Autismus Testberichte

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Tests und Erfahrungsberichte
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Wenn die Nerven blank liegen...
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Hallo meine lieben Leser, Freunde und Bewerter,
vor diesem Bericht hatte ich mich lange gedrückt, da er nicht nur alte Wunden aufreißt, sondern auch tief in mein Privatleben blicken lässt. Aber in der Hoffnung, dass er andere Betroffene helfen könnte, die ähnliches erlebt haben wie ich oder noch am Erleben sind, werde ich diesen Bericht nun veröffentlichen. Auch um anderen Mut zu machen. Ich schreibe euch heute über den
*** kindlichen Autismus ***
Bei Felipe wurde diese "Krankkeit" als frühkindlicher Autismus diagnostiziert. Frühkindlich deshalb, da Felipe noch kein Jahr alt war, als seine ersten Untersuchungen begannen. Krankheit habe ich daher in Anführungsstriche gesetzt, da Felipe nie für uns krank war, sondern eben nur schwierig und anders.
Felipes Geburt:
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Meine Ergotherapeutin hatte mir einmal gesagt, dass die Symptome, die bei Felipe auftraten oftmals bei Kinder auftreten, die durch einen Not-Kaiserschnitt (siehe meinen Bericht hierzu) entbunden wurden. Was nicht im Rückschluß heißen soll, dass alle Kinder, die so entbunden wurden auch diese autistischen Tendenzen vorweisen, aber die die sie haben wurden zumeist unter dramatischen Umständen ins Leben geholt. Bei mir war es bei der Geburt kurz vor knapp. Felipe wurde in letzter Sekunde operativ geholt mit Worten wie "vor 10 Jahren hätten sie beide das Krankenhaus nicht lebend verlassen!" und " 5 Minuten später und Ihr Kind wäre mit höchsten Blessuren zur Welt gekommen...." Der Kaiserschnitt selbst war für mich eine Erlösung - und für Felipe auch! Was ich aber erst Jahre später erfahren habe ist, dass man Babies eigentlich nach dem Kaiserschnitt fest in Tücher wickeln soll, damit sie das nachempfinden können, was sie durch den Kaiserschnitte genommen bekamen: Nämlich das sich Durchdrängen durch den engen Geburtskanal. So wurden die Rezeptoren entwickelt werden, die dafür zuständing seien für das Hautgefühl. Als da szu empfinden, wenn einem jemand über die Haut streicht. Ich gebe das alles etwas laienhaft von mir, da ich nichts von Büchern abschriebe, sondern so widergebe, wie ich es verstanden habe.
Kaum war die Not-OP überstanden, traf uns der nächste Schlag: Ich bekam 2 Wochen später hohes Kindbettfieber und wurde abermal noteingeliefert. Dieses Kindbettfieber hatte nichts mit dem Kaiserschnitt zu tun, da meine damaligen Bettgenossin vom Entbindungszimmer, ebenfalls in dieser Nacht mit demselben Kindbettfieber eingeliefert wurde und sie hatte spontan entbunden. Es lag wohl eher an Keimen direkt in unserem damaligen Zimmer oder wo auch immer. Beide lagen wir dann ca. 2 Wochen unter höchstem Fieber und mit vielen Injektionen und Infusionen ans Bett gefesselt. Felipes Therapeut meinte, so habe sich Felipe den Hospitalismus zugezogen. Unter Hospitalismus versteht man alle negativen körperlichen und seelischen Begleitfolgen eines längeren Krankenhaus- oder Heimaufenthalts. Ich konnte Felipe in der Zeit weder in den Arm nehmen, da ich viel zu schwach war und auch zu ansteckend (hatte überall Herpes) und auch an vielen Schläuchen hing. Stillen konnte ich ihn sowieso nicht, da ich vollgepumpt mit Medikamenten war und die Schwestern durften sich um Felipe nicht mehr kümmern, da er ja schon einmal "draußen" war und ansteckende Krankenkeiten, die er übertragen hätte können, den Neugeborenen schaden könnten. Irgendwann ging es nicht mehr und mein Mann nahm Felipe - selbst völlig überfordert mit der ganzen Situation - mit nach Hause.
Der Verlauf:
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Irgendwann merkten wir, dass Felipe anders war als andere Kinder. Schließlich hatte ich ja schon einen Sohn großgezogen. Natürlich ist jedes Kind anders und beide hatten ja auch verschiedene Väter mit unterschiedlichen Charakterzügen. Aber Felipe schlief so gut wie nie. Vor Mitternacht war niemals dran zu denken, Felipe ins Bett zu bekommen. Durchgeschlafen hat Felipe erst mit 2,5 Jahren zum ersten Mal. Felipe war auch nicht in der Lage soziale Kontakte zu bekommen. Ich ging mit ihm zum Kinderturnen. Da flogen wir bald raus, da er alle Kinder biß, kratze, schrie und niemals mitmachte. Dann ging ich mit ihm zur frühmusikalischen Erziehung. Alle anderen Kinder sangen und klatschen fein mit im Rhythmus. Mein Felipe fiel durch Stören auf und durch unkontrollierte Wutausbrüche. Sobald Felipe nicht seinen Willen bekam, fing er an zu Beißen, zu Kratzen oder schlug seinen Kopf solange an die Zimmerglastür (die zerbrach nie - da Sicherheitsglas) bis er blutete. Ich ging zum Kinderarzt. Dieser verschrieb "Zappelin". Das sind homöopathische Globuli-Kügelchen, die beruhigend auf Felipe wirken sollten. Anfänglich schien er tatsächlich auch etwas ruhiger, aber irgendwann war alles wieder beim Alten. Felipe empfand auch niemals Schmerzen. Fiel er hin, stand er auf und lief blutend weiter, ohne die Mine zu verzeihen. Einmal war ich mit Felipe unterwegs und traf zufäälig meine Ärztin. Sie fragte mich, was mit Felipe´s Ohr passiert sei. Ich sah hin und merkte, dass es knallrot war. Ich wußte nicht, wie und wann das passiert sei, da Felipe nicht weinend zu mir kan. Sie meinte das sei eine Verbrennung soundsovielten Grades, ich hätte das merken MÜSSEN. Aber ich betonte nohmals, dass Felipe mich niemals weindend diesbezüglich aufgesucht hatte. Zwischenzeitlich waren wir auch in Behandlung bei einer Ergotherapeutin. Sie machte spezielle Übungen, die seine diesbzgl. Sinne (Schmerzempfinden, Gefühle empfinden) auf Vordermann bringen sollten. Dazu muss ich noch erwähnen, dass Felipe diese Ergotherapeutin sehr sehr mochte. Das merkte ich daran, dass er gerne hin ging. Felipe hatte überhaupt ein Art Sympathie bzw. Antipathie zu entwickeln, die ich nicht verstand. Manchmal fühlte er sich zu wildfremden Leuten hingezogen und andere - nahe Verwandte - mied er wie der Teufel das Weihwasser. Wenn meine Schwiegereltern zu Besuch kamen, also seine Oma und Opa, mied er diese. Das drückte sich in der Form aus, dass er im urlaub mit Ihnen niemals etwas aß, wenn sie mit am Tisch saßen. Sobald wir unter uns waren, schlug er zu mit Essen. Wenn die Oma über seine Haare streichelte, wishcte er sich diesen Streichler mit einen "bähhh" ab und Kleidung, die Oma und Opa kauften, weigerte er sich anzuziehen.
