Mars Attacks! (DVD) Testbericht

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ab 4,25
Auf yopi.de gelistet seit 11/2010

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Erfahrungsbericht von Gemeinwesen

Der Mars macht mobil

Pro:

Eine tolle Parodie auf amerikanische Science Fiction - Filme der 50er Jahre

Kontra:

nichts

Empfehlung:

Ja

Ich will gar nicht behaupten, ich sei der einzige Erdling, der Tim Burtons Film aus dem Jahre 1996 mag. Es ist nur so, dass ich außer mir niemanden kenne, der „Mars Attacks“ etwas abgewinnen kann.


Ich glaube, was aus der ablehnenden Haltung vieler Leute gegenüber „Mars Attacks“ spricht, ist schlicht Unverständnis: „Mars Attacks“ wird, so mein Eindruck, oft nicht als die Parodie verstanden, die er ist. Wer versucht, „Mars Attacks“ ernst zu nehmen, kann wohl nur mit der Verwirrung oder der leichten Verärgerung auf den Film reagieren, die ich oft feststelle, wenn ich auf den Film zu sprechen komme: „Mars Attacks“, bekomme ich dann meistens zu hören, sei „Trash“. Als ob es sich bei Tim Burtons Film selbst um einen verunglückten Versuch handelte und nicht etwa um eine Persiflage. Um die in Burtons Film sehen zu können, wird man aber wohl auch die Originale kennen müssen – anders geht es wohl nicht.

Burton kennt sie natürlich – von Ed Woods berühmt-berüchtigten „Plan 9 from Outer Space“ über Robert Wises „Der Tag, an dem die Erde stillstand“ bis zu den Filmen von Trash-Ikone Jack Arnold („Tarantula“, „Der Schrecken vom Amazonas“) und den diversen Aufgüssen von Don Siegels „Die Dämonischen“ („Invasion of the Body Snatchers“), die dann, nach dem Originaltitel von Siegels Film, „Die Invasion der Körperfresser“ hießen. Der Vorspann zu Burtons Film erinnert mich gleichermaßen an den Auftakt der „Körperfresser“-Version aus den 70er Jahren wie an schwarzweiße Science Fiction-Filme aus den 50er Jahren; Burtons Farbdramaturgie für sämtliche Szenen, die im Weltraum oder an Bord der marsianischen Raumschiffe spielen, sind hingegen eine Hommage an die satte Farbigkeit der Technicolor-Ära: so rot wie in „Mars Attacks“ war der Mars selten.

Dass die Raumschiffe der Marsianer nicht irgendwelche sind, sondern fliegende Untertassen – das versteht sich eigentlich von selbst.

Zunächst fliegt nur eine Untertasse in Richtung Erde – aber die stiftet schon genug Schaden: eine brennende Kuhherde, die zum Auftakt des Films muhend durchs Bild galoppiert, lässt erahnen, dass die Besucher vom Mars nichts Gutes im Schilde führen. Bevor der Vorhut dann eine ganze Armada radkappenförmiger Flugobjekte folgt, stellt Burton uns aber erst einmal die Hauptfiguren seines Films vor. Donutverkäufer Richie Norris (Lukas Haas) lebt mit seiner Familie in einem Trailerpark und ist schon deshalb das schwarze Schaf der Familie, weil er einen Job hat. Taffy Dale (Natalie Portman) hat’s mit ihren Eltern aber auch nicht gerade einfach: die Mutter (Glenn Close) hat nur Sinn fürs schönere Wohnen, der Vater (Jack Nicholson) ist der Präsident der Vereinigten Staaten und hat ebenfalls nicht viel Zeit fürs heranwachsende Töchterlein.

Familiäre Probleme hat auch die geschiedene Louise Williams (Pam Grier): derweil ihr Ex (Joe Williams) als King Tut-Verschnitt in einem Casino in Las Vegas arbeitet, schlägt sie sich als Busfahrerin durchs Leben und hat ihre liebe Müh und Not dabei, ihre halbwüchsigen Sprösslinge zum Besuch der Schule zu bewegen. Im Grunde ist sie ihrem Gatten Myron noch immer in Liebe zugetan, die Scheidung hat sie nur wegen krummer Geschäfte ihrer besseren Hälfte eingereicht. Genau solche krummen Geschäfte schlägt der schmierige Art Land (ebenfalls Jack Nicholson) Myron jetzt wieder vor – der ehemalige Boxer (bekanntester Kampf: “The Quaker in Jamaica“) lehnt aber ab, da inzwischen geläutert und zum Islam konvertiert. Außerdem gibt’s da noch Lands Frau Barbara (die gleichermaßen ein Faible für Esoterisches wie für Hochprozentiges hat), TV-Moderatorin Nathalie Lake (Sarah Jessica Parker) nebst Freund Jason Stone (Michael J. Fox), einen pfeiferauchenden Professor namens Donald Kessler (Pierce Brosnan) sowie eine ganze Schar weiterer, schillernder Nebenfiguren, die durch die Bank treffend, zuweilen auch prominent besetzt sind.

