Das Geheimnis von Green Lake (DVD) Testbericht

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ab 8,18
Auf yopi.de gelistet seit 10/2004

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Erfahrungsbericht von ZordanBodiak

…Und? Wo ist der See?…

Pro:

Ein herrlich besetztes Wüstenabenteuer, das die kleinen Zuschauer ernstnimmt und auf einem guten Silberling veröffentlicht worden ist...

Kontra:

...nichts wirklich...

Empfehlung:

Ja

Die Deutschen haben mal wieder überhaupt nichts mitbekommen. Während in den USA Louis Sachers Kinderbuch „holes / Löcher“ zu einem feinen Bestseller avancierte und zeitweise gar dem großen Harry Potter trotzen konnte, scheint Sacher bei uns gänzlich in der Masse untergegangen zu sein. So sollte es auch nicht verwundern, dass die Literaturverfilmung in Amerika mit offenen Armen empfangen worden ist – und gut 70 Millionen in die Kassen schaufeln konnte. Bei uns hingegen halfen noch nicht einmal die großen Namen auf den Kinoplakaten, um den Funken auf die Zuschauer überspringen zu lassen. Kläglich gescheitert. Nun kommt die DVD – im Deutschen als „das Geheimnis von Green Lake“ betitelt – und vielleicht reicht es ja noch für einen verspäteten Erfolg auf dem Umweg des Heimkinos. Verdient hätte es der Film...


Der Film

Erzählt wird die Geschichte von dem jungen Stanley Yelnats IV [welch herrliches Palindrom], der wie seine gesamten Vorfahren vom Pech verfolgt zu sein scheint. Erst fällt ihm auf offener Straße ein paar Sportschuhe auf den Kopf und dann wird er auch noch als Dieb dieser Latschen zu einem achtzehnmonatigen Aufenthalt in Camp Green Lake verdonnert. Er soll für seine Missetat büßen – und muss bereits wenige Sekunden nach seiner Ankunft die romantisierten Vorstellungen von einem Feriencamp an einem bewaldeten See begraben. Camp Green Lake befindet sich mitten in einer brennendheißen Wüste, in die sich schon seit Jahren kein Regentropfen mehr verirrt hat.

In der brütenden Hitze müssen die jugendlichen Straftäter täglich ein Loch graben. Zwei Meter tief. Ein Meter im Durchmesser. Das soll den Charakter formen. Sagen zumindest der strenge Boss und „seine“ leicht psychopathischen Gehilfen Mr. Sir und Dr. Pendanski. Und je mehr sich die Wüste in einen Schweizer Käse verwandelt, desto eher muss Stanley herausfinden, dass die diktatorischen Erwachsenen auf der Suche nach einem Schatz sind, den die Wild-Westen-Diebin Kissin’ Kate einst vergraben haben soll...


Über drei Zeitebenen verteilt baut sich das Geheimnis um den ausgetrockneten Green Lake zusammen. Während im vergangenen Lettland die Vorgeschichte der Yelnats-Familie inklusive der Belegung mit einem Zigeunerfluch erzählt wird, wird in einer Wild-West-Episode die Geschichte Kissin’ Kates aufgerollt. Wirken die einzelnen Handlungsstränge zu Beginn noch etwas unzusammenhängend und überflüssig, verknüpfen sich diese mit dem Voranschreiten des Filmes immer mehr zu einem handfesten Knäuel, das erst als Ganzes das Qualitätsgeheimnis von „Holes“ lüften kann.

Eigentlich sollte für diese Geheimnistuerei „Donnie Darko“-Mastermind Richard Kelly das Drehbuch ausklügeln – doch sein fertiges Werk erschien dem Disney-Konzern als zu düster um es Kinderaugen vorsetzen zu können. Eine weise Entscheidung. Denn bereits im jetzigen Zustand, der eigenhändig von Sacher adaptiert worden ist, möchte man nur mit leichten Widerwillen „Holes“ als klassischen Familienfilm bezeichnen. Es werden Themen wie Rassismus und die soziale Verwahrlosung von Kindern äußerst direkt angeschnitten – was bei einigen jüngeren Zuschauern sicherlich zu einer gewissen psychischen Überforderung führen wird. Aber auch die komplexe Verknüpfung der einzelnen Handlungsstränge dürfte wohl bei den Jüngsten noch für einiges an Kopfzerbrechen und Unverständnis sorgen.

