlig neuer Abschnitt, den sie alleine, teilweise mit ihren Freundinnen Sharon und Denise, mit ihren unterschiedlichen Geschwistern und auch mit Gerrys Briefen beschreiten muss. Sie macht alle Gefühlszustände durch, liebt und hasst sich selbst zur gleichen Zeit und wünscht sich nichts sehnlicher, als aufzuwachen aus diesem schrecklichen Traum...
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ Meinung ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Dieses Schicksal trifft unzählbar viele Leute - plötzlich ist der Partner, ein guter Freund oder auch geliebtes Familienmitglied nicht mehr da und man muss erst einmal damit klarkommen, dass es endgültig ist. Eines dieser Schicksale greift Cecilia Ahern heraus: Holly verliert ihren Ehemann und damit ihren besten Freund, ihre bessere Hälfte. Kein Thema, welches an den Haaren herbeigezogen wird, sondern das, was tagtäglich stattfindet, was dem Buch von Vornherein einen positiven Charakter beschert. Es mag zwar nicht aus dem Leben jedes Menschen gegriffen sein, aber zumindest kann man sich als Leser in die Lage versetzen, da man sicherlich schon den ein oder anderen Menschen gehen lassen musste.
Dadurch, dass es eine mögliche Thematik behandelt, ist die Geschichte in sich sehr gut aufgebaut, was zwar nicht zwingerndermaßen sein muss, doch Ahern hat das gut hinbekommen und es entsteht nicht der Eindruck, dass alles zusammenkonstruiert wird, damit man ja zu dem Schluss kommt, den man sich am Anfang ausgedacht hat. Bei "P.S. Ich liebe dich" wirkt es wie eine abgeschlossene Einheit, die sich nicht widerspricht, sondern ergänzt. Der Leser wird vom Einen zum Anderen geführt, ohne Umwege.
Anfangs hat man als Leser jedoch das Gefühl, dass Ahern nicht recht weiß, wie sie anfangen soll. Die ersten Seiten - und in einigen wenigen Stellen des Romans - sind eher debütant geschrieben und stehen auf wackligen Füßen. Nach und nach frägt man sich, was der Sinn im vergangenen Text war. Dieses Gefühl legt sich dann in den folgenden Ausführungen, wenn man wirklich in die Tatsachen hineinversetzt wird. Dort erst kann man wirklich mitfühlen, was die Trauer, den Schmerz und die Hoffnungslosigkeit aller Beteiligten angeht. Womit man bei einem großen Vorteil des Buches wäre: "P.S. Ich liebe dich" behandelt zwar meist das Schicksal von Holly, jedoch werden auch die Gefühle der anderen nicht außer Acht gelassen, zum Beispiel John, der durch den Tod von Gerry seinen besten Freund verloren hat.
Dadurch, dass die Geschichte in der dritten Person erzählt wird, hat man die Möglichkeit, von allen Charakteren etwas zu erfahren. Der klare Nachteil dieser Erzählform ist natürlich auch, dass es nicht so persönlich auf den Leser wirkt, als wenn man die Geschichte in der "Ich-Perspektive" verfolgen könnte.
Was Ahern bei dieser Thematik gut gelöst hat, ist die Gratwanderung zwischen Gejammer und Mitteilung des Erlebten und die momentanen Gefühle. Sie schweift nicht unendlich in das Selbstmitleid der Protagonisten ab, sondern schildert deren momentanen Gemütszustand und ihre Gedanken, die ihr durch den Kopf gehen. Keine endlosen Seiten darüber, dass alles so trostlos, traurig und sinnfrei ist. Man wird sicherlich auch solche Gedankengänge bei Holly finden, jedoch hat Ahern diese dezent im ganzen Buch verteilt, damit das nicht Überhand gewinnt. Eine sehr gute Lösung, die sich auch auf die Lesestimmung auswirkt.
Die Beschäftigung und auch der Denkanstoß hinsichtlich des möglichen Todes des Partners ist sicherlich auch wichtig, denn viel zu häufig ist es so, dass man in den Tag hineinlebt und man durch solche Schicksalsschläge erst wieder aufwacht. Man weiß nicht, was man an seinen Partner hat, weil viele Dinge alltäglich werden. Um das zu realisieren, braucht es einen Anstoß wie dieses Buch.
