Laos Testbericht

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Erfahrungsbericht von maro79

Laos (ein Weltreisetagebuch - Teil 4)

Pro:

gerade an die "etwas anstrengenderen" Passagen erinnert man sich gerne

Kontra:

man kommt schwer weg vom "beaten track"

Empfehlung:

Ja

Dies ist jetzt schon der vierte Teil, in dem ich von unserer halbjährigen Weltreise berichte. Danke fürs Feedback! So macht das echt Spass.

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21.10. Gate to Indochina
Der Grenzübertritt am nächsten Tag klappt unerwartet reibungslos. Nach dem Auschecken in Thailand gehen wir durchs “Gate to Indochina” und setzen mit einer Longtailboat-Fähre nach Laos über. Weiter gehts mit einem Tuk-Tuk (hier eine abenteuerliche Mischung aus thailändischen Tuk-Tuk und Sawngtaew) zum Anleger, um das Slow-Boat zu besteigen, dass uns in den nächsten zwei Tagen nach Luang Prabang bringen soll.

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22.10. Eine Bootsfahrt, die ist lustig…
Jetzt dürfen das erste Mal das Organisationstalent der Laoten (unser Kontakt mit der laotischen Botschaft und Berlin hatte uns schon auf einiges gefasst gemacht) vor Ort erleben: Das Boot ist für 20 Leute ausgelegt. Nun standen aber 60 Leute am Pier. Kein Problem für die Laoten. Einige kommen in den Maschienenraum, der Rest darf sich ins Boot quetschen. Nachdem wir uns mehr oder weniger damit abgefunden haben, uns für zwei Tage nicht bewegen zu können und den anderen im wahrsten Sinne des Wortes näherzukommen, beschliessen die Laoten, doch noch ein zweites Boot ins Rennen zu schicken.

Abgesehen vom lauten Motorengeräusch und den nicht wirklich gemütlichen Holzbrettern, auf denen wir sitzen, sind die sieben Stunden am ersten Tag sehr nett. Die schöne Landschaft des Mekongtals und Smalltalk mit den Mitreisenden lassen die Zeit schnell vergehen. Die Idylle wird nur gestört, wenn mal wieder eines der Speedboote mit über 50 Kilometern die Stunde vorbeischiesst. Jedesmal sind wir froh, nicht diese Art der Fortbewegung gewählt zu haben, vor der sogar das deutsche Aussenministerium ausdrücklich warnt. Sie legen zwar die Strecke in 6 Stunden zurück, doch trotz Motorradhelmen und Schwimmwesten für die Insassen kommt es jede Woche zu oft tödlichen Unfällen. Sollte man den Trip überraschenderweise doch überleben, sorgt der ohrenbetäubende Lärm sicher für bleibende Hörschäden.

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22.10. Irgendwo im Nirgendwo
Als wir Pakbeng erreichen, haben wir die erste Tagesetappe hinter uns. Dieses Dorf scheint es nur für die Übernachtungsgäste aus den Slow-Boats zu geben. Vom Anleger schlängelt sich eine einzige Strasse an Guesthouses und Restaurants vorbei, bis sie sich nach einigen Metern im Urwald verliert. Hier gehen um zehn Uhr nachts die Lichter aus – der Strom wird aus Generatoren bezogen, die nachts einfach abgeschaltet werden. Dieser Zeitpunkt ist schnell erreicht, nachdem wir mit ein paar Australiern und Briten einige Bierchen getrunken haben (und uns einige Fotos und Geschichten antun mussten…).

Unser freundlicher Herbergsvater hat fürsorglich im ganzen Haus Kerzen verteilt, nur ist dieses komplett aus Holz – einzige Ausnahme ist das stabile Metallgitter vor unserem Fenster im ersten Stock, das den einzig möglichen Fluchtweg versperrt. Immerhin ist es mit 80 Baht (2 EUR) für unser Doppelzimmer die günstigste Unterbringung, die wir bisher finden konnten.

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23.10. Die Kolonie am Mekong
Ein weiterer laotischer Geniestreich erwartet uns am nächsten Morgen: Ein Boot fährt mit den ersten 20 Leuten, die am Anleger sind los, so das wir es uns mit den restlichen 40 im zweiten Boot bequem machen können. Zudem erwischen wir einen Platz nahe am Motor, derjedwede Konversationsversuche im Keim erstickt.

