Pro:
Überschaubare Charaktere | Spannend
Kontra:
sehr viele, siehe Bericht
Empfehlung:
Nein
| Fakten
Titel: „Die Therapie“
Autor: Sebastian Fitzek
Verlag: Droemer/Knaur
ISBN: 9783426633090
Seitenzahl: 336
Erscheinungsjahr: 2006
| Kaufgrund
Ich habe mir das Buch nicht gekauft, denn es wurde mir ausgeliehen. Aber der Grund, warum ich es las, war der, dass ich „Der Seelenbrecher“ von Sebastian Fitzek gelesen hatte und von diesem Thriller total begeistert war. Als mir dann eine Kollegin sagte, sie hätte auch „Die Therapie“ und „Amokspiel“ bei sich zu Hause liegen, bat ich sie, mir die Bücher auszuleihen.
| Inhalt
Viktor Larenz ist ein angesehener Psychiater in Berlin. Eines Tages verschwindet seine 12-jährige Tochter Josy spurlos während einer Untersuchung aus einer Arztpraxis. Vier Jahre lang durchlebt Larenz die Hölle. Dann wird er von einer Illustrierten um ein Interview gebeten, dass er – zurückgezogen auf einer Insel – zu Papier bringen möchte. Plötzlich steht eine Unbekannte vor der Tür, die von Wahnvorstellungen gequält wird und ihn um seine Hilfe bittet. Da er nicht mehr praktiziert, möchte er das Gespräch ablehnen und schickt die Frau weg. Doch sie bittet ihn um fünf Minuten. Und dann erzählt sie ihm eine Geschichte, die so unglaublich und bizarr ist, dass er sie einfach nicht mehr wegschicken kann. Denn es scheint, als ob die fremde Frau etwas vom Verschwinden seiner Tochter weiß.
| Meine Meinung
Ich muss noch einmal wiederholen, warum ich Sebastian Fitzeks Thriller „Die Therapie“ lesen wollte. Mir hatte „Der Seelenbrecher“ dermaßen gut gefallen, dass ich ein weiteres seiner packenden Bücher lesen wollte. Ich erwartete also einen ebenfalls fesselnden, spannenden, faszinierenden Thriller, der sich durch seine packende Story und einen fesselnden Schreibstil auszeichnet. Meine Kollegin bestätigte mir, dass ich genau das vorfinden würde. Also freute ich mich riesig auf das Buch, das ja eigentlich ein „älteres Vorgängermodell“ war. Es war bereits 2006 erschienen, danach folgten noch zwei weitere Romane und schließlich das von mir so begeistert gelesene „Der Seelenbrecher“.
Die Geschichte fängt bereits ab der ersten Seite sehr spannend an. Die Personen, die vorgestellt werden, prägen sich beim Leser schnell ein, denn ihre Charaktere werden kurz, aber prägnant beschrieben. Die Namen sind so gewählt, dass man sie sich leicht merken kann, und die begrenzte Anzahl von Figuren sorgt für Überschaubarkeit. Mir fiel jedoch sehr schnell auf, dass sich sowohl die Figuren als auch die Örtlichkeiten und die Situationen sehr denen aus „Der Seelenbrecher“ gleichen. Es gibt einen Mann, der mit einer Hand voll weiteren Personen durch ein Unwetter von der Außenwelt abgeschnitten ist. Bei ihm ist ein Hund, der irgendwann verschwindet. Außerdem erfährt der Leser, dass der Mann eine Tochter hatte, die auf mysteriöse Weise verschwunden ist. Zu allem Überfluss ist dieser Mann auch in diesem Roman physisch und psychisch sehr angeschlagen, so dass seine Reaktionen und Gedanken stark eingeschränkt sind. All das gab es auch im „Seelenbrecher“ und das ärgerte mich schon nach kurzer Zeit. Man hatte das Gefühl, die gleiche Geschichte noch einmal in etwas abgewandelter Form zu lesen.
Hinzu kam, dass Sebastian Fitzeks Schreibstil im Jahr 2006 bei weitem nicht so gut war wie im Jahr 2008. Während ich im „Seelenbrecher“ nichts daran zu bemängeln habe, muss ich in „Die Therapie“ Kritik üben. 2006 schrieb Fitzek noch sehr sprunghaft und maßlos überzogen. Gerade eben lag neben ihm auf dem Schreibtisch noch eine geladene Waffe – im nächsten Moment steht eine Frau einige Meter hinter ihm und bedroht ihn mit genau dieser Waffe. Dann erzählt er plötzlich etwas über seine Frau Isabelle, um im nächsten Moment von einem ganz anderen Thema anzufangen. In einer weiteren Szene taucht auf der autofreien Insel plötzlich Viktor Larenz Auto auf, mit dem die beteiligten Personen im rasanten Tempo über die Insel rasen. Da der Leser aber noch nicht weiß, was er später noch erfahren wird, wirkt diese Szene irgendwie unsinnig und deplatziert. Sie ergibt einfach keinen Sinn. Wie kommt ein Auto auf die Insel, die durch einen Sturm von der Außenwelt abgeschnitten ist, und warum verwendet Fitzek dieses Auto in diesem Moment? Was will er uns damit sagen? Hätte diese Szene nicht irgendwo anders spielen können? Warum das Auto?