In ihrer aller Alltag platzen eines schönen Tages Invasoren vom Mars. Die Burschen, die sich da per kryptisch lautender Funkbotschaft ankündigen, sehen äußerst merkwürdig aus, und auch ihre Motive bleiben zunächst einmal im Dunkeln. Die Meinungen in der eiligst zusammengetrommelten Präsidenten-Beraterrunde sind denn auch geteilt: Während Wissenschaftler Kessler dem Präsidenten versichert, eine hochentwickelte Kultur wie die der weltraumfahrenden Marsianer könne per se nur in friedlicher Absicht unterwegs sein, lässt General Decker (wunderbar bockig: Rod Steiger) keinen Zweifel daran, dass er die Besucher am liebsten auf den Mond schießen würde: Wo kommen wir denn da hin, wenn Marsmenschen plötzlich überall frei herumlaufen?

Die offizielle Begrüßung eines Botschafters vom Mars ist aber ein schöner Kompromiss: der Emissär vom Roten Planeten wird mir allen militärischen Ehren empfangen, die Wissenschaft darf fürs Dolmetschen sorgen. Blechern hallt es aus dem Lautsprecher der eigenes konstruierten Übersetzungsmaschine: „Wir kommen in Frieden – wir kommen in Frieden!“ Ein Aufatmen geht durch die versammelte Zuschauermenge, und eine in die Freiheit entlassene weiße Taube schwingt sich in die Lüfte. Irgend etwas scheint den Marsianern an der Geste allerdings gar nicht zu behagen, denn die zücken jetzt ihre bonbonbunten Strahlengewehre und harken alles um, was nicht schnell genug aus der Schusslinie kommt.

Bei Präsidents verfolgt man die Ereignisse im Fernsehen und ist natürlich entsetzt: Was ist da passiert? Eigentlich kann es sich bei dem Scharmützel doch nur um ein Missverständnis handeln. Schließlich – hat der Mars-Botschafter nicht ganz klar und unmissverständlich von freidlichen Absichten gesprochen? Na, also! Kessler und Dale laden den Mars-Diplomaten kurzerhand dazu ein, vor dem Kongress zu sprechen. Der nimmt die Einladung auch an – und wenig später sind auch die Abgeordneten nur noch eine Erinnerung (sehr zur Freude von Richies Großmama; einer sympathischen, aber etwas verwirrten Dame, deren Verhalten nie ganz klar erkennen lässt, bei welchen ihrer Momente es sich nun um die lichteren handelt und bei welchen nicht). Jetzt ist natürlich Schluss mit lustig. Der Präsident hält im Vertrautenkreis erst einmal eine flammende Rede darüber, was die Öffentlichkeit jetzt wissen muss: zum Beispiel, dass der Müll auch morgen noch abgeholt wird. Außerdem verlangt der Präsident, dass an jeder Straßenecke ein Polizist platziert wird – was ja längst der Fall hätte sein können, wenn man schon früher auf ihn gehört hätte (so was nenne ich beklemmenden Realismus)!

General Decker frohlockt erst einmal, schmollt dann aber ziemlich schnell wieder, weil der Präsident mal wieder nur halbe Sachen macht. Es ist doch zum Auswachsen: vom Einsatz von Kernwaffen will der Mann einfach nichts wissen!

Da den Angreifern aus dem All nun aber nicht beizukommen ist, wird irgendwann doch aufs rote Knöpchen gedrückt. Aber selbst die Wasserstoffbombe, die man auf die Untertassen-Flotte abschießt, entpuppt sich als ziemlich wirkungslos – was tun? Die Marsianer feixen, missbrauchen unter hämischem Kichern einen entführten Professor Kessler und Moderatorin Nathalie für unheilige Experimente und zeigen sich überhaupt ziemlich unbeeindruckt von aller Gegenwehr. Die Moai-Figuren auf den Osterinseln werden umgekegelt, die Gesichter am Mount Rushmore ratzfatz nach marsianischem Ebenbild umgestaltet, das Taj Mahal wird für ein Erinnerungsfoto vor Feuerball gesprengt und der Eiffelturm ist längst gefallen. Selbst die Las Vegas-Show von Tom Jones (Tom Jones) ist nicht vor Störungen sicher. Schließlich findet sich aber doch eine wirkungsvolle Waffe – und dass die sich findet, ist ausgerechnet Richies gütig lächelnder Großmutter zu verdanken …

