Pro:
Stundenlohn - das finden viele gut
nette Kollegen
Abwechslung bei den Aufträgen
alles moralisch Vertretbar
Kontra:
andere Promojobs werden besser bezahlt
viele Aufträge sind schlecht, nicht lohnenswert
bei Kälte und Hitze (extrem) wird man auf die Straße geschickt
Anruf kommt meistens erst am Tag des Termins
zickige Weiber am Telefon
Empfehlung:
Nein
Viele von Euch werden es sicher schon mal erlebt haben: Plötzlich ist ein Job – Engpaß da. Obwohl man ein Studium absolviert oder eine gute Ausbildung gemacht hat, gibt es nicht. Das hat sich in meinem Beruf glücklicherweise wieder gelegt. In der Zeit, wo ich nicht arbeitslos sein wollte, weil ich als Hochschulabgänger höchtstens Sozialhilfe beantragen gekonnt hätte und das Sozialamt sich an meine Familie gewandt hätte, traf ich die Entscheidung im Bereich Werbung, Marketing, Promotion und Außendienst tätig zu werden.
In der Zeitung las ich von der Zächel AG, die ich durch Mundpropaganda nur als Z – Promotions kannte. Das ist eine Promotionagentur, die bundesweit arbeitet und in Berlin ihren Sitz hat. Sie bezeichnen sich selbst als Model und Hostess – Agentur, nehmen aber alle / fast alle Bewerber in ihre Kartei auf.
Nach meinem Anruf sollte ich so schnell wie möglich mit meinen Unterlagen und einem Foto vorbeikommen. Am Haus durfte ich bereits riesengroße Werbung der Agentur betrachten, worauf ich das Vorderhaus passierte und in den Seitenflügel ging. Dort traute ich meinen Augen nicht. Im Erdgeschoß ein schlauchförmiges Call Center, in dem unzählige ca. 18jährige Mädchen hektisch herumwuselten. Eine davon war meine Ansprechpartnerin. Dieser Raum war ein Call Center zur Auftragsabwicklung. Im Vorderhaus war die Geschäftsleitung und Schulungsraum. Im Call Center wurde die sog. Basis – Arbeit verrichtet. Nach Auftragseingang telefonierten die Mädchen alle Promoter ab, um das Personal beauftragen zu können, was besonders kompliziert war, wenn ein unbeliebter oder sehr kurzfristiger Auftrag realisiert werden sollte. Wie ich später erfuhr, werden diese Mädchen mit zehn- bis zwölf-Stunden – Schichten überlastet und erhalten nur 500,- Euro nette im Monat. Viele von ihnen sind auch Praktikantinnen. Um ihr schmales Gehalt aufzustocken, schnappen sie sich die besten Promotionaktionen, was meistens abendliche Events sind und machen dementsprechend eine Doppelschicht.
Mir wurde auch in diesem Call Center sofort ein Platz angeboten, weil ich – trotz Zeitungsinserat – ein Vorstellungsgespräch zwischen den Castingterminen hatte, die in dem Schulungsraum stattfinden. Dann hat mir die kleine blonde Dame erklärt, was für Aktionen laufen, wie geplant wird, welche Regeln es gibt u.s.w. Belustigt stellte ich fest, daß der Knackpunkt in der Vertragsunterzeichnung und der Selbständigkeit zu liegen schien. An dieser Stelle wurde sie etwas hektisch und drängend und formulierte die Sätze wesentlich undeutlicher als zuvor und später. Naja ich war bereits bei Gewerbe- und Finanzamt angemeldet, so daß es für mich damals kein Problem darstellte.
Mein erster Einsatz war einen Tag später. Ich durfte mich freuen, meine Uni wiederzusehen, denn dort haben wir Tageszeitungen verschenkt. Dazu hatten wir DinA 4 – formatige Listen, auf denen sich die Interessenten für ein automatisch endendes Probeabo eintragen durften, bzw. sollten. Das war eine tolle Aktion, die während meine Zeit bei Z leider nur einmal stattfand. Innerhalb der zwei Tage hatte ich knapp 100 Adressen, für die es je einen Euro zu dem Stundenlohn von 8,50 Euro gab. Dementsprechend war ich extrem erfreut, so gut verdient zu haben. Während dieser Aktion haben mich die Kollegen vor einem Auftrag gewarnt, den nur Neue aufgedrückt bekommen.