Es braucht nicht die halbe Fahrt, bis wir Lust haben, uns den im sonnigen Fluss plantschenden Dorfkindern anzuschliessen, die bei einem kurzen Stop das Boot umringen. Quälend langsam zieht die kaum mehr beachtete Landschaft vorbei, doch zur allgemeinen Erleichterung taucht dann doch irgendwann der Anleger von Luang Prabang auf, um uns von unserem Leiden zu erlösen.

Wieder haben wir miteiner Empfehlung Glück – ein Pärchen in Pai gab uns die Adresse von einem Guesthouse, direkt am Mekong gelegen. Empfangen werden wir von Bountiane, einem 22jährigen Laoten, der mit seiner Grossmutter das Haus führt.

Eine Mischung aus französichem Kolonialianismus und einer aisatischen Kleinstadt geben Luang-Prabang seinen eigenen Charme. Hier gibt es sowohl sticky rice, als auch frische Croissants – buddhistische Tempel reihen sich an der Hauptstrasse an elegante Kolonoialstilvillen. Heute allerdings sehen alle ein weing übernächtigt aus – immerhin haben wir genau um einen Tag die Feier des Endes der Regenzeit verpasst. Dies ist das grösste Fest des Jahres, für das die Stadt landesweit bekannt ist…

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24.10. Mönchsfütterung
Pak Ou, eine berühmte Höhle lädt zu einem Besuch ein – eine zweistündige Bootsfahrt lässt sie aber für uns reichlich unattraktiv erscheinen. So macht sich Matthias – Felix gönnt sich einen Tag Ruhe – mit Nadia und Zoe, die wir vom Slowboat kennen, zu einem kleinen Wasserfall in der Nähe auf. Auch wenn Laos touristisch noch nicht voll erschlossen ist, sind manche Methoden sogar bis hier vorgedrungen: Zu den zwei Dollar pro Person für das Tuk-Tuk, das dafür auch mehrere Stunden auf uns wartet, kommen überraschenderweise noch Geld für eine Flussüberfahrt und schliesslich Eintritt.

Nach einem erfrischenden Bad im Wasser, das über mehrere Terassen fliesst, wollen wir zurück in die Stadt, um den berühmten Sonnenuntergang vom Tempel auf dem Phusi-Mountain zu bewundern. Durch die Äquatornähe verschwindet die Sonne allerdings schneller, als gedacht, so das wir im Dunkeln auf dem Berg ankommen. Rasch ist der Beschluss gefasst, dass der Sonnenaufgang als Ersatz herhalten muss, um so auch den Touristenströmen zu entfliehen, die es allabendlich hier hinauf zieht.

Natürlich misslingt auch das. Wieder zu viert, erleben wir am nächsten Morgen aber ein ganz anderes Spektakel: Das tradionelle “Feeding of the Monks”. Mehr als ein Drittel der Einwohner von Luang Prabang sollen Mönche sein. Jeden Morgen nach Sonnenaufgang ziehen sie aus den unzähligen Klöstern in einer langen Reihe durch die Strassen. Viele zivile Einwohner sind schon früh auf den Beinen, um die Mönche mit leckeren Speisen zu versorgen, die den vorbeiziehenden Mönchen in die Opferschalen gelegt werden. Auch die Herbergs-Grossmutter trägt ihren Teil bei. Das es sich um ein mehrgäniges Menü mit Suppe handelt, bringen wir es zusammen mit Bountiane selber in einen Tempel.

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25.10. Achtung giftig?
Nach einem leckeren Fruchtmüsli folgt ein Marktbesuch um ein Handtuch und eine Hose zu finden (unsere Verlustrate ist nicht unerheblich, das Handtuch haben wir schon in Bangkok gelassen und Matthias\' Hosenbestand ist nach einem Diebstahl von der Leine in Chiang Khong und einer nicht gelungenen Zerreissprobe erschreckend schnell von zwei auf null gesunken). Nach der Höhle inklusive Bootsfahrt ist uns immer noch nicht zumute, also treffen wir uns mittags wieder mit Nadia und Zoe, um einen zweiten, grösserenWasserfall in der Umgebung zu erkunden. Beim Baden und Klettern bleibt die Uhr im Auge und tatsächlich schaffen wir es diesmal, im dritten Anlauf, rechtzeitig auf den Phousi-Mountain zu klettern. Dort erleben wir - zusammen mit einigen Busladungen Italienern und anderen Touris - einen wunderschönen Sonnenuntergang.

