Shadow of the Vampire (VHS) Testbericht

Shadow-of-the-vampire-vhs-drama
ab 9,03
Auf yopi.de gelistet seit 10/2004

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Erfahrungsbericht von Gemeinwesen

"Wo viel Licht ist, ist starker Schatten"

Pro:

ein Film mit einer originellen Grundidee - und eine Schauermär, die ihr Publikum ernst nimmt

Kontra:

schwankt m . E . etwas allzu unentschlossen zwischen Tragik und Komik

Empfehlung:

Ja

"He [the vampire¹] throws no shadow (...)"

(Dr. Abraham van Helsing in Bram Stokers 'Dracula', 1897 edition, zitiert nach http://www.gutenberg.net/etext95/dracu12.txt)

¹ Einfügung: Gemeinwesen


Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau (John Malkovich) steckt mitten in den Dreharbeiten zu "Nosferatu", einer "Symphonie des Grauens", die auf Bram Stokers ein Vierteljahrhundert zuvor veröffentlichtem Roman "Dracula" basiert. Da sich jedoch die Witwe des irischen Autors dagegen geweigert hat, ihre Rechte an der viktorianischen Schauermär an den Deutschen abzutreten, hat der findige Filmschaffende einen Kunstgriff angewendet: aus dem Grafen Dracula macht er kurzerhand den Grafen Orlok, aus dem Londoner Makler Jonathan Harker wird der Wisborger Sekretär Thomas Hutter, dessen Frau wird von Mina in Ellen umgetauft und auch die anderen Figuren sowie die Schauplätze der Handlung werden schlicht neu etikettiert.

Allein, die Produktion steht unter keinem guten Stern: Hauptdarstellerin Greta Schröder (Catherine McCormack, "Braveheart", "Spy Game") nervt mit Allüren, die Financiers, allen voran Produzent Albin Grau (B-Movie-Urgestein Udo Kier) drohen damit, den Geldhahn zuzudrehen und das unkonventionelle Vorgehen Murnaus, der Fragen nach dem Plot ebenso aus dem Wege geht wie der danach, mit wem er die männliche Hauptrolle zu besetzen gedenke, sorgt am Set zunehmend für Unruhe. Dass der eigenwillige Filmkünstler sich als Drehort für die ersten Szenen mit seinem männlichen Star, einem gewissen Max Schreck, zudem ausgerechnet die tschechoslowakische Provinz auserkoren hat, hebt die Stimmung der in die Film-Karpaten Expedierten auch nicht gerade.

Wer ist überhaupt dieser Schreck, den Murnau offensichtlich für die Idealbesetzung des schaurigen Grafen Orlok hält? Schreck scheint, immerhin soviel lassen Murnaus Schilderungen ahnen, eine Art Pionier des "method acting" zu sein: Schreck werde, um sich mit seiner ganzen Person in die Rolle versenken zu können und ihr so hoffentlich ein zusätzliches Maß an Glaubwürdigkeit zu verleihen, seinen Ko-Akteuren
grundsätzlich nur in seiner Filmgarderobe gegenübertreten, keine seiner Szenen bei Tageslicht spielen und für die Dauer der Dreharbeiten für seine Kollegen auch nicht Herr Schreck, sondern - Gipfel der Exzentrik! - Herr Graf sein.

Als Orlok dann endlich in Erscheinung tritt, gerät der mit Spannung erwartete Auftritt Schrecks freilich zum Triumph, denn das Entsetzen, das Hutter angesichts des grausigen Grafen ergreift, ist durchaus nicht gespielt. Darsteller Gustav von Wangenheim (Eddie Izzard, "The Avengers") ist sichtlich geschockt, doch Regisseur und Produzent sind's umso zufriedener - und schließlich sind sich alle einig: die eigenwilligen Umstände, unter denen die Dreharbeiten ablaufen, der genius loci und Schrecks einzigartiges Spiel werden der Produktion eine bislang unerreichte Überzeugungskraft verleihen.

