Lakeview Terrace (DVD) Testbericht

Kaum zu glauben. Da hat sich Regisseur Neil LaBute mit dem Remake von dem Horrorfilm "The Wicker Man" wirklich schwer blamiert und trotzdem traut er sich erneut in den Regisseurstuhl. Ich hatte berechtigte Zweifel, ob da denn was bei rauskommen kann, was nur einen Hauch von Qualität ausstrahlt. "Wicker Man" hatte weder Spannung, noch war das Erzähltempo gelungen - mal davon abgesehen, dass der ganze Film immer wieder ins Lächerliche ging.
Doch "Lakeview Terrace" - Neil LaButes neues Film - hat mich positiv überrascht. Die Kulisse ist sehr stimmig, die Inszenierung clever und man bekommt hier einen richtig guten Samuel L. Jackson.


"Lakeview Terrace" - Die Handlung


Chris (Patrick Wilson) und seine afroamerikanische Frau Lisa (Kerry Washington), beziehen endlich ihr persönliches Traumhaus in Kalifornien. Ein wunderschönes Grundstück und eine tolle Wohngegend sorgen dafür, dass der Zuschauer weiß, warum die beiden hier hergezogen sind.
Alles scheint perfekt zu sein, Lisa und Chris haben endlich ihr Ziel erreicht.
Doch schon bald machen sie Bekanntschaft mit ihrem neuen Nachbarn - Abel Turner (Samuel L. Jackson). Er ist Cop und ein überaus strenger, alleinerziehender Familienvater. Zusätzlich hat er sich in der Wohngemeinde zum Aufseher ernannt. Zwar wirken seine nächtlichen Streifen auf den ersten Blick hilfreich und beruhigend, doch durch diese fühlen sich Lisa und Chris schon bald gestört. Bald macht Turner auch klar, dass er nichts von dem "gemischten" Paar hält - Weiße und Schwarze gehören nicht zusammen, seine Meinung. Dies lässt er Chris und Lisa spühren. Als die beiden sich das jedoch nicht gefallen lassen wollen, gerät alles langsam außer Kontrolle.
Was als kleine Streitigkeiten beginnt, endet schon bald im Kleinkrieg am Gartenzaun...


"Lakeview Terrace" - Meine Meinung zum Film


Die Idee des Film - einen Schwarzen als Rassisten darzustellen - ist überaus interessant und so wird gezeigt, dass es lange nicht nur "Weiße" sind, die den Rassenhass besitzen. Die Darstellung des Abel Turner ist klasse geschrieben und auch wirklich sehr gut umgesetzt. Turner bleibt in dem Film keinesfalls ein flacher und aussageloser Charakter, wie es bei vielen Thrillern dieser Art der Fall ist. Schon gleich am Anfang macht man Bekanntschaft mit ihm und er hat auch ungewöhnlich viele Einzelszenen, bei denen man Einblicke in sein Leben bekommt. Diese Ausflüge in sein Dasein entschuldigen sein Verhalten zwar in keinster Weise, aber der Zuschauer sieht, dass auch ein "Bösewicht" Schicksalsschläge erleiden kann. Leider wird in dem Film nicht aufgeklärt, ob Turner gerade durch diesen Schicksalsschlag - will ihn jetzt nicht verraten -, noch viel mehr zu ertragen hatte, ihn nicht überwunden hat und dadurch noch ein viel größeres Monster geworden ist. Diese Hintergrundgeschichte wird nur am Rand kurz angeschnitten. Ist aber nicht weiter schlimm und macht den Inhalt in keinster Weise schlechter. Auch sehr interessant: Der Zuschauer bekommt zusätzlich Einblicke in den Beruf von Abel Turner. Man sieht auch hier sehr gut, wie er mit Menschen umgeht, die das "Gesetz" bzw. die Regeln nicht befolgen - klasse Idee und ebenfalls wieder klasse Umsetzung.

Der Aufbau von "Lakeview Terrace" ist nicht unbedingt neu, aber funktioniert prächtig. So steigert sich der Konflikt am Gartenzaun erst langsam, beginnt sogar richtig harmlos. Langweilig wird es dabei nie, denn die Situationen sind schon am Anfang überaus gelungen und der Zuschauer will praktisch wissen, wie es weitergeht und was als nächstes passiert. Der Psycho-Thriller wendet hier ganz und gar kein neues Prinzip an. Er vertraut auf das alte Schema "Das-Grauen-kommt-langsam-aber-gewaltig". Dies weiß Neil LaBute perfekt anzuwenden und umzusetzen. Der Zuschauer kann sich diesen Aufbau nur sehr selten entziehen.
Was weiterhin dafür spricht: Am Anfang ist es nur Abel Turner der seinen neuen Nachbarn auf den Geist geht, ihnen Vorschriften und seine Meinung klarmacht. Als dann im Verlauf Lisa und Chris noch in den "Nachbarschaftskrieg" eintreten und nun auch Abel das Leben vermiesen wollen, ist das einfach nur klasse anzusehen. Die Spannung, welche sich über den Film aufgeladen hat, wird hier mehr und mehr entfesselt. Die Auseinandersetzungen werden größer und gewaltvoller. Der Hass der beiden Nachbarschaften wird nun entladen - die Inszenierung dabei ist fantastisch.

