Mulholland Drive - Straße der Finsternis (VHS) Testbericht

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ab 16,49
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Erfahrungsbericht von Kuhli

Von blauen Schlüsseln, Lesben und dunklem Licht...

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Es gibt Filme die sind so schlecht, dass ich sie nicht verstehen will und es gibt Filme die sind so gut, dass ich sie verstehen möchte, aber schaffe es nicht. Mulholland Drive gehört glücklicherweise zu Letzteren…

### FILM ###

Story:

Eine junge mysteriöse Frau (Laura Harring) hat nach einem schweren Autounfall auf dem Mulholland Drive ihr Gedächtnis verloren und irrt nun durch die Straßen von L.A. Völlig erschöpft schläft sie im Vorgarten eines kleinen Apartmentkomplexes ein. Am nächsten Morgen sieht sie dort, wie die Besitzer eines dieser Apartments mit Koffern das Haus verlassen und so nistet sie sich in deren Apartment ein. Doch schon kurze Zeit später erreicht die junge Nichte dieser Apartmentbesitzer, Betty (Naomi Watts), L.A. um dort ihre Schauspielkarriere zu starten und wohnen will sie in dem eigentlich unbewohnten Apartment ihrer Verwandten. Umso überraschter ist sie, als sie die verstörte Frau in der Wohnung entdeckt, die sich als Rita, inspiriert durch ein Rita Hayworth-Poster, ausgibt. Betty kommt aber dahinter, dass mit „Rita“ irgendwas nicht stimmt und als sie erfährt, dass sie unter Amnesie leidet, machen die zwei Frauen sich daran die wahre Identität von „Rita“ herauszufinden. Und obwohl sie schon nach kurzer Zeit einen Anhaltspunkt haben wird aus dieser Suche ein nicht enden wollender, surrealer Trip voller skurriler Charaktere und mit einer menge Fragen ohne Antworten…

Für welches Schloss ist der blaue Schlüssel? Wer will Rita töten? Wer ist der Cowboy? Und was will er? Warum hat der Mann im Winkie’s Todesängste? Und, und, und…

Kritik:

Zugegeben, meine Inhaltsangabe lässt vermuten, dass die Story eigentlich recht verständlich und konventionell ist, aber das liegt wohl daran, dass es wirklich schwer ist, die Story zusammenzufassen, da sie erstens sehr vielschichtig ist zweitens nicht zu viel verraten werden darf. Denn obiger Inhalt ist wirklich nur ein Teil und sozusagen lediglich der sprichwörtliche rote Faden der ganzen Story. So hab ich zum Beispiel nicht geschafft den Handlungsstrang über den Regisseur Adam Kesher (Justin Theroux) sinnvoll einzubauen, obwohl er sich durch den ganzen Film zieht und nicht unwichtig ist, aber erst am Ende kann man dessen Bezug zum Film erst wirklich erahnen, die ersten zwei Stunden aber scheint diese Handlung mit dem restlichen Film kaum was zu tun zu haben. Und das ist nicht die Ausnahme hier, denn die ein oder andere zusammenhanglos scheinende Sequenz bekommt erst ziemlich spät im Film ihren Sinn.
Apropos Sinn, wir reden hier von einem David Lynch – Film, also sollten man erst mal seinen gesunden Menschenverstand über Bord werfen, bevor man den Film schaut, denn was wie ein gewöhnlicher Thriller klingt, ist viel mehr ein psychologisches Verwirrspiel in dem man anfangs denkt durchzublicken bis auf einmal Szenen auftauchen die einfach nur wirklich „unerklärlich“ sind und alles andere als sinnvoll zu sein scheinen. Und wer denkt, dass wenigstens am Ende geklärt wird, warum diese Szenen in dem Film sind, der wird enttäuscht. Dieser Film regt zum Denken und selber Interpretieren an und bietet wenig Erklärungen oder Hilfestellungen, also werden Fans von konventioneller, massentauglicher und geradliniger Filmkost wohl die Hände vorm Kopf zusammenschlagen. Filmfreunde aber, die auf Explosionen alle fünf Minuten pfeifen und sich einfach von den subtilen, surrealen Bildern und der komplizierten Story in den Bann ziehen lassen können, die werden ihre wahre Freude daran haben das Rätsel „Mulholland Drive“ zu lösen, obwohl der Film ehrlich gesagt weniger ein Rätsel ist. Lynch’s vorherigen Film „Lost Highway“ kann man wohl eher als Rätsel bezeichnen, für mich sogar als unlösbares Rätsel, da ich den Film bis jetzt noch nicht verstanden habe, was nicht heißt das ich ihn nicht genial finde. „Mulholland Drive“ dagegen ist vielmehr ein Puzzle, das man durchaus ansatzweise lösen kann, wenn man genau hinschaut, auf Details achtet und sein Gehirn in Gang bringt. Natürlich gibt’s hier auch Szenen, denen ich mal unterstellen will, dass sie einfach nur zur Verwirrung und somit dem Gesamtkonzept beitragen und bezogen auf die Hauptstory keine Auswirkung haben, aber trotzdem fügen die sich gerade in ihrer Surrealität perfekt in den Film ein.
Aber weiter im Text, dass dieser Film nicht gewöhnlich ist dürfte jetzt klar geworden sein, aber außer der verwirrenden und unglaublich fesselnden und schockierenden Story bietet der Film noch so viel mehr. Das meiste davon wirklich mehr als typisch für Lynch. Zum einen hätten wir da natürlich die Optik. Ich weiß nicht ob da in Lynchs’ Kindheit irgendetwas schief gelaufen ist, aber dieser Mann scheint ein Faible für jegliche Art von Brauntönen zu haben, denn wie schon des öfteren ist hier wirklich alles mögliche hellbraun, dunkelbraun oder beige, nur manchmal blitzt ein kräftiges rot dazwischen auf oder ein düsteres blau, aber sonst sind andere Farben Mangelware. Hört sich vielleicht etwas langweilig an, aber gerade dass macht wirklich einen großen Teil der düsteren Atmosphäre aus für die ich diese Filme so liebe.
Auch inszenatorisch ist Mulholland Drive durch und durch ein „Lynch“, zumindest in dem letzten Drittel. Ich muss zugeben, dass ich beim ersten Anschauen etwas verstutzt war, dass dieser Film anfangs die visuellen Abarten von „Lost Highway“ vermissen lässt, aber spätestens in der letzten Hälfte dreht Lynch dann völlig auf und der grandiose Bildersturm kann letztlich doch beginnen. Und jetzt im Nachhinein wirkt der „normale“ Anfang jetzt plausibler und passender als ein surreales Einfangen der Geschichte, also wurde ich nicht enttäuscht. Ungewöhnlich und beeindruckend fand ich zudem am Anfang des Films, dass trotz des Fehlens von abgedrehten Bildern, die Stimmung so bedrückend und unheimlich ist, gleichzeitig Lynch aber atmosphärisch und optisch an die 50er Jahre-Glamour-Zeit in Hollywood erinnert, was ja eigentlich ein Gegenspruch ist.
Diese „Einfachheit“ der Optik kann natürlich auch daran liegen, dass Mulholland Drive ursprünglich eine Serie war mit der Lynch an seinen „Twin Peaks“ Erfolg anknüpfen sollte, er dann aber nach einigen Nachdrehs doch einen Kinofilm daraus machte. Aber mich bitte nicht missverstehen, diese „Einfachheit“ bezieht sich im Vergleich nur auf Lynchs vorherige Werke, im Vergleich zu anderen Filmen, ist Mulholland Drive eine optische Pracht, der mit edlen und ruhigen, genauso wie mit verstörenden-erschreckenden Bildern aufwarten kann.
Meiner Ansicht nach ist es eine Ehre in einem Lynch-Film mitzuspielen, er hat Kyle McLachlan in die Wüste geschickt, Dennis Hopper wurde zum Asthmatiker Dank ihn, Laura Dern brachte er auf die Straße und Bill Pullman wurde Schizophren (?!?). Und auch hier wieder spielen sich die Schauspieler gegenseitig an die Wand. Einer ist wirklich besser als der andere, allen voran natürlich die drei eher unbekannten Hauptdarsteller.
Naomi Watts spielt die naive Betty, deren Traum es ist eine Schauspielerin zu werden und „erstaunlicherweise“ ihr das auch geradezu einfach gelingt.
Laura Harring spielt die mysteriöse Rita, der „erstaunlicherweise“ das Leben aus den Fugen geraten zu sein scheint, bis sie Betty trifft und die Beiden sich in einander verlieben.
Justin Theroux spielt den armen Regisseur, der „erstaunlicherweise“ von seiner Frau betrogen wird und der über seinen Film dank der Produzenten die Kontrolle verliert.
Leute die den Film gesehen haben, verstehen wohl das „erstaunlicherweise“, allen anderen möchte ich damit einen kleinen Tipp geben, wohin das Ende des Films uns führen kann.
Auf jeden Fall spielen gerade diese drei Schauspieler als ging es um ihr Leben. Die beiden Frauen sind nicht diese typischen Hollywood-Mädels, die weder so weinerliche Schwächlinge sind, das sie einen starken beschützenden Mann an ihrer Seite brauchen, noch sind sie irgendwelche Pseudo-Emanzen. Sie sind einfach Frauen die sowohl ihre Stärken als auch ihre Schwächen haben, verletzlich und zielsicher, belastbar und schockiert. Einfach perfekt besetzt. Gekrönt wird das aber alles echt noch von Justin Theroux, den ich bisher nur aus American Psycho kannte. Obwohl er selten seine Mimik ändert und nur mit diesen dunklen Hammeraugen guckt, sagt dieses stumme Gesicht mehr als manch ein Schauspieler der sich zu Tode spielt. Ebenso perfekt. Ein bisschen Schade fand ich, dass der im Vorspann doch sehr hervorgehobene Dan Hedaya (Lebe lieber ungewöhnlich) nur eine Minirolle hat.
In Lynchs Filmen spielt auch oft Erotik eine große Rolle und auch hier kommt sie nicht zu kurz, denn wie könnte es anders verlieben sich die beiden Frauen „erstaunlicherweise“ in einander und dazu werden uns einige nette (?!?) Szenen serviert. Und, dass muss ich wirklich zugeben, diese Szenen gehören wirklich zur „gehobenen Erotikklasse“, wenn ich das mal so stümperhaft ausdrücken darf. Und das gerade ich mal eine Lesbenszene als erotisch empfinde, soll doch auch was heißen *g*
Aber wirklich ungewöhnlich fand ich den Humor, der eigentlich selten wirklich explizit in Lynch Filmen gefunden werden kann. Hier gibt’s sogar überraschenderweise einige Slapstickeinlagen und Witz, der mich erstaunt hat, da ich damit in diesem Film nicht gerechnet habe.
Weiterhin muss noch die Musik erwähnt werden. Lynchs’ Hauskomponist schuf mal wieder einen minimalistischen aber düster-unheimlichen Musicscore der den ganzen Film unterstreicht und einfach genial zu den Bildern passt. Gänsehaut garantiert.