Sollten die Kinder [und Erwachsenen] jedoch schon im zweistelligen Lebensalterbereich angekommen sein, bietet „Holes“ vorzügliche Unterhaltung, die nicht das gewöhnliche rosarote Bild einer Hollywood-Produktion zeichnet, sondern die angepeilte Zuschauergruppe ernst nimmt. Es werden Probleme aufgezeigt und nicht hinter der weißen Gartenzaunreihe haltgemacht – um aber den Film nicht zu schwer verdaulich zu machen, wird das Ganze als lustige Abenteuergeschichte verpackt, die mit einigen amüsanten Szenen genügend Raum zur Entlastung bietet. Alleine schon die überzogenen Auftritte der Gefängniswärter oder der verschrobene Vater von Stanley, der versucht ein Mittel herzustellen, das den Gestank von Schuhen neutralisiert, sollten nicht nur die Jüngeren zu einem zufriedenen Lächeln verhelfen.

Bei solch einem wunderbaren Humorniveau ist es dann auch verzeihlich, dass die Wüste und die Westernepisode zeitweise etwas „bedrohlich“ dargestellt werden. Bereits in der Eröffnungssequenz hat eine Klapperschlange einen leicht fiesen Auftritt – und im weiteren Verlauf dürfen die vom Autor erfundenen Drachenechsen eins zwei Mal etwas bedrohlich auftreten. Jedoch dürfte die Albtraumgefahr im „fortgeschritteneren Alter“ nahezu gegen den Nullpunkt tendieren – selbst wenn der Wilde Westen zeitweise etwas bleihaltiger und rauer dargestellt wird, überwiegt deutlich der amüsant-abenteuerliche Ton, der „Holes“ zu einem gelungenen Familienfilm macht.


Vielleicht mag man bei diesem herrlichen Wüstenabenteuer bemängeln, dass abgesehen von der Hauptfigur und dem kleinen Zero, der von allen für dumm gehalten wird, weil er wenig spricht, die Charaktere zumeist ziemlich oberflächlich bleiben. Die bösen Wärter sind einfach böse – obgleich man sie aufgrund ihrer cartoonhaften Überzeichnung fast schon ins Herz schließen möchte. Die anderen Kinder werden scheinbar nur über ihre Gefängnis-Namen, der bei allen eine gewisse Bedeutung trägt, definiert. Jedoch ist ein tieferes Eingehen auf die anderen Charaktere bei weitem nicht notwendig. Man erlebt das Abenteuer in Camp Green Lake sozusagen aus Stanleys Sicht. Er ist in Camp Green Lake zunächst ein Außenseiter, der noch nicht einmal einen anständigen Spitznamen verpasst bekommt und sich während seines Aufenthaltes auch nur mit Zero richtig anfreunden wird. Ihre Freundschaft ist es, die für den Verlauf der Geschichte notwendig ist. Und demzufolge ist es – für einen Familienfilm –gänzlich ausreichend, wenn die anderen Figuren teilweise zu Stichwortgebern für kleinere und größere Späße „degradiert“ werden.

Aber auch ohne tiefgreifende Charakterzüge kann die gesamte Schauspielerriege ihre Figuren äußerst gelungen beleben. An vorderster Front steht da natürlich Shia LaBeouf [Stanley; zuletzt an der Seite von Will Smith in „I, robot“], der eine starke Vorstellung abliefert und sicherlich ein Name für die Filmzukunft sein wird. Äußerst reif wirkt sein Agieren. Ohne jegliche Hektik oder Überdrehtheit gibt er den filmwichtigen Sympathieträger, der besonders gut mit Khleo Thomas [Zero; zuletzt mit The Rock in „Walking tall“] harmoniert. Ihre gemeinsame Szenen - nach dem das Eis gebrochen ist - wirken wahrlich freundschaftlich und ehrlich. Der ruhige und zurückgezogene Zero taut auf und lächelt herzhaft. Keine Frage. Diese beiden „bösen Buben“ schließt man dank ihrer ausdrucksstarken Vorstellung sofort in sein Herz.