Mit Schrecken stellen wir fest, dass diesem langen Tag auch noch eine recht kurze Nacht folgen soll! Wir wollen weiter Richtung Süden fahren, um noch Plätze im Bus zu bekommen, sollen wir um 6 Uhr da sein. Natürlich bringt uns das nicht davon ab, noch einmal das Flair von Luang Prabang zu geniessen und uns am Beer-Lao zu laben. Dieses Bier ist erstaunlich lecker - Glück für die Laoten: Zu 99% wird genau diese Marke verkauft, deren Logo aussieht, wie ein “Achtung giftig!”-Zeichen, schliesslich ist Laos eines der letzten verbliebenen kommunistischen Länder. So bleiben ausserdem unsere Passports im Guesthouse, damit wir abends bei der Polizei “angemeldet” werden können, bis vor kurzem war es nicht möglich, Fahrzeuge zu leihen und Zapfenstreich für Touris ist 11:30 Uhr - natürlich alles nur für unsere Sicherheit…

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26.10. Happy Pizza-City
Immerhin erleben wir durch unser erneutes Frühaufstehen nochmal das Mönchsspektakel mit: Hunderte Mönche in orangen Roben in langen Reihen in allen Strassen ist schon ein faszinierender Anblick - nur eben ein bisschen früh…
Vang Vieng, das auf dem halben Weg in die laotische Hauptstadt Vientiane liegt, ist unser Tagesetappenziel. Nachdem, was wir darüber gehört und gelesen haben, muss es ein Backpacker-Paradies ähnlich wie Pai sein. Pustekuchen! Das Nest sieht aus, wie ein verlassenes mexikanisches Dorf aus einem Tarantino-Film - nur eben irgendwie asiatisch.
Die paar Strassen, die es gibt, sind ziemlich dreckig und aus dem Boden gestampfte Guesthouses und Bars sind auch keine architektonischen Meisterwerke. Zur Verteidigung könnte man einbringen, dass unsere Sicht durch Regen getrübt ist (tatsächlich haben wir schon in Luang Prabang einige Regenschauer über uns ergehen lassen müssen - hier wirds aber echt eklig, weil die Temperatur trotzdem gar nicht daran denkt, runterzugehen. Allerdings macht Vang Viengs Umgebung einiges wieder gut: Eine traumhafte Landschaft aus Kalksteinfelsen und ein recht flotter Fluss, der uns nach dem Pai-River allerdings nicht mehr gross beeindruckt. So sind auch die beiden Hauptaktivitäten Tubing (in Schläuchen von LKW-Reifen auf dem Fluss hinuntertreiben) und das Erkunden der unzähligen Höhlen in der Umgebung. Und auch hier zeigt sich wieder die Geschäftstüchtigkeit der Laoten. Für eine Brücke über ungefähr zwei Drittel des Flusses (den Rest muss man durchs Wasser waten) wird tatsächlich Geld (1000 Kiep/ 0,10 EUR) verlangt. Wer sich Fahrräder leiht, muss “Fahrradparkplätze” vor den Höhlen bezahlen.

Das Nachtleben in Van Vieng ist seltsam. In jeder Bar und jedem Restaurant laufen Fernseher mit Blockbustern, wie Face Off oder Gladiator. Die heimliche Hauptattraktion und offensichtlich eigentlicher, nicht in den Reiseführern erwähnter, Grund für die Beliebtheit von dem Nest sind die Happy-Pizzas, die es hier überall gibt. Nach einigen Geschichten über jüngste Zusammenbrüche nach Genuss dieser mit Marihuana verfeinerten Spezialitäten, bleiben wir aber bei asiatischer Küche.

----- Zusammengeführt, Beitrag vom 2003-04-02 15:33:18 mit dem Titel Reis wachsen hören (ein Weltreisetagebuch - Teil 5)

\"Die Vietnamesen pflanzen den Reis, die Kambodschianer schauen zu und die Laoten lauschen, wie er wächst\". Manchmal kommt einem der Gedanke, dass die Laoten beim Lauschen wenigstens kein Chaos anrichten würden - irgendwie hab ich den Eindruck, dass ich ein etwas undifferenziertes Bild der Einwohner dieses wunderschönen Landes mitgenommen habe... :-)

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27.10. Matthäus Roidl
Bevor wir am nächsten Morgen weiter nach Vientiane fahren, lassen wir uns mit einem Tuk-Tuk, beladen mit zwei Tubing-Reifen einige Kilometer flussaufwärts bringen. Recht gemütlich geht es innerhalb von zwei Stunden wieder zurück in die Stadt. Blöd ist es natürlich, wenn man sich nicht mit Sonnencreme einschmiert, nur weil es eben regnet, keine Sonne zu sehen und fast kühl ist. So kommen wir zu unserem ersten richtigen Sonnenbrand.

Mit nassen Klamotten ist die vierstündige Fahrt mit einem Sawngtaew nach Vientiane durch den Regen nicht sehr angenehm. Es ist uns ein Rätsel, wie 18 Leute dort reingepasst haben. Auch auf dieser Fahrt dürfen wir die omnipräsente loatische Schlagermusik geniessen. So ganz sicher sind wir nicht, ob es vielleicht immer dasselbe Lied ist. Sicher ist aber, dass der Sänger, den wir auch irgendwann mal in einem Musikvideo bewundern dürfen, uns gestern im Tuk-Tuk gefahren hat - und vorgestern auch. Jedenfalls sehen sich die meisten Laoten ziemlich ähnlich - allerdings scheinen sie das gleiche Problem mit uns Westeuropäern zu haben: Aufgrund unserer verblüffenden Ähnlichkeit sind wir schon einige Male für Brüder gehalten worden und Felix wird hin und wieder mit deutschen Fussballern (vorzugsweise mit Michael Ballack) verwechselt.

Der Name Matthias scheint in Asien auch nur eine einzige Assoziation auszulösen - ein Bayern-Spieler, der seine aktive Laufbahn inzwischen ja Gott-sei-Dank beendet hat. Fussball ist in diesen Breiten sowieso sehr gross. Nicht dass Thailand oder Laos eine eigene Liga hätte. Hier wird mit europäischen Vereinen mitgefiebert, deren Spiele auch rund um die Uhr im Fernsehen laufen. So haben uns schon einige Experten über das aktuelle Geschehen in der Bundesliga aufgeklärt.

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28.10. TUK-TUK?
Vientiane ist erstaunlich farblos für eine Hauptstadt. Die einzig wirklich schöne Stelle ist der Mekongstrand mit unzähligen Strassencafes nebeneinander und Blick auf Thailand. Immer wieder treffen wir Leute, die mit uns mit dem Slowboat nach Laos gefahren sind. Überhaupt scheint der Grossteil der Loas-Backpacker genau einer Route zu folgen: Über Luang Prabang, Vang Vieng, Vientiane und eventuell noch Savannakhet (weiter im Süden) schieben sich mit Sicherheit mehr als 90 Prozent der Traveller. So hat sich entlang dieser Strecke eine recht umfangreiche Tourismusinfrastruktur gebildet. Umso schwieriger ist aber leider auch den \"beaten track\" zu verlassen, da schlechte Strassen und wenige Busverbindungen das vorankommen mühsam machen. Lohnen muss es sich allemal, die begeisterststen Reiseberichte haben wir von Abstechern ganz in den Norden oder den Süden gehöhrt - die Leute waren allerdings auch mehrere Wochen unterwegs. Grosse Teile dieser Hauptroute gehören wahrlich nicht zu den schönsten Stellen von Laos, so sind auch andere, die wir getroffen haben, eher enttäuscht.

Wenn es schon keinen Hauptstadtflair gibt, dann wenigstens ausländische Vertretungen. Wir wollen die Gelegenheit nutzen und bei der deutschen Botschaft vorbeigucken. Dort angekommen, fragen wir uns aber zunächst, ob wir hier richtig sind. Ein relativ kleines Haus, das mal wieder einen Anstrich vertragen könnte, macht neben den Villen der thailändischen und japanischen Botschaften keinen sonderlich repräsentativen Eindruck. Der breit grinsende Schumi im Schaukasten, die deutsche Flagge auf der Schulter des Pförtners, vor allem aber der Blick auf die Öffnungszeiten, Montag bis Freitag von 9:30-12:00 Uhr, überzeugen uns dann aber. Mittag ist natürlich schon vorbei, daher müssen wir uns mit der Aussenansicht begnügen.

Zurück in der Innenstadt begeben wir uns auf eine \"Wat-Wanderung\". Mit diesem Begriff sind die meisten Rundgänge durch südostasiatische Innenstädte von einem Tempel (=Wat) zum nächsten treffend beschrieben. So führt uns der Lonely-Planet auch diesmal innerhalb einer knappen Stunde an sechs verschiedenen buddhistischen Anlagen vorbei.

In Laos muss es ein Buch \"Englisch für Tuk-Tuk-Fahrer\" geben, das für jede Tageszeit zwei bis frei Floskeln enthält. Bei Tageslicht folgt nach dem immer aktuellen Ruf \"TUK-TUK?\" entweder ein \"Where do you go?\" oder \"Where are you from?\", wobei antwortunabhängig der Vorschlag kommt, doch mit ihnen zu fahren. Sobald um halb sieben die Sonne untergegangen ist hört man nach dem \"TUK-TUK?\" ein leises, eher gezischtes \"Marihuana?\". Besonders spassig ist dies an frequentierten Ecken, wo zehn Fahrer beim Vorbeigehen einen wahren Kanon anstimmen, wobei das \"Marihuana?\" des Vorgängers im lauten \"TUK-TUK?\" des nächsten untergeht.

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29.10. Geburtstagsüberraschung
Bei einem mehrgängigen Menu stossen wir mit einem Glas Wein auf Felix Geburtstag an - und zahlen trotzdem nicht viel mehr, wie für das \"Studi\" in der Kippe (Studikneipe in Karlsruhe). Da wir inzwischen auch schon die weniger sehenswürdigen Sehenswürdigkeiten von Vientiane bewundert haben, soll uns ein Bus am Abend nach Hué in Vietnam bringen. Der Trip dauert angeblich 22 Stunden, darum buchen wir einen Touribus mit Klimaanlage und viel Beinfreiheit. Das deutsche Aussenministerium informiert per Webseite, dass der Grenzübergang, der wegen Überflutung lange geschlossen war, immer noch für Fahrzeuge über einer Tonne nicht passierbar ist. Trotzdem glauben wir den Beteuerungen unserer netten Ticketverkäuferin, dass alles \"no problem\" ist. Sie wünscht sich schliesslich, dass wir \"zufrieden sind und einen guten Eindruck von ihrem Land behalten\".

Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt, denn unsere Fahrt endet nicht etwa an einer überfluteten Grenze, sondern noch am selben Abend in Vientiane. Unser VIP-Bus entpuppt sich als altersschwacher öffentlicher Bus, der nach aller Wahrscheinlichkeit schon vor Erfindung der Klimaanlage laotische Strassen unsicher gemacht hat. Nur mit angewinkelten Knien können wir uns auf die Sitze zwängen, die uns sowieso sofort wieder von Einheimischen streitig gemacht werden. Von denen stehn noch wenigstens zwei weitere Busladungen herum, um mitzufahren. Schliesslich sind sogar alle Plastikhocker auf dem Gang besetzt und wir und acht weitere Ausländer beschliessen, die Fahrt nicht zu wagen. Nach Androhung der Polizei öffnet der \"freundliche\" Busfahrer auch sein Gepäckfach, um uns unsere Rucksäcke zurückzugeben. Immerhin schlagen wir eine freie Übernachtung in einem Hotel, dass wir uns sonst sicher nicht geleistet hätten, raus, als wir sauer und vom eingesetzten Regen durchnässt wieder in der Travel-Agency auftauchen. Vielfach wird uns für den nächsten Abend Besserung und der bezahlte Aircon-Bus versprochen. Wir beschliessen den Abend mit den anderen \"Aussteigern\" bei frischgezapftem Laos-Oktoberfestbier.

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30.10. Fridge-Delivery-Service
Auch wenn es schwerfällt kriegen wir den zusätzlichen Tag in Vietiane doch irgendwie rum. Unser zweiter Versuch nach Vietnam zu kommen, startet vielversprechend. Diesmal entspricht der Bus - obwohl von Klimaanlage natürlich keine Spur - schon eher unseren Vorstellungen. Ausserdem ist er nur halbvoll, also gibt es jede Menge Platz. Es ist schon lange dunkel und wir haben es uns zum schlafen bequem gemacht, als der Bus auf eine unbeleuchtete Seitenstrasse abbiegt.

Nach einigen Metern halten wir an und um den Bus beginnt ein geschäftigesTreiben. Säcke und Kisten (die uns schwer an Särge erinnern) werden im Gepäckfach und im hinteren Teil des Busses verstaut. Niemanden von uns ist klar, was genau passsiert. Unsere Fahrt durch enge Strassen und kleine Ortschaften geht noch einige Zeit weiter, Waren werden ein- und ausgeladen, zwischendurch steigen weitere Passagiere zu.

Höhepunkt der Produktpalette ist ein recht grosser Kühlschrank, den zwei schwitzende Laoten mit viel Mühe über die Sitze wuchten. Weiter geht es durch die Nacht, es wird fleissig weiter dem Delivery-Service-Zweitgeschäft nachgegangen, bis wir schliesslich für einige Stunden stehenbleiben. Wahrscheinlich weil die Grenze noch geschlossen ist – allerdings können wir auch das nur erraten, weil niemand sich die Mühe macht, uns auch nur irgendeine Auskunft zu geben. Sobald man eine Frage stellt, scheinen durchaus vorhandene Englischkenntnisse spurlos verschwunden.

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31.10. Frühstück im Schweinestall
Kurz vor Vietnam sehen wir im Morgengrauen den Grund, weshalb der Übergang für einige Wochen gesperrt war. Zahlreiche Schlammlawinen haben sich über die Strassen ergossen, sind inzwischen aber notdürftig weggeräumt. So gelangen wir in langsamer Slalomfahrt an die Grenze. Wir dürfen nach Zahlung eines Dollars im Kerzenschein (Strom scheint es in der gesamten Gegend nicht zu geben) einreisen, der Bus allerdings nicht. Noch 4 Stunden dauert es, in denen zahlreiche Kontrollen des Gepäcks (mit besonderem Augenmerk auf den Kühlschrank und grössere Mengen Damenunterwäsche) durchgeführt werden, bis wir endlich weiter fahren.

Schon ziemlich genervt und ausserdem hungrig, die letzte Mahlzeit liegt immerhin schon fast 16 Stunden zurück, fragen wir den Fahrer nach einem Stop. Dieser versichert uns grinsend, gleich anhalten zu wollen – ungefähr drei Stunden lang. Das wir immer ungehaltener werden, scheint ihn und die anderen Einheimischen sehr zu amüsieren und wird mit einem herzlichen Lachen quittiert. Um das Fahrvergnügen weiter zu steigern, wird im 10-Sekundentakt genüsslich der Schleim aus den Atemwegen lautstark hochgezogen und aus dem Fenster gespuckt.

Endlich wird uns um 16 Uhr ein „Frühstückstopp“ gewährt. In einer Art Kantine sitzen wir an dreckigen Holztischen. Im Hintergrund, sind offene Latrinen, die Küche und ein Schweinestall platzsparend nebeneinander untergebracht.

Hué rückt näher, wir hoffen, noch vor Mitternacht anzukommen. Vielleicht hätten wir das auch geschafft, wenn nicht 40 Kilometer vor der Stadt mitten auf Vietnams Highway No. 1 ein Loch gewesen wäre. Naja, Loch ist vielleicht untertrieben, der vier Meter tiefe Krater erstreckt sich über die gesamte Breite der ehemaligen Strasse. Wir ergeben uns unserem Schicksal und warten weitere Stunden im Bus, während draussen mit erstaunlicher Routine die unterspülte und weggesackte Strasse wieder passierbar gemacht wird.

Es ist nach 4 Uhr nachts und regnet in Strömen, als vier von uns in Hué abgesetzt werden, bevor der Bus weiter seinen Weg gen Süden sucht. Der kurze Marsch zum Guesthouse reicht aus, um uns völlig zu durchnässen. Wir trommeln einen Angestellten aus dem Schlaf und fallen schliesslich – nach 33 Stunden Busfahrt – in unsere wohlverdiente Nachtruhe.

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