Lunchbox (Blu-ray)

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Lunchbox-blu-ray
ab 9,88
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Auf yopi.de gelistet seit 06/2014
Das liebevoll zubereitete Mahl von Ila für ihren Gatten wird auf der Arbeit vertauscht und wird stattdessen von einem kurz vor der Pensionierung stehenden Witwer gegessen. Beide lernen sich näher
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Summe aller Bewertungen
  • Action:  sehr wenig
  • Anspruch:  durchschnittlich
  • Romantik:  hoch
  • Humor:  humorvoll
  • Spannung:  durchschnittlich

Lunchbox (Blu-ray) im Preisvergleich: 15 Preise

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Lunchbox (2014, Blu-ray)
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Produktbeschreibung

Lunchbox (Blu-ray)

EAN 4009750398586
gelistet seit 06/2014

Film / Kino-Daten

Altersfreigabe (FSK) 0 Jahre
Filme von A-Z L
Genre Drama; Lovestory

Pro & Kontra

Vorteile

  • anrührend
  • human
  • stiller Humor
  • passables Bonusmaterial
  • Sound & Bild bestens

Nachteile / Kritik

  • keine Action

Tests und Erfahrungsberichte

  • Das Glück aus der Lunchbox: leise Liebeskomödie

    5
    • Action:  sehr wenig
    • Anspruch:  durchschnittlich
    • Romantik:  hoch
    • Humor:  humorvoll
    • Spannung:  durchschnittlich
    • Altersgruppe:  keine Altersbeschränkung
    • Meinung bezieht sich auf:  DVD-Version

    Pro:

    anrührend
    human
    stiller Humor
    passables Bonusmaterial
    Sound & Bild bestens

    Kontra:

    keine Action

    Empfehlung:

    Ja

    HANDLUNG

    Die Hindufrau Ila lebt mit ihrer Familie in einem anonymen Häuserblock in einer der zahllosen Vorstädte von Mumbai. Sie denkt, ihr Leben sei in Ordnung, aber sie findet bald heraus, dass dies ein Irrtum ist. Das Mittel der Erkenntnis ist eine Lunchbox.

    Jeden Vormittag kommt ein Dabbawalla an ihre Tür, um die Lunchbox, eine Art überdimensionaler Henkelmann, bei ihr abzuholen. Dieses mehrgängige Mittagessen, das er nun per Fahrrad und Zug ins Büro ihres vielbeschäftigten Mannes transportieren soll, hat sie wieder mal mit der gebührenden Liebe einer treuen Ehefrau zubereitet. Manche Zutaten bekommt sie von ihrer Nachbarin, der alten "Aunty" Deshpande, die über ihr wohnt, einen bettlägerigen Mann versorgt und stets einen kleinen Korb an einem Seil herunterlässt - nebst zuverlässigem Rat.

    Die Lunchbox kommt am Nachmittag wieder leer zurück, wie es sein soll. Doch statt sie ob ihres Einfallsreichtums zu loben, beschwert sich ihr englisch sprechender Mann darüber, dass sie ihm ständig Blumenkohl und Kartoffeln macht. Das verursache ihm Blähungen. Statt sich zu beschweren, kommt Ila ins Grübeln. Welcher Glückspilz hat denn dann ihre Lunchbox erhalten? Am nächsten Tag legt sie in eines der gestapelten Schüsselchen einen kleinen Brief. Er bleibt nicht unbeantwortet…

    Saajan Fernandes, ein katholischer Mann mit einem eigenen Haus, ist ein einsamer, vom Leben enttäuschter Witwer, der nur noch wenige Tage in der Versicherungsanstalt, in der er malocht, herunterzureißen hat. Als er unerwarteterweise Ilas Lunchbox erhält, wundert er sich. Er hat ja keine Frau mehr, die ihn damit beglücken könnte. Doch da ihn alle Kollegen scheel beobachten, lässt er sich nichts anmerken. Erst recht nicht, als man ihm Aslam Skaikh, einen Nichtskönner aus einer niederen Kaste, vorstellt: Den soll er als seinen Nachfolger einarbeiten. Dies weiß Saajan, der alte Fuchs, zunächst trickreich zu umgehen.

