Ein falscher Traum von Liebe Testbericht

ab 7,74
Auf yopi.de gelistet seit 12/2006
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Summe aller Bewertungen
  • Niveau:  anspruchsvoll
  • Unterhaltungswert:  hoch
  • Spannung:  durchschnittlich
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Stil:  ausschmückend

Erfahrungsbericht von Josi354

"DIE" dürfen nicht gewinnen...

4
  • Niveau:  anspruchsvoll
  • Unterhaltungswert:  hoch
  • Spannung:  hoch
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Stil:  ausschmückend
  • Zielgruppe:  Männer

Pro:

einfach lesenswert, offene und ehrliche Gefühle...

Kontra:

nichts...

Empfehlung:

Ja

Meine Mammi war letztens bei mir zu Besuch. Eine ganze Woche hatte ich mit ihr und wir hatten sehr viel Spaß in dieser Zeit. Ich hatte sie ein halbes Jahr nicht mehr gesehen.
Sie ist mein Ein und Alles. Ich liebe sie einfach abgöttisch. Sie und mein Vater haben mir eine wunderschöne Kindheit gegeben… Ich hatte keine Sorgen oder Nöte, nein, meine Kindheit war mit Liebe und Unbeschwertheit übersät.
Als ich meine Mammi wieder zum Hauptbahnhof in Frankfurt brachte, damit sie ihre Heimreise antreten konnte, habe ich mit den Tränen kämpfen müssen – wie auch jetzt beim Schreiben – ich bin sehr nahe am Wasser gebaut.
Auf dem Bahnsteig nicht ein einziger Mensch außer mir, der mit Wehmut dem Abschied eines lieben Menschen entgegensah und dem Zug traurig nachwinkte…
Mit Tränen in den Augen lief ich den Bahnsteig entlang und schaute, wann mein Zug in Richtung Heimat gehen würde. Der Zug stand schon bereit, die Abfahrt sollte aber erst in fast einer Stunde losgehen. In meiner Verzweiflung überlegte ich mir, ein Buch zu kaufen, damit ich mich ablenken kann.
Da ich sehr gerne über Lebenserfahrungen anderer Menschen lese und meine Stimmung eh schon am Boden war, sprang mir das Buch, welches ich Euch hier vorstellen möchte, direkt entgegen.
Es ist das Buch: „Ein falscher Traum von Liebe“ von Christine Birkhoff.
Das Buch
ist bei den Erfahrungen zu finden. Das Buch selbst ist in hellbeige gehalten, auf dem Cover schaut mich ein kleines Mädchen mit traurigem Blick an (Abb. oben ist etwas anders).
Der Name Christine Birkhoff steht hier geschrieben, darunter in großen Lettern „Ein falscher Traum von Liebe“ und weiterhin in kleinerer Schrift darunter: „Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit“.
Auf der Rückseite des Buches sieht man ein Bild der Autorin, welches zum Zeitpunkt des Erscheinen des Buches wohl recht aktuell gewesen sein muss.
Erschienen im Jahre 2008 in 7. Auflage kostete es 7.95 Euro (Österreich 8.20 Euro) und ist in vielen Buchhandlungen sowie über amazon.de und buecher.de bestellbar.
ISBN: 978-3-404-61609-1
Wen es interessiert, hier der Klappentext:
Vom Vater fast totgeschlagen, von der Mutter verachtet und seelisch gequält: Die kleine Christine ist froh, als ihr neuer Stiefvater Jürgen sich als Erster und Einziger auf ihre Seite stellt. Vielleicht gibt es das doch noch: Familienglück. Doch Jürgens Liebe ist nicht das, was sie zu sein scheint. Immer öfter will er mit Christine allein sein, und immer mehr isoliert er sie von ihren Freunden. Als er in seinem neuen Haus ein „Liebesnest“ für sie einrichtet, beginnt eine Tortur für das Mädchen, aus deren Klauen sie sich erst zwanzig Jahre später befreien kann.
Stimmen zu dem Buch:
Petra Koruhn von der WAZ:
„Vernachlässigung, Missbrauch ist ihre Geschichte, die Christine Birkhoff so fesselnd erzählt, dass uns der Atem stockt. Eine Lektüre, die uns klar macht, dass jeder ein Täter sein kann.“
Martina Furlan, Kinderschutzbund Dortmund:
„Wenn es – wie in diesem Buch – gelingt, das Schweigen zu durchbrechen, hat das nicht nur für die betroffenen Frauen, sondern auch für die Kinder eine heilsame Wirkung.“
Die Autorin
Christines Mutter lebte in einem erzkatholischen Elternhaus, aus welchem sie, als sie mit 18 Jahren von einem Araber schwanger wurde, rausgeschmissen worden ist. Auch des Mädchengymnasiums, auf welchem sie war, wurde sie verwiesen und landete in einem Mutter-Kind-Heim im Sauerland. Im Kloster der Barmherzigen Schwestern kam Christine am 31. 10. 1966 zur Welt und landete u.a. wegen ihrer Abstammung unmittelbar nach der Geburt in einem Waisenhaus.