Zudem hilft die Geschichte vielleicht auch, Betroffene aus ihrem Tief herauszuholen, miterleben zu können, wie Holly es schafft, wieder etwas Sinn in ihr Leben zu bekommen. Es muss nicht alles trist und sinnlos sein, auch wenn ein Teil fehlt.
Ahern gelingt es, dem Roman einen humorvollen Beigeschmack zu verleihen, obwohl die Kerngeschichte alles andere als lustig ist. Holly begegnet durch ihre Freunde vielen neuen Leuten, lernt auch einen neuen Kumpel kennen, mit dem sie sich oft trifft und reden kann und beschert ihr so manche witzige Situation, zum Beispiel ihren Geburtstag.
Der Leser wird verzaubert durch die Art und Weise, wie die Gefühle geschildert werden, durch sympathisches Verhalten, zum Beispiel wenn Holly frustriert ist und genau das tut, was alle tun, wenn sie schlecht gelaunt sind: Schokolade essen, nicht auf sich schauen, einfach nur herumlümmeln. Die Geschichte wird so greifbar, sie stellt nicht irgendeinen abgehobenen Roman dar, sondern etwas, was uns alle treffen kann und möglicherweise wird.
Verstärkt wird dieses Gefühl durch die lockere Sprache. Alle reden, wie es ihnen passt, es klingt nicht zurechtgerückt, sondern authentisch. Keine langen und unverständlichen Sätze, sondern die Art von Sprache, die man auch wirklich im Alltag wiederfindet.
Abwechslungsreich wird der Roman wegen der verschiedenen Probleme, die er thematisiert. Da wären zum Beispiel auch familiäre Zwiespälte, die zu klären sind. Holly versteht sich ganz und gar nicht mit Richard, schon in der Kindheit wurde wenig mit ihm gespielt, er galt damals schon als Außenseiter. Das wurde auch nicht besser, als er auszog und dann seine Frau kennenlernte und sie heiratete. Holly und er kommen sich erst näher, als sie bemerken, dass sie etwas gemeinsam haben: sie mögen es nicht, alleine zu sein. Richards Frau hat ihn verlassen und Gerry ist nur noch in Hollys Gedanken. Sie treffen sich häufiger und irgendwann beginnt sich auch deren Bindung zu verbessern.
Nur eines der Probleme, die Holly begegnen, es gibt tausende. Der Tod von Gerry wird nicht platt gewalzt, dass man es nicht mehr hören könnte.
Abwechslungsreich auch deswegen, weil es so viele verschiedene Charaktere in diesem Roman gibt. Es wird nie langweilig, immer passiert etwas, weil grundlegend unterschiedliche Ansichten aufeinanderprallen. Hollys Schwester ist ein Freak, sie liebt Extreme und ist damit genau das Gegenteil ihrer Schwester. Ihr kleinerer Bruder dagegen ist ein Held in Hollys Augen, sie liebt ihn abgöttisch, sie waren schon immer auf einer Wellenlänge. Hinzu kommen natürlich noch ihre Eltern, so gutmütig und aufopferungsvoll, wie man sie sich nur vorstellen kann. Hollys neuer Chef, der nach und nach auch mit seinen Geheimnissen herausrückt und schließlich der Unbekannte am Kiosk. Eine perfekte Mischung, die keine Langeweile aufkommen lässt und die zudem gut überschaubar ist.
Sehr hilfreich sind die vielen Kapiteleinteilungen, die Ahern gemacht hat. Man hat die Möglichkeit, kurze Pausen einzulegen, was bei über 400 Seiten auch angebracht ist. Zudem haben die Kapitel noch den Sinn, dass Ahern so viel Spannung aufbaut, dass man nach Vollendung eines Kapitels natürlich unbedingt wissen will, was im nächsten passiert oder wie die Situation ausgegangen ist. Denn oft bekommt man nur noch einige Wortfetzen des Dialogs mit und die Lösung wird erst im kommenden Abschnitt verraten.
