Iran Testbericht

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Erfahrungsbericht von HilkMAN

Ohne Schleier unter der Bruecke

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Tja, da sitze ich nun in Taiwan und schreibe ueber den Iran. Warum, weiss ich auch nicht recht. Meine Reise dorthin liegt schon ein paar Jahre zurueck, aber vielleicht sind die islamischen Teile der Welt in den letzten Wochen wieder einmal etwas naeher in mein Blickfeld geraten, so dass ich das Beduerfnis habe, mich damit auseinanderzusetzen.

1994/95 machte ich mit meiner Freundin J. eine gut sechsmonatige Ueberlandreise nach Tibet und zurueck. Die Route: Transsib nach Peking, dann durch China, dann Tibet, Nepal und Indien (mit kurzem Abstecher nach Bangla Desh). Die Rueckreise fuehrte uns durch Pakistan, den Iran, die Tuerkei und dann durch Osteuropa nach Hause. Wahrend China, Tibet und Indien laengere Aufenthalte waren, waren die anderen Laender fuer uns eher Transitlaender. So kam es, dass wir uns auch nicht auf alle bereisten Laender gleich gut vorbereiten konnten. Das ist immer schlecht – oder aber es sorgt fuer positive Ueberraschungen. So auch im Falle des Irans.

Den Iran zu bereisen, war vor allem der Wunsch von J., waehrend meine eigenen Gedanken immer nach Tibet ausgerichtet waren. Dennoch liess ich mich dazu ueberreden, mir mal ein paar Sachen anzulesen (unser Reisefuehrer war schon etwas aelter und berichtete von allerhand Horrorgeschichten. Aber das schreckte uns nicht mehr sehr). Ausserdem setzte ich mich mal ein paar Nachmittage lang hin, um zumindest die persische Schrift (wie arabisch, waehrend die Sprachen nichts miteinander zu tun haben) zu lernen. Das war eine sehr lohnende Investition, denn so konnte ich zumindest herausfinden, wo ein Bus hinfaehrt oder ob ich womoeglich gerade dabei bin, aufs Frauenklo zu gehen.

Naechster Schritt war die Beschaffung unserer Visa. Auch darueber hatten wir viel gelesen – Frauen sollten nicht nur verschleiert auf der Botschaft (in unserem Falle in Neu Delhi) auftauchen, sondern auch verschleiert ihre Passfotos machen lassen (nicht lachen, bitte). Vor der pakistanischen Botschaft, zu der wir ja auch mussten, sass so ein Typ herum, der solche Fotos machte. Sachen gibt’s.
J. zog dann ihren zeltfoermigen schwarzen Schleier an, den sie in Delhi problemlos hatte kaufen koennen. Wie sie mir sagte, war dies dann auch der einzige Tag in Nordindien, an dem sie nicht von hordenweise luesternen Maennern angegafft wurde – sogar das Wort Freiheit fiel in diesem Zusammenhang. Ich lasse das mal so stehen.
Beim Betreten der Botschaft wurden wir abgepiept – der Pfoertner bemerkte, dass er J.s “Verkleidung” sehr klasse faende, wir haetten offenbar Respekt vor der iranischen Kultur. Dass das nicht bei allen Reisenden der Fall ist, bemerkten wir kurz darauf, als ein franzoesisches Paerchen die Botschaft betrat – glaube kaum, dass der Pfoertner fuer den Minirock der Frau aehnliche Komplimente uebrig hatte.
Der Konsularbeamte nahm dann unsere je 75 DM und unsere Paesse entgegen – als wir ihm verschleierte und unverschleierte Fotos anboten, entschied er sich nach kurzem Zoegern fuer die unverschleierten (die anderen haben wir aufbewahrt, sind sehr lustig). Dann fragte er mich (ja, mich), ob er mal unter J.s Schleier gucken durfte. Ich konnte mir gerade noch ein Lachen verkneifen und erlaubte es ihm (nach Ruecksprache mit der Beschauten natuerlich). Die Visa bekamen wir problemlos innerhalb von drei Tagen, allerdings leider nur fuer eine Woche statt der beantragten drei. Damals dachten wir noch, das sei ein Problem.