Was hat man jetzt als Zuschauer zu erwarten? Ein in der Spannung schleichenden Film, der dann gegen Ende zum Blutbad mutiert? Das kann ich ganz sicher mit einem "Nein" beantworten - macht aber auch schon die FSK Freigabe sichtbar. Niemals wendet "Lakeview Terrace" das bekannte Prinzip des blutigen Massakers an. Mal ganz davon abgesehen, dass das gar nicht zu den - im Verhältnis - tiefgehenden Charakteren passt. Die Konflikte werden am Anfang oft in Dialogen geführt, die besonders durch Abel Turners Aussagen eine bedrohliche und niemals sichere Atmosphäre schaffen. Oftmals stellt sich der Zuschauer dann selber vor, was wäre, wenn man selber so einen Nachbarn hätte?! Wie würde man reagieren? Würde man seine Aussagen unterstützen, nur damit man keinen Ärger bekommt? In dem Film wird es zwar nicht wirklich angedeutet, aber man bekommt schon so eine leise Ahnung. Man vermutet, dass die anderen Nachbarn Abel einfach in Ruhe lassen, so tun als ob alles okay ist und ihm die Rolle des "Nachbarschaftschefs" geben. Würde dann auch erklären, warum Lisa und Chris - die sich nicht unterwerfen - ganz auf sich alleine gestellt sind. Mal ganz davon abgesehen, dass Turner das junge Paar zusätzlich wegen den unterschiedlichen Hautfarben hasst.
Während - wie bereits gesagt - die erste Hälfte viel auf Dialoge und erste Bekanntschaften setzt, gewinnt dann zunehmend der Hass aufeinander die Kontrolle im Film. Man darf sich als Zuschauer dann hier auf absolut spannende Momente freuen, die auf Außenstehende teilweise schon unfreiwillig komisch wirken können. Da sind Stellen dabei, bei denen man sich als Zuschauer fragt: "Warum gleich so aggressiv?!" Aber versetzt man sich in die Lage der Personen, dann ist es echter Terror - beide Seiten entladen jetzt ihre ganze Wut. Die Dialoge geraten hier in den Hintergrund.
Die Aufteilung des Films ist daher sehr gut durchdacht und gelungen.

Ein weiteren Pluspunkt gibt es für den Schauort. Die idyllische Gemeinde ist einfach perfekt eingefangen. Man will zwar Abel Turner nicht gerade kennenlernen, aber die Wohngegend unbedingt. Ich kenne nur wenig Filme, die mich nur wegen des Schauortes in den Bann gezogen haben - hier ist es aber passiert.

Leider ist "Lakeview Terrace" nicht frei von Fehlern. Besonders negativ ist mir das Ende aufgefallen. Da gleitet der Film ins typische Genre ab und hätte da durchaus etwas Innovation zeigen können - es fehlt hier ganz klar an dem nötigen Mut. Allgemein sind die letzten Minuten langweilig und der Zuschauer erahnt schon im Vorfeld, wie der Film wohl ausgehen wird. Da hätte ich mir doch etwas ähnlich geniales gewünscht, wie es bei dem Film "Arlington Road" der Fall war - der basiert ja auf einer ähnlichen Grundidee.
Wie bereits schon öfters erwähnt spielt Samuel L. Jackson seine Rolle grandios und sicher. Da sind wird von ihm aber auch nichts anderes gewohnt. Ich frage mich auch immer wieder, warum er in so wenigen großen Hollywood-Blockbustern zu sehen ist. Er spielt ja - besonders in den letzten Jahren - immer mehr in kleineren Filmen mit. Von den anderen Schauspielern war ich dann eher enttäuscht. Da ist mir besonders negativ Patrick Wilson aufgefallen, der im Film Chris spielt. Das sah stellenweise einfach nach zu wenig aus. Da gab es kaum Emotionen im Gesicht. Seine Vorgehensweisen/Reaktionen habe ich ihm somit nur wenig abgekauft. Kelly Washington spielt hingegen wieder ganz gut, vermittelt die ängstliche, aber dennoch mutige Ehefrau von Chris. Doch auch sie kommt nicht an die lobenswerte Darstellung von Jackson heran. Neben dem uninspirierten Ende und den teilweise mittelmäßigen Schauspielerleistungen, gibt es hier aber nichts zu bemängeln.