Erlebtes:
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Einmal saßen wir im Wartezimmer der Ergotherapie-Praxis. Ein etwa 5-jähriger Junge puzzlete. Felipe sah interessiert zu. Wir kamen an die Reihe. Felipe rief "auch puzzlen", war gerade 1 Jahr geworden. Die Therapeutin meint,e sie habe kein Puzzle. Ich korrigierte sie, da ja im Wartezimmer eins war. Sie meinte: "Oh das ist 100 -teilig, Felipe, das kannst du noch nicht." Felipe bekam wieder seinen Wutanfall. Sie holte ihm das Puzzle, damit er sich selbst überzeugen konnte, dass das zu schwer für ihn sei. Aber entgegen unseren Erwartungen, setzte sich Felipe ruhig hin und puzzlete Teil für Teil zusammen. Nach eine Drittel des Puzzles hielt er inne, zeigte auf einen Fleck neben dem bereits gepuzzlete Teilen und sagte nur kanpp : "FEHLT" und puzzlete weiter. Das Puzzle war sehr schwer. Grüne Tiere im grünen Urwald. Die Therapeutin und ich hielten den Atem an. Im Puzzlekarton lag eine Zettel "1 Teil fehlt!". Felipe konnte ja nicht lesen, aber als er fertig gepuzzlet hatte, fehlte genau das Teil, auf dessen Stelle er zuvor gezeigt hatte.
Einmal war Felipe mit mir und Freunden von mir im Burger King. Er war 2,5 Jahre und bereits sauber, also ohne Windeln. Trotzdem vergass er beim Spielen Pipi machen zu gehen und machte sich in die Hose. Ich holte ih aus der Spieleburg heraus, da diese vor Pipi triefte und er auch klitschenaß war. Er wollte aber bleiben, aber ich KONNTE ihn da nicht lassen, da das Personal erst mal putzen musste und er ja auch naß war. Er weigerte sich. Irgendwie schleppten wir ihn zu dritt ans Auto. Felipe entwickelte dann immer solche Kräfte, dass man ihn alleine niemals bändigen konnte. Ich konnte ihn nicht mal in den Kindersitz anschnallen, so sehr tobte er. Damit er während der Fahrt nicht in das Lenkrad meines Bekannten griff, hielt ich seine Händchen fest. Das machte ihn so wütend, dass er mir den Finger bis auf den Knochen herunterbiß. Er hatte sich so festgebissen und nicht mehr losgelassen. Ich musste zum Arzt, meine Wunde musste medizinisch versorgt werden!
Einmal war er bis 2 Uhr nachts wach und wir wollten schlafen. Er kam an unser Bett und forderte: "Caillou gucken!" Ich erklärte ihm, dass alle Kinder schon schlafen würden und er doch morgen Caillou gucken könne. "Caillou gucken!" beharrte er weiter. Ich erklärte es wiede rund wieder, aber zur Antwort bekam ich immer nur "Caillou gucken!" Irgendwann ignorierte ich diesen Satz und versuchte zu schlafen. Felipe fing an zu weinen und schreien und kreischen und rief immer wieder "Caillou gucken!" Ich zählte mit, nachdem er es ca. 210 Mal gerufen hatte, schlief ich ein. Als ich gegen 6 Uhr aufwachte, lag Felipe ganz erschöpftt auf unserem Bett und rief immer noch "Caillou gucken!" Sämtliche Nachbarn im Haus mussten aufgeklärt werden, da jeder uns schon schräg ansah, da man vermuten könnte, dass wir unserem Kind nicht gerecht wurden.
Manchmal konnte ich Felipe auch nicht mehr gerecht werden. Ich habe noch niemals in meinem Leben eine Nacht ohne Felipe verbracht. Und zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal eine Stunde ohne Felipe. ich konnte nicht einmal in Ruhe auf´s Klo gehen, ohne Felipe bei mir zu haben. Unsere Wohnung sah aus. Meine Freundinnen meinten nur: "Putz doch , wenn Felipe schläft!" Haha. Und wann soll ich bitte schlafen? ich war sauer auf meine Mann, der ständig auf Reisen war und bemittleidigte mich selbst, da ich nichts unternehmen konnte. Wäre nicht mein großer Sohn Denis gewesen, der mir Felipe mal für ne Stunde abnahm, damit ich mal in Ruhe baden konnte oder mal Kochen konnte, ich wüßte nicht, ws ich gemacht hätte. Meine Unzufriedenheit übertrug sich auf Felipe und dessen wieder auf mich. Ein furchtbarer Kreislauf begann.
Symptome:
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Als auch die Ergotherapeutin irgendwann mit ihrem Latein am Ende war überwies sie mich zu einem Kinderpsychologen. Auch diser diagnostizierte "Frühkindlichen Autismus" und "Autistische Tendenzen". Besonders auffällig und in das Krankheitsbild passend war Felipes Echolalie*.
*Beschränkung der Sprache auf das Nachsprechen vorgesagter Wörter, bei transkortikaler Aphasie.
ein krankhafter Zwang, Sätze und Wörter von Gesprächspartnern selbst zu wiederholen; sie tritt u.a. beim Tourette-Syndrom, bei Schizophrenie, Morbus Alzheimer und Autismus auf.
Als Beispiel:
Ich: "Felipe, wollen wir spielen gehen?"
Felipe: "Spiel-en ge-hen!"
Ich: "Bist du eine Mädchen oder ein Junge?"
Felipe: "Jun - ge"
Ich: "Bist du ein Junge oder ein Mädchen?"
Felipe: " Mäd-chen!"
So wussten wir nie, ober er uns auf Fragen einfach nur nicht anworten will, oder entwicklungsverzögert diesbzgl. ist und es einfach nicht besser weiß. Diese Echolalie brachte mich am Rand des Verzweifelns, da ein Kommunizieren mit Felipe nicht möglich war. Fragte ich magst du ein Schnitzel oder ein Hähnchen. War die Antwort Hähnchen. Fragte ich, ob er ein Hähnchen oder Schnitzel wolle, war die Antwort Schnitzel. So konnte ich mich mit ihm nicht verständigen.
