Die Regeln des Spiels (DVD) Testbericht

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Erfahrungsbericht von Bjoern.Becher

Roger Avary schafft das fast Unmögliche!

Pro:

Darsteller, Inszenierung, für mich alles

Kontra:

viele werden den Film nicht mögen, sogar hassen; verstörend wie ein Ellis-Roman

Empfehlung:

Ja

Roger Avary schafft das fast Unmögliche: Eine gelungene Umsetzung eines Bret Easton Ellis Romans!


Bret Easton Ellis gehört zu den meistgehassten Autoren in Amerika. Sein Ansehen ist vergleichbar mit dem des Schockrockers Marilyn Manson. Dabei begann alles recht positiv, denn mit seinem ersten Roman „Unter Null“ wurde er schnell ein gefeierter und von der Kritik hochgelobter Newcomer in der amerikanischen Autorenszene. Doch danach wurden seine Bücher immer abgedrehter und immer kritischer gegen das Amerika der Gegenwart und vor allem gegen die Welt der reichen, versnobten Jugend und deren Eltern.

Dazu sind seine Bücher äußerst unkonventionell geschrieben und brechen alle Regeln und Gesetze, die ein gutes und erfolgreiches Buch nach Ansicht vieler Kritiker auszeichnen. So wird z.B. der Leser immer völlig verstört zurückgelassen und weiß oft nicht, was wirklich passiert ist (sehr extrem in seinem Buch „Glamorama“) oder kann die einzelnen Personen kaum zuordnen und nach Geschlecht einordnen (sehr extrem in „Die Informanten“).

Der ehemalige Tarantino-Schüler Roger Avary hat es sich nun zur Aufgabe gemacht gleich 2 der als unverfilmbar geltenden Werke von Ellis auf die Leinwand zu bringen. Zuerst hat er „The rules of attraction“ adaptiert, im Jahr 2004 wird mit „Glamorama“ Ellis komplexester, wirrster und „kränkster“ Roman folgen!

Das Ergebnis der ersten Adaption wird auf jeden Fall die Zuschauer genauso spalten, wie die Leser eines Ellis Roman!

I N H A L T
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Das Camden College ist der Schauplatz des Films: Die zahllosen reichen Studenten des Colleges hangeln sich von Party zu Party. Von der „Freitags-vor-der-Samstag-Party-Party“ an jedem Freitag über die „Dress-to-Get-Screwed-Party“ bis zur ultimativen The-end-of-the-world-party, die alles in den Schatten stellen wird.
Auf diesem College ist auch der junge Sean Bateman (James van der Beek), der seine Mitschüler mit Drogen versorgt, und die Frauen des College für Sex benutzt. Bis er plötzlich Liebesbriefe bekommt und sich verliebt und mehr als Sex will.
Da ist Lauren (Shannyn Sossamon), die sich aufheben will, bis ihr „Freund“ Victor (Kip Pardue) aus Europa zurückkommt. Sie schickt Sean die Liebesbriefe, so glaubt dieser zumindest.
Und da ist schließlich Paul (Ian Sommerhalder). Er ist schwul und hat sich in Sean verliebt!
Zwischen Drogen, Sex, Rock’n’Roll und Partys findet das Leben der drei statt!

M E I N U N G
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Der Anfang des Films ist das Ende! In einer Szene, die kurz vor dem Ende spielt, werden die drei Protagonisten vorgestellt. Auf der „The-End-of-the-World-Party“ scheinen alle drei nichts miteinander zu tun zu haben und so wird jeder einzeln vorgestellt. Dies geschieht aber auf recht unkonventionelle Weise. Der Zuschauer bekomm zuerst Lauren vorgestellt und begleitet sie eine Weile durch die Party-Welt. Bis zum Höhepunkt der Szene und von da an läuft alles rückwärts inklusive Ton bis Sean ins Bild kommt, von da an wieder vorwärts und man erlebt Sean’s Verlauf der Party bis zum Höhepunkt und von da an wieder alles rückwärts bis Paul kommt. Äußerst unkonventionell aber passend zum Schreibstil von Ellis.

Und so geht es auch den ganzen Film weiter. Mit immer anderen filmischen Mitteln verstört Avary den Zuschauer, so wie Ellis den Leser mit unkonventionellen literarischen Mitteln immer wieder verstört. Auch der Erzählstil von Avary setzt dies fort: Die Kamera bleibt immer drauf auf dem Geschehen und mag dies noch so widerwillig und abstoßend sein. Der Zuschauer wird damit verschreckt, wie der Leser eines Ellis-Roman aufgrund der unverblümten Sprache oft verschreckt wird.

Abgeschreckt wird der Zuschauer auch noch durch eine weitere Tatsache: Die Story von „Die Regeln des Spiels“ ist fast bedeutungslos, absolut Hollywood-untypisch. Es stehen einfach 3 Charaktere im Vordergrund, die aber, ebenfalls Hollywood-untypisch, dem Zuschauer einfach hingeknallt werden. Man erfährt nicht viel über ihre Hintergründe, warum sie so sind, sie sind es einfach! Und trotzdem gelingt der Film. Das ist ein großer Verdienst von Avary, aber ein nicht weniger großer Verdienst der Darsteller.