Die Mutter holte ihr Abitur nach und begann das Lehramtsstudium und wurde Grundschullehrerin in Westfalen. Später holte ihre Omi Christine aus dem Waisenhaus und einige Zeit später zog Christine dann zu ihrer Mutter und dem leiblichen Vater.
Der weitere Lebensweg von Christine ist Bestandteil des Buches. Deshalb möchte ich nicht vorgreifen und alles verraten. Nur so viel: Christine lebt heute mit ihrem Mann Felix und ihrer Tochter Mia im Ruhrgebiet.
Der Inhalt
des Buches handelt wie oben schon erwähnt vom Leben der Christine Birkhoff. Es führt uns vom frühen Kindesalter an über den Teenager Christine bis hin zur erwachsenen Frau und Mutter. Sie zeigt ihre Erlebnisse mit der Mutter, von der sie nur verachtet wird, mit dem leiblichen Vater, der ihr statt Liebe nur Hiebe zu Teil werden lässt, von ihrem Stiefvater Jürgen, bei dem sie denkt, einen Verbündeten gefunden zu haben und mit ihrer Omi, die sie abgöttisch liebte, auf. Auch ihre engsten Freundinnen mit ihren intakten Familienverhältnissen finden in diesem Buch Platz. Sie schreibt offen über Dinge, die bewegen, die bestürzen und auch manchmal hoffen lassen. Sie beschreibt ihre Gefühle, die Gedanken, ihre Wünsche… Sie lässt einfach in sich hinein blicken… offen und ehrlich.
Ein paar kleine Auszüge aus dem Buch
Die Wohnung bot keinen Platz für ein Kinderzimmer. Offensichtlich sollte sie auch keinen Platz dafür bieten. Ein Kinderbett vor dem Gasboiler im Badezimmer war der einzige Beweis für die Existenz eines Kindes in dieser Wohnung. Der Gasboiler, so erzählten mir meine Eltern, sei in Wahrheit eine große Kamera, die alles filmen würde, was ich in Abwesenheit meiner Eltern tat. Als sie mich erstmalig im Badezimmer einschlossen, um mit Bekannten zu feiern, war ich jünger, als meine eigene Tochter Mia heute ist. Eine Toilette gab es im Badezimmer nicht. Sie befand sich im Flur.
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Plötzlich griff sie in meine Haare und riss mit unglaublicher Kraft daran. Vornüber kippte ich aus meinem Bett und schlug mit der Stirn auf dem Boden auf. Meine Mutter hatte ein dickes Haarbüschel in der Hand. Dann packte sie mein Bein und zog mich ins Wohnzimmer. Weil ich liegen blieb, wo ich lag, trat sie auf mich ein und schrie hysterisch weiter: „Ich schlag dich krankenhausreif! Du Miststück! Ich mach dich fertig! Ich zeig dir, wer hier das Sagen hat!“ Meine Mutter flippte total aus und schlug und prügelte mit ihren Händen endlose Minuten lang wahllos auf mich ein.
_____
Mit einem siegessicheren Grinsen stand er dann plötzlich bei uns im Hausflur und säuselte mir zu: „Ich weiß, dass du eine Freistunde hast und mit deinen Freundinnen verabredet bist. Wenn du sie nicht warten lassen willst, lass uns schnell ein bisschen bumsen, ja?“
Ob im Bett meiner Mutter oder auf dem Sofa im Wohnzimmer… es war Jürgen egal. Und mir war ohnehin alles gleichgültig geworden. Diese „Angelegenheit“ war eine notwendige Pflichtübung, und ich ertrug sie mit scheinbarer Fassung. Einen Zusammenhang mit meiner Bulimie konnte ich in diesem Alter ohnehin nicht erkennen. Ich empfand mich als unattraktiv, ungeliebt und war ergriffen von der Angst, verrückt zu werden.
___
Alfons war Balsam für meine Seele. Ich bin mir absolut sicher: Hätte ich damals erklärt, was sexuell in mir zerstört worden war, er hätte mir alle Lügen verziehen und vermutlich die besten Therapeuten Frankfurts mobilisiert, um mir zu helfen. Die Angst, meine mir Sicherheit gebende Rolle der Femme fatale aufzugeben, und die Angst, die Lüge der Schauspielerei im Bett zuzugeben, war zum damaligen Zeitpunkt noch viel, viel größer als die Angst, meine sexuelle Identität völlig zu verlieren. Ich hätte Alfons sagen müssen: „Alfons, alle Höhepunkte, die ich in den letzten drei Jahren angeblich mit dir hatte, waren eine einzige Lüge. Ich habe drei Jahre lang geschauspielert und weiß absolut nicht, was ein Orgasmus ist.“ Drei Jahre lang! Nicht drei Wochen oder drei Monate! Drei JAHRE!