Das mal so zur Vorgeschichte. Es gibt einen Grenzuebergang nahe der pakistanischen Stadt Quetta, die ja mittlerweile wohl auch im Westen bekannt ist (wir trafen damals uebrigens viele afghanische Fluechtlinge, die auf Krieg so richtig keinen Bock hatten – das muss wohl auch mal gesagt werden). An diesem begruessten uns zwei grosse Schilder. Ersteres verkuendete: “In the name of God – Welcome to Iran”, das andere klaerte ueber die Kleidungsvorschriften fuer Frauen auf. Das Gesicht muss nicht bedeckt werden, nur der Hals und die Haare, woran sich allerdings laengst nicht alle Frauen halten, aber dazu spaeter mehr.

Die Grenzkontrollen waren eher intensiv (na ja, ich bin in dieser Beziehung leidgeprueft, da habe ich viel, viel Schlimmeres erlebt), aber irgendwann hatten wir es dann doch geschafft. An der Grenze lungerten einige Taxifahrer herum, die uns fuer einen stolzen Preis in die naechste Stadt (Zahedan) fahren wollten, aber zum Glueck zog ein netter Lastwagenfahrer uns und ein Grueppchen Japaner beiseite und liess uns in seinen leeren Wagen steigen – die Japaner mussten hinten im Laderaum fahren, aber was soll’s.
Im Gespraech mit dem Fahrer kriegten wir einen ersten Eindruck davon, was uns so erwarten wuerde. Er wies uns darauf hin, dass ja Ramadan sei – wenn wir also etwas essen wollten, sollten wir das bei ihm im Wagen tun, spaeter im Freien wuerde das eventuell Aerger geben. Dass Ramadan war, wussten wir natuerlich schon, aber dieses Verhalten sahen wir spaeter immer wieder: Es gibt Regeln, und die sollten nicht in der Oeffentlichkeit gebrochen werden – die meisten Leute brechen sie aber sehr wohl.

Von Zahedan nahmen wir einen Bus nach Kerman, das waren nur etwa zwei Stunden, wenn ich mich recht erinnere. Hier machten wir erstmals Bekanntschaft mit den unschoenen Seiten des Irans – ab und an kamen an Strassensperren Revolutionswaechter zugestiegen, die wahllos ein paar Passagiere filzten – und J. und mich auseinandersetzen (auf verschiedene Seiten des Ganges). Diese etwa achtzehnjaehrigen Jungs schienen maechtig stolz auf ihre Uniformen zu sein – ob sie nicht gewusst haben, dass unmittelbar nach ihrem Aussteigen ein wuestes Gespoett und Geschimpfe ueber die Schikanen losging? Beliebt haben sie sich sicherlich nicht gemacht (auch wenn ich kein Farsi spreche und das Gemecker nicht verstanden habe, waren die Reaktionen doch sehr eindeutig).
Da wir nur wenig Zeit fuer den Iran zu haben glaubten, warfen wir uns in Kerman sogleich in einen Ueberlandbus nach Shiraz im Suedwesten des Landes, eine ziemlich lange Tour, jedenfalls ueber 10 Stunden (genau weiss ich es nicht mehr). Diesmal setzten wir uns vorsichtshalber gleich getrennt hin – worauf sich zahlreiche Passagiere einmischten und uns wieder zusammenbrachten. Auch die Trennung im ersten Bus war nur eine Schikane der Revolutionswaechter gewesen. Ueberhaupt haben wir im Iran meist das Gefuehl gehabt, dass die Einheimischen so ein wenig ueber uns wachen – welch ein Unterschied zu Indien, wo wir als Kastenlose Nichts und Niemand waren!

Dennoch befanden wir uns immer noch im Osten des Irans, der allgemein als wesentlich konservativer gilt. Die Regeln sind strenger, und es gibt mehr Strassensperren. In unregelmaessigen Abstaenden gab es Kontrollen – sie haben sich nur einmal an mich herangewagt (da mussten aber auch alle Maenner aussteigen) und niemals an J. (Frauen erscheinen offenbar nicht gefaehrlich). Ein Mann, der neben uns sass, wurde allerdings wirklich jedesmal aus dem Bus geholt – er sah irgendwie leicht anders aus als die anderen, war vielleicht aus einer anderen Region und stand deshalb im Rampenlicht. Der arme Kerl tat uns echt leid.
Diese Busfahrt ist mir in sehr guter Erinnerung geblieben, obwohl sie auch anstrengend war. Zwar sind sowohl die Strassen als auch die Busse im Iran von voellig anderem Kaliber als in Indien und Pakistan (teilweise sassen wir in zwei Jahre alten Mercedes-Bussen), aber wir waren halt schon muede, als wir einstiegen, und dann noch sone laengere Tour… aber dafuer war es interessant, die Leute zu beobachten. Ich erwaehnte ja schon, dass Ramadan war. Eigentlich war daher das Essen, Trinken und Rauchen waehrend des Tages verboten. Aber es gibt zahlreiche Ausnahmen, unter anderem fuer Reisende. Nun war es so, dass sich alle im Bus verstohlen beaeugten, bis sich dann der Busfahrer irgendwann ne Fluppe ansteckte – fuenf Sekunden hatten ALLE Reisenden ein Lunchpaket auf dem Schoss und fingen an zu futtern. Wir hatten Glueck – im Bewusstsein besagter Ausnahmeregelung hatten auch einige Gaststaetten am Wegesrand geoeffnet.

