Pro:
wieder eine Möglichkeit mehr, in die Türkei zu kommen, leckeres Essen an Board, nette Stewardessen
Kontra:
Man kann mit Onur Air auch Pech haben - und uralte Maschinen bekommen
Empfehlung:
Ja
Es gibt Fluglinien, um die sich zahlreiche Mythen und schaurige Geschichten ranken. Die türkische Fluglinie „Onur Air“ ist eine davon. Wirft man einen Blick in die zahlreichen Türkeiforen im Internet und gibt dort in der Suche mal das Wort „Onur“ ein, bekommt man sie präsentiert – Horrormärchen mit Erzählungen von alten Maschinen, riesigen Verspätungen, engen und verschlissenen Sitzen, einem unfreundlichen Personal, heftigen Turbulenzen und mehr ... Klar, dass sich im vergangenen November meine Begeisterung eher in Grenzen hielt, als wir ausgerechnet eben diese „Onur Air“ für unseren Flug nach Antalya zugeteilt bekamen – und wir uns gezwungenermaßen unserem Schicksal fügen mussten. Gemäß dem Wahlspruch „runter kommen sie alle“ begaben wir uns also zum Flughafen – gespannt auf das, was dort auf uns warten würde ... Und dann doch Entwarnung: Alles halb so schlimm. Schon jetzt möchte ich festhalten, dass die Onur Air deutlich besser als ihr miserabler Ruf ist – in meinen Augen eine ordentliche Fluglinie mit durchschnittlichem Angebot, für einen dreistündigen Ferienflug durchaus geeignet. Dazu nun einiges mehr ...
Onur Air – das Unternehmen
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Onur Air bezeichnet sich selbst als eines der „jüngsten und modernsten Mitglieder der türkischen zivilen Luftfahrtflotte“. Nachzulesen ist dies auf der Webpage des Unternehmens – zu erreichen unter www.onurair.de. Erst seit 1992 geht die Onur Air in die Luft – schwerpunktmäßig für Charterflüge von Deutschland in die Türkei und umgekehrt. Gestartet wird so ziemlich an allen deutschen Flughäfen – und wer seine Türkeireise z.B. online über ferien.de, demed.de oder argonaut.de bucht, hat gute Chancen, mit Onur zu fliegen.
Drei verschiedene Flugzeugtypen besitzt Onur Air und startet mit ihnen durch – den Airbus 300 (mit 316 Sitzplätzen), den Airbus 320 (mit 180 Sitzplätzen) sowie die MD-88 (172 Sitzplätzen). Letztere war schlussendlich unser Flieger nach Antalya – auf jeden Fall ein Glückstreffer
Ausstattung der Maschinen
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Für Riesen ist die Onur Air definitiv nichts. Denn der Sitzabstand ist nicht gerade großzügig – in normalen Sitzreihen verbleiben nur wenige freie Zentimeter zwischen Kniescheibe und Vordersitz. Da mein Freund aber auch nicht gerade zu den Zwergen gehört und wir sehr früh am Check-In waren, durften wir auf dem Hinflug am Notausgang sitzen und hatten dort auf jeden Fall massig Platz. Na ja, fast – denn nachdem die Stewardess die Tür geschlossen hatte, musste Frank doch ein wenig mit einer breiten, vorgelagerten Schiene der Tür kämpfen, die den Platzumfang wieder etwas reduzierte. Auf dem Rückflug hatten wir dann Sitzplätze in einer normalen Reihe, und hier muss ich sagen: Für die drei Stunden Flugdauer von der Türkei nach Deutschland ist das auf jeden Fall akzeptabel. Nur für einen Langstreckenflug wäre das Platzangebot definitiv zu wenig – aber diese bietet Onur Air ja auch nicht an.
Zum Zustand der Maschinen selbst ist zu sagen, dass beide Flieger auf mich nicht nur einen gut gewarteten, sondern auch sicheren Eindruck machten. Mag sein, dass Onur Air noch ein paar uralte Maschinen im Angebot hat, die dann für den schlechten Ruf sorgen, ich kann mich aber selbst hier auf keinen Fall beschweren. Ehrlich gesagt saß ich auch schon z.B. in Hapag Lloyd-Fliegern, die einen durchaus schlechteren Eindruck machten ... soviel nur dazu!