    Stattdessen lässt er sich das köstliche Mahl, das die Unbekannte zubereitet hat, schmecken. Als am nächsten Tag der Brief in einem der Schüsselchen auftaucht, fühlt er sich veranlasst, ihr - zumindest aus Höflichkeit - zu danken. Ein Dialog mit der Unbekannten kommt in Gang. Er erfährt, dass sie ihre Ehe wieder mit Würze füllen möchte. Er rät ihr, ein weiteres Kind zu bekommen. Doch Ilas Mann weist sie ab. Anhand seiner Hemden findet sie das Schlimmste heraus: Er betrügt sie mit einer anderen. Sie kann nichts tun, denn Scheidung kommt nicht infrage: Sie würde in der Gosse landen. Sie fantasiert von einem Sprung vom Dach ihres Hauses…

    Als sie beide mehr voneinander erfahren, wird ihnen zunehmend ihre Einsamkeit und Sterblichkeit bewusst. Ila, die schon ihren Bruder verlor, stirbt der Vater weg, dann der komatöse Mann ihrer "Aunty". Saajan wird bereits als alter Mann angesehen: Die Passagiere des vollgestopften Vorortzuges machen ihm, den angehenden "Tattergreis", zuvorkommend einen Sitzplatz frei. Wie lange noch, bis er in die Grube fährt, fragt er sich. Er erinnert sich an seine verstorbene Frau und wie sie die Videos von TV-Serien aus den sechziger und achtziger Jahren liebte, insbesondere "Sajaan" (= Liebling). Der Strom des Lebens geht weiter, doch was wird aus ihm und Ila werden? Sollen sie ins Königreich Bhutan auswandern, wo Glücklichsein zum Staatsziel erklärt wurde?

    Als sein Nachfolger heiraten will, aber als Waise keine Familie mitbringen kann, wird Saajan zum ersten Mal seit Jahren gefragt, ob er nicht an der Feier teilnehmen möchte: als Trauzeuge. Nun ahnt er erstmals, dass auch er und Ila ein gutes Paar abgeben könnten. Aber wo in dieser Millionenstadt kann er sie nur finden? Sie müssen ein Treffen ausmachen. Was bleibt ihm anderes übrig, als einen Brief in die Lunchbox zu stecken und sie von einem Dabbawalla abholen zu lassen…

    MEIN EINDRUCK

    Unaufgeregt und kommentarlos lässt der Regisseur die Bilder eine Geschichte erzählen, wie man sie sich herzerwärmender kaum vorstellen kann. Die Bilder sind die Kraft, die den Film vorantreibt, nicht etwa die sparsamen Dialoge. Allein schon die Verfolgung des Wegs der Lunchbox von Ilas Wohnung zu Saajans Bürotisch ist ein kleines Abenteuer. Denn auf der Lunchbox stehen weder Name noch Adresse, sondern nur ein Geheimcode.

    Dennoch findet nur eine aus einer Million nicht ihren richtigen Adressaten. Es ist ein System (erklärt im Booklet), das nur in Mumbai und nirgendwo sonst funktioniert. Das macht die sich entwickelnde Lovestory zu einer sehr lokalen Angelegenheit. Die Kunst des Films liegt darin, diese sehr lokale Geschichte so zu verallgemeinern bzw. allgemeinverständlich zu erzählen, dass jeder Erwachsene auf dem Planeten sie nachvollziehen kann. Der Regisseur: "Diese Menschen in den vollen Zügen und Büros sind wie Lunchboxen; nur zwei brechen aus diesem Trott aus."

    Witwen und Waisen: Outlaws

    Dies ist kein Film für Kinder, selbst wenn die FSK den Film ab 0 Jahren freigegeben hat. Denn es gibt ein paar Aspekte der Geschichte, die sich nur Erwachsenen erschließen. Welches Kind würde verstehen, wie es ist, vom eigenen Mann betrogen zu werden? Wie es ist, wenn die Väter wegsterben und die Frauen einsam und ohne Status in einer Millionenstadt zurückbleiben? Keiner will eine geschiedene oder verwitwete Frau mehr haben; sie ist Ausschussware.

    Das Gleiche gilt für Waisen, und diese werden im Film von Aslam Shaikh, Saajans Nachfolger, repräsentiert. Der Muslim Shaikh kommt aus dem Punjab, also weit weg von Mumbai, und hat eine Hindu-Frau gefunden, die eigentlich gar nicht für seinesgleichen infrage kam. Ihre Familie ist im Grunde dagegen, und er - er hat gar keine Familie, sagt er zumindest (er ist ein Meister im Schwindeln). In einem kürzlich veröffentlichten Fall einer solchen Romeo-und-Julia-Geschichte, die sich über Jahre hinzog, ging die Sache für beide tödlich aus. Umso erstaunlicher also, dass Saajan, statt ihn im Regen stehen zu lassen, als in den Akten eine Unregelmäßigkeit auftaucht, ihn in Schutz und die Schuld auf sich nimmt.