Diese von mir erwähnte Sprunghaftigkeit spiegelt sich aber nicht nur in der Story – also über ganze Absätze hinweg – wider, sondern auch im eigentlichen Satzaufbau. Die Sätze sind so abgehackt und oft verwirrend aufgebaut, dass ich manchmal nur den Kopf schüttelte. Ungläubiges Kopfschütteln riefen auch die teilweise sehr pathetisch formulierten Sätze auf, wie z.B. „sein Freund der Schüttelfrost“ und ein „taubstummer Fahrer, der einen Geschwindigkeitsrekord brechen will“, oder „Adrenalin, das durch seine Adern raste… hervorgerufen durch die Gewaltbereitschaft seiner Entführerin oder durch das wahnwitzige Tempo, mit dem das Auto über die unbefestigte Straße donnerte“.
Obwohl – oder gerade weil - die Story sehr spannend ist und sich die Spannung auch durch das gesamte Buch zieht, wurde es mir irgendwann zu viel. Der Autor baut immer wieder neue Szenarien auf, die aber keinen Plot haben, sondern sich im Sande verlaufen. So verdächtigt die Hauptfigur, Viktor Larenz – der Vater des ermordeten Mädchens -, den Bürgermeister der Nordseeinsel zeitweise, in der Sache verwickelt zu sein. Im nächsten Moment ist davon aber überhaupt nicht mehr die Rede und die Idee wird nicht weiter ausgebaut. Dann wird wieder ein riesiger Komplott aller Personen gegen Viktor Larenz in Szene gesetzt, was aber urplötzlich kein Thema mehr ist. Ein Hund, der tot aufgefunden wird – warum erfährt der Leser nie.
Im Nachhinein ergeben diese sprunghaften, verwirrenden und nicht nachvollziehbaren Szenarien zwar einen Sinn, aber während des Lesens kann man diesem Durcheinander kaum folgen und man sieht darin überhaupt keinen Zusammenhang.
Das Ende des Romans klärt dann alles auf und versöhnt mich ein wenig mit dem ganzen Durcheinander, dass ich während des Lesens hinnehmen musste. Das Ende überrascht! Es gibt dem ganzen Roman einen Sinn. Trotzdem muss ich auch hier Kritik üben, denn das Ende ist hat nicht nur einen Schluss, sondern gleich mehrere. Ich weiß jetzt leider nicht, wie ich das erklären soll, ohne zu viel vom Inhalt preiszugeben. Es ist eben so, dass man auf den letzten ca. 40 Seiten dreimal einen Schluss geliefert bekommt, wobei man schon beim ersten Schluss meint: „Das war’s! Schluss. Ende.“ Doch dann gibt es einen weiteren Plot und noch einen. Das ist ein bisschen zu viel des Guten und bestätigt den kompletten, verwirrenden Roman-Aufbau.
Mir hätte es besser gefallen, wenn die sich die Szenen sinnvoll aufgebaut hätten und den Leser behutsam zur Schlussszene geführt hätte. Ein stufenweiser, verständlicher Aufbau bis zum „Höhepunkt“ der Story wäre wesentlich besser gewesen. So herrscht über 350 Seiten ein heilloses Durcheinander, das auf den letzten 40 Seiten nur teilweise gelöst wird. Hinterher saß ich noch lange da und habe überlegt, welche der zahlreichen verwirrenden Szenen im Nachhinein einen Sinn ergeben und welche nicht.
| Fazit
„Die Therapie“ aus dem Jahr 2006 ist bei weitem nicht so gut, wie „Der Seelenbrecher“ aus dem Jahr 2008. Wer also einen packenden Thriller von Sebastian Fitzek lesen möchte, sollte sich nicht gerade „Die Therapie“ raussuchen. Der Schreibstil ist noch bei weitem nicht so ausgereift und die Story selbst ist sehr verwirrend. Der Leser wird mit vielen diffusen Ansätzen bombardiert, die erst – wenn überhaupt - auf den letzten 40 Seiten erklärt werden.
Maßlos geärgert habe ich mich aber darüber, dass in „Die Therapie“ und in „Der Seelenbrecher“ die gleichen Charaktere und auch fast die gleiche Story verarbeitet werden. Ich hatte das Gefühl, die gleiche Geschichte noch einmal in etwas abgewandelter Form zu lesen. Deshalb gibt es von mir einen deutlichen Punktabzug!
Mein Tipp: Lest „Der Seelenbrecher“ und lasst „Die Therapie“ im Buchladen stehen.
In diesem Sinne… Gedanken sind frei… eure Dotti weiterlesen schließen
Bewerten / Kommentar schreiben