"Lakeview Terrace" - Die DVD, das Bild, der Ton und das dazugehörige Bonusmaterial


Bild- und Tonqualität:

Das Bild ist fast immer auf einem sehr guten Niveau. Nur stellenweise wirkt es etwas unscharf, aber das ist dann nur für ein paar Sekunden der Fall und wird dem Otto-Normal-Verbraucher nicht weiter auffallen - schon gar nicht beim ersten Mal anschauen. Die schöne Landschaft wird in tollen und warmen Bildern eingefangen und bringt zusätzlich Atmosphäre. Was mir außerdem positiv aufgefallen ist, dass der Film perfekt und sauber zwischen warmen und eher kalten Farben - wozu Abel Turners Polizeieinsätze gehören - umherschalten kann.
Die Tonqualität ist ebenfalls gelungen, die Sprache deutlich und verständlich. Für Samuel L. Jackson gibts die bekannte Synchronstimme und auch die anderen Charaktere wurden entsprechend deutsch vertont und die Qualität ist hierbei mit "gut bis sehr gut" zu bezeichnen.

Das Bonusmaterial:

Hier sieht es zumindest nicht ganz so düster aus, wie es bei einigen anderen DVDs der Fall ist. "Lakeview Terrace" bietet Interessierten folgende Punkte:

Entfallende Szenen
Mit ca. 14 Minuten kann man sich hier ein paar rausgeschnittene Szenen ansehen. Diese sind mehr oder weniger belanglos und es ist somit verständlich, dass sie rausgeschnitten wurden. Mit einigen von ihnen, wäre der Film sicherlich etwas langweiliger und zäher geworden. Aber es gibt wenigstens die Möglichkeit sich diese Szenen anzusehen, wenn man noch ein paar mehr Hintergründe will.

Hinter den Kulissen
Mit ca. 20 Minuten Laufzeit, entführt euch dieser Punkt noch einmal - und zwar zu den Dreharbeiten und anderen zusätzlichen Orten. Dazu gibt es - wie gewohnt - Interviews und Gedanken von mitwirkenden Personen. Darunter befinden sich auch die Hauptdarsteller, wie beispielsweise Samuel L. Jackson und Patrick Wilson.
Es ist als typisches "Behind the Scenes" zu verstehen und macht nichts falsch, kann man hier ja auch nur sehr schwer. Für Interessierte sicherlich einen Blick wert.

Dazu gibts das typische Audiokommentar. Den gesamten Film kann man sich damit ansehen. Dabei sagen Regisseur Neil LaBute und die Hauptdarstellerin Kerry Washington immer wieder ein paar Informationen und Meinungen.
Das Audiokommentar gibt es ebenfalls bei den entfallenen Szenen. Hier kann man es sich dann auch wieder mit den Eindrücken von Neil LaBute ansehen.


"Lakeview Terrace" - Allgemeine Daten zum Film


Originaltitel: Lakeview Terrace
Deutscher Titel: Lakeview Terrace
Entstehungsland: USA
Entstehungsjahr: 2008
Laufzeit: ca. 106 Minuten
FSK: ab 12 Jahren

Regisseur: Neil LaBute
Musik: Mychael Danna, Jeff Danna
Drehbuch: David Loughery, Howard Korder
Producer: James Lassiter, Will Smith
Kamera: Rogier Stoffers
Schnitt: Joel Plotch

Chris Mattson: Patrick Wilson
Lisa Mattson: Kerry Washington
Abel Turner: Samuel L. Jackson
Harrold Perreau: Ron Glass
Donnie Eaton: Justin Chambers


"Lakeview Terrace" - Mein Fazit zu dem Film


Zusammenfassend kann man sagen, dass "Lakeview Terrace" ein wirklich gelungener Psycho-Thriller ist und auch dramatische Szenen perfekt beherrscht. Der Zuschauer wird hier in eine Welt eines verzweifelten Cops geschickt, der vielleicht erst durch einen großen Schicksalsschlag zum Menschenhasser wurde - es nicht verkraftet hat. Die Darstellung des Abel Turners ist grandios und man kann Samuel L. Jackson dafür nur loben. Ebenso ein "Respekt" an Neil LaBute, denn der Mann ist auf dem rechten Weg. Nach seinem wirklich schlechten Remake von "The Wicker Man" ist dieser Film hier eine deutliche und gleichzeitig beachtliche Steigerung. Wenn er weiter so Filme dreht, dann können durchaus noch nette, unterhaltsame und vielleicht gar tiefgreifende Filme entstehen.
Fakt ist: Man sollte keinen schnellen und blutigen Action-Thriller erwarten, der ab der ersten Minute mit Schusswechseln aufwartet. Mit diesen Erwartungen - und da bin ich mir ziemlich sicher - wird man enttäuscht.
Auch "Lakeview Terrace" hat seine weniger guten Seiten. So können besonders die letzten Minuten nicht mit der sonst so klugen und spannenden Handlung mithalten - er verliert sich einfach in typischen Genre-Merkmalen, die man in der Form schon gefühlte 100.000 mal gesehen hat.
Doch wenn man noch von anderen kleinen Negativpunkten absieht, dann erwartet einen hier ein guter Thriller, mit einem fantastischen Samuel Leroy Jackson.

7,5 von 10 Punkten - 4 Sterne

Dieser Bericht wurde von mir bereits am 5. Februar 2011 auf ciao.de veröffentlicht.