Drolligerweise wurde „Mars Attacks“ fast zeitgleich mit Roland Emmerichs „Independence Day“ fertiggestellt – 1996 war also ein gutes Jahr für Filme über extraterrestrische Eroberungspläne. Burtons Film sagt mir sehr viel mehr zu als Emmerichs pathetisches Action-Spektakel, und obwohl Burton stets vehement bestritten hat, er habe von Emmerichs Filmplänen gewusst, wirken Teile seines Films wie eine Parodie nicht nur auf ältere SF-Filme, sondern auch auf Emmerichs Film. Und die Filme haben noch eine weitere Gemeinsamkeit: Beiden Regisseuren versagte das US-Militär jegliche Unterstützung. In Burtons Film sind die Militärs klar erkennbar Witzfiguren, aber auch mit Emmerichs Film war die US Army nicht einverstanden: Wenn jemand ein feindliches Raumschiff in die Luft sprengt, hat das der Präsident höchstpersönlich zu sein – und nicht ein wirrköpfiger, schnapsnasiger Farmer.

Ich mag „Mars Attacks“ und sehe ihn immer wieder gern. Zum einen wegen der vielen, kleinen gemeinen Scherze, die Burton seine Marsianer treiben lässt und die mich zeitweise sehr an die der Gremlins aus dem gleichnamigen Film von 1984 erinnern, zum anderen wegen der vielen Anspielungen auf Science Fiction-Filme aus den 50er Jahren (Burton gibt als Inspirationsquelle zwar immer eine Sammelkartenserie an, aber es ist unverkennbar, dass Burton ein Fan der Filme von Arnold & Co. ist). Die Darsteller, allen voran Jack Nicholson in einer Doppelrolle, haben sichtlich Spaß an ihren Charakteren, die Spezialeffekte von Industrial Lights & Magic, die für den Film eine Armee glubschäugiger Marswesen schuf, wirken gelungen, und für die Musik zum Film hätte Burton sich wirklich keinen Besseren aussuchen können als Danny Elfman: der schreibt zwar traditionell die Musiken zu Burtons Filmen, aber sein Score zu „Mars Attacks“ ist wirklich das sprichwörtliche Tüpfelchen auf dem i.


R e s ü m e e

Ist Burtons Film etwa wirklich ein bisschen zu clever? Wer mit den Sujets der SF-Filme aus den 50er Jahren sowie den filmischen Mitteln nicht vertraut ist, mit denen die Filme ihre Geschichten erzählen, wird an „Mars Attacks“ bestenfalls ein etwas eingeschränktes Vergnügen finden; schlimmstenfalls wird er den Film für das halten, was er parodiert: Science Fiction-Trash. Wer den nötigen Hintergrund mitbringt, wird sich aber sicherlich prächtig amüsieren (zum Beispiel über die Technicolor-Farbigkeit mancher Szenen, die sehr an Myron Haskins „Krieg der Welten“ aus dem Jahr 1953 erinnern – ein Remake gab's ja vor kurzem im Kino zu bewundern): Burtons Film ist clever – wenn er manchem zu clever erscheint, muss man das vielleicht nicht unbedingt dem Regisseur zum Vorwurf machen.

Die DVD zum Film bietet eine eigene Tonspur mit Danny Elfmans Musik, die Farben der DVD sind brillant, was besonders den Szenen in den Raumschiffen der Marsianer zugute kommt. Ansonsten bietet die DVD allerdings keine nennenswerten Mehrwerte.

25 Bewertungen, 8 Kommentare

  • hjid55

    03.01.2007, 20:35 Uhr von hjid55
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh & lg Sarah

  • darras76

    10.09.2006, 05:15 Uhr von darras76
    Bewertung: sehr hilfreich

    Genialer Film, aber stammt dieser Alien Killersong auch aus Elfmans Feder? Ich wollte ihn mir schon in etlichen CD Shops kaufen, aber immer wenn ich ihn vorjodle platzt was und ich werde fortgejagt *lach*

  • Django006

    17.08.2006, 17:49 Uhr von Django006
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh & *lg* Alan :>))))

  • lappks

    17.08.2006, 12:59 Uhr von lappks
    Bewertung: sehr hilfreich

    ~ ~ SH ~ ~ LG Andre

  • phobee

    17.08.2006, 11:22 Uhr von phobee
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sehr hilfreich! LG, Pia

  • bigmama

    16.08.2006, 23:46 Uhr von bigmama
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh, LG Anett

  • LilaLisa

    16.08.2006, 23:34 Uhr von LilaLisa
    Bewertung: sehr hilfreich

    Schöner Bericht! LG Lisa :-)

  • MatthiasHuehr

    16.08.2006, 23:12 Uhr von MatthiasHuehr
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ciao Matthias