Dadurch und auch durch Aherns Schreibstil wird eine enorme Spannung aufgebaut. Zwischenzeitlich stellt man sich die Frage, ob sich Holly nun neu verliebt hat oder nicht, was auch erst ziemlich zum Ende hin verraten wird und was eine sehr überraschende Wende nimmt. Genauer gesagt, eine doppelte Wende.
Sympathisch ist sicherlich auch der Rückblick, den Ahern am Ende des Buches einbaut und in welchem man erfährt, wie Gerry es geschafft hat, die Briefe zu schreiben, ohne dass es seine Ehefrau gemerkt haben kann. Kleine Details, die einen zum Lächeln bringen. Alles fügt sich wie ein Puzzle zusammen, obwohl man anfangs überhaupt keinen Überblick hatte und man es so hinnehmen musste. Dinge, die man zuerst nicht verstand, werden später aufgeklärt. Dafür gibt es auch einige Kapitel, die Dialoge und Erzählungen von früheren Zeiten wiedergeben.
Dieser Zeitsprung ermöglicht es dem Leser, noch mehr Einsicht in Hollys und Gerrys Leben zu bekommen, mehr nachvollziehen zu können, womit die Geschichte weiter an Authentizität gewinnt.
Am Ende des Buches empfindet man vielleicht sogar ein Gefühl, dass man jetzt nicht aufhören will, die Geschichte erzählt zu bekommen, sondern weiter an Hollys Leben teilnehmen zu können.
"P.S. Ich liebe dich" rührt zu Tränen, führt das Mögliche, wenngleich Tragische gut vor Augen und rüttelt den ein oder anderen vielleicht wach. Es ist nicht zu gefühlsduselig, andere Themen und Probleme werden auch besprochen.
Durch die Abwechslung von Trauer, Humor und Liebe wird der Roman zu etwas Besonderem, nicht langweilig, aber auch nicht zu anspruchsvoll. Kein Ratgeber, aber vielleicht einfach eine nette Lektüre, die ein Stückchen Weisheit für den ein oder anderen parat hält.
Bleibt nur noch zu sagen, dass der Erfolg, den Cecilia Ahern momentan genießt, wahrscheinlich auch darauf beruht, dass ihr Vater der irische Ministerpräsident ist und somit auch etwas im Mittelpunkt steht. Man sollte ihren Auftritt nicht überbewerten, sie ist noch jung und kann sicherlich noch einige bessere Bücher schreiben.
Durch die Medien wurde diese Veröffentlichung auch zu sehr hochgepuscht, alle reden von ihm und seinem Nachfolger.
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ Autor ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Cecilia Ahern, geboren 1981, ist die Tochter des irischen Minsterpräsidenten. Sie studierte Film in Dublin und schreib schon als Kind Geschichten.
"P.S. Ich liebe dich" ist ihr erster Roman.
[entommen aus dem Buch]
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ Sonstiges ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Titel: P.S. Ich liebe dich
ISBN: 3596161339
Seitenanzahl: 414
Preis: 8,90€
weitere Informationen: -
weitere Bücher von Cecilia Ahern:
-Für immer vielleicht
~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ Fazit ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~
Ein nettes Unterhaltungsbuch, was allen zeigt, wie wichtig es ist, den Alltag zu genießen, auch wenn er uns manchmal aufzufressen versucht. Es gibt so viele schöne Stunden, die wir nicht so wahrnehmen. Der Denkanstoß, der durch die Geschichte ausgelöst wird, hilft eventuell auch, den Tod besser akzeptieren zu können.
Durch die lockere Erzählweise, die netten Charaktere und die abwechslungsreiche Thematik ist "P.S. Ich liebe dich" ein perfekter Roman für ein paar Stunden. Keine hochwertige und anspruchsvolle Literatur, aber auch kein Buch von denen, die es nicht wert sind, gelesen zu werden.
Vier von fünf Sternen für dieses Buch!
Viel Spaß beim Lesen wünscht dani!
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