Die vorwiegend türkischen Stewardessen, die übrigens selten hässliche blaue Kittelchen trugen, waren durchweg sehr freundlich und hilfsbereit – wobei mir aufgefallen ist, dass türkische Stewardessen wohl generell lockerer und weniger „künstlich“ als ihre deutschen Kollegen sind. Allerdings sprechen sie – genau wie die Piloten – fast durch die Reihe nur englisch und türkisch, was ich aber durchweg in Ordnung finde. Mal im Ernst: Auf welcher deutschen Fluglinie spricht man denn das Personal türkisch, nur weil zufällig mal ein paar Türken an Board sein könnten? Wer die Sache mit der Sprachfähigkeit als Kritikpunkt der Onur Air anmerkt, der tut mir ehrlich gesagt leid ...
Service an Board
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Kostenlose Zeitschriften, ein Filmprogramm oder gar Musikkanäle – das alles gibt es bei der Onur Air nicht. Hier beschränkt man sich aufs reine Fliegen – was sich wiederum in günstigen Preisen im Rahmen von Pauschalbuchungen widerspiegelt. Essen und Getränke gibt es aber dennoch an Board – allerdings nur alkoholfrei, für eine Dose Bier waren zwei Euro fällig. Zum Essen (selbstverständlich frei von Schweinefleisch) ist zu sagen, dass ich bei der Onur Air das beste Essen bekommen habe, das ich je auf einem Flug hatte – kaltes Hühnchen, leckeren Nudelsalat, Brötchen und als Dessert noch den typisch türkischen, sirupdurchtränkten Kuchen. Das Hähnchen war lecker gewürzt, die Nudeln im Salat al dente, die Salatblättchen knackig und frisch – wenn ich daran denke, was z.B. Condor beizeiten serviert, so hat Onur hier eine absolute Vorbild-Funktion. An alkoholfreien Getränken ist alles im Angebot, was das Herz begehrt – Saft, Cola, Fanta, Wasser und mehr. Hier also auf jeden Fall ein ganz dicker Pluspunkt!
Flugzeiten und Pünktlichkeit
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Angeblich soll Onur Air dafür bekannt sein, recht schnell große Verspätungen aufzuweisen – auch hier muss ich sagen, davon nicht wirklich etwas gemerkt zu haben. Zwar hoben wir im Schnitt 20 Minuten später ab als auf unseren Tickets ausgewiesen, aber hier muss man bedenken, dass bei Charterflügen die Flugzeiten eh so großzügig kalkuliert sind, dass man dennoch pünktlich landet. Ein wesentlicher Nachteil der Onur Air besteht jedoch in den Flugzeiten: Da die Flieger in der Regel in der Türkei stationiert sind, dort morgens starten und abends wieder zurück nach Hause fliegen, bekommt man meistens späte Abflug- und frühe Rückflugzeiten. So auch bei uns: Erst abends um 19 Uhr ging es bei uns los – mit dem Ergebnis, dass wir unser Hotel nachts um zwei Uhr erreicht hatten. Beim Rückflug wurden wir hingegen schon morgens um neun wieder am Hotel abgeholt, um schon mittags den Heimflug anzutreten. Bei einer Woche Urlaub sind das leider zwei verlorene Urlaubstage. Schade.
Zusammenfassung und Fazit
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Deutlich besser als ihr Ruf – so lautet mein zusammenfassendes Urteil zur Fluglinie Onur Air. Wer mit dieser Gesellschaft fliegt, darf keinen Luxus erwarten, muss aber auch nicht um seine Sicherheit fürchten. Alles in allem präsentierte sich Onur Air als souveräne Airline, die nicht herausragend ist, sich neben den deutschen Fluglinien aber auch auf keinen Fall verstecken muss. In diesem Sinne: Enjoy your flight – auch mit Onur!
stefbl, 5. September 2003
(Erstveröffentlichung bei ciao im Juni 2003) weiterlesen schließen
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