    Man sieht also, dass diese Geschichte Probleme der multikulturellen und multireligiösen indischen Gesellschaft thematisiert, die hierzulande überwunden zu sein schienen. Aber sie kommen wieder, je multikultureller die Gesellschaft wird und je abhängiger (auch hierzulande) die Frau vom Mann gemacht wird. Eine männlich dominierte Gesellschaft und Wirtschaft hat kein Interesse daran, Frauen einen Mindestlohn zu zahlen. Das wäre ja der erste Ausweg in die Unabhängigkeit.

    Perspektiven gesucht

    In Indien wird die Abhängigkeit der Frau noch viel massiver durch soziale Strukturen, Sitten und Gebräuche zementiert. Daher schreibt Ila keine Silbe davon, ihren Mann zu verlassen, bloß weil der sie betrügt: Es ist selbstverständlich, ein Teil des Weltwissens. Dabei ist sie mit ihren knapp 30 Jahren nicht ewig fruchtbar; sie ist quasi verderbliche Ware. In einer Szene spielt sie sogar eine Selbstmordszene durch - ihre Bruder nahm sich das Leben. Doch Ila muss erst eine Perspektive für sich selbst, ihre Mutter und ihre Tochter finden. Kann Saajan ihr diese Perspektive bieten? Der Film lässt die Frage unbeantwortet, aber sie bleibt nicht unerwähnt.

    Denn Saajan begibt sich tatsächlich in das Café, in dem Ila ihn treffen will. Doch er gibt sich nicht zu erkennen, noch spricht er sie an. Das versucht er in einem ergreifenden Off-Kommentar zu erklären. Wie kann er sich anmaßen, sie an sich binden, sagt er. Und dergleichen mehr. Am nächsten Tag ist seine Lunchbox leer. Ila lässt sich nicht für dumm verkaufen.

    Als Ila und ihre Tochter es schaffen, seinen Arbeitsplatz zu finden, ist er von Shaikh abgelöst worden. Ist dies das Ende vom Lied? Hoffentlich nicht. Also folgt er dem Weg der Lunchbox in umgekehrter Richtung zu ihrem Herkunftsort…

    Dabbawallas

    Die Dabbawallas, das sind die Liebespostillione par excellence. Und doch sind sie sich dieser Rolle keineswegs bewusst. Ja, sie würden sie sogar entrüstet von sich weisen. Sie stammen alle aus Pune, einem Dorf 300 km entfernt von Mumbai, und gehören der gleichen Kaste an. Die 5000 Mitarbeiter sind in Familien organisiert und vererben diesen Job innerhalb der Familie.

    Und das seit 125 Jahren. Sogar Kronprinz Charles hat 2005 ihr unglaublich effizientes System gewürdigt, mit dem täglich 130.000 Mahlzeiten transportiert werden. McDonald's-Imbissbuden mögen zwar unter Teenies Erfolg haben, aber können solche Imbissbuden auch die Tabus beachten, die für Muslime, Hindus, Jain, Malayali, Parsen und Brahmanen gelten? Es ist zu bezweifeln. Deshalb wird es die Kochkünste der Inderinnen noch lange Jahre geben - und mit ihnen die Dabbawallas.

    In seinem Interview und dem erhellenden Audiokommentar erzählt der Regisseur Ritesh Batra, wie er sie seit 2007 auf ihren Wegen begleitet hat. Er lässt die Bilder für sie sprechen. Und ihre alten Lieder… Der sehr empfehlenswerte Aufsatz von Dorothee Werner, einer freien Filmemacherin, Orientexpertin und Journalistin, klärt den Leser des Booklets über alle Aspekte der Dabbawallas und der indischen Küche ebenso auf wie über die Stadt Mumbai an sich: Es ist ein Vielvölkerkosmos, und "Lunchbox" setzt ihm ein zärtliches Denkmal.

