Mischlinge Testbericht

Mischlinge
ab 8,52
Auf yopi.de gelistet seit 12/2006
5 Sterne
(11)
4 Sterne
(1)
3 Sterne
(0)
2 Sterne
(0)
1 Stern
(0)
0 Sterne
(0)
Summe aller Bewertungen

Erfahrungsbericht von Lisa2002

HILFE-gib mir ein Zuhause!

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Dies soll ein Plädoyer für alte Mischlingshunde werden! - Wer sich entschließt, einen Hund zu halten, der sollte gerade an diese denkan. Oft sitzen sie irgendwo ungeliebt und unbeachtet im Tierheim oder bei \"Besitzern\", die nichts mehr mit ihnen anfangen können. Viele möchten einen Welpen, süß und klein soll er sein, pflegeleicht natürlich und auf\'s Wort gehorchen - und natürlich einen Stammbaum, der bis ins Mittelalter reicht. Nach ein paar Jahren ist der Kleine groß, hat vielleicht Marotten entwickelt - oder man selbst möchte sich wieder selbstverwirklichen. Also weg mit dem Köter, aussetzen oder ins Tierheim. Und da sitzen sie, die weggeworfenen Kreaturen, die auch nichts lieber möchten als ein Herrchen oder Frauchen, das sie liebhat und für sie sorgt. Sorry schon mal, der Bericht wird LANG ;o)

======================
Plädoyer für einen alten Hund
======================
Okay: Wer sich für einen jungen Hund entscheidet, sieht ihn aufwachsen, erlebt seine Jugend und damit auch seine Flegeljahre mit. Er kann ihn selbst erziehen oder dressieren und dabei viel falsch machen, wenn er sich nicht genug Zeit und Geduld nimmt. Aber grundsätzlich kennt so jemand alle Macken seines Tieres und kann es noch in eine bestimmte Richtung \"formen\" und seinen eigenen Stil finden. Das bedeutet aber auch Sachkenntnis (oder den Besuch einer Hundeschule), sonst tanzt einem der halbstarke Kerl bald auf der Nase herum.

Schon ein wenige Monate alter Hund kann aber Erfahrungen in seinem \"Vorleben\" gemacht haben, die ihn zu einem komplizierteren Zeitgenossen werden lassen, also geht die Rechnung \"junger Hund = problemloser Hund\" nicht auf. Ich spreche aus Erfahrung - wir hatten uns einen viermonatigen Rüden aus dem Tierheim geholt. Später erfuhren wir, dass er schon drei Vorbesitzer hatte und von einem von ihnen misshandelt worden war. Damit war schon nach vier Monaten das Verhältnis zu Menschen, besonders zu dunkelhaarigen Männern, nachhaltig getrübt. Auch Züchter machen Fehler, viel zu oft werden kleine Hunde zu früh von ihrer Mutter getrennt, um das große Geschäft zu machen.

Ein alter Hund, und damit meine ich einen erwachsenen, gesetzten Hund ab 6 Jahren, der hat schon viel erlebt. Das kann Schlechtes, kann aber auch viel Gutes sein. Er hat seine Flegeljahre längst hinter sich und weiß in der Regel, was sich gehört und was nicht. Er ist erzogen, kann sich selbst beschäftigen und kommt im Straßenverkehr und an der Leine zurecht. Sollte er eines dieser Dinge noch nicht beherrschen, lernt er es schnell und viel konzentrierter als ein Greenhorn. Der Satz \"ein alter Hund lernt keine neuen Tricks mehr\" stimmt aus meiner Erfahrung heraus nicht.

Und: ein alter Hund ist meist kein Temperamentsbündel mehr! Dem reicht es, einmal ums Eck Gassi zu gehen, wenn es Bindfäden regnet, auch der erste Grasbüschel, der verfügbar ist. Ihm reicht es, gemütlich in Herrchens Nähe auf einer Decke zu liegen, er braucht kein pausenloses Entertainment mit Bällchen und Stöckchen, es sei denn, Herrchen fordert ihn heraus. Er nimmt einfach alles gelassener.

