Aktive Sterbehilfe Testbericht

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Erfahrungsbericht von willibald-1

Sterbehilfe - ein paar Gedanken

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Nein

Doch, es gibt sie, diese Lebenssituationen, in denen ein Mensch einfach am Ende angekommen ist.


Ich hatte eine Verwandte, die mir sehr nahestand. Kürzlich war ihr 10. Todestag, und ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie es damals war.


Sie wäre drei Wochen später 93 Jahre alte geworden. Ein für mich noch unvorstellbares Alter. Ich habe noch nicht mal die Hälfte davon geschafft.

Zwei Monate zuvor war ihr Bruder an einem Schlaganfall gestorben. Mit dem hatte sie fast ihr ganzes Leben zusammengelebt. Bis in die 60er Jahre lebte noch eine weitere Schwester im gemeinsamen Haushalt. Bis zum Tode der Eltern hatten die Geschwister sich auch um diese gekümmert.

Wir haben sie oft besucht. Die meisten Ferien meiner Kindheit habe ich bei ihnen verbracht. Sie sorgten sich um die Kinder in der Familie, um deren Kinder und Kindeskinder. Und alle Kinder waren immer gerne dort!


Die Geschwister hatten ein ausgefülltes Leben - mit viel Arbeit auf dem kleinen Bauernhof, der sie ernährte. Mit zunehmendem Alter wurden sie immer gebrechlicher. Was Bruder und Schwester eine ganze Zeit lang am Leben gehalten hat, war die Sorge füreinander. Der körperliche Verfall war von Jahr zu Jahr mehr zu spüren. Herzkrankheiten, Wirbelsäulenschäden, Zuckerkrankheit - all das stellte sich nach und nach ein. Mit Mitte 80 bekamen sie Essen auf Rädern, da die nächsten Verwandten - wir - zu weit weg wohnten, um uns täglich um sie zu kümmern.

Geistig war vor allem die Schwester bis zum Ende ihres Lebens topfit. Täglich las sie die Zeitung, und durch die Kontakte im Dorf war sie ständig \"auf dem Laufenden\". Klatsch und Tratsch sowie große Politik wurden in der gemütlichen Küche durchdiskutiert (auch wenn sie das so nicht genannt hätten.)


Dann starb der Bruder an einem Schlaganfall. Und von dem Tag an ging es auch der Schwester immer schlechter. Sie nahm kaum noch Nahrung auf - sie wollte einfach nicht mehr leben. Der Sinn ihres Lebens - die Sorge um ihren Bruder - war ihr genommen. Es gab keine Zukunft mehr, kein morgen. Ihre Selbsttötung bestand in der Verweigerung, etwas anderes (aktiveres) wäre aus religiösen Gründen für sie auch nicht in Frage gekommen.

Aber uns hat es geschmerzt, sie so vergehen zu sehen.


Diese Geschichte habe ich erzählt, um aufzuzeigen, daß ich wirklich sicher bin, daß es das gibt: Leben, das einfach am Ende angekommen ist. Und dann kann ich es auch gut verstehen, wenn ein Mensch an diesem Punkt sagt: diesen letzten Schritt möchte ich nun ganz bewußt gehen.


Aber ich sehe beim Thema \"Sterbehilfe\" ganz andere Situationen vor mir:


Da sind die Eltern, die von ihren Kindern das Gefühl vermittelt bekommen, daß sie im Grunde überflüssig und eine Last sind. Gerade alte Menschen sind oft ganz sensibel, wenn es darum geht, daß sie sich ohne Hilfe nicht mehr selbst versorgen können, daß sie um Hilfe bitten müsssen - und dann kommen sie leicht zu dem Schluß, sie wären zu nichts mehr nutze, sie wären überflüssig. Wie viele alte Menschen möchten ihrer Umgebung ersparen, daß sie ständig umsorgt sein müssen?

Und mal ganz ehrlich: wie viele jüngere Menschen empfinden den Umgang mit alten Menschen noch als Bereicherung, auch wenn man ständig Hilfe leisten muß?

Was zählt, ist doch oft nur Leistung, Leistungsfähigkeit, Jugend, Dynamik... Wird sich da nicht manch ein alter Mensch gedrängt fühlen, endlich diese Welt zu verlassen, in der er anscheinend keinen rechten Platz mehr hat?


In dieser Situation, vor diesem Hintergrund sehe ich das Thema Sterbehilfe sehr kritisch.

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