Pro:
Riesenspaß für Gäste, naturnahe Freizeitgestaltung, gutes Teambuilding
Kontra:
oft unterschätztes Risiko durch Gäste, nichts für jedermann
Empfehlung:
Ja
"Hallo, grias euch. Herzlich willkommen! Mein Name ist Daniel und wir werden heute die ISEl (bzw. GAIL) hinunter raften..." So beginnt für mich als Bootsführer jede Tour.
Noch vor einem Jahr hätte ich mir nicht träumen lassen, daß ich mal hauptberuflich Raftingguide sein werde. Bin ich jetzt aber. Es war ein langer, harter Weg, der sich aber gelohnt hat. Hier will ich mal das Rafting aus einem anderen Blickwinkel, dem Blick des Guides beleuchten.
1. Was ist Rafting ?
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Unter Rafting kann man sich im groben vorstellen, daß man mit einem speziellen Boot unter fachkundiger Führung einen mehr oder weniger wilden Fluss hinunterfährt. Was jetzt so banal klingt, ist im Detail natürlich ein Erlebnis, was man nicht täglich erlebt und am Ende das Gefühl einer bestandenen Prüfung, eines gelösten Problems, einer bewältigen Aufgabe gibt.
2. Was braucht man für eine Raftingtour ?
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Als Gast ist nicht viel Vorbereitung nötig. Wichtig sind Badesachen. Bikini, Badeanzug oder Badehose - je nachdem was dem einzelnen am besten steht. Grund dafür ist, daß man die Badesachen unter dem Neoprenanzug trägt, den der Veranstalter jedem Gast zur Verfügung stellt. Ein Handtuch kann von Vorteil sein, ist aber nur bei langen Haaren wirklich nötig. Rafting ist ein Vergnügen, das man im Sommer genießt. Wenn man sich des nassen Neoprenanzuges entledigt, reicht eine kleine Brise zum trocknen. Arme und Gesicht sollten mit wasserfestem Sonnenschutz behandelt werden, wenn man zu Sonnenbrand neigt. Die Erfahrung zeigt, daß Rafting für fast alle Gäste eine körperliche Anstrengung darstellt, die nicht alltäglich ist. Ein mitgebrachtes, belegtes Brötchen kann daher sehr zum Wohlbefinden nach der Tour beitragen.
Hat man kein Handtuch dabei, ist trockene Wechselunterwäsche empfehlenswert.
3. Wie läuft eine Raftingtour ab ?
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Der Ablauf einer Tour ist natürlich von Firma zu Firma unterschiedlich, im Großen und Ganzen muss der Ablauf aber immer der gleiche sein. Ich gehe also speziell von dem Ablauf unserer Firma aus.
Die Gäste haben telefonisch, via Internet oder über den Vermieter ihres Urlaubsdomizils reserviert und treffen sich am vereinbarten Treffpunkt. Je nach Location sind die Boote entweder bereits am Fluss, oder abflugbereit auf dem Anhänger. Die Gäste werden einzeln begrüßt, das Team vorgestellt es gibt eine kurze Ortskunde und wir schreiten zum Kassieren. Nicht, weil wir auf Nummer sicher gehen wollen, wie der Kellner mit der Pilzsuppe, sondern einfach deswegen, weil anfangs noch klare Strukturen herrschen. Jetzt bekommt jeder Gast die notwendige Sicherheitsausrüstung: Neoprenanzug, Neoprenschuhe bzw. -socken, Schwimmweste und Helm. Im Frühling ist optional eine Neoprenjacke, bei Regenwetter (SCHLECHTwetter gibt es nicht!) eine Spritzjacke möglich. Eine Spritzjacke ist vergleichbar mit einer Windjacke, die Spritz- bzw. Regenwasser abhalten soll. Jetzt geht's mit dem Kleinbus zur Einstiegsstelle, die Boote werden ggf. vom Hänger abgeladen und durch die Gäste fertig aufgepumpt. Auch das ist nicht als Sklavenarbeit zu sehen, sondern dient der Aufwärmung um schmerzhaften Verzerrungen vorzubeugen. Jetzt setzen sich die Gäste an Land ins Boot und empfangen die Einweisung. Üblicherweise ist diese in 3 Bereiche gegliedert: "Ausrüstung", "Mannesausrüstung und Paddeltechnik" und "Sicherheit". Darauf möchte ich nicht näher eingehen, da ich selbst gesprochen etwa 15 bis 20 Minuten dafür brauche.