Oft hört man das Argument: der ist doch dauernd krank, der stirbt doch eh bald. Es gibt kranke Hunde jeden Alters! Viele müssen auch schon als Teenager ständig zum Tierarzt, weil sie sich bei Raufereien verletzen oder weil sie Krebs oder Hüftschäden bekommen. Impfen muss man ebenfalls alte wie junge Hunde. Und was das Alter angeht, rechnet man sowieso anders als die \"1 Menschenjahr = 7 Hundejahre\"-Regel. Je jünger der Hund, um so mehr zählt ein Menschenjahr, immerhin wird ein Hund schon im ersten Lebensjahr \"erwachsen\". Ob ein Hund also 6 oder 8 Jahre alt ist, macht nicht mehr so viel aus, der Unterschied zwischen 2 und 4 ist viel gravierender.

~~~ Beispiel ~~~
Meine Hündin Bo ist nunmehr 12 Jahre alt. Ich habe sie \"erst\" seit knapp drei Jahren. Na und? Ihre Vorbesitzerin wollte sie nicht mehr haben, angeblich, weil sie nach England auswandern wollte, und setzte sie in die Zeitung. Damals war sie \"schon 9 Jahre alt\", und viele haben entsetzt den Kopf geschüttelt, dass ich so ein \"altersschwaches\" Tier haben wollte. So ein Quatsch! Bo spielt nach wie vor gern, wenn sie Lust hat, sie ist kerngesund und fit (okay, ein bisschen mollig, aber mein Tierarzt sagt, alte Damen dürfen das). Sie kann sich stundenlang selbst beschäftigen (meist liegt sie auf dem Sofa und pennt) und ist sehr ruhig und pflegeleicht, einfach, weil sie schon \"gesetzteren Alters\" ist. Ich rechne doch nicht die Jahre, die sie bei mir ist - für mich zählen die Momente. Die aufmerksamen Hundeaugen, das Knuddeln, das Zusammensein. Und ich freue mich, dass sie bei mir einen schönen \"Lebensabend\" genießen kann, ob der nun noch einen Monat, ein Jahr oder länger dauert, das rechne ich doch nicht aus. Auch ein junger Hund kann so schnell sterben. Ich bin sehr stolz drauf, dass meine Dame schon so alt und doch so rüstig ist. Laut Liste hat sie jetzt 66 Jahre auf dem Buckel, und wie Udo Jürgens schon sang, da fängt das Leben doch grad erst an ;o) Übrigens wusste ich nicht, welche Kommandos Bo versteht, aber \"Sträßchen\", \"Fresschen\" und \"Leckerchen\" hatte sie schon nach einem Tag drauf. Inzwischen kann sie auch ernstere Kommandos wie \"Platz\", \"Halt\" oder sogar \"langsam\" verstehen.

==========================
Plädoyer für einen Mischlingshund
==========================
Mischlingshunde sind im Gegensatz zu Rassehunden meist \"Kinder der Liebe\". Da war nichts erzwungen, da war der Zufall im Spiel. Das Ergebnis heißt nicht \"Bodo von der Breiten Rampe\", sondern \"Krümel\" oder \"Wauzi\" und ist ein echtes Individuum. Jemanden wie einen Dackelschnauzerschäferterrier gibt es eben nicht so oft auf der Welt wie einen reinrassigen Deutschen Schäferhund. Wer sich einen Mischling hält, weiß oft nicht, wer \"dahintersteckt\", und es ist eigentlich doch auch wurscht, oder nicht?

Rassehunde haben oftmals, gerade bei jungen Rassen, vernetzte Stammbäume. Von Inzucht kann man vielleicht noch nicht sprechen, aber die Verwandtschaft untereinander kann schon enorm sein. Da kommt es zwangsläufig oft zu überzüchteten Elementen. Und so kann schon ein kleiner Rassehund oft zum Arzt müssen, weil die Ohren sich entzünden (zu lang gezüchtet) oder der Rücken schmerzt (zu schräg gezüchtet). Beim Mischlingshund, so habe ich den Eindruck, holt sich die Natur wieder die besten und robustesten Gene zusammen. Der Hund mag zwar manchmal \"eigenartig\" aussehen, aber er ist in der Regel nicht so anfällig wie sein Kollege mit den 500 Auszeichnungen von Rasseshows. Mitmenschen nerven einen natürlich mit der Frage \"wasistdasdennfürnerasse\"? Einfach irgendwas total Wildes ausdenken, und schon hat man seine Ruhe.

Wer einen Hund nur nach seinem Aussehen beurteilt, kommt damit vermutlich nur genauso weit wie bei Menschen. Er zahlt dann auch gern seinen Tausender, weil es der Labrador aus Südengland sein muss. Das Tier selbst ist ihm vermutlich völlig schnurz, man gibt mit der Herkunft an. Im Tierheim findet man solche Hunde natürlich nicht. Aber da sitzen Tiere, die Charakter haben, individuell sind, traurig durch die Stäbe schauen und dann richtig glücklich mit dem sind, der sie da rausholt. Meistens entstehen schon durch diesen Schritt Freundschaften fürs Leben. Auch in Kleinanzeigen findet man solche Geschöpfe. Sie kosten nichts, man muss höchstens Impfungen bezahlen oder nachweisen, dass man sie halten darf (Mietvertrag), was auch vernünftig ist.