Bei diesem Auftrag wird erst gefragt, ob man Zeit habe und dann, nach der Zusage die Katze aus dem Sack gelassen. Es handelt sich um den Berliner Fußballverein Hertha BSC, wo Clubmitgliedschaften verkauft werden sollen und nur 5,- Euro (früher gar kein) Stundenlohn + 9,- Euro für jede verkaufte und realisierte Mitgliedschaft bezahlt werden. Dort will niemand promoten, weil die Bezahlung zu schlecht ist, viele erst unterschreiben, dann aber nicht die Mitgliedsgebühren bezahlten und weil das Nivea der Hertha Fans nicht jedem zusagt. Der Clou ist, daß man zum einen bereits am Telefon zugesagt hat, bevor man weiß um was es geht und wenn man dann noch einen Rückzieher versucht, bekommt man angedroht, einige Zeit keine Aufträge mehr zu erhalten. Dementsprechend muß jeder Neue erstmal hin, so auch ich. Generell hatte ich Glück, weil ich nicht vor dem Olympiastadion vor einem Fußballspiel stehen mußte, sondern vor der Geschäftsstelle zum Auftakt des jährlichen Verkaufs von Jahreskarten für alle Spiele. Dadurch hatte ich relativ hohes Interesse, keine Betrunkenen und netterweise Hilfestellungen von den Festangestellten der Geschäftstelle. So kam ich auf acht Mitgliedschaften in fünf Stunden, was wieder ein ganz ordentlicher Verdienst war. Allerdings habe ich fast ein halbes Jahr warten müssen, bis das Geld kam. Das ist bei Hertha – Aktionen so üblich. Z – Promotion hat noch ein zweites mal auf die gleiche blöde Tour versucht, mir den Auftrag anzudrehen, doch nun konnte ich auf das Stichwort, Spandau und U-Bhf Ruhleben bereits reagieren, mit der Ausrede, es würde so weit außerhalb liegen, daß es nicht in meinen Zeitplan paßt. Seit dem haben sie mich nie wieder gefragt.
Als nächstes kamen die Aufträge, aufgrund der ich mich ursprünglich bei Z beworben hatte. Telefonnummern einsammeln für die Fitness Company. Dazu bekommt man ein rotes T-Shirt, eine große Tasche und Schreibmaterial. Mit Hilfe wechselnder Aktionen, z.B. Gewinnspiel, sollen Telefonnummern eingesammelt werden. Das war am Anfang sehr einfach, mit steigender Bekanntheit der Aktionen immer schwieriger. Ziel war es die Leute direkt oder per Telefon zum kostenlosen Probetraining einzuladen. Dort wurden sie dann von einem Profi-Verkäufer versucht unter Vertrag zu nehmen. Zielvorgabe waren 10 Telefonnummern pro Stunde, was ich für eine Farce hielt, denn kein Mensch hat das geschafft. Die besten Mitarbeiter hatten fünf pro Stunde, aber das auch nicht jedes mal. Die Bezahlung belief sich anfangs auf 8,50 Euro pro Stunde und wurde dann auf 8,- Euro und ab ca. 20 Telefonnummern Austockung auf 8,50 Euro pro Stunde modifiziert. Zu der Promotiontätigkeit, mußte Call Center – Tätigkeit erledigt werden. In jeder Fitness Company – Filiale sind einge gläserne Büroräume oder man wird mit einem Telefon in den Pausenraum gesetzt. Dort müssen die eingesammelten Telefonnummern – werden leads genannt – abtelefoniert und Termine für Probetraining gemacht. Bewertet wird man nach Anzahl der Termine, ob die Personen die Termine einhalten ist nicht wichtig. In Berlin befindet sich am Kranzler Eck (Kudamm) eine Nobel – Filiale von Fitness Company. Dort ist es ein wenig besser eingerichtet, dort wird nicht jeder aufgenommen und die Gebühren sind extrem hoch. Jedes neue Mitglied wird nach drei Telefonnummern von Freunden gefragt (und nach deren Jobs), welche dann von dem durch Z-Promotions gestellte Personal angerufen und eingeladen werden. Diese Filiale macht kein Promotion auf der Straße. Dort mußten wir in Geschäftskleidung – schwarzweiß – erscheinen. Sogar die Putzfrau mußte in Geschäftsähnlicher Kleidung ihren Dienst verrichten. Dies nur am Rande, weil ich es so bescheuert finde.