Weitere Symptome war das Vermeiden von Blickkontakt. Er ließ sich weder berühren, noch berührte gerne. Er hasste Fingerfarben, Knete und alles, was seine Haut direkt großflächig berührte. So aß Felipe niemals mit Fingern. Selbst Himbeeren piekste er mit der Gabel auf. Felipe kann auch immer noch mit 4,5 Jahren) keine Farben. Er kennt nur Mischfarben und kan rosa, lila, beige, orange und schwarz alle benennen. Aber kann rot, grün, blau und gelb nicht unterscheiden. Hätte ich das Puzzlen nicht etwas aufgehalten, so wäre er heute bei 500 Teilen. Da man solche unnatürlichen Fähigkeiten lt. Therapeuten nicht fördern soll. Habe ich Felipe immer weniger Puzzleteile gegeben, als er eigentlich schon kann.
Felipe hat bis vor ca. 1 Jahr uns niemals umarmt oder geküßt. Er wirkte immer irgendwie als Einzelgänger. er kann wunderbar in seiner Playmobil-Welt und Lego-Welt versinken. Stundenlang. Aber mit anderen Kindern spielte er nie besonders gerne.
Felipe mied nicht nur Blickkontakt und konnte ihn auch nicht halten, wenn man ihn mit ihm aufnahm, sondern er bekam oft einen glasigen Blick, der uns Angst bereitete.
Felipe sortiert auch alle seine Spielsachen nach einem genauen Schema, merkt sofort, wenn etwas fehlt oder ein Buch falsch neben einem anderen steht. Alles wird nach Farben sortiert oder Größen oder nach etwas anderem, was er sich gerade einfallen lässt. Genau so, räumt er immer alle auf, stellt es hin oder sortiert er es.
SPZ:
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Das ist das sozial-pädiatrische Zentrum in Heidelberg, an das mit der Psyciater überwies. Felipe´s Krankheit sei etwas, das man schaffen und überwinden kann, meinte er , aber nicht ohne professionelle Hilfe. Dort wurde Felipe halbjährig komplett untersucht. Einmal waren wir dort und die Ärztin wollte Felipe messen. Aber Felipe wollte das nicht. Die Ärztin aber sehr wohl. Er tritt ihr in den Bauch (sie war schwanger, was wir ja nicht wußten) und biß und kratzte sie. Zu dritt stellten wir ihn ruhig. Sie war völlig ausser sich. Mit den Worten "Ich lass mir doch von ihrem Kind nicht in meinen Bauch treten!" Schickte sie uns raus. Wir verließen das Gebäude mit dem immer noch tobenden strumpffüßigen Feliep auf dem Arm. Er rieß sich los, als wir schon auf der Straße waren. Rannte in das Gebäude zurück. Wir hinter her. Er erklamm jede Treppenstufe und lief den gesamten Weg (der für mich kaum wiederzufinden gewesen wäre) bis zu dem Zimmer der Ärztin ab. Dort polterte er an die Türe und schrie: "Mach auf, sofort aufmachen!"Aber das Zimmer war leer. Nachdem sich Felipe davon überzeugt hatte, beruhigte er sich relativ schnell wieder. Wir hatten noch einen Termin bei dem dortigen Ergotherapeuten. Der riet mir davon ab, Felipe in einen "Normalen" Kindergaten zu geben. Er würde für mich eine sozialpädiatrischen Kindergarten empfehlen. Ich brach zusammen, da ich Felipe schon seit langem in einem "normalen" Kindergarten angemeldet hatte und eine Zusage hatte und auch schon nach 3 Jahren wieder arbeiten gehen wollte und eine Arbeit gefunden hatte!. Er meinte ich kann es gerne versuchen, aber große Hoffnung, dass sich Felipe dort einfinden würde, könne er mir nicht machen.
Fazit:
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Das Ende ist schnell erzählt: Felipe´s Psychiater ist selbst Vater in diesem Kindergarten. Er hat sich ein bisserl Felipe angenommen und stand den Erzieherinnen mit Rat und Tat zur Seite. Felipe kam im Nov. 2006 (mit genau 3 Jahren) in den Kindergarten. Im Januar 2007 hatte er das letze Mal andere Kinder gebissen. Ich habe dann meine neue Arbeit erst im Februar 2007 angenommen. In all den Jahren zuvor haben wir Felipe niemals gehauen, obwohl ich oft fast explodiert wäre, wir haben ihn immer geschmust, obwohl uns nur Ablehnung entgegen schlug. All unsere Liebe, Aufmerksamkeit und Verständnis galt in all den Jahren nur Felipe. Unsere Ehe blieb fast auf der Strecke und mein armer großer Sohn musste viel Vernachlässigung einstecken. Für sein Verständnis und seine unerbitterliche Liebe zu Felipe bin ich ihm sehr dankbar. Heute ist Felipe ganz ganz ganz normal. Er schmust gerne und immer wieder. Freut sich auf Oma und Opa und ist auf Kindergeburtstagen gerne gesehn, da er immer so brav ist!!!
Ob es an dem Kindergarten lag oder daran, dass ich auch lockerer wurde, da ich Dank des Kindergartens auch mal Luft holen konnte. Oder, dass es sich einfach - wie vorausgesehen - verwachsen hat... ich weiß es nicht. Nur soviel, dass wir froh sind, dass es vorüber ist und wir Felipe endlich genießen können.
Kontaktadresse:
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Universi tätsklinikum Heidelberg
Zentrum für Kinder -und Jugendmedizin
Ambulanz für Entwicklungsstörungen
- Sozialpädiatrisches Zentrum -
Im Nauenheimer Feld 153
D- 69120 Heidelberg
Tel: 06221 - 562337 (Sekretariat)
Tel: 06221 - 562311 (Information)
Fax: 06221 - 565222
email: Kinderklinik.AfE-SPZ@med.uni-heidelberg.de
Felipe s Diagnosen:
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* Verhaltensauffälligkeit mit aggressiven und autistischen Tendenzen
* Vorwiegend expressive Sprachstörung ( Echolalie)
* Kombinierte umschriebene Entwicklungsstörung (Sprache, Kognition, Sozialverhalten, grobmotor. Koordination)
Vielen Dank für eure Geduld beim Lesen.
by esposa1969 weiterlesen schließenKommentare & Bewertungen
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JoergTh, 03.05.2008, 00:28 Uhr
Bewertung: sehr hilfreich
Sehr hilfreich! Liebe Grüße und schönes Wochende, Jörg
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kreinsch2, 09.04.2008, 11:04 Uhr
Bewertung: sehr hilfreich
so ein Bericht kann nur ansatzweise wiedergeben, wie Ihr Euch wirklich gefühlt habt. Ich kann vieles von dem was Du geschrieben hast sehr gut nachvollziehen, da ich selber in der näheren Verwandtschaft ein behindertes Kind habe (aber kein Authismus).
