Seychellen Testbericht

ab 22,39
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Erfahrungsbericht von LosGatos

Jenseits von Afrika

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Langsam können wir es nicht mehr erwarten, dass es endlich wieder Frühling wird. Letzte Woche gab es schon einen angenehmen Vorgeschmack dazu. Die Vorboten des Frühlings und die Aussicht auf wärmere Zeiten wissen wir – so jedenfalls geht es mir – vor allem deshalb zu schätzen, weil wir vorher Wochen und Monate von Kälte, Eis und Dunkelheit durchmachen müssen. Manchmal wird uns das Warten jedoch zu lang, und mancher ist geneigt, dem Winter ein Schnippchen zu schlagen.

So geschehen vor gut 8 Jahren, als wir uns im Januar 1995 zu einer dreiwöchigen Winterpause aufmachten. Gerade war ich auch unverhofft zu etwas Geld gekommen, so dass Sparen nicht angesagt sein musste. Und wir entschieden uns für die Seychellen im Indischen Ozean und hofften, ein Paradies vorzufinden. Geplant waren jeweils zehntägige Aufenthalte auf der kleinen Insel La Digue und der Hauptinsel Mahé.

Eine Reise nach La Digue gestaltet sich etwas umständlicher als ein Urlaub auf Mallorca. Es geht damit los, dass die Seychellen, die auch heute noch kein Reiseziel des Massentourismus sind, nicht von jedem Flughafen Deutschlands aus direkt angeflogen werden. So machten wir uns von München mit der Bahn nach Frankfurt auf, von wo aus wir mit Air Seychelles nach Mahé flogen. Die Fluggesellschaft verkehrt auch heute auf dieser Strecke nur einmal pro Woche. Die Flugdauer beträgt etwa 10 Stunden. Dazu kommen 2 Stunden Zeitunterschied, sodass, wenn man abends gegen 21Uhr in Frankfurt abfliegt, man am nächsten Morgen gegen 9 Uhr auf Mahé ankommt. So war es auch bei uns. Mit einer kleinen Propellermaschine ging es dann auf einem kurzen Flug weiter nach Praslin, der zweitgrößten Insel der Inselgruppe. Damit hatten wir unser Ziel noch längst nicht erreicht, denn wir wollten ja nach La Digue, dem kleinen Paradies. Dorthin gelangten wir per Schiff, die Überfahrt dauert etwa 1 Stunde. Als wir auf die Abfahrt unseres Bootes warteten, sah ich auch den dortigen „Fährbetrieb“: Ein kleiner Lastwagen oder VW-Bus wurde per Ladevorrichtung quer auf ein Boot gehievt, so dass die Räder jeweils über die Seiten hinausragten und festgezurrt.

Gegen Mittag erreichten wir La Digue. Beim Anlegen sahen wir schon das Empfangskomitee und ein paar Ochsenwagen. Letztere sind hier die Taxis. Denn La Digue ist eine autofreie Insel. Es gibt lediglich einige Transportfahrzeuge mit Sondergenehmigung. Unter dem Empfangskomitee befand sich auch die Schauspielerin Jutta Speidel. Allerdings wollte sie nicht mich abholen, sondern eine ältere Dame, wohl ihre Mutter. Unsere Koffer waren bald aufgeladen und man kutschierte uns per Ochsenkarren zu unserer Unterkunft, die nur wenige Minuten entfernt lag. Wir hatten kein 5-Sterne-Hotel gebucht, wohnten also nicht mit Jutta unter einem Dach, sondern ein sogenanntes Gästehaus. Das Frühstück war inklusive. Abendessen konnte man auf Vorbestellung dort auch optional. Unser Zimmer war ein kleines ebenerdiges Apartment. Um uns das Erkunden der Insel zu erleichtern, wurden uns vom Vermieter ohne Aufpreis Fahrräder zur Verfügung gestellt.

Die Seychellen sind eine Inselgruppe im Indischen Ozean, die etwa 800 km östlich von Kenia und etwa 1000km nördlich von Madagaskar gelegen ist. Sie bestehen aus 32 Granit- und 60 Koralleninseln. Das Inselchen La Digue ist schon die drittgrößte Insel. Die Inselgruppe liegt zwar auf der Südhalbkugel, jedoch unweit des Äquators, so dass sich die Jahreszeiten durch mehr oder weniger Regen, den der Nordwestmonsum beschert, weniger aber durch Temperaturschwankungen bemerkbar machen. Die Regenzeit geht von Dezember bis März, und wir haben mehr davon abbekommen als einem im Urlaub lieb ist. Die Seychellen sind seit 1976 ein souveräner Staat, nachdem sie vorher zeitweise zu Frankreich und später zu Großbritannien gehört haben. Demzufolge sind sowohl Englisch wie Französisch Amtssprachen. Außerdem wird kreolisch gesprochen, ein Slang, der eine einfache Form von Französisch darstellt.