4. Was kostet der feuchte Spaß?
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Das kommt selbstverständlich, auf den Veranstalter, die Ausrüstung und die Tour selbst an. Wir raften auf 2 Flüssen 7 Verschiedene Touren. Die Familientour ist ausgelegt auf Familien mit zum Teil kleinen Kindern. Das Mindestalter hier beträgt 5 Jahre. Dementsprechend ruhig ist das Wasser auch. Das Erlebnis ist hier eher "Bootfahren mit Mama und Papa" und kostet 15.- Euro Pro Person für etwa 2,5 Stunden Unterhaltung, wobei etwa 1,5 Stunden auf den Wasserweg entfallen. Am anderen Ende steht die "Rodeo"-Tour auf der ISEL. Diese Tour fahren wir relativ selten. Nicht, weil wir nicht in der Lage dazu sind, sondern, weil für diese Tour nicht jeder Gast in Frage kommt. Ich erinnere mich noch sehr gut an meine Ausbildungsfahrt auf dieser Tour. Wir sind sie mit Edi, einem sehr routinierten und erfahrenen Guide unserer Firma in Mindestbesetzung (4 Personen Mannschaft + 1 Bootsführer) gefahren. Das 12-Mann-Boot mit etwa 5,50 m Länge haben wir damals 3mal am Stück auf den riesigen Wellen senkrecht gestellt. Die Tour bedeutet 10 Minuten volle Konzentration und voller Einsatz für Guide und Mannschaft, danach vereinfacht sie sich nach und nach. Etwa 2 Stunden auf dem Wasser mit einer Gesamtzeit von etwa 3,5 Stunden kosten da 48.- Euro pro Person. Wer etwas weniger Power aufbringen will und mehr Landschaft sehen will, ist mit der Gailschlucht am besten beraten und bezahlt dafür 45.- Euro pro Person. Allerdings gilt auch hier ohne Schweiß kein Preis und das besondere dieser Tour ist das Schneeschmelzwasser, was natürlich nur im frischen Frühling ausreichend vorhanden ist.
5. Empfehlenswert für wen?
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Am Ende jeder Einweisung fragen meine Kollegen und ich stets nach körperlichen Gebrechen, nach dem Alkohol-, Medikamenten- bzw. Drogenkonsum, sowie nach Schwangerschaft. Ziel ist nicht die Diskriminierung, sondern Risikominimierung. Der Guide hat die volle Verantwortung für das Leben und die Gesundheit der Gäste. Hier hat er die letzte Möglichkeit, wirklich ungeeignete Gäste von der Tour auszuschließen. In den meisten Fällen sind Umsetzungen im Boot oder ausdrückliche Risikoübernahmen der Gäste ausreichend. In unserer Firma fahren wir 7 verschiedene Raftingtouren und können so bereits bei der Reservierung auf das Alter, die Körperliche Leistungsfähigkeit und die nicht unbedeutende Körpergröße eingehen. Sollte sich ein kräftiger 12jähriger für eine Tour interessieren, die ab 14 Jahren ausgeschrieben ist, mindestens ein Elternteil fährt mit und die Eltern übernehmen die Haftung, sehe ich persönlich keinen Grund, abzulehnen. Andererseits schließt eine Kollegin von mir das absolut aus, da sie nach einer Teilkenterung etwas Selbstvertrauen verloren hatte. Und das ist sinnvoll - Selbstüberschätzung hilft niemanden weiter.
Besonders sinnvoll ist eine Raftingtour für gemeinsame Erlebnisse z.B. für Kollegen einer Abteilung, für Familien oder die Männerrunde vom Fußballclub.