In Shiraz suchten wir uns erst einmal ein nettes, guenstiges Hotel und schliefen uns aus. Am naechsten Tag machten wir uns auf nach Persepolis, der beruehmten alten persischen Hauptstadt, die einst von Alexander dem sogenannten Grossen zerstoert worden war. Die Ruinen sind allerdings spektakulaer genug – J. verschoss mehrere Filme (ich reiste damals ohne Kamera und finde das auch immer noch am intensivsten). Leider ist das Gelaende auch vom Schah ziemlich verschandelt worden, der ueberall Tribuenen und Scheinwerfer hatte aufstellen lassen. Dennoch findet sich noch genug Tolles. Und das Irrste war, dass wir quasi allein auf dem Gelaende waren. Echt was Besonderes.
Ein kleiner Abstecher fuehrte uns dann noch zu den Graebern der Perserkoenige (lauter Dariusse und Xerxesse und so, aber fragt mich bitte nicht nach den Nummern!). Den Namen dieser Staette habe ich im Moment nicht mehr im Kopf, aber mir hat sie noch besser gefallen als das eigentliche Persepolis. Die riesenhaften Graeber sind in eine hohe Felswand eingelassen und auch nur vom Fuss derselben zu betrachten – aber die dazugehoerigen Steinreliefs gehoeren zum Beeindruckendsten, was ich so gesehen habe.

Das Zweite, was wir in Shiraz taten, war die Polizei aufzusuchen. Wir wollten frueh genug versuchen, unsere Visa zu verlaengern (wir hatten ja nur eine Woche). Ganz entgegen unserer Erwartungen waren die Beamten superfreundlich, und einen Tag spaeter konnten wir fuer umgerechnet 30 Pfennig pro Person unsere Ein-Monats-Visa abholen. Soviel haetten wir gar nicht gebraucht…
Ferner noch interessant war ein kleiner Vergnuegungspark am Rande der Stadt, wo ziemlich viel los war. Besonders am fruehen Abend waehrend des Ramadan zu empfehlen, weil Ihr von dort aus einen guten Ausblick auf den Sonnenuntergang habt (und feststellt, dass die ganzen Jugendlichen, die sich da hinter den Bueschen verstecken, schon wesentlich frueher anfangen zu rauchen und zu futtern). Die Stadt selbst erwacht mit dem Sonnenuntergang schlagartig zum Leben. Die vorher fast leergefegten Strassen fuellen sich blitzartig mit kleinen Staenden, an denen Essen und Tee und was auch immer feilgeboten werden. Der Uebergang ist toll anzusehen. Tagsueber ist es allerdings nicht so ganz einfach, etwas zum Essen zu bekommen, da viele Laeden geschlossen haben. Da heisst es Vorraete anlegen. Wir hatten zuerst ein etwas schlechtes Gewissen, weil wir die dicken Tueten mit Futter auf unsere Hotelzimmer schleppten, aber es erwartete ohnehin absolut niemand von uns, dass wir mitfasteten. Nur in der Oeffentlichkeit hielten wir uns zurueck (unvergessen der Moment, in dem J. am Strassenrand pausierte und aus der Knopfleiste ihres weiten Gewandes ploetzlich ein Strohhalm zum Vorschein kam…).