Aus diesen Auszügen kann man, denke ich, schon ziemlich viel heraus lesen. Mehr möchte ich beim besten Willen nicht verraten, sonst braucht Ihr das Buch ja nicht mehr zu lesen.
Der Schreibstil ist flüssig und einfach zu verstehen. Einige wenige kleine Sprünge sind in diesem Buch enthalten, da musste ich mal kurz nachdenken… aber das war kein Problem.
Am Ende sind Situationen in der Gegenwart aufgezeigt, die sie mit früheren Erfahrungen in Verbindung bringt. Die Situationen in der Gegenwart sind in normaler Schrift, die früheren Erfahrungen kursiv geschrieben. So kann man sehr gut die Absätze trennen.
Ich wusste erst nicht, wie ich diese Art zu schreiben finden sollte. Nachdem ich einige der Absätze gelesen hatte, fand ich es nur noch gut, wie Frau Birkhoff dem Leser so ihre Gedanken näher gebracht hat.
_____

Ich habe dieses Buch innerhalb von zwei Tagen gelesen. Es war nicht das fesselndste Buch, welches ich je gelesen habe, aber fesselnd genug, mich bei der Stange zu halten.
Die Erfahrungen, die Frau Birkhoff in ihrem Leben machen musste, waren einfach bitter. Sie zeigte wahre Gefühle und nahm kein Blatt vor den Mund. Ihre Offenheit ist das, was dieses Buch ausmacht. Ihr Mut ist sensationell. Auch ihre Stärke, mit der sie sich immer wieder neuen Aufgaben und Machtkämpfen stellte und ihr Leben in der Gegenwart meistert. Sie beschreibt ihre Kindheit, ihr Erwachsenwerden mit all den Problemen, die der Alltag ihr bot... u.a. das Kennenlernen von Männern und die damit verbunden Probleme, Vertrauen und Liebe aufzubauen. Sie beschreibt etwas ausführlicher die Beziehung zu ihrem Freund Alfons, der 28 Jahre älter als sie war und später die Höhen und Tiefen in der Beziehung zu ihrem jetzigen Mann Felix. Auch der Umgang mit ihrer Tochter war nicht so einfach, wie sie sich es vorstellte...
Am Ende des Buches kommen noch kleine Rückblicke ihrer Freundinnen und das Nachwort von Christine Birkhoff.
Das Ziel, welches sie mit dem Schreiben dieses Buches verfolgt, war sicherlich zum Einen das bessere Verarbeiten und Umgehen mit der Vergangenheit. Sie wollte aber auch die Gesellschaft aufrütteln und sensibilisieren, wollte, dass wir alle die Augen öffnen und die Menschen in unserer Umgebung genauer betrachten.
Sexuelle Übergriffe auf Kinder sind leider nicht selten. Die Fälle, die ans Tageslicht kommen, sind nur ein Bruchteil derer, die wirklich geschehen. Ob Vater, Stiefvater, Onkel oder der nette Nachbar… keiner kann hinter die scheinbar heilen Fassaden der Familien gucken.
Für dieses Buch gebe ich eine klare Kaufempfehlung. Kommt immer darauf an, in wie weit man sich für diese Sparte der Literatur interessiert. Lesenswert ist es alle mal.
Josi354, März 2009
(Zum Lesen des Buches bitte eine Packung Taschentücher bereitlegen!!!)