Was die Figuren des Films erst im weiteren Verlauf der Handlung erahnen können, ist dem Zuschauer spätestens dann klar, als der Kameramann nach einem von Murnau am Set provozierten Zwischenfall unter eigenartigen Umständen zu Tode kommt: Erfunden ist nicht die Figur des Grafen Orlok, sondern die des Max Schreck inklusive seiner von Murnau im Dunstkreis der Theaterlegende Max Rheinhardt verorteten Provenienz; und Murnau hat mit dem untoten Jungmimen einen faustischen Pakt geschlossen, Teil dessen unter anderem Murnaus Zusicherung ist, seinem Star nach Abschluss der Dreharbeiten Hauptdarstellerin Greta im wahrsten Wortsinne zum Fraß vorzuwerfen.

Genau hierin liegt m.E. die Schwäche von Elias Merhiges Filmdebüt: Der "Shadow of the Vampire" zu Grunde liegende Einfall ist zwar reizvoll, trägt dabei aber keinen abendfüllenden Film - zumal Merhige die sprichwörtliche Katze meiner Ansicht nach zu früh aus dem Sack lässt. Und so sehenswert Willem Dafoe (ebenso wie die Maske völlig zu Recht für einen Oscar nominiert) als augenrollender Schreck/Orlok auch ist, kann sein Spiel doch nicht über ein weiteres Defizit des Films hinwegtäuschen:

"Shadow of the Vampire" will allzu vieles gleichzeitig sein - und verliert sich in diesem Bemühen leider etwas zwischen schwarzer Komödie, Schauermär und pseudo-historischem 'Making of'. Ist "Shadow of the Vampire" eine Satire auf die Eitelkeiten des Showgeschäftes? Ist "Shadow of the Vampire" eine erzählerisch als 'urban legend' angelegte Gruselgeschichte? Oder ist "Shadow of the Vampire" die Geschichte eines Regisseurs, der sich als "verrückter", da gewissenloser Wissenschaftler entpuppt und als Regisseur Gnadenlos schließlich sogar über Leichen dreht ... ?

"Shadow of the Vampire" ist von allem ein bisschen - und ist Regie-Neuling Elias Merhige für meinen Geschmack alles in allem ungefähr zehn Minuten zu lang (wenn auch dabei nicht unbedingt langweilig) geraten. Gegen Ende nämlich geht dem Film sichtlich der Atem aus - und leider gerät der Versuch, sich ins Bedeutungsvolle zu retten, zum allzu platten Monolog Murnaus, der im Resümee "If it's not in the frame, it doesn't exist" gipfelt: Spätestens hier hätte der Film eigentlich zu Ende sein können, ist es aber leider nicht.

Sehenswert ist "Shadow of the Vampire" aber allemal: als viel versprechendes Debüt und intelligent erzählte Gruselgeschichte, die ihr Publikum ernst nimmt und nicht zuletzt wegen einer sehenswerten Besetzung. Willem Dafoes Auftritte sind allein schon das Eintrittsgeld wert, aber auch Cary Elwes ("Die Braut des Prinzen") als draufgängerischer Hoppla-hier-komm'-ich-Pilot, Kameramann und Drogenkurier Fritz "Fritzie" Arno Wagner und Catherine McCormack als kapriziöse 20er Jahre Filmdiva haben mich überzeugt.

R e s ü m e e

Merhige scheint entweder seinem Stoff oder seinem Publikum nicht ganz zu vertrauen - ansonsten hätte er die Botschaft seines Films wohl etwas subtiler verpackt: Der eigentliche Unmensch in seinem Film hat sowohl Spiegelbild als auch Schatten - das Monster, dem zum Schluss auch der Vampir Schreck/Orlok zum Opfer fällt, ist Regisseur Murnau selbst.

Stattdessen winkt er ein ums andere Mal mit dem (Zaun-)Pfahl und lässt zum Beispiel Schreck/Orlok Murnau gegenüber expressis verbis sagen, die beiden seien so verschieden nicht voneinander. Der Schrecken bleibt in Merhiges Debüt leider etwas zu kopflastig; und so wird 'Shadow of the Vampire' sein Publikum wohl weniger unter eingeschworenen Horrorfans finden, als vielmehr unter Cineasten mit Dauerkarte fürs Programmkino. 'Shadow of the Vampire' ist erste Wahl für die lange Halloween-Nacht im Filmkunstkino, allemal ein gelungenes Erstlingswerk und unterm Strich ein Film, in dem Licht und Schatten sich in meinen Augen die Waage halten.