Ein der schlimmeren Aktion war zur Fußball Weltmeisterschaft. An den Abenden, nachdem Deutschland gespielt hat, mußte 2 Stunden eine Sonderausgabe des Berliner Kuriers verkauft werden. Das waren drei Seiten für 10 Cent, die wir zur Aufstockung der niedrigen Bezahlung von 8,- Euro / Stunde, also 16,- Euro für den Einsatz behalten sollten. Wechselgeld mußten wir uns natürlich auch mitbringen. Diese Aktion wollte niemand mitmachen, wegen der geringen Einsatzzeit. Da die Agentur aber über 200 Leute benötigte, um an jedem U-Bhf und sonstigen Stellen den Kurier zu verkaufen, sollte man es der Agentur zuliebe tun, oder man würde für weiter, v.a. gute Aufträge gesperrt werden. Es war wirklich sehr ärgerlich.
Das Highligt sollten bei der Zächel AG die Events sein (eigentlich der VIP-Bereich), wo mindestens 8,70 (VIP 10,-Euro)die Stunde gezahlt wird. Da ich mich in meinen Aufträgen so gut bewährt hatte, wurde ich trotz kurzer Zusammenarbeit mit der Firma gebucht. Vermutlich lag es eher daran, daß ca. 400 Leute gebraucht wurden. Es handelte sich um das Focus Fest in Berlin Mitte. Ich gehörte zu den ca. 200 Jungs und Mädels, die von Adidas mit dem Kostüm der Nationalmannschaft eingekleidet wurden, was wir leider hinterher wieder abgeben mußten. Anfangs hieß es bei gebücktem Rücken Besteck in Servietten rollen, was mir gar nicht gefiel. Dann stellten wir uns mit Dauerginsen und einem Tablett vollbeladen mit Coctails in mehrere Reihen, in eine Art Vorzelt, wo alle Gäste durchgingen. Es war furchtbar, weil die Tabletts so schwer waren und immer schwerer wurden. Dann haben die Gäste gegessen und wir mußten Teller auf – und abtragen, was sich auch als dreckige, schwere Arbeit herausstellte. Die Reichen schmieren nämlich ziemlich herum auf und um ihre Teller. Jedenfalls war das mein schlimmster Job bei Z., obwohl es der beste sein sollte und der höchste Stundenlohn gezahlt wurde. Im Verglich zu dem Job an der Uni und bei Hertha war die Bezahlung für mich schlecht. Es wurden nach 20 / 30 Models gebucht, die in einem enganliegenden rotweiß-gestreiften Kleid (wie ein Dauerlutscher) umherstanden und den Gästen Guten Tag und Auf Wiedersehen sagten, wofür es 10,- Euro die Stunde gegeben haben soll.
Was mich an der Agentur am meisten gestört hat, war neben den wiedekehrenden schlechten Aufträgen, Anrufe zur kurzfristigen Buchung. Oft haben sie angerufen und in voller Hektik gefragt, ob ich heute noch kommen könnte. Das ging häufig nicht, so daß sich die Zusammenarbeit zerschlagen hat. Bei anderen Agenturen hatte ich ein bis zwei Wochen Vorlaufzeit, um zu planen. weiterlesen schließen
Bewerten / Kommentar schreiben