Der letzte Tango in Paris (DVD) Testbericht

ab 9,28
Auf yopi.de gelistet seit 07/2008

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Erfahrungsbericht von Divalein

SEX und was sonst noch zählt

Pro:

nimmt mit; ist hemmungslos

Kontra:

das grässliche unverständliche Ende tut etwas weh; leichte filmtechnische Mankos

Empfehlung:

Ja

Rezension
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"Der letzte Tango in Paris"

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SEX und was sonst noch zählt
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Sex. Sex von vorn bis hinten. Sex im Liegen. Sex im Stehen. Sex mit Butter. Was für ein schmieriger Film! PORNOGRAFIE! Ja, das ist es wohl, wofür „Der letzte Tango in Paris“ steht.
Und unbestritten: In dem 1972 von Bernardo Bertolucci inszenierten Film wird kräftig und oft miteinander geschlafen. Es sind jedoch nicht diese Geschlechtsakte, die dem Film seine Sprengkraft verleihen.

Eigentlich fängt alles sogar recht situiert an: Der Amerikaner Paul (Marlon Brando), der um seine per Freitod aus dem Leben geschiedene Frau trauert und sie gleichzeitig für ihre Seitensprünge verachtet, kann das Leben in Paris kaum noch ertragen. Alles verursacht ihm Seelenschmerz: selbst die laute Straßenbahn. Eines Tages spaziert er an einer jungen, hübschen Frau (Maria Schneider) vorbei. Sie, Jeanne, ist mit einem Regisseur verlobt und frustriert von der Eintönigkeit des Alltags mit ihm. Seine Film-Besessenheit nervt sie. Sie sucht nach einem Ventil.
Beide, Paul und Jeanne, anscheinend auf Wohnungssuche, begegnen sich in einer freien Vier-Zimmer-Wohnung noch einmal – und fallen übereinander her. Nach einem kurzen ruppigen Beischlaf gehen sie wortlos auseinander. Doch auch ohne Worte steht fest: Sie werden sich wiedersehen. Eben dort – in der Wohnung. Es beginnt eine Affäre, deren Lebensraum nur auf die Wohnung begrenzt ist. Es existiert dort kein Platz für Namen, kein Platz für die Normen der Gesellschaft. Mit denen hat Paul seit dem Tod seiner Frau sowieso abgeschlossen. Er macht mit Jeanne, was er will, auch das, was die Gesellschaft als pervers und obszön verabscheuen würde.
Doch irgendwann bricht das zunächst standfeste Gerüst aus anonymer Zuflucht und Abwechslung zusammen – dann, wenn beide Teilnehmer sich emotional zu tief in die vorerst nur auf Körperlichkeit abgestellte Angelegenheit verstricken.

Und eigentlich fühle ich an dieser Stelle einen unglaublich starken Impuls, das Ende des Films aufzuschreiben, ja auszubreiten und es lautstark zu hinterfragen, doch würde ich damit jedem, der „Der letzte Tango in Paris“ noch nicht gesehen hat, einen guten Filmabend versauen. Also zügle ich mich.
Eins ist aber klar und muss gesagt werden: Der Film nimmt mit – jeden auf eine andere Weise.

Was zunächst als bloßes Rumgeferkel, als Abwechslung vom tristen Alltag, erscheint, wird für Paul zur Gratwanderung zwischen der Verarbeitung seines Verlustes und der Ausbildung von Vertrauen für eine neue Bindung. Jeanne lässt sich bei Paul fallen, kompromisslos und ohne Bedingungen. Je intensiver dies geschieht, umso mehr gibt auch Paul von sich preis – nie jedoch seinen Namen, was ihn für Jeanne lange Zeit speziell und mysteriös macht. Gerade diese Exklusivität reizt sie, gleichwohl auch die Unverbindlichkeit der Treffen, die Ungebundenheit. Zwar steht sie immer pünktlich zur Kopulation auf der Matte, doch ist es gerade die Möglichkeit, die Liasion mit einem Schlag zu beenden, die sie so sehr fasziniert. Irgendwann, wenn sich Vertrautheit einschleicht, bildet sie sich ein, Paul zu lieben und gesteht ihm dies. Er zeigt ihr, auf seine ganz spezielle Weise, dass auch er etwas für sie empfindet und fordert ihr zudem ein obszönes Liebesbekenntnis ab.
Doch was im abgeschotteten Raum der Wohnung möglich ist, vielleicht sogar tatsächlich als Verliebtheit gezählt werden darf, zerbricht in tausend Scherben, als die Beiden sich draußen begegnen. Paul liebt Jeanne auch - und sagt es ihr. Erzählt ihr von sich.
Und das Drama beginnt ...

Ich muss zugeben, dass ich bis jetzt noch nicht vollständig dahinter gekommen bin, was der Film überhaupt aussagen will. Bejaht er den anonymen Sex, eben jenes tierische Kopulieren, das nur die Körperlichkeit kennt, aber keine Namen – wie wir es später auch in „Intimacy“ gesehen haben? Warum aber lachen die beiden Protagonisten dann so viel miteinander, lieben es, miteinander zu albern, erscheinen oft wie frisch verliebt?
Man kann dem ganzen Wohnungsgeturtel nicht absprechen, dass da irgendwo ein Funke Liebe innewohnt ...
Was aber macht man aus einer so bizarren Liebe, wenn draußen ein Verlobter ist, der auf einen wartet. Bzw. wenn man diesen gerade abgeschossen hat, weil er klammerte? Wie reagiert man, wenn nun auch die Wohnungsbekanntschaft beginnt, sich an einem festzubeißen? Und all das obgleich man sich doch selbst noch nicht ganz gefunden hat?
Der Film gibt uns die Antwort auf diese Fragen, die sich Jeanne gegen Ende des Films stellen muss. Schmerzhaft und ohne Ausschmückung.