Nach einer Woche Shiraz fuhren wir weiter nach Esfahan. Esfahan ist die Haelfte der Welt, so hiess es im Mittelalter, und es war unschwer zu erkennen, warum. Es reicht schon, sich die blaue Moschee (ich glaube, offiziell heisst sie Imam-Moschee, aber nagelt mich bitte nicht darauf fest). Die tiefblaue Kachelarchitektur mit ihren feinen Ornamenten hat eines der vier schoensten Bauwerke hervorgebracht, die ich je gesehen habe (ueber das Taj Mahal und den Goldenen Tempel in Amritsar habe ich mich ja schon ausgelassen, und die Grosse Mauer folgt vielleicht eines Tages noch). Stundenlang habe ich diese Moschee angestarrt und konnte es kaum fassen. Einfach wunderbar. Leider ist es in Worten nicht recht zu beschreiben. Daher nur ein Detail: In der Mitte unter der gigantischen Kuppel ist ein markierter Stein im Fussboden. Ein Tritt auf selbigen ruft ein klares, siebenfaches Echo hervor, so hatte ich gelesen. Locker tippte ich mit dem Fuss darauf – und dachte, die Kuppel stuerzt ein, so laut wurde das. Wahnsinn. Sieben glockenklare Schlaege. Wie sowas wohl erfunden wurde?

Die Moschee liegt an einem der groessten offenen Plaetze der Welt, an dem es auch noch andere sehr sehenswerte Gebaeude gibt. Auf der gegenueberliegenden Seite beginnt der Basar, ein riesiges Gewirr von Tunneln (insgesamt sind die Gaenge viele, viele Kilometer lang), in dem wir problemlos mal die Orientierung verloren haben. Tolles Geschenk sind hohe Wasserpfeifen. Ihr bekommt sie hier fuer unter zehn Mark oder in Istanbul auf antik getrimmt fuer 250. Diese mit der Post zu verschicken, ist allerdings mit Verlusten verbunden, selbst, wenn Ihr das Zeug sorgfaeltig eingepackt habt – Pakete werden derart zerpflueckt (reine Schikane, darueber koennte ich noch zehn Seiten schreiben), dass jede Pufferstrategie ins Leere laeuft, denn nach der Kontrolle kommt Ihr nicht noch mal an das Paket ran, das dann vor Euren Augen lieblos wieder zusammengeschnuert wird. Die meisten unserer Sachen kam wie durch ein Wunder unbeschaedigt an (aber leider nicht alles).
Eine weitere Sehenswuerdigkeit Esfahans ist ein Teehaus, das sich in einer Bruecke befindet. Die massiven gemauerten Pfeiler dieser uralten Bruecke sind hohl und durch Planken, die ueber das Wasser fuehren, miteinander verbunden. Die Atmosphaere hier ist toll, hat etwas von einer mittelalterlichen Burg. Iranische Frauen gehen in der Regel nicht ins Teehaus – wir haben immer vorher gefragt, ob es ok ist, und hatten nie Probleme (einmal ging der Wirt in den Innenraum, um die anderen Gaeste zu fragen, ob es sie stoert, was aber natuerlich nicht der Fall war, ganz im Gegenteil).

Die letzte Station unserer Iranreise war dann Tabriz, von wo aus wir einen Direktbus nach Istanbul bestiegen. Tabriz war weniger spektakulaer als Shiraz und Esfahan, daher schreibe ich darueber jetzt mal nichts mehr (was nicht heisst, dass es mir nicht gefallen haette).
Stattdessen noch ein paar allgemeine Sachen:
Einen Tag vor unserer Einreise wurde die Landeswaehrung um 50 % abgewertet. Es war dadurch das billigste Land, das ich je bereist habe. Ich habe gehoert, dass heutzutage in vielen Hotels mit Dollars bezahlt werden muss, was diesen Teil des Reisebudgets empfindlich verteuert. Ist aber vermutlich immer noch nicht sehr teuer. Essen ist billig – vor allem fuer mich als Vegetarier. In Restaurants wird naemlich oft nur das Fleisch bezahlt – Joghurt, Brot, und Salat sind umsonst. Die Kellner mussten sich fuer meine fleischfreien Gerichte immer so Fantasiepreise ausdenken, die selten eine Mark ueberschritten. Dazu gab es dann PiPi-Cola – na gut, eigentlich hiess sie “ZamZam”, aber in arabisch/persischer Schrift sieht der Schriftzug so aus wie “PiPi” :-). Ist bei uns noch heute ein gefluegeltes Wort fuer die zahlreichen taeuschend echten Faelschungen westlicher Produkte in Asien (das Etikett hatte genau den gleichen geschwungenen weissen Balken auf rotem Etikett wie Coca Cola, und auch die Flaschenform war gleich.
Unglaublich empfehlenswert sind ferner die Baeckereien mit ihren kleinen Kuechlein – wir haben an manchen Tagen sicherlich ein Kilo davon verzehrt – lecker! Auch Nuss-Laeden sind super – noch heute laeuft mir bei dem Gedanken an gesalzene Mandeln mit Zitronensaft das Wasser im Munde zusammen. Ein gutes Mitbringsel ist auch Safran, der im Iran ungefaehr gar nichts kostet und leicht zu tragen ist.
Reisen sind sehr billig und komfortabel. Bevorzugtes Reisemittel ist der Bus, denn das Bahnnetz ist wenig ausgebaut. In wenigen Laendern bin ich aber so problemlos Bus gefahren wie im Iran.