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margit.ludwigh@t-online.de, 08.04.2008, 17:39 Uhr
Bewertung: sehr hilfreich
Sehr in teressant beschrieben!! Oft helfen Berichte aus Erfahrung mehr, als trockene *Fallliteratur* Vielen Dank, für mich ein außerordentlich guter Bericht!! Liebe Grüße Margit
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Frühkindlicher Autismus
16.03.2006, 16:43 Uhr von
Sternchen1310
Vielen Dank für Bewertungen und Kommentare, schreibe für CIAO und Dooyoo auch unter Sternchen1310Pro:
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Kontra:
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Empfehlung:
Nein
Im Rahmen meiner Ausbildung zur Erzieherin habe ich mit vielen autistischen Kindern zu tun gehabt und auch nachher einige Fortbildungen zu diesem Thema besucht.Zudem habe ich selbst als Integrationskraft gearbeitet und entsprechende Erfahrungen sammeln können, die ich euch nicht vorenthalten möchte:
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Definition
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Zu den eigenartigsten und sehr oft schwersten Störungen der kindlichen Entwicklung gehört der "frühkindliche Autismus". Das auffälligste ist, daß bei diesen Kindern in der frühkindlichen Zeit fast keine Beziehung zu anderen Menschen entsteht. Die Sprache entwickelt sich nur sehr zögernd oder gar nicht, seltsame Handlungsweisen, die zwaghaft ständig wiederholt werden, treten auf,begleitet von intensiven Widerständen gegen irgendwelche Veränderungen in der Umwelt.
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Symptome
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Das typische Zustandsbild entwickelt sich allmählich während der ersten Lebensjahre und ist im Alter von 3 oder 4 Jahren am stärksten ausgeprägt. Eine Besserung beginnt in vielen Fällen im Alter von etwa 6 Jahren,sofern der natürliche Ablauf nicht durch falsche Behandlung des Kindes gehemmt wird. Diese Besserung ist bei den eher sekundären Erscheinungen wie den affektieren Störungen, der sozialen Isolierung und dem Fehlvehalten am deutlichsten.
Diese Krankheit scheint jedoch in manchen Fällen ,unabhängig von den Umwelteinflüssen, progressiv zu verlaufen.
Jedes Symptom findet sich bei den meisten autistischen Kindern in irgendeinem Stadium ihrer Entwicklung. Jedoch bestehen bei keinem Kind irgendwann alle Behinderungen gleichzeitig.
Das abnorme Verhalten tritt bei Kindern auf, die im typischen fall lebhaft und aufgeweckt sind, auffallend hübsch aussehen und sie graziös bewegen und bei denen kein gravierendes neurologisches Krankhietszeichen feststellbar ist. Die motorische Entwicklung ist unter Umständen verzögert,liegt im typischen Fall jedoch innerhalb des Normalbereichs. Die Sprache ist dabei nahezu immer in ihrer Entwicklung verzögert,obwohl es vorkommt, daß sie sich ein oder zwei Jahre lang normal zu entwickeln scheint und dann verloren geht.
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Verhalten im 1. Lebensjahr
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Obwohl es fast unmöglich ist,während des ersten Lebensjahres eine Diagnose zu stellen,beschreiben viele Eltern rückblickend bestimmte Symptome recht häufig.
Viele Kinder haben als Säugling von Geburt an Schwierigkeiten gehabt, sich festen Gewohnheiten beim Essen, Scjlafen und denAusscheidungsvorgängen anzunehmen. Die motorische Entwicklung war normal,auch die Entwicklung des Lächelns,jedoch reagierten diese Kinder auf ihre Umwelt recht wenig. Sie streckten den Eltern nicht die Arme entgegen in Erwartung, hochgenommen zu werden und wenn sie im Arm gehalten wurde, stellten sie ihre Körperhaltung nicht darauf ein.
Die Eltern beklagten sich darüber, daß ihr Kind nicht anschmiegsam sei und auch nicht auf Gegenstände im Zimmer zeigt, die es interessiert und auch haben möchte.Die Kinder waren erst dann zufrieden, wenn sie alleigelassen wurden.
Einige dieser Kidner beschäftigten sich damit, mit dem Fingernagel an Stoffbespannungen herumzukratzen oder merkwürdige Fingerbewegungen im peripheren Gesichtsfeld zu machen.
Wieder andere reagierten auf bestimmte Geräusche sehr empfindlich, andere dagegen, reagierten gar nicht auf Laute,so daß ich mich oft fragte,ob sie taub seien.
Dann gibt es Kinder, die ungewöhnlich ruhig sind,andere aber dagegen, die pausenlos schreien, vor allem nach dem Aufwachen.Diese Kinder aber zu beruhigen, erwies sich nach meinen Erfahrungen als äußerst schwierig. Jedoch können autistische Kinder sehr vergnügt lachen, wenn sie gekitzelt oder im Auto oder Kinderwagen geschaukelt werden. Schaukelbewegungen und Stoßen mit dem Kopf (gegen Bettgestelle oder Wände) sind ähnlich wie beim Hospitalismus häufig zu beobachten.
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Auditive Wahrnehmung
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Autistische Kinder haben Schwierigkeiten, auditive Informationen zu verwerten. Ein typisches Verhalten ist, daß sie in irgendeiner Phase auf bestimmte Geräusche augescheinlich nicht reagieren, vor allem bei lauten Geräuschen, wie z.B. Türe knallen oder direktes Ansprechen ,sich aber bei sehr leisem Papierrascheln sofort umdrehen. Auch zeigen sich Probleme, die Richtung der Geräuschquelle zu finden. Bei lauten Geräuschen gehen die KIdner meist fort und halten sich die Ohren zu,verspannen sich im ganzen Körper und zeigen eine deutliche Unruhe.
Für bestimmte Gräusche wie z.B. Klopfen, Klappern eines Windrades oder einem Echo zeigt es deutliches Interesse.
Ganz zu begeistern sind sie für Musik. Obwohl viele Kinder nicht sprechen können, so können sie aber selbst schwierige Melodien fehelerfrei nachsummen. Viele Kinder verstehen Worte,können sie aber nicht ausdrücken,w as zu großen Sprachproblemen führt.
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Sprachstörungen
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Die Sprache entwickelt sich, wie anfangs schon angedeutet, entweder gar nicht oder anfangs normal und verliert sich dann wieder. Wenn das Kind dann doch mit dem Sprechen anfängt, mit 5 Jahren oder später, macht es nur langsame Fortschritte mit vielen sprachlichen Eigentümlichkeiten.
Hier besteht ein deutliche Unetrschied zwischen einem autistischen Kind und einem mongoloiden Kind (Down-Syndrom). Das Kind mit Down-Syndrom besitzt eine deutlich verzögerte Sprachentwicklung,das autistische Kind bleibt irgendwann auf einer Stufe stehen.
Die normale Sprachentwicklung verläuft folgendermaßen:
Anfängliches Lallen wird durch die Echolalie (Wiederholen von Wörtern) abgelöst und erreicht die Stufe, selbst Wörter und nachher ganze Sätze zu bilden.
Autistische Kinder bleiben meist auf der Stufe der Echolalie stehen und wiederholen den letzten Ausdruck oder das letzte Wort oftmals in derselben Flexion (Tonfall).Manchmal wiederholt es auch entsprechende Worte tagelang später.
Ein gutes Beispiel dafür bietet der Film mit Tom Hanks " Forest Gump".
Eine weitere Form der Sprachstörung zeigt sich in spontanen Äußerungen der autistischen Kinder.Die Ausdrucksweise ist dabei grammatikalisch sehr fehlerhaft und daher recht undeutlich.
Das Wort "Bank" beispielsweise, was gerade beim Kinderspiel "Teekesselchen" mehrere Bedeutungen hat ( Bank für geld,Bank zum Sitzen) kann von autistischen Kindern nichzt differenziert werden, Für sie ist eine Bank ausschließlich zum Hinsetzen gedacht.
Andere Wörter werden auchnicht beim Namen genannt, sondern umschrieben: ein Teekessen heißt dann "Mach-eine-.Tasse-Tee", ein Streichholz heißt "Zünd-ein-Licht-an" und ein Hammer wird mit den Worten "Schlag -es-hinein" umschrieben.
Auch ist es für diese Kinder schwierig, subtile oder abstrakte Bedeutungen zu verstehen. Ich habe mal ein Kind gefargt:" Was mußt du machen, wenn du dich mit einem Messer shneidest?" Die Antwort daraufhin war "Blut".
Komplizierte sprachliche Konstruktionen kann ein autistisches Kind auch nicht verstehen. Ein Beispiel hierzu: Ein Kind fragte seine Mutter, ob sie ihm beim Zuknöpfen der Jacke helfen könnte, die Mutter antowrtete: "Frag Papa, ich habe Handschuhe an". Daraufhin dachte es einen Moment anch, ging dann los, holte seine Handschuhe und gab sie dem Vater.
Was auch auffällig ist: Autistische Kinder benutzen immer die Hand eines Erwachsenen und führen diese, damit diese etwas für sie tut. Wenn ein autistisches Kind beispielsweise etwas holen soll,nahm es immer meine Hand und führte es zu dem entsprechenden Gegenstand, damit ich ihn aufnehme.Das Ganze geschah immer ohne Einsatz von Mimik. Der Gesichtsausdruck war immer gleichbleibend.
Die aufgeweckten autistischen Kinder habe auch eine Vorliebe für nicht-verbale-Sprachen, wie Mathematik oder Musik. Viele Kinder, die visuell nicht behindert sind, lernen lesen, bevor sie sprechen können.
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Die visuelle Wahrnehmung
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Es besteht weiterhin eine charakteristische Schwierigkeit, gesehene Dinge wirklich zu erfassen. So erkennt ein autistisches Kind beispielsweise sein eigenes Haus nicht von weitem oder schaut bei Dingen, die sich direkt vor ihm befinden, scheinbar vorbei.Diese Kidner haben auch große Angst vor Hunden,weil sie diese in ihren Bewegungen nicht einschätzen können.Bewegte genestände werden schneller erfaßt als ruhende. Ein Pferd wird eher beim Traben oder Galloppieren erkannt als eines, welches auf der Wiese steht und grast. Gegenstände wie Tassen oder Töpfe beispielsweise, werden von den Kindern erst erkannt, wenn sie diese Gegenstände in schnellen Bewegungen vor ihrem Gesichtsfeld hin und her bewegen.
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Andere Sinnesbereiche
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Andere Sinnebereiche können ebenfalls beeinträchtigt sein. Sehr häufig habe ich Kinder erlebt, die augenscheinlich unempfindlich gegenüber Schmerz oder Kälte sind. Ein Kind hat sich mit einem Stock wiederholt auf die hand geschlagen,aber keine Miene verzogen, Auch konnte es im Winter Eis und Schnee unglaublich lange ohne Handschuhe in der Hand halten oder damit durch sein Gesicht gehen.
Wieder andere haben ungewöhnlichen Geschmacksvorlieben oder zeigen starkes Interesse an bestimmten Gerüchen. Ich ahbe ein Kind erlebt, welches unwahrscheinlich gerne in Chilischoten oder Zitronen biß oder sehr interessiert am Geruch von Ausscheidungen war.
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Motorik
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Die meisten Kinder bewegen sich sehr graziös unabhängig ihres Geschlechts. Die Muskulatur wirkt oft sehr schlaff Besondere Bewegungen wie Handgelenke verdrehen,mit den Armen schlenkern, oder auf und ab zu hüpfen, Grimassen schneiden, auf Zehenspitzen oder in einer gesonderten Gangart zu gehen, sind typisch. Solche Bewegungen treten meist auf,wenn das Kind erregt ist.
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Stereotypes Verhalten
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Manche Kinder legen sich eine Sammluing von Gegenständen zu: sammeln von Filmdosen. Steine, Deckel, etc. und hüten diese Dinge wie ein Schatz. geht auch nur ein Stück verloren, sind sie sehr traurig.
Ein Mädchen habe ich mal erlebt, welches ein Telefonbuch auswenig wußte. Ich sagte einen Namen und es wußte die Seitenzahl,konnte mir dann auch direkt zeigen, wo der Name auf dieser Seite zu finden war.Dieses Mädchen konnte nicht sprechen,sich jedoch über eine Schreibmaschine ausdrücken.
Ein normales Spiel gestaltet sich ebenfalls als sehr schwierig, weil die Kinder ihre eigenen Linien und Muster mit den Gegenständen entwickeln. Eine Schaufel beispielsweise wird immer wieder im Kreis gedreht.
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Gefühle und Stimmungen
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Abkapselungen und Unzugänglichkeiten sind mit 3 - 4 Jahren am stärksten ausgeprägt.. Wenn ein Kind nicht mit anderen Menschen in Kontakt treten will, reagiert es mit Ablehnung,andererseits aber auch mit Freude, wenn sich eine vertraute Person nähert. Autistische Kinder können ohne erkennbaren Grund lachen und kichern,aber auch mit Wutausbrüchen, Tränen und Treten reagieren.
Auch kann es keine Gefahren abschätzen. Ich habe viele autistische Kinder erlebt, die auf Dächer geklettert oder auf die Straßen gelaufen oder gar vor eine schwingende Schaukel gelaufen sind.
Auf der anderen Seite aber haben sie Angst vor bestimmten Gegenständen wie Schränke, Wasser, Schuhen, etc.
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Förderung
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Es gibt Kindergärten, die integrativ arbeiten,d.h. sie haben ine ienr Gruppen von 25 Kinern 1 - 2 Kinder, die eine Behinderung aufweisen. Je nachdem wie ausgeprägt der Autismus beim Kind ist, kann es eine solche Gruppe auch besuchen (mit Unterstützung durch eine Integrationsfachkraft). Bei schwierigeren Fällen gibt es Sonderkindergärten und auch Sonderschulen,die sich autistischer Kinder annehmen.
Wichtig ist, das die Fähigkeiten und Fertigkeiten, die solche Kinder besitzen, weiterhin fördert, ihnen aber auch Hilfestellungen für einen geregelten Tagesablauf bietet. Autistische Kinder orientieren sich an Regeln und an Gegenständen,an denen sie sich orientieren können. Wird eine Räumlichkeit verändert,kommen diese Kinder nicht damit zurecht.
Zur abschließenden Bewertung möchte ich noch loswerden, daß eine solche Behinderung/ Beeinträchtigung mit Sicherheit nicht als empfehlenswert anzusehen ist und daher auch nur mit 1 Stern meinerseits zu bewerten ist. Es ist allerdings möglich, daß autistische Kinder mit entsprechender Förderung und Hilfe ein annehmbares Leben führen können, z.B. in betreutem Wohnen im Erwachsenenalter.....ind er Kindheit jedoch auf die Unterstützung von Erwachsenen angewiesen ist.
Vielen Dank fürs Lesen und Bewerten..........
Euer Sternchen* weiterlesen schließenKommentare & Bewertungen
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Autismus! Was ist das?
17.08.2002, 23:16 Uhr von
Beikilein
Faith - is believing in something when common sense tells you not to.Pro:
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Kontra:
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Empfehlung:
Ja
Allgemeines zu Autismus:
Was ist Autismus?
Die Wortschöpfung Autismus geht auf den bekannten Schweizer Psychiater Eugen Bleuler zurück. Er prägte 1911 die Begriffe «autistisch» und «Autismus».
Wenn man das Wort Autismus hört, denkt man sofort an den Film "Rainman", an Genies, die in minutenschnelle hochkomplexe mathematische Rechenaufgaben lösen können usw. Aber Autismus ist viel mehr als das.
Das Wort an sich kommt aus dem griechischen, autos heißt selbst.
Autismus ist keine Krankheit sondern eine Störung der Wahrnehmungsverarbeitung, d. h. autistischen Menschen fehlt die Fähigkeit, Reize selektiv (d. h. auswählend) wahrzunehmen, sie zu vergleichen und zu bewerten.
Durch ihre Unfähigkeit zu selektieren, treten bei autistischen Kindern tiefgreifende Störungen in der Entwicklung auf. So bleibt beispielsweise ihr Nachahmungstrieb völlig aus, ihnen fehlen Vorstellungsfähigkeit und Einfühlungsvermögen.
Damit diese Menschen nicht von der unendlich großen Anzahl der Umweltreize überflutet werden, schotten sie sich ab und reagieren extrem überselektiv. Ihre Wahrnehmung konzentriert sich auf kleinste Einzelheiten. Das erweckt den Eindruck der Versunkenheit. Sie scheinen oft gehörlos zu sein, obwohl ihr Hörvermögen nicht beeinträchtigt ist.
Für Autisten wirken andere Menschen unkontrollierbar und bedrohlich. Das ist ein Grund dafür, dass sich diese Menschen lieber mit Gegenständen befassen. Sie schützen sich durch stereotypes Wiederholen von Worten oder Körperbewegungen, wie z. B. schaukeln, klatschen oder wippen vor ihrer Umwelt.
Diese Stereotypen sind allerdings in ihrer Zusammensetzung und ihrem Ausprägungsgrad von Autist zu Autist unterschiedlich. Wer diesen Menschen diese immer wieder gleichbleibenden Selbsthilfemaßnahmen nicht gestattet, der entzieht ihnen die Möglichkeit, ihre Angst zu mildern.
Autistische Kinder haben außerdem häufig vom Säuglingsalter an Probleme beim Essen und Schlafen und entwickeln selbststimulierende Verhaltensweisen, die bis zur Selbstverletzung reichen können. Sie bestehen zwanghaft auf ganz bestimmte Ordnungen oder können ihre Eltern zur Verzweiflung bringen durch exzessives Sammeln bestimmter Gegenstände, oder durch ihre Verweigerung, bestimmte Kleidung zu tragen.
Eine mögliche Erklärung sehen Mediziner in dem Versuch, damit Aufmerksamkeit zu erzwingen und auf diese Weise mit der Außenwelt zu kommunizieren.
Im weiteren sind bei autistischen Kindern oft «Intelligenzdefizite» beobachtbar, die unabhängig von den autistischen Verhaltensstörungen zu sein scheinen. Das bedeutet, daß neben der autismusspezifischen Behinderung häufig auch eine geistige Behinderung besteht. Unabhängig vom Intelligenzniveau findet man bei autistischen Kindern die sogenannten autismusspezifischen Störungen der Sprach- und Sozialentwicklung. Diese Störungsanteile werden wiederum auf die tiefgreifende Entwicklungsstörung zurückgeführt, bei der es sich um eine schwere qualitative Abweichung vom normalen Entwicklungsverlauf handelt.
Das eigentliche Merkmal der autistischen Störungen ist die qualitative Verformung der Entwicklung, die sowohl das Sozialverhalten, die verbale und nonverbale Kommunikation als auch das vorstellungsmäßige Denken betrifft. Die entwicklungspsychologische Sichtweise ermöglicht es, das gestörte Verhalten autistischer Kinder als Ausdruck der Entwicklungsveränderung zu erklären, aufgrund derer die eingeschränkten und stereotypen Verhaltensweisen als qualitativ anders und nicht bloß als «sinnlos» betrachtet werden.
Ursachen für Autismus:
Über die Ursachen des Autismus sind sich Wissenschaftler noch nicht einig, da es eine Vielzahl von Auslösern gibt. Mittlerweile ist man jedoch auf organische und genetische Ursachen sowie auf biochemische Mangelzustände gestoßen. Man weiß auch, daß die seelischen Belastungen, die durch gestörte Beziehungen entstanden sind, eine wesentliche Rolle in der Entwicklungsstörung haben.
Viele Forscher haben sich bei ihrer Suche nach den Ursachen für Autismus dem Erforschen der Gehirnströme mittels EEG befaßt. Hierbei konnte man feststellen, daß es keine allgemein zutreffende Auffälligkeit gibt. Doch man bemerkte verschiedene, abweichende Merkmale. In manchen Fällen konnte man beispielsweise eine Übererregung in der Hirnrinde feststellen. Bei anderen Autisten wurde eine Abweichung innerhalb des Kleinhirns festgestellt. Auch bei Röntgenaufnahmen bemerkte man Beeinträchtigungen des Großhirns, dem Sitz des motorischen Sprachzentrums.
Organische Auslöser:
Eine Reihe von Krankheiten kann autistische Störungen verursachen. So konnte man beispielsweise bei Müttern, die während ihrer Schwangerschaft an Röteln erkrankt waren, eine zehnfache Häufigkeit an autistischen Störungen feststellen. Auch ein erhöhter Blutzuckerspiegel der Mutter sowie Sauerstoffmangel werden als Auslöser genannt. Selbiges gilt auch für Rißverletzungen der Hirnhäute, ein zu niedriger Blutzuckerspiegel, Gelbsucht, Infektionskrankheiten, Meningitis und Impfschäden.
Biochemische Komponenten:
Durch einen gestörten Aufbau von Verbindungen im Nervengewebe kann es zu grundlegend beeinträchtigenden Funktionen des Gehirns kommen. Der Zellaufbau wird auch durch einen Mangel an essentiellen Stoffen, wie Vitaminen, Eiweißen, Spurenelementen oder Enzymen geschädigt. Werden zu viele oder zu wenige Hormone produziert, kommt es zu einer gestörten Wahrnehmungsverarbeitung. Diese Diagnose wird bei autistischen Kindern oft gestellt.
Genetische Ursachen:
Bei der Zwillingsforschung wurden Hinweise auf mögliche genetische Beteiligungen bei der Entstehung von Autismus festgestellt, doch es blieben noch viele Fragen offen. Die Wahrscheinlichkeit autistische Kinder zu bekommen ist bei eineiigen Zwillingen jedenfalls höher als bei zweieiigen. Es gibt auch Studien nach denen bei Jungen häufiger Autismus auftritt, wenn ihre Mutter ein geschädigtes X-Chromosom hatte. Doch es sprechen auch einige Fakten gegen eine genetische Ursache für Autismus. So sind beispielsweise bei eineiigen Zwillingen nicht immer beide Kinder betroffen, auch treten autistische Störungen bei vielen Kindern erst innerhalb der ersten 30 Lebensmonate auf. Ganz sicher weiß man allerdings, dass Autismus keine rein seelisch bedingte Störung ist.
Verschiedene Formen des Autismus:
Bei dem Begriff Autismus kann man zwischen vier Formen des Autismus unterscheiden, die die Entwicklung der Autismusforschung bis in die 70er Jahre deutlich wiedergeben. Dabei wird anhand der Bezeichnungen der einzelnen Symptomgruppen deutlich, daß hier eine Ordnung nach den Ursachen geschieht.
Im Folgenden werden die einzelnen Symptomgruppen zusammengefaßt:
1. Psychogener Autismus:
•Störungen der Kommunikationsfähigkeit
•emotionale Indifferenz
•fehlende Initiative und mangelnde Intuition als Begleit- und Folgeerscheinungen langanhaltender emotionaler Frustrationen
•unbeteiligtes, passives Verhalten der Kinder
•retardierte statomotorische und sprachliche Entwicklung
•geringe emotionale Beziehungsfähigkeit
•starke Zärtlichkeitsbedürfnisse
2. Das Asperger-Syndrom (Autistische Psychopathie):
Definition: "Form des Autismus, die sich meist im Schulalter mit schwerer Kontaktstörung manifestiert."
Das Asperger-Syndrom wird von mehreren Faktoren bestimmt.
Emotionale Faktoren:
•emotionale Hemmung, d.h. Tendenz zur Abkapselung und Selbstisolierung als zentrales Symptom
•Kinder wirken ernst, egoistisch, extrem introvertiert und vorzeitig gereift
Physiognomische Faktoren:
•scharf gezogene Gesichtszüge
•prinzenhaft, frühreif, gespannt und problemgeladen
•leerer unbestimmter Blick, der sich nicht durch optische und akustische Reize fixieren läßt
Sprachliche Faktoren:
•oft eintönig leiernde Sprachmelodie
•aber auch überspitzt betonte, theatralische Sprechweise möglich
•auffallende sprachschöpferische Fähigkeiten
•Sprachentwicklung setzt oft auffallend früh, wesentlich früher als das Gehen ein, und erreicht rasch einen hohen Vollkommenheitsgrad
Motorische Faktoren:
•motorisch oft auffallend ungeschickt
•unvollkommen entwickeltes Körperschema
•eindeutig negative Einstellung zur Körpersphäre
•relativ spätes Erlernen altersadäquater Kulturtechniken
Kognitive Faktoren:
•meist durchschnittlich, gelegentlich überdurchschnittlich selten unterdurchschnittlich Intelligent
•oft Vorlieben für bestimmte Kenntnis- und Wissensbereiche, die das Allgemeinwissen deutlich dominieren.
Spielverhalten:
•stereotype Gewohnheitshandlungen stehen deutlich vor komplexen Spielen
•oftmals erhalten bedeutungslose, allenfalls vorübergehend genutzte Gegenstände eine überwertige Bedeutung.
3. Das Kanner-Syndrom (Frühkindlicher Autismus):
Definition: "Form des Autismus, die sich meist vor dem 3. Lebensjahr unter anderem mit Entwicklungsrückstand, Stereotypien, Kontaktstörungen u. verzögerter Sprachentwicklung manifestiert, und eventuell mit einem Intelligenzdefekt einhergeht"
Der frühkindliche Autismus ist ein relativ seltenes Krankheitsbild, das in den USA von Kanner in 10 Jahren unter zahlreichen ihm vorgestellten Kindern nur 150mal festgestellt wurde.
Kardinalsymptome:
•extreme Abkapselung aus der menschlichen Umwelt
•ein ängstlich zwanghaftes Bedürfnis nach Gleicherhaltung der dinglichen Umwelt (Veränderungsangst)
(Diese beiden Symptome sind immer vorhanden, wenn frühkindlicher Autismus vorliegt. )
Sekundärsymptome:
•Störung der Intelligenzentwicklung (ist oft nur eine Folge der autistischen Primärsymptomatik, ähnlich kognitiver Behinderungen infolge von Taubheit.)
•Störung der Sprachentwicklung zum Beispiel: Echolalie (wird bei zwei Drittel der betroffenen Kinder festgestellt.)
•bei den sprechenden Kindern werden oft erstaunliche Gedächtnisleistungen festgestellt, die jedoch meist unwichtige Interessengebiete betreffen.
•Bei der Sprache werden häufig Neologismen, verbale Iterationen, agrammatische Satzbildungen und Echolalien beobachtet.
•D. Weber wies auf bestimmte motorische Auffälligkeiten hin, die sich auch bei blinden Kindern recht häufig zeigen. (Augenbohren, Hand - Finger Mechanismen, mimische Auffälligkeiten)
4. Somatogener Autismus:
Der somatogene Autismus weist keine syndromspezifische Symptomatik auf, er ist vielmehr abhängig vom Nachweis neuropathologischer Befunde.
Hier steht nicht die Ausklammerung der Umgebung im Vordergrund, sondern ein Verharren in der Kontaktschwäche, das durch die Isolierung von der Umwelt verstärkt wird.
Der somatogene Autismus ist kausal abhängig von anderen hirnorganischen Störungen.
Therapieformen für Autismus:
Normalerweise werden autistische Störungen erst bei der Verzögerung der kindlichen Sprachentwicklung bemerkt. Anzeichen können auch eine verminderte Reaktion auf Menschen sowie Ruhelosigkeit oder Hyperaktivität sein.
Ganz wichtig ist es, die individuellen Ursachen für diese Störung zu finden. Nur so können gezielte Frühförderungen und Therapien entwickelt werden. Es gibt viele Ursachen für Autismus und ebenso viele verschiede Behandlungsmöglichkeiten.
Körperorientierte Therapie:
Hierzu zählt man die „Sensorische Integration“ und das „Führen“.
Unter Sensorischer Integration versteht man die Stimulation der Sinnessysteme und gleichzeitig versucht man, die überfordernden Reize so weit als möglich einzuschränken. Durch das Führen von Körperteilen des Kindes sollen Erfolge bewußt gemacht werden. Das steigert das Selbstvertrauen und die Entwicklungsfreude.
Kommunikationsorientierte Therapien:
Hierzu gehören unter anderem die Gebärdensprachtherapie, die Tanz- und Musiktherapie und das therapeutische Reiten.
Durch diese Therapien wird die nonverbale Kommunikation gefördert.
Verhaltensorientierte Therapie:
Bei dieser Therapieform wird das gewünschte Zielverhalten des Kindes in kleine Einzelschritte unterteilt und das Kind lernt richtige Reaktionen durch Belohnung und Bestrafung.
Psychoanalytische Therapie:
Dieser Therapieform liegt die Annahme eines gestörten Mutter-Kind-Verhältnisses zugrunde. Therapeuten bieten dem Kind einen Mutterersatz an.
Forced Holding-Methode:
Diese Methode ist sehr umstritten, da sie oft in Aggression umschlägt. Durch stundenlanges, gewaltsames Festhalten des Kindes soll die gestörte Mutter-Kindbeziehung gelöst werden.
Diäten-, Vitamin- und Mineralstofftherapien:
Hier wird an biochemische Mangelzustände angesetzt.
Häufigkeit von Autismus:
Weltweit gesehen sind von 10 000 Kindern ungefähr 4 bis 5 autistisch. Von der Störung sind Buben 4 mal häufiger betroffen als Mädchen, wobei zu bemerken ist, das frühkindlicher Autismus in Familien aller Rassen und sozialer Schichten auftritt.
Meine Erfahrung mit Autismus:
Der Sohn meiner Paten Eltern Ole, kam zur Welt, als ich sieben Jahre alt war. Anfangs wusste niemand, dass er behindert ist, aber irgendwann stellten meine Pateneltern fest, dass er sich anders entwickelte als andere Kinder. Er ließ nur sehr wenige Menschen an sich heran, schrie viel und krampfte oft. Keiner der vielen Ärzte die Ole untersuchten konnte genau sagen, was ihm fehlte aber sie tippten auf Autismus. Mit ca. 1 ½ Jahren war es dann sicher das Ole Autismus hatte. Mit meinen Eltern zusammen besuchte ich Ole mindestens einmal in der Woche und lernte ihn zu lieben. Einmal sagte ich meinem Patenonkel, dass ich es schade finde, dass Ole nicht mein Bruder ist, da sagte er: „Na das ist er doch, zwar nicht Dein leiblicher Bruder aber Dein Patenbruder!“
Oles Autismus äußerte sich nicht nur in seiner scheu Fremden gegenüber sonder auch in seiner Anfälligkeit auf Krankheiten, man brauch bloß mal neben ihm zu niesen und schon fängt er sich eine Erkältung ein. Außerdem muss er eine strenge Diät einhalten und ist gegen vieles allergisch. Seinen 2. Geburtstag verbrachte er auf der Kinderintensivstation.
Ole kann nicht sprechen, nicht eigenständig essen sich nicht selber anziehen und hat erst mit 10 gelernt uns mitzuteilen, wenn er auf die Toilette muss. Gehen hat er erst mit 6 Jahren gelernt, vorher ist er gekrabbelt oder an Händen gelaufen.
Mit 7 Jahren wurde Ole eingeschult. Er ist inzwischen 14 Jahre alt und geht in eine Behinderten Waldorfschule in Bonn. Er fühlt sich dort sehr wohl und lernt, mit Hilfe auf einer Tastatur zu schreiben.
Fremden gegenüber ist Ole immer noch sehr abweisend, aber Bekannten gegenüber freut er sich dafür um so mehr. Ich habe immer noch sehr engen Kontakt mit Ole und hoffe das dieser gute Kontakt noch lange bestehen bleibt, denn ich lerne sehr viel von ihm, er zeigt mir wie schön das Leben sein kann, auch wenn man anders ist als die norm.
Wer sich für Autismus interessiert sollte unbedingt die beiden Bücher von Birger Sellin, selbst Autist, lesen:
Birger Sellin:
„Ich will kein inmich mehr sein. Botschaften aus einem autistischen Kerker“
„Ich Deserteur einer artigen Autistenrasse. Neue Botschaften an das Volk der Oberwelt.“ weiterlesen schließen
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