Typisch für La Digue sind die riesigen Granitfelsen, die zusammen mit Palmen, fast weißem Sandstrand und blauem Meer bei Sonnenschein dem Besucher eine malerische Kulisse bescheren. Sogar das Karibik-Feeling aus der Bacardi-Werbung wurde hier „gefaked“, so unvergleichbar sind hier die Bedingungen. Der Urlauber, der so wie ich hier ein Badeparadies erwartet, wird allerdings schwer enttäuscht. Entweder ist das Wasser extrem flach und mit Korallenbänken durchsetzt, sodass man überhaupt nur mit Badeschuhen hinein kann und gar nicht weit genug gehen kann, bis einem das Wasser bis zum Halse steht. Oder die Brandung ist so stark, dass Baden äußerst gefährlich ist. Unser Gästehaus lag ganz in der Nähe des berühmten Strandes Grande Anse, der aber nur als Kulisse, nicht jedoch zum Baden taugt. Ebenfalls in der Nähe lag der einzig brauchbare Platz zum Schwimmen, wo sich jedoch Ein- und Ausstieg ins/aus dem Meer etwas schwierig gestaltete aufgrund vieler Felsen. Einmal fuhr ich mit dem Fahrrad ans andere Ende der Insel, was kaum mehr als eine Stunde in Anspruch nahm. Zum Glück war der Weg nicht weit. Denn da mir die Kette gerissen war, musste ich auf dem Rückweg meist schieben, wenn es nicht mal leicht bergab ging. Jedenfalls fand ich einen menschenleeren Traumstrand vor und ein Meer, das zum Bad lockte. Ich war nur wenige Meter im Wasser, drehte meinen Rücken zum Meer und fand mich plötzlich von einer kräftigen Welle begraben, die mich zum Glück ans Ufer drückte. Jedenfalls war ich ziemlich erschrocken, mit Schwimmen war also auch hier nichts. Es kann natürlich sein, dass die Bademöglichkeiten mit dem Monsumeinfluss jahreszeitlich variieren. Aber ich halte es auch nicht für sinnvoll, die Seychellen im europäischen Sommer zu bereisen, zumal dann geeignete Urlaubsziele näher gelegen sind.

Natürlich stellen die Seychellen nicht nur ein Paradies für Sonnenhungrige dar, sondern vor allem auch für Taucher. Meinen Tauchschein habe ich 1992 in Mexiko gemacht, hier konnte ich das dann so richtig auskosten. Ein schöneres Tauchrevier habe ich trotz Karibik und Great Barrier Riff noch nicht erlebt. Ich habe es dort auch etwa jeden zweiten Tag ausgenutzt, das herrliche Gefühl der Abgeschiedenheit zu genießen und 10-20 Meter über mir die Wasseroberfläche zu sehen, die einen von der Außenwelt trennt. Es war übrigens das einzige Mal irgendwo auf der Welt, dass ich in „freier Wildbahn“ zumindest aus 10-20 Meter Entfernung ein paar Riffhaie sehen konnte. Der Tauchlehrer war ein Bayer, der damals schon seit 4 Jahren auf La Digue wohnte.

Per Tagesausflug haben wir einmal per Schiff die Nachbarinsel Praslin besucht, die für seine einzigartige Palmenart mit der nur dort wachsenden Coco de Mer berühmt ist. Die Seychellen sind auch für ihre Riesenschildkröten bekannt, die dort in freier Natur leben.

Da fast alle Lebensmittel (außer Fisch oder exotischen Früchten) importiert werden müssen, sind die Preise fürs Essen sowohl in Geschäften wie Restaurants extrem hoch. Im Gegensatz zu anderen Urlaubsorten, wo der Massentourismus Restaurant neben Restaurant entstehen lässt, gibt es auf La Digue nur recht wenig Lokale. Am ersten Tag waren wir in einer recht einfachen Pizzeria, die sehr wenig Auswahl, aber Preise wie in deutschen Großstädten bot. Beim Tauchen lernte ich dann einen Finnen kennen, der mir auch erzählte, dass er am Vortag in jener Pizzeria gewesen wäre, wo es so teuer wie in Helsinki wäre. Ich beglückwünschte ihn, dass er auf Anhieb das einzig halbwegs billige Restaurant gefunden hätte. Sein Gesicht wurde länger und er stellte fest, dass er dann wohl hier sehr sparsam leben müsse, damit das Geld bis zum Schluss reicht. Meistens haben wir dann in unserem Gästehaus gegessen, wo es wenig Auswahl, sondern Tagesmenüs gab, die aber preislich noch im Rahmen lagen. Einmal gönnten wir uns ein vermeintlich besseres Restaurant, wo wir pro Person umgerechnet über 100DM dalassen mussten, ohne nachher das Gefühl gehabt zu haben, etwas ganz Besonderes erhalten zu haben. La Digue ist eine Insel, wo man weitgehend seine Ruhe hat. Wer aufregendes Nachtleben sucht, ist hier wohl fehl am Platz. Man trifft hier Urlauber aus der ganzen Welt an. Da hier auch französisch gesprochen wird, ist die Inselgruppe vor allem auch ein bevorzugtes Ziel unserer westlichen Nachbarn.


FAZIT

La Digue stellt optisch schon eine Trauminsel dar. Allerdings kann man nicht immer mit eitel Sonnenschein rechnen, zumal die Regenzeit im Schnitt schon an die 10 Regentage pro Monat beschert. Die Insel ist ein Paradies für Taucher, jedoch nicht für Leute, die vom Strand aus schwimmen möchten. Die Preise vor Ort, insbesondere die Verpflegung, sind überdurchschnittlich hoch. Insgesamt (u.a. Flug, Unterbringung, Verpflegung, Tauchen) haben mich damals die 3 Wochen über 6000DM pro Person gekostet. Dabei hatten wir keineswegs in Saus und Braus gelebt. Wenn es sich um selbstverdientes Geld gehandelt hätte, hätte ich die Ausgabe womöglich im Nachhinein bereut. Das Preis / Leistungsverhältnis für einen Urlaub auf den Seychellen lockt mich deshalb nicht unbedingt wieder dorthin. Es sei denn, Jutta Speidel lädt mich nächstes Mal ein.


Copyright LosGatos
Erstveröffentlichung 15.3.2003
Veröffentlicht bei Ciao, Yopi, Q-Test und vielleicht Talk-On

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