Fazit:

Surreal, verwirrend, mysteriös, bizarr und unerklärlich, unerklärlich genial! Ein Lynch-Film wie man ihn kennt und liebt. Leider eher für Fans des Regisseurs oder für Liebhaber von solchen Filmen. Der Massengeschmack wird hier nicht getroffen, aber wer will schon einen durchschaubaren Film für Jedermann? Unbedingt anschauen…


### DVD ###

2002 ist das Lynch-Jahr, Juhu! Blue Velvet ist schon als gute Special Edition-DVD auf den Markt gekommen, Twin Peaks kommt bald und von „Dune“ gab’s auch mal wieder eine neue DVD-Version. Mulholland Drive schließt sich da gerne an, aber bitte, wann kommt endlich eine Neuauflage von Lost Highway???

*Bildqualität*

Naja, für einen so neuen Film ist das Bild nicht gerade perfekt. In „normalen“ Szenen ist das zwar wirklich wunderbar, aber es gibt einige Szenen, in denen es große einfarbige Flächen gibt (Wände o.ä.) und gerade da fällt doch ein recht starkes Rauschen auf. Ansonsten ist das Bild aber wirklich gut gelungen und akzeptabel. Vor allem der bei Lynch sehr wichtige Einsatz von Licht und Schatten kommt sehr gut zur Geltung. Gut, aber nicht sehr gut.
Das Bild liegt anamorph in 16:9 bzw. 1,85:1 vor, wem auch immer das was sagt…

*Tonqualität*

Obwohl dieser Film ein Thriller ist gibt’s hier keine Explosionen oder Schießereien, trotzdem kommen die Lautsprecher doch gut zu Wort. Gerade die Musik verteilt sich schön räumlich und der Bass kommt auch nicht zu kurz. Und ab und zu wie z.B. beim Autounfall am Anfang des Films hört man kleine, feine Effekte.
Die deutsche Tonspur gibt’s in Dolby Digital 5.1 und dts, wobei hier aber kaum Unterschiede auszumachen sind und überflüssigerweise findet man auch noch DD 2.0 (also Stereo) auf der Scheibe. Englisch gibt’s ebenfalls in Dolby Digital 5.1.