Doch nicht nur Khleo Thomas und Shia LaBeouf spielen vorbildlich auf. Auch die anderen Rabauken aus dem „Strafgefangenenlager“ füllen ihre Rollen mit großer Spielfreude aus. Sei es Noah Poletiek [Twitch; zuvor in „Road to Perdition“] als hektischer kleiner „Autoleiher“ oder der schwergewichtige Byron Cotton [Armpit] in seinem Filmdebüt. Sie sind allesamt äußerst lebhaft und wirken nicht zusammengewürfelt. Sie bilden wie ihre Figuren in Camp Green Lake eine schauspielerische Einheit, in der sich keiner dauerhaft in den Vordergrund spielen will - alle haben sie ihre „kleinen“ Szenen, in denen sie ihr Können beweisen dürfen.

Dass diese geschlossen aufspielende Truppe die erwachsenen Darsteller in einem Großteil der Szenen überwiegend an die Wand spielt, ist natürlich nicht verwunderlich. Da hilft weder ein großer Name noch die Erfahrung im Kampf mit außerirdischen Monstern. Und gerade die kampferprobte Sigourney Weaver [the Warden / der Boss] wirkt in manche Szenen etwas deplaziert, man will ihr nicht die böse Camp-Vorsteherin abnehmen. Sie spielt zu nett. Lässt viel zu selten ihre Bosheit heraushängen und behandelt die Kinder fast schon mit Glacehandschuhen. Ganz im Gegensatz zum aufgeschwemmten Jon Voight [Mr. Sir]. Denn der spielt brillant pointiert den bösen, sonnenkernfutternden Wächter – wankt zwischen fiesem Bösewicht und clownhaften Trottel. Wahrlich eine herrliche Vorstellung, die in wunderbarem Kontrast zu Tim Blake Nelson [Dr. Pendanski; u.a. „Oh brother, where are thou?“]. Dieser versucht immerzu nett zu den kleinen Campinsassen zu sein, spricht immer mit einem breiten Lächeln und versucht sich als Mutterersatz. Dass dieses Auftreten bei der geringen Größe Nelsons natürlich für gelungene Späße missbraucht werden kann, ist nur ein kleiner Nebenaspekt, der die treffliche Vorstellung abrundet.

Patricia Arquette [Kissin’ Kate; zuvor u.a. „True romance“] und Musiklegende Eartha Kitt [die Zigeunerin Madame Zeroni] bekleiden hingegen nur kleinere Rollen, die zwar wichtig für die Entwicklung der Geschichte sind – jedoch nur mit geringer Zeit vor der Kamera gesegnet sind.


Die DVD

Der Silberling wurde scheinbar für den gesamteuropäischen Markt konzipiert und bietet nach der Wahl der Menü-Sprache [deutsch, englisch oder italienisch] gewohnt gute Disney-Qualität. Zwar nervt es wie gewöhnlich, dass der Mauskonzern vor dem eigentlich Menü immerzu Trailer für weitere Veröffentlichungen abspulen muss – jedoch kann man diese dankenswerterweise mit einem Drücken der Skip-Taste umgehen.

Vom staubig animierten und mit Country-Musik unterlegten Hauptmenü kommt man somit zu den gewohnten Auswahlmöglichkeiten – wobei hier nur die Bonusmaterial-Sektion von Interesse ist, welches gesamtbetrachtet für einen Familienfilm äußerst erwachsen daherkommt. Keine Spiele, die die Kinder weiterhin beschäftigen könnten und einzig das einminütige RAP-VIDEO der D-Tent–Boys wird wohl eher die jüngeren Betrachter ansprechen.

Doch schon die jeweils zehnminütigen Features wirken äußerst informativ. Zwar werden wie gewöhnlich nur selten negative Sichtweisen erwähnt, aber das sollte man mittlerweile als DVD-Konsument gewohnt sein. Was zählt sind die griffigen Hintergrundinformationen und Impressionen und die erhält man unzweifelhaft. So befasst sich DIE JUNGS VOM D-ZELT mit dem Casten der Jugendlichen und gibt besonders diesen genügend Raum über ihre Erfahrungen während der Dreharbeiten zu plaudern. DAS ERSTE LOCH hingegen geht auf den Roman von Louis Sacher und dessen Umsetzung durch den Regisseur ein. Das wirkt wesentlich erwachsener und „unlustiger“ als das vorherige Feature, ist aber ohne Frage äußerst informativ.