~~~ Beispiel ~~~
Bo wurde 1989 im Tierheim geboren, die Herkunft ist unbekannt. Laut Prognosen diverser Tierärzte waren wohl mal ein Dackel, ein Schäferhund, ein Schnauzer und ein Terrier an ihrer Entstehung beteiligt. Sie ist blond und kniehoch und hat wunderschöne, große Augen. Irgendjemand fragte mal, ob sie ein italienischer Hühnerhund sei (was ich natürlich bejaht habe). So einen Hund wie Bo habe nur ich, sonst niemand, und ich bin sehr stolz auf mein hübsches altes Mädchen.

==============
Hol mich da raus!
==============
Einen Hund aus dem Tierheim zu holen, halte ich für eine sehr noble Geste. Bei den überfüllten Heimen kann man vermutlich sogar oft von \"Rettung\" sprechen, denn in großen Städten müssen Hunde, die dort länger sitzen, eingeschläfert werden (und welche sind das? Genau: die alten Mischlinge...). Wer sich für einen Hund entscheidet, kann ihn erst mal \"ausleihen\", mit ihm auf einer Wiese spielen gehen oder an der Leine spazieren, ihn ein paarmal mit Kind und Kegel besuchen und so gucken, ob die Chemie stimmt. Meistens ist es aber schon \"Liebe auf den ersten Blick\". Das Tierheim wird verlangen, dass man nachweisen kann, dass man den Hund halten darf, damit er nicht in zwei Wochen wieder zurückkehren muss. Meist muss man Impfungen bezahlen und hat dann 150 Mark ausgegeben. Ich habe bisher nur freudig-erregte Hunde erlebt, wenn sie endlich aus dem \"Knast\" draußen waren, die sich blitzschnell in die neue Umgebung eingelebt haben.

Wie für einen jungen Hund braucht auch der aus dem Tierheim Utensilien wie Körbchen, Fressnapf und Leine, und natürlich muss er auch Steuern zahlen und sollte versichert werden. Mischlinge sind meist recht günstig, da man sie nicht kategorisieren kann. Wer einen alten Hund aus dem Tierheim holt, der wird in der Regel nicht mit Hundeschule oder Zerstörungswut konfrontiert werden, es sei denn, der Hund ist psychisch extrem belastet worden. Ältere Hunde sind einfach nur froh, \"raus\" zu sein und passen sich in Windeseile der neuen Situation an.

~~~ Beispiel ~~~
Mit einer Freundin holte ich \"ihren\" Hund aus dem Tierheim ab. Wir mussten uns Leine und Halsband borgen, denn es hatte so schnell \"gefunkt\", dass wir noch gar nichts eigenes hatten. Eine Stunde später waren wir mit frisch ausgerüstetem Hund zurück am Tierheim, meine Freundin brachte die Leine zurück, und der Hund flippte aus. Nicht, weil er ins Tierheim zurück wollte, sondern weil er es schon jetzt nicht ertrug, meine Freundin aus den Augen verloren zu haben! Kaum saß sie wieder im Auto, war aller Trennungsschmerz verflogen. Und auch bei Bo habe ich keine Sekunde erlebt, in der sie ihrer alten (wohl nicht so tollen) Lebenssituation nachgetrauert hätte. Schon nach einer Stunde hat sie ihren neuen Sofa-Stammplatz verteidigt und einen Topf Fressen leergefuttert, als hätte sie woanders gewohnt.


============
Wer Bo mal sehen möchte, kann das hier tun: http://www.arianamania.de/person/bo.htm
Und - ist nun Euer Herz offen für einen alten Mischlingshund? Es warten sicherlich genügend auf Euch!
[Die Bewertung da unten beziehe ich mal auf Bo]

6 Bewertungen