'Shadow of the Vampire' glänzt mit überzeugenden Darstellern, einer Ausstattung, die sich nicht vor denen von weitaus teureren Produktionen zu verstecken braucht sowie durch handwerkliche Sorgfalt, die ihren Niederschlag auch in Details wie der stimmungsvollen musikalischen Untermalung von Dan Jones findet; und auch eine poetische Szene wie die, in der Willem Dafoes Schreckgestalt dank Kinematographen-Einsatz einen Sonnenaufgang erleben darf (und die bei mir Erinnerungen an eine ganz ähnliche Szene in Neil Jordans 'Interview with the Vampire' geweckt hat), entschädigt mich dafür, dass 'Shadow of the Vampire' unterm Strich für meinen Geschmack streckenweise eine Spur zu verquast, bedeutungsschwanger und symbolbefrachtet daherkommt.

Und wann habe ich eigentlich das letzte Mal einen Film mit einem ähnlich schön gestalteten Vorspann gesehen. Halt - wann habe ich eigentlich das letzte Mal einen Film gesehen, der sich überhaupt noch den Luxus eines Vorspannes mit eigenen Titeln gegönnt hat ... ?

"Trivia"

imdb.com bezeichnet Max Schreck als den "Gary Oldman seiner Zeit"; Gary Oldman spielte den Grafen Dracula 1992 in Francis Ford Coppolas "Bram Stoker's Dracula". Dass nicht nur Dafoes "Orlok", sondern auch Oldmans "Dracula" eine mal mehr, mal minder deutlich erkennbare Reverenz an Schrecks Darstellung des Vampirs sind, erscheint vor dem Hintergrund des Streits zwischen Murnau und Stokers Witwe (die darauf geklagt hatte, sämtliche Kopien des fertigen Films "Nosferatu" vernichten zu lassen) als eine Art Treppenwitz der Filmgeschichte.

50 Bewertungen, 14 Kommentare

  • krullinchen

    08.01.2007, 11:58 Uhr von krullinchen
    Bewertung: sehr hilfreich

    (¯`•.¸*sh*¸.•´¯)

  • bigmama

    02.01.2007, 00:59 Uhr von bigmama
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh + Gesundes, neues Jahr! LG Anett

  • anonym

    31.12.2006, 13:36 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ein schöner Bericht., vielleicht schauen wir uns den mal an. Liebe Grüße Edith und Claus

  • tanja2003

    30.12.2006, 18:57 Uhr von tanja2003
    Bewertung: sehr hilfreich

    ~~~ sh ~~~ und einen guten Rutsch ins Jahr 2oo7 wünscht Tanja

  • anonym

    30.12.2006, 12:37 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    müsste ich mal reinsehen :-) Guten Rutsch

  • Sayenna

    30.12.2006, 11:57 Uhr von Sayenna
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh :-)

  • anonym

    30.12.2006, 09:59 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    nicht mein geschmack, doch dein bericht ist mal wieder sehr gut. guten rutsch. lg eva

  • LittleSparko

    30.12.2006, 03:08 Uhr von LittleSparko
    Bewertung: sehr hilfreich

    lg, daniela

  • Bunny84

    29.12.2006, 21:29 Uhr von Bunny84
    Bewertung: sehr hilfreich

    Klasse Bericht. Lg Anja

  • anonym

    29.12.2006, 21:00 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh, LG Biggi :-)

  • Gozo-Bernie

    29.12.2006, 20:51 Uhr von Gozo-Bernie
    Bewertung: sehr hilfreich

    Gruss aus Catania - bernie

  • anundka_ki

    29.12.2006, 18:51 Uhr von anundka_ki
    Bewertung: sehr hilfreich

    "sh" - und "Guten Rutsch ins Neue Jahr" !!!

  • bodenseestern

    29.12.2006, 18:43 Uhr von bodenseestern
    Bewertung: sehr hilfreich

    ich wünsche ein gutes neues Jahr. lg Gruß Petra

  • anonym

    29.12.2006, 17:24 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh :o)