Pro:
Das ist eine Geldmaschine geworden, die läuft und läuft und läuft, geschmiert durch Flatrates.
Kontra:
Aber das Handy hat die Welt verändert - und damit seine Bewohner.
Die permanente Verfügbarkeit ist garantiert.
Empfehlung:
Nein
Dies ist - wie üblich - eine höchst private und damit subjektive Meinung, die niemand zu teilen braucht.
"Bericht für fans & freaks und Betroffene; obwohl:
Niemand hat mir bis jetzt schlüssig erklären können, warum der Mensch mit einem Handy herumlaufen soll oder gar muss!!"
Dies ist ein Kommentar, den ich öfter bei Berichten über Handys und deren Zubehör verwende.
Sicher, augenblicklich gibt es in der Bundesrepublik mehr Handys als Einwohner, was zu dem Schluss führt, dass manche Menschen mehr als ein Handy haben. Und das ist mir völlig unverständlich.
Der Partner in der Agentur versuchte mich immer dazu zu überreden, meistens mit den Argeumenten:
"Du musst für unsere Techniker erreichbar sein!! Und das kostet Dich nichts, denn das wird über die Firma abgerechnet!"
Meine Gegenrede war immer:
"Ich bin von morgens um acht Uhr bis abends um acht Uhr im Büro. WEenn ein Techniker mich bis abends um Acht Uhr nicht erreicht hat, macht der am nächsten Morgen um acht Uhr ein rennen mit! Und außerdem gibt es durchaus sich häufig wiederholende Situationen, in denen ich nicht gestört sein möchte."
Ich bin also ein Handy-Verweigerer, außer dass mir immer blöde Sprüche dazu einfallen.
Vielleicht erinnert Ihr Euch noch an Edward Lewis??
Ein sehr reicher und sehr bedeutsamer Mensch, der aussieht wie Richard Gere und der eine bezaubernde und schöne Nutte, die aussieht wie Julia Roberts, in seine Ehefrau verwandelt??
Und das innerhalb von zwei Filmstunden??
Mr. Lewis war einer der ersten Menschen, die immer und überall erreichbar waren, denn er schleppte ein Mobiltelefon mit sich herum und konnte so von jedem Picknick aus in das Welt- und Wirtschaftsgetriebe eingreifen, bzw