Allen voran James van der Beek, der überraschend großartig spielt. Der aus der Serie „Dawson’s Creek“ bekannte Darsteller zerstört sein durch diese Serie aufgebautes Image mit einem Schlag. Wer in van der Beek den lieben netten sympathischen Schwarm aller Mädchen und Traum aller Schwiegermütter sah, wird seine Meinung nach diesem Film ändern. Sean Bateman (übrigens der Bruder von „American Psycho“ Patrick Bateman) ist widerlich, er ist fies und van der Beek zeigt dies überaus gelungen, vor allem sein diabolisches Grinsen und der dazu passende Blick sind einfach großartig, genauso aber auch seine Darstellung der Abgründe des Sean Bateman, der zwei Gesichter: Das, des selbstbewussten, jedes Mädchen eroberten Jungens und das der Versagers, der es z.B. einfach nicht schafft sich selbst umzubringen.

Aber auch die anderen Darsteller wissen positiv zu überraschen, so z.B. Shannyn Sossamon, die bisher eher mit seichten Filmen wie „Ritter aus Leidenschaft“ und „40 Tage und 40 Nächte“ Karriere machte. Dazu kommt noch Ian Sommerhalder, der einem bisher noch nirgends groß aufgefallen ist, aber hier auch sofort zu begeistern weiß.
Dazu kommen noch in Nebenrollen ein paar bekanntere Gesichter wie z.B. Eric Stoltz und Faye Dunaway!

Was an diesem Film sicher viele Zuschauer verstören wird, ist die Gefühlskälte des Films, die vor allem hervorragend durch die Darsteller vermittelt wird. Man fühlt sich nicht betroffen durch die Geschehnisse auf der Leinwand, nicht einmal vom Selbstmord auf einer Studentin oder dem fast Drogen-Tod eines anderen! Genauso verstörend ist teilweise das unverständliche Handeln der Akteure. Da geht Sean zu seinem Dealer, obwohl er bei diesem große Schulden hat, und damit rechnen muss Ärger zu bekommen. Aber Sean handelt unüberlegt, er lebt von jetzt auf morgen und es ist vielleicht ein weiterer Versuch des Selbstmords. Dazu kommt, dass Figuren in Romanen von Ellis selten rational handeln und trotzdem stört es einen einfach nicht!
Eigentlich bringen solche Tatsachen jeden Hollywood-Streifen zum scheitern. Bei „Die Regeln des Spiels bewirkt es das Gegenteil: Der Film ist einfach grandios, grandios oberflächlich, aber gewollt oberflächlich, oberflächlich wie jedes Buch von Ellis und grandios wie jedes Buch von Ellis, das ich bisher lesen konnte.

F A Z I T
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Der Film ist genial und trotzdem kann man ihn nicht allgemein empfehlen. Viele werden diesen Film hassen, ihn abstoßend und eklig finden, die anderen werden ihn lieben und als eins der Kinohighlights 2003 feiern. Genauso wie von den Lesern eines Ellis-Romans, diesen 50 % der Leser hassen und für das schlechteste aller Zeiten halten, und die anderen 50 % lieben und für das beste aller Zeiten halten, wird es auch den Sehern dieses Films ergehen.

Roger Avary hat es auf jeden Fall geschafft mit der Verfilmung von „Einfach unwiderstehlich“ (so ist der deutsche Titel des Buches von Ellis, der unverständlicherweise für den Film geändert wurde) seine Gesellenprüfung abzulegen, die Meisterprüfung wartet jetzt auf ihn, denn „Glamorama“ (hoffentlich bleibt da der deutsche Titel erhalten) ist noch einmal eine ungleich schwerere Aufgabe.
Auf das Ergebnis dieser kann man sich aber schon einmal freuen und mit Kip Pardue als Victor Ward (der in „Die Regeln des Spiels“ nur einen kurzen Auftritt hat, in Glamorama“ aber die Hauptperson ist) und Shannyn Sossamon (natürlich als Lauren, in „Glamorama“ aber mit einer kleineren Rolle) wird man dann auch mindestens zwei bekannte Gesichter wiedersehen!

9 widerwärtige und abstoßende Punkte auf meiner 10er Skala!

D A T E N
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Titel Deutschland: Die Regeln des Spiels
Originaltitel: The Rules of Attraction
Genre: Drama/Satire
USA 2002, FSK 16, Laufzeit: 110 Minuten

Darsteller: James van der Beek (Sean Bateman), Ian Somerhalder (Paul Denton), Shannyn Sossamon (Lauren Hynde), Jessica Biel (Lara), Kip Pardue (Victor Ward), Thomas Ian Nicholas (Mitchell), Kate Bosworth (Kelly), Fred Savage (Marc), Eric Stoltz (Mr. Lance Lawson), Clifton Collins Jr. (Rupert), Faye Dunaway (Mrs. Denton), Swoosie Kurtz (Mr. Jared), Clare Kramer (Candice)

Regie: Roger Avary
Produzenten: Greg Shapiro, Roger Avary
Drehbuch: Roger Avary, nach dem Roman „Einfach unwiderstehlich“ von Bret Easton Ellis
Kamera:: Robert Brinkmann
Schnitt: Sharon Marie Rutter
Musik: Tomaandandy (Tom Hajdu, Andy Milburn)
Ausstattung: Sharon Seymour


W E I T E R F Ü H R E N D E * I N F O R M A T I O N E N
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Offizielle Homepage: http://www.rulesofattraction.com

Internet Movie Database: http://german.imdb.com/Title?0292644

Online Filmdatenbank: http://www.ofdb.de/view.php?page=film&fid=27103


© Björn Becher 2003

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