*Untertitel*

Den Film kann man sowohl in Deutsch als auch in Englisch wahlweise mit oder ohne deutsche Untertitel laufen lassen, wobei das geschrieben Wort dann aber schon sehr stark vom gesprochenen abweicht. Die Extras sind leider nicht untertitelt.

*Menüs*

Respekt, Respekt. Wie schon bei anderen Concorde-DVD’s aus meinem Besitz (American Psycho, Dirty Dancing, Pleasantville) sind auch hier wieder die Menüs sehr gut gelungen, da kann sich manch ein großer Verleih eine Scheibe (um nicht zu sagen Disk) abschneiden. Atmosphärisch passend und komplett animiert, sowie musikunterlegt ist hier nicht nur das Hauptmenü sondern auch die Untermenüs. Wirklich sehr exzellent gemacht und einen riesigen Pluspunkt von mir.

*Extras*

Wie auch bei oben schon erwähnten DVD’s sind die Extras hier nicht erschlagend viel, aber sehr ansehnlich. Man hat sich sichtlich Mühe gegeben und alles interessant verpackt.

~ Making Of (22:55 Minuten)

Einige Filmszenen gepaart mit wirklich interessanten Interviewauszügen. Man erhält zwar optisch keinen großen Einblick hinter die Kamera, es ist aber auch nicht so ein vollkommen unnötiges Werbefilmchen

~Cast- und Crew-Infos

Zu den Schauspielern Watts, Harring und Theroux, sowei zu dem Regisseur Lynch und dem Komponisten Angelo Badalamanti gibt es auf mehreren Texttafeln Bio- und Filmographien. Zudem gibt’s noch mal kurze Interviews mit Watts (4:18), Harring (2:31), Theroux (1:41) und Lynch (2:57)

~Trailer

Zum einen findet man den Trailer zu dem Richard Gere – Film „The Mothman Prophecies“, sowie natürlich Trailer zu Mulholland Drive und zwar einmal den deutschen und einmal den englischen Kinotrailer, sowie 3 kürzere TV-Spots

~Fotogalerie

Anders als bei anderen Verleihern haben sich die Leute von Concorde bei den Fotogalerien sinnvolle Gedanken gemacht. Hier muss man nicht stur ein Bild nach dem anderen durchklicken ohne zu wissen, wann man endlich durch ist, denn hier findet man 20 Bilder auf 2 Seiten als Thumbnails verteilt und das Bild das man sehen möchte kann man so direkt anklicken ohne lästiges Suchen.

~DVD-Rom-Part

Eigentlich Schade, dass die einige Sachen ausschließlich für DVD-Rom-Besitzer zugänglich gemacht habe. Hier findet man nämlich nicht nur 6:11 Minuten B-Roll (unkommentierte Aufnahmen vom Dreh) und vier Links, sondern vor allem auch eine Seite die sich „Lösungshinweise“ nennt. Unter diesem Punkt findet man 10 von David Lynch selbst zusammengestellte Tipps, auf die man während des Filmguckens achten sollte, um den Film besser zu verstehen. Wirklich das spannenste Extra der DVD, leider aber so etwas versteckt.

Fazit:

Bild ist O.K., der Ton ist gut, die Extras sind nicht üppig aber informativ. Zudem kostet die DVD nicht die Welt, sie ist seit gerade Mal einigen Wochen auf dem Markt und man kann sie schon stellenweise für 12.99 € ergattern. Und da Mulholland Drive ein Film ist, den man sich öfter angucken kann (und muss) kann ich diese Scheibe mit gutem Gewissen jedem Fan empfehlen.


### DATEN ###

Mulholland Drive USA’01
Regie: David Lynch
Drehbuch: David Lynch
Musik: Angelo Badalamenti
Kamera: Peter Deming

Mit Naomi Watts, Laura Elena Harring, Justin Theroux, Ann Miller, Dan Hedaya und Mark Pellegrino

FSK 16
Ca. 141 Minuten



„Silencio! No haya banda“

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