53 Bewertungen, 24 Kommentare

  • Gozo-Bernie

    29.09.2009, 14:35 Uhr von Gozo-Bernie
    Bewertung: sehr hilfreich

    weiterer Gruss aus der Heimat von telestrada.it

  • anonym

    15.09.2009, 22:20 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    SH und Schöne Grüsse, Talulah

  • Yvettte

    16.04.2009, 22:34 Uhr von Yvettte
    Bewertung: besonders wertvoll

    Hier Tipp ich das bw mal "kommentarlos"- Du weißt ja schon, was ich meine......LG

  • amazonass

    07.04.2009, 20:00 Uhr von amazonass
    Bewertung: sehr hilfreich

    Toller Bericht. LG aus NRW

  • tk7722

    05.04.2009, 20:04 Uhr von tk7722
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ein sehr schöner Bericht, liebe Grüße

  • web242

    05.04.2009, 15:51 Uhr von web242
    Bewertung: besonders wertvoll

    Schöner Bericht, gruß web

  • may786

    01.04.2009, 12:48 Uhr von may786
    Bewertung: sehr hilfreich

    LG & einen sonnigen 1. April

  • Baby1

    01.04.2009, 11:56 Uhr von Baby1
    Bewertung: sehr hilfreich

    .•:*¨ ¨*:•. Liebe Grüße Anita .•:*¨ ¨*:•.

  • Puenktchen3844

    01.04.2009, 10:28 Uhr von Puenktchen3844
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ein schöner Bericht. LG

  • Iris1979

    01.04.2009, 09:15 Uhr von Iris1979
    Bewertung: besonders wertvoll

    Super Bericht. Liebe Grüße Iris

  • RuHe2310

    01.04.2009, 01:47 Uhr von RuHe2310
    Bewertung: besonders wertvoll

    ein super Beitrag der nur ein BH bekommen kann :-) glg

  • Jugin

    01.04.2009, 00:41 Uhr von Jugin
    Bewertung: sehr hilfreich

    wirklich geiler Bericht.................

  • minasteini

    01.04.2009, 00:20 Uhr von minasteini
    Bewertung: sehr hilfreich

    Schön geschrieben. LG Marina

  • carmaxx

    01.04.2009, 00:11 Uhr von carmaxx
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sehr schöner Bericht! Freue mich über Gegenlesung!

  • morla

    31.03.2009, 23:35 Uhr von morla
    Bewertung: sehr hilfreich

    sonnige grüsse aus berlin lg. petra

  • werder

    31.03.2009, 22:56 Uhr von werder
    Bewertung: sehr hilfreich

    Toll berichtet! LG aus Hannover!

  • Puppekaa

    31.03.2009, 22:55 Uhr von Puppekaa
    Bewertung: sehr hilfreich

    toller Bericht - LG Karsta

  • joerg6

    31.03.2009, 22:36 Uhr von joerg6
    Bewertung: sehr hilfreich

    Schoene Gruesse , Joerg

  • frankensteins

    31.03.2009, 22:27 Uhr von frankensteins
    Bewertung: besonders wertvoll

    super beschrieben lg Werner

  • timecode001

    31.03.2009, 22:21 Uhr von timecode001
    Bewertung: sehr hilfreich

    klasse Testbericht! Liebe Grüsse. timecode001

  • anundka_ki

    31.03.2009, 22:10 Uhr von anundka_ki
    Bewertung: sehr hilfreich

    Prima Informationen -- klasse !!!

  • anonym

    31.03.2009, 22:04 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    der letzte Satz ist ja wichtig

  • Daisy_Bluemchen

    31.03.2009, 21:41 Uhr von Daisy_Bluemchen
    Bewertung: sehr hilfreich

    sh und viele Grüße ....

  • sigrid9979

    31.03.2009, 21:40 Uhr von sigrid9979
    Bewertung: sehr hilfreich

    Schön berichtet Lg Sigi