Zwei AUDIOKOMMENTARE bietet die DVD, während einerseits die jungen DARSTELLERN [Shia LaBeouf, Khleo Thomas, Jake M. Smith und Max Kasch] den Film äußerst lebhaft und amüsierend mit ihren Erfahrungen kommentieren, wirkt der Kommentar der FILMEMACHER [Regisseur Andrew Davis und Romanautor Louis Sacher] tiefgreifender. Es wird auf die Vorgehensweisen bei der Arbeit eingegangen, über die Darstellungsweisen der einzelnen Akteure gesprochen oder nette Anekdoten ausgeplaudert. Hörenswert!

Das Prunkstück sind jedoch die sechs GESCHNITTENEN SZENEN, die man ohne Bedenken im Film hätte lassen können, offenbaren sie doch eine herrlich komische Szene, in der Tim Blake Nelsons geringe Größe für eine amüsante Pointe ausgenutzt wird. Jedoch sind nicht nur lustige Momente der Schere zum Opfer gefallen. Vor allem Mr. Sir und der Boss werden in den sechs Szenen noch fieser als im eigentlichen Film dargestellt – wobei diese Gemeinheit gerade der Rolle Sigourney Weavers äußerst gut getan hätte.

Somit verbleiben einzig die GAG-AUSSCHNITTE als überflüssiges Bonusmaterial. Zwar erkennt man so die lockere und freundschaftliche Atmosphäre hinter der Kamera, wirklich notwendig ist dies als eigener Extra-Punkt hingegen nicht. Aber man möchte sich ja nicht beschweren, wenn der Vertreiber auch mal ein unnötiges Feature zusätzlich auf die DVD presst.


Auf der technischen Seite gibt es letztlich auch keine Gründe sich zu beschweren. Das BILD [Format: 1.85:1 (anamorph)] ist äußerst kontrastreich und wirkt einzig in der Farbgebung etwas kraftlos – obgleich das auch vom Regisseur beabsichtigt sein könnte. Der TON [Deutsch, Englisch und Italienisch jeweils in Dolby Digital 5.1] hingegen ist äußerst dynamisch – aufgrund des dialoglastigen Filmes werden jedoch überwiegend die Frontlautsprecher genutzt.

Als einziges Ärgernis erweist sich, dass man bei der Produktion für den europäischen Markt scheinbar nur an die englischsprachigen Regionen wirklich gedacht worden ist. Zwar verfügt der Silberling über Untertitelspuren in allen drei Sprachen – was für einige zumindest bei den englischsprachigen Extras „lebensnotwendig“ ist –, leider wird aber nur im Englischen eine Untertitelspur für Hörgeschädigte geboten. Das ist leider ein kleiner Mangel, der für Abzüge in der B-Note führt.



Fazit – Can you dig it?

”Holes” ist ein kleiner feiner Geheimtipp – zumindest in den europäischen Regionen. Denn die Amis wissen schon lange, dass zumindest das zugrundeliegende Buch einsame Spitze ist. Aber auch die Verfilmung ist mit ihren tollen Darstellern und der phantasievollen Geschichte ein Hingucker, den man sich auch im fortgeschrittenen Alter nicht wirklich entgehen lassen sollte. Humorvoll erzählt nimmt Action-Spezialist Andrew Davis [zuvor u.a. „the fugitive / auf der Flucht“] sein angepeiltes Publikum ernst und landet somit fast einen vollen Erfolg, der sich mit anderen Filmen über das Heranwachsen unzweifelhaft messen kann. Jedoch werden die jüngsten Zuschauer von der leicht pessimistischen Darstellung und der komplexen Erzählung etwas überfordert sein, so dass „holes“ wohl erst ab einem zweistelligen Lebensalter vollends genossen werden kann.

Die DVD bietet zudem gewohnt gute Disney-Qualität und eine anständige Extraausstattung, so dass einem Kauf eigentlich nichts entgegensteht, oder?

Film-Wertung: 8 buddelnde Punkte auf meiner 10er-Skala
DVD-Wertung: 8 löchernde Punkte auf meiner 10er-Skala

30 Bewertungen, 2 Kommentare

  • Dickerchen

    06.02.2005, 17:52 Uhr von Dickerchen
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ich hab das Buch gelesen, den Film muss ich mir auch mal ansehen

  • AliAsAliAs

    06.02.2005, 17:33 Uhr von AliAsAliAs
    Bewertung: sehr hilfreich

    Schöner Bericht - und nette Fettgeschriebene Wörter - macht die Sache übersichtlich zu lesen.