Auch sonst kommt der Film ohne großartige Ausstaffierungen aus. Ab und an ertönt laute Schicksalsmusik und fährt einem in Mark und Bein – oft allerdings ohne Sinn und Zweck. Dazwischen passieren ein paar ruckhafte Kameraschwenks, die einen mehr irritieren als faszinieren.
Mangelhaft ist der Ton. Zwischendurch sackt er in der Originalversion rüde ab, so dass ich mit meinen lächerlichen Französischkenntnissen (denn im Original des Films wird sowohl Englisch als auch Französisch gesprochen) wirklich gar nichts mehr verstehen konnte. Wer sich für die DVD interessiert: Hier ist der Film in Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch zu hören. Außerdem lassen sich diverse Untertitel beiblenden. Bis auf einen Trailer gibt es aber kein zusätzliches Extrabonbon ...

Das Grandiose des Films liegt aber sowieso fernab jeder Ausstaffierung und Technik, ja sogar weit weg vom Inhalt: die Schauspieler sind's, die begeistern!
Vor allem Marlon Brando als alternder Witwer, der mit dem Spagat zwischen Liebe, Trauer und Verachtung nicht fertig wird, überzeugt (nicht nur mit erstaunlich flexiblem Körpereinsatz). Wenn Brando weint, dann möchte man mitweinen, so authentisch und wahrhaft ist sein Schmerz.
Und Maria Schneider als Jeanne ... oh. Was hat es der damals 20jährigen wohl an Überwindung gekostet, manche der lüstern-versauten Szenen so freudvoll und unbeschwert zu spielen? Wie auch immer – man merkt es nicht. Sie überzeugt leicht und frisch, spielt die emotional-feurige Heldin geradlinig.

Ein spezieller Film, der große Emotionen erwecken KANN, aber nicht muss. Ein deutlicher Film, der immensen Ekel erzeugen KANN, aber nicht muss.

71 Bewertungen, 20 Kommentare

  • blackangel63

    13.09.2008, 10:22 Uhr von blackangel63
    Bewertung: sehr hilfreich

    LiEbEn SaMsTaGs-GrUsS

  • anonym

    17.05.2008, 14:59 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    liebe gruesse rettchen

  • mrwong

    21.06.2007, 17:08 Uhr von mrwong
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh.........................ich freu mich auch über jede GEGENLESUNG von euch viele und liebe grüße Felix :-)

  • Baby1

    20.06.2007, 21:18 Uhr von Baby1
    Bewertung: sehr hilfreich

    LG Anita

  • hjid55

    04.03.2007, 13:56 Uhr von hjid55
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sh & lg Sarah

  • anonym

    14.01.2007, 16:09 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh :o)

  • Zuckermaus29

    19.12.2006, 11:00 Uhr von Zuckermaus29
    Bewertung: sehr hilfreich

    :o) liebe Grüße Jeanny

  • Django006

    01.04.2006, 04:58 Uhr von Django006
    Bewertung: sehr hilfreich

    na ja, nicht so meine Welt, aber dennoch, wie immer ein sehr guter Bericht. lg Alan

  • morla

    23.03.2006, 14:32 Uhr von morla
    Bewertung: sehr hilfreich

    sehr hilfreich

  • Ilka123

    16.03.2006, 09:56 Uhr von Ilka123
    Bewertung: sehr hilfreich

    lg, Ilka123

  • sascha6525

    14.03.2006, 00:46 Uhr von sascha6525
    Bewertung: sehr hilfreich

    freu mich über Gegenlesungen. <br/>sh, Sascha6525

  • topfmops

    13.03.2006, 11:56 Uhr von topfmops
    Bewertung: sehr hilfreich

    Es geht vor allen Dingen wohl um Macht; Macht, die jemand hat, wenn er/sie/es den Namen des anderen kennt. Das bekannteste deutsche Beispiel ist 'Rumpelstilzchen'. Und es gibt viele 'Naturvölker', die Dir ums Verrecken nicht ihren Namen

  • macadler

    12.03.2006, 19:40 Uhr von macadler
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh

  • jenny123

    11.03.2006, 23:03 Uhr von jenny123
    Bewertung: sehr hilfreich

    freu mich über Gegenlesungen. <br/>sh-jenny123

  • Nathalie

    11.03.2006, 20:54 Uhr von Nathalie
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh und vlg Nathalie

  • Mogry1987

    11.03.2006, 00:55 Uhr von Mogry1987
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sh von mir ;) Würd mich über Gegenlesung freuen :) LG Mogry :)

  • Gozo-Bernie

    10.03.2006, 22:09 Uhr von Gozo-Bernie
    Bewertung: sehr hilfreich

    'sh' und akzeptiere Gegenlesungen - bevorzuge aber Vor-Lesungen! Gruss aus Sizilien - bernie

  • Naffy

    09.03.2006, 19:14 Uhr von Naffy
    Bewertung: sehr hilfreich

    Gruß Naffy

  • WreckRin

    09.03.2006, 18:52 Uhr von WreckRin
    Bewertung: sehr hilfreich

    toller Bericht, freu mich auch auf Gegenlesungen <br/>LG, Sandra

  • Whiteghost

    25.08.2005, 21:05 Uhr von Whiteghost
    Bewertung: sehr hilfreich

    So fiel kommt mir bekannt vor... So viel scheint aus einer fremden Dimension... - Dass dieser Bericht sehr nützlich ist, kann ich nicht bestreiten, aber dass er mir dennoch einiges an Fragen aufwirft, kann ich auch nicht verschweigen... -- Jeder kennt