6. Wer ist mein Guide?
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"Wir sitzen alle im selben Boot" Wer kennt diesen Ausspruch nicht? Beim Rafting ist das nicht nur sinnbildlich, sondern natürlich auch wörtlich zu sehen. Den Fehler eines einzelnen muss die gesamte Mannschaft ausbügeln. Das ist nicht nur Sache der Gäste, sondern ehrlich gesagt auch des Guides. Beim Autokauf denkt jeder sofort an ABS, ESP und tausend andere Helferlein für die Sicherheit. Ihr gutes Recht als Gast ist ein geprüfter Raftingguide, der weis, was er tut und wie er es tut. Fragen sie daher bei der Reservierung direkt nach der Qualifikation des Guides und lassen sich vor der Tour den international gültigen Raftingausweis (in Österreich "Schiffsführerpatent") zeigen. Der ist mitführungspflichtig für alle Bootsführer. Vertrauen ist gut, aber Kontrolle bekanntlich besser.
7. Sicherheitsausrüstung
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Mindestens ebenso wichtig, wie das Können des Bootsführers ist die Vollzähligkeit der Ausrüstung. Achten Sie darauf, daß mindestens ein Reservepaddel, mindestens ein Wurfsack und auch "Erste-Hilfe"-Ausrüstung an Bord ist. Erst wenn alles mit OK gecheckt ist, kann man sich entspannt und sicher der wilden Wasserschlacht hingeben.
8. Oft gemachte Fehler
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Für den einen oder anderen Gast ist es sicher Neuland, sich unter das Kommando eines Bootsführers zu stellen, sich vertrauend an seine vielleicht sinnlos erscheinenden Kommandos zu halten. Das sollte aber jeder Gast. Gefährliche Situationen entstehen selten durch Fehleinschätzungen des Guides, sondern fast immer durch nicht, oder falsch ausgeführte Kommandos. Bitte, erleichtern Sie die Arbeit des Guides und sorgen Sie so für eine sehr viel entspanntere Fahrt. Die einzige Regel beim Raften heißt zusammengefasst: "Der Bootsführer ist der Chef - sein Wort Befehl. Ich befolge jedes Kommando mit vollem Einsatz und Ehrgeiz."
9. Ein paar Worte zu den anderen Berichten
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Beim Lesen der anderen Berichte ist mir besonders eins ins Auge gefallen: Rafting ohne Neoprenanzug!
Wir raften unter anderem auf der ISEL, einem gletscherschmelzwassergespeisten Fluss in Osttirol. Die ISEL hat etwa 8 kuschlig warme Grad Celsius. Ich selbst bin bei einer Ausbildungsfahrt freiwillig und ohne Ahnung des bootsführenden Auszubildenden (der Ausbilder wußte bescheid) aus dem Boot gesprungen und etwa 2 Minuten im Wasser geblieben. Aus dieser Erfahrung heraus weis ich, wie sehr die Kälte des Wassers das klar denken und das Schwimmen behindert. Dabei hat das Wasser nur die Schultern und Arme direkt berührt! Auf 12 °C kalten Wasser komplett ohne Neoprenanzug zu raften ist selbst bei sommerlichen 30 °C Außentemperatur unverantwortlich! Was passiert, wenn jemand aus welchem Grund auch immer nur einige Minuten ohne Schutz im kalten Wasser ist? Ob, er sich eine Unterkühlung holt steht außer Frage. Offen bleibt nur der Grad der Schwere.
Irgendwo stand auch: Das Boot ist nur steuerbar, wenn es schneller als die Strömung ist. Tut mir leid für diesen Guide, aber er fährt ein Boot wie ein Auto. Schneller, kraftschonender und damit viel effektiver lässt sich ein Boot steuern, wenn es LANGSAMER ist, als die Strömung. Das ist es nämlich öfter, als schneller.
10. Alles klar?
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Übrigens unter uns ;-): Der offizielle Siegesschrei nach einer anstrengenden Tour mit extremen Erlebniswert ist "Plitsch! - Platsch !", wobei "Plitsch!" vom Guide gerufen wird und die Mannschaft mit "Platsch!" antwortet.
Bis zum nächsten Bericht
Euer ladaci weiterlesen schließen
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