Zur Kleidung: J. hat ihren Schleier nicht einmal getragen, sondern nur ihre Haare und ihren Hals bedeckt und ansonsten einen weiten, langen Umhang getragen. Das war absolut angemessen. Ueberhaupt habe ich im Iran (festhalten!) keine einzige voll verschleierte Frau gesehen. Vermutlich lag das auch daran, dass wir nur in grossen Staedten waren und uns auch im Osten nicht lange aufgehalten haben. Aber wir hatten das dennoch nicht erwartet. Bei vielen einheimischen Frauen guckte schon eine Menge Haar unter dem Kopftuch hervor und auch die Roecke (meist schwarz) werden offenbar immer kuerzer. Ueberhaupt hatten wir das Gefuehl, dass sich die Bevoelkerung in einer staendigen Gegenbewegung zu den engen Vorschriften befand. Manchmal sogar explizit – einmal bruellte uns ein junger Mann im Postamt vor Dutzenden von Leuten zu (auf Englisch) “Ich hoffe, Ihr kommt nie wieder in den Iran – denn hier gibt es keine Freiheit!” Nach all dem, was ich vorher in westlichen Medien so ueber den Iran gehoert hatte, ueberlegte ich mir, ob ich mich jetzt zu Boden werfen sollte, weil gleich die Maschinengewehre losknattern, aber nichts weiter passierte. Und es war nicht der einzige solche Vorfall.
Noch etwas zur Sprache: Die meisten von Euch werden, wie ich auch, kein Farsi koennen. Englisch ist mittlerweile bei jungen Leuten recht verbreitet, und die aelteren sprechen oefter mal auch Deutsch (viele Leute haben zu Schah-Zeiten in Deutschland studiert oder so).
Und nun zu der letzten Frage, die Euch allen auf der Stirn steht: Ich kann nicht beurteilen, wie es ist, als Frau oder Gruppe von Frauen durch den Iran zu reisen. Als Paar war es nicht das geringste Problem. Die jungen Maenner sind oft schuechtern und schuetteln Frauen zum Beispiel nicht die Hand, aber das liegt offenbar an ihrer Schuechternheit und der Tatsache, dass sie nicht wissen, wie das geht (haben halt noch nie eine Frau beruehrt). Das gilt aber auch nicht fuer alle. Die staendige Anmache, die in Indien fuer J. an der Tagesordnung war, gab es hier jedenfalls nicht. Insgesamt war die Bevoelkerung sehr redselig und freundlich, oft wurden wir auf der Strasse angesprochen, von Leuten, die einfach nur nett waren (und uns nichts verkaufen wollten).

Ich komme mal zu einer Schlussbemerkung (auch wenn ich noch stundenlang weiterschreiben koennte). Um die Zukunft des Irans mache ich mir keine allzugrossen Sorgen. Die Bevoelkerung wird zwar von der Regierung untergebuttert (der iranischen Regierung des Jahres 1995 haette ich sicherlich nur einen Stern verpasst), laesst sich aber lange nicht alles bieten und wird diese Probleme eines Tages abschuetteln. Spaetestens dann wird der Iran wieder zu dem, was er eigentlich sein sollte: Zu einem der schoensten Reiselaender ueberhaupt, das unvergesslich in Erinnerung bleibt.

19 Bewertungen, 4 Kommentare

  • Sternenstaub

    30.03.2002, 03:27 Uhr von Sternenstaub
    Bewertung: sehr hilfreich

    Danke fuer diesen total tollen, spannenden Bericht!!!

  • Renator

    20.02.2002, 12:26 Uhr von Renator
    Bewertung: sehr hilfreich

    Suuuuuuuper Bericht!!!!

  • hpmaier

    20.02.2002, 08:47 Uhr von hpmaier
    Bewertung: sehr hilfreich

    Klasse Bericht !"

  • ronaldo86

    20.02.2002, 00:13 Uhr von ronaldo86
    Bewertung: sehr hilfreich

    sehr guter Bericht, hast dich echt angestrengt,ronaldo86