    Die Sprache der Liebe

    Die Lunchbox ist das Medium, aber das Essen, das Ila kocht, ist die Message. Wenn Saajan ein Gericht als zu salzig bezeichnet, legt ihm Ila postwended ultrascharfe Chilischoten bei. Das dürfte ihm einen Kronleuchter darüber aufgehen lassen, dass sie eine sehr selbstbewusste Köchin ist, die genau weiß, wie gut sie ist - und wie sehr sie sich angestrengt hat.

    Die Message kommt durchaus an. Saajan scheint die Gemütsruhe selbst zu sein: "Liebe Ila, das Salz war heute in Ordnung. Dafür war ein bisschen viel Chili drin. Die Untertreibung des Jahrhunderts! Ich habe danach zwei Bananen gegessen, gegen das Brennen im Mund. In dieser Stadt essen so viele Menschen mittags nur ein, zwei Bananen. Sie sind billig und machen satt." Achtung: kritischer Kommentar über Essensversorgung. Wegen gestiegener Zwiebelpreise wurden in Indien schon Regierungen gestürzt.

    Ila bereitet seine Lieblingsspeise Bharva Bhaingan, gefüllte Auberginen, zu. Als er sie versetzt, bleibt die Lunchbox leer. Man sieht also: Es ist ein interaktiver Dialog, der von beiden Seiten mit versteckten und weniger versteckten Botschaften geführt wird. Es lohnt sich, diesen Dialog ein zweites Mal zu verfolgen: Zwei Menschen, die sich noch nie gesehen haben, schicken sich auf drei Ebenen Botschaften: Essen, Briefe und - Lunchbox. "Dies ist kein Food Movie!" beteuert der Regisseur. Ich kann ihm nicht so recht glauben.

    DIE BLU-RAY

    Technische Infos

    Bildformate: 2,35:1 (16:9)
    Tonformate: D in DTS-HD 5.1, Hindi in DTS-HD 5.1
    Sprachen: D, Hindi mit UT
    Untertitel: D

    Extras:
    - Trailer
    - Interview mit Ritesh Batra
    - Audiokommentar von Ritesh Batra, Irrfan Khan und Nimrat Kaur
    - Booklet mit Rezepten aus dem Film
    - Trailershow

    MEIN EINDRUCK: DIE BLU-RAY

    An der Qualität von Bild und Ton der Blu-ray habe ich nicht viel auszusetzen. Im Gegenteil: Es ist der Regisseur selbst, der in seinem Audiokommentar selbstkritisch auf die zahlreichen Fehler hinweist. Einmal wurde im Studio vor einem Green Screen gedreht statt auf einem realen Zug. Man merkt den minimalen Unterschied durchaus.

    Und dann die Anschlussfehler (Continuity): es gibt Umengen davon. Am deutlichsten sind sie in der Szene zu sehen, als Sajaan und Shaikh zusammensitzen, nachdem der Chef sie getadelt hat. Sajaan bearbeitet Akten. Er tut dies mit abwechselnden Stiften, etwa einem Kugelschreiber und verschiedenfarbigen Markern. Von Einstellung zu Einstellung wechselt die Stift, den er gerade hält, und selten passt mal der Anschluss zwischen den Einstellungen. Aus einem pinkfarbenen Marker wird urplötzlich ein grüner der blauer usw. Das bemerkt aber nur derjenige Zuschauer, der ganz genau hinschaut.

    EXTRAS

    1) Deutscher Trailer (1:47 min)

    Der Trailer stellt die humorvollen und romantischen Seiten der Geschichte heraus. Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit.

    2) Interview mit dem Regisseur Ritesh Batra (7:52 min)

    In knapp acht Minuten erzählt der junge Regisseur, wie er schon 2007 eine Doku über die Lunchboxen und die Dabbawallas drehte. Aus den intimen und persönlichen Geschichten der Dabbawallas sei die Idee zu einem Spielfilm entstanden, der die unterschiedlichen Stadtteile und Kulturen Mumbais verbindet. Diese Idee habe er in Berlin, New York City und mit zahlreichen Geldgebern realisieren können. Die Nominierung für den OSCAR war ein Triumph - nicht zuletzt auch für das indische Kino, das 2013 seinen 100. Geburtstag feierte.

    Erst seit 1992, also erst seit einer Generation, entwickelt sich Indien aus einem sozialistischen System zu einem modernen kapitalistisch-demokratischen System. In Mumbai habe sich aber noch keine eigenständige Filmindustrie angesiedelt, die sich von Bollywood-Klischees verabschiedet habe. "Wir müssen unsere eigene Kino-Tradition wiedererleben und wir brauchen viel mehr Leute, um die kritische Masse zu erzeugen, die die Energie für eine neue indische Filmindustrie freisetzen kann."

    3) Audiokommentar von Ritesh Batra, Irrfan Khan und Nimrat Kaur (104 min)

    Die Eröffnungssequenz soll die Bürger von Mumbai mit Lunchboxen assoziieren: Sie alle werden nach einem verborgenen System von A nach B transportiert. Der Film zeigt, wie sich zwei Menschen aus diesem System erheben. Das Überraschende dabei: Ila und Sajaan stammen aus der alten Zeit vor 1992 und sind noch alten Denkweisen und v.a. Kommunikationsmethoden verhaftet - sonst würden sie sich ja E-Mails oder SMS schicken. Aber Briefe sind viel besser, besonders in den Lunchboxen selbst. Sie verraten nämlich, welche Mühe sich der Schreiber gegeben hat - von der Handschrift ganz zu schweigen.

    Die Authentizität des Drehorte und Darsteller erstaunt: Fast alle Locations sind in Mumbai zu sehen, so etwa die trostlose Kantine des Hauptpostamtes und sie Schadenabteilung der Eisenbahngesellschaft, in der "Sajaan" seine 35 Jahre heruntergerissen hat. Alle Dabbawallas sind echt, und bei der Hochzeit von Shaikh im muslimischen Stadtteil sahen rund 5000 Bürger zu. Der Kameramann usw. drehte fast durch. Nie wieder!

    Im Kommentar wird auch endlich erklärt, wie es zu dem "historischen" Verwechslung der Lunchboxen kommen konnte: Sajaans Restaurant um die Ecke verpackt seine Lunches in die gleiche dunkelgrüne Farbe wie die, die Ila benutzt. Das Essen, das Ilas Mann solche Beschwerden verursacht, ist also eigentlich für Sajaan bestimmt. Diese Erklärung ist unbefriedigend: Wie kommt dann der falsche Code auf die richtige Lunchbox?

    Um den Zauber der Geschichte beizubehalten, muss sie den schmalen Grat zwischen Fehler und Wunder beschreiten. "Magischer Realismus" ist das Stichwort. Sind die beiden Briefeschreiber füreinander bestimmt? Immer wieder kommt es zu Nichtbegegnungen, so etwa am Date-Treffpunkit einem echten Irani-Restaurant, und in Sajaans "Büro": Dort sitzt jetzt Shaikh - Sajaan sei bereits in Rente gegangen. Ila hegt Fantasien über Selbstmord: Sie will mit ihrer kleinen Tochter vom Dach springen. Dann wäre sie mit ihrem toten Bruder vereint. Sie ist jedoch in ihrer winzigen Wohnung gefangen, ebenso wie Shaikh mit seiner frisch geheirateten Frau - die haben nicht mal einen Tisch, auf dem sie Essen servieren können. Sie essen auf dem Boden. In dieser Szene verrät Sajaan erstmals, er habe eine Freundin - und sogar ihren Namen.

    Dennoch gibt es eine Menge verborgenen Humor. So etwa die Szene, in der Sajaan und Shaikh vom Chef wie Schuljungen abgekanzelt werden. Viele weitere heitere Szenen kommen offenbar v.a. bei Einheimischen und Indern an. So etwa jene, in der Shaikh herausfindet, dass Sajaan, obwohl er Witwer ist, täglich eine Lunchbox UND einen Brief von einer Unbekannten erhält. Fortan quält ihn die Neugier, er will aber, auf muslimische Weise, keinesfalls zudringlich werden. Wunderbar, diese Gratwanderung.

    4) Booklet mit 2 Essays und 3 Rezepten aus dem Film

    Der sehr empfehlenswerte Aufsatz von Dorothee Werner, einer freien Filmemacherin, Orientexpertin und Journalistin, klärt den Leser des Booklets über alle Aspekte der Dabbawallas und der indischen Küche ebenso auf wie über die Stadt Mumbai an sich.

    Die drei Rezepte sind für:

    1) Aloo Amritsari (Kartoffelgericht; Amritsar ist eine heilige Stadt in Nordindien)
    2) Dahi Bhalle (ein Bohnengericht)
    3) Bharva Bhaingan (Auberginengericht. Achtung: Dies ist Saajans Lieblingsspeise!)

    5) Trailershow

    a) Chasing Ice (Doku über das rasante Verschwinden der Gletscher)
    b) Drei Stunden (dt. Beziehungskomödie)
    c) Finding Vivian Maier (Bio-Doc über eine wiederentdeckte New Yorker Fotografin)
    d) Einmal Hans mit scharfer Soße (dt.-türkische Heiratsanbahnungskomödie)
    e) Hannah Arendt (Biopic)
    f) The Human Scale (Doku über die Vermenschlichung von Großstädten)
    g) Nur dir zuliebe (unkonventionelle Bollywood-Liebeskomödie)

    UNTERM STRICH

    Ein richtiger Seelenwärmer, so der erste Eindruck. Doch nein, dies ist kein "Food Movie" wie "Eat Pray Love", versichert der Regisseur. Essen sei hier kein Fetisch. Und richtig: Die Lunchbox, in der das Essen kommt, enthält zwar köstliche, mit Liebe zubereitete Speisen, doch vor allem ist sie ein Kommunikationsmittel (s.o. "Die Sprache der Liebe"). Zugleich wird ihre Bedeutung umgeschrieben: Statt wie zuvor für ein reglementiertes, fremdbestimmtes Leben zu stehen, wird sie nun umfunktioniert zu einem Mittel, das zu Belebung und Befreiung verhilft - ein Medium mit der Message der Liebe.

    Die Schauspieler - und die zahllosen Statisten - sind wunderbar zurückhaltend. Selten lächeln und lachen sie, sondern zeigen oft ein verschlossenes Gesicht. Das genaue Gegenteil ist Shaikh, der für das moderne Mumbai steht: weltoffen, ehrgeizig, optimistisch. Mit ihm und Ila als Katalysator findet sogar der Witwer Sajaan wieder Lebensmut. Ganz wunderbar sind seine langen schweigsamen Szenen, in denen der Zuschauer an seinen Lippen hängt, bis er endlich wertvolle Worte preisgibt: Er habe eine Freundin. Ihr Name sei Ila. Er wolle nach Bhutan - nein, das verrät er niemandem. Eine Szene, in der einem Taxifahrer sein Herz ausschüttet, wurde zum Glück wieder geschnitten.

    "Lunchbox", das für den OSCAR nominiert war, macht selbst alten Herzen wieder Hoffnung, sich auf das Abenteuer der Liebe einzulassen. Dafür ist es nie zu spät, sagt diese Geschichte, denn überall finden sich Herzen, die in "stiller Verzweiflung" leben, wie ein englischer Dichter mal schrieb (den dann Pink Floyd auf "Dark Side of the Moon" zitierten). Die Pianomusik des deutschen Komponisten Max Richter spiegelt die zurückhaltende Gratwanderung zwischen Wunder und Hoffnung, Innen- und Außenwelt wider, die der Film wagt.

    Die Blu-ray

    Obwohl in Bild- und Tonqualität ausgezeichnet, kann die Blu-ray doch kein Making-of vorweisen. Das Interview mit dem Regisseur ist zwar etwas aufschlussreich - er ist selbst Koch und liebt Multikulti-Essen - aber die eigentlichen Infos liefert erst der Audiokommentar. Dann können auch die beiden Hauptdarsteller ihre persönlichen Eindrücke beitragen. So fand ich es interessant, dass Irrfan Khan, ein Star aus "Life of Pi", Mühe hatte, sich in die Figur des katholischen Saajan Fernandes hineizufinden. Erst ein langes Voice-Over, ein im Off zitierter Brief, erschloss ihm die Figur: Anfangs brüsk, verschlossen, wortkarg, öffnet sich Sajaan erst durch den Briefwechsel dem Leben und der Liebe.

    Hier wird auch erklärt, welche Metaphern der Regisseur fand bzw. nutzte: Die Lunchbox als Metapher für ein vor- und fremdbestimmtes Leben, das keine Liebe zulässt, ja, sie sogar verhindert. Der Korb, den Aunty Deshpande und Ila benutzen? Das ist Aunty selbst. Die Schriftart der Anfangs- und Schluss-Credits? Direkt aus den TV-Sitcoms der achtziger Jahre entnommen, die Sajaans verstorbene Frau so liebte. Eine indirekte, ironisch gebrochene Liebeserklärung also. Und vieles mehr. Der Audiokommentar lohnt sich absolut.

    Michael Matzer (c) 2014ff

Lunchbox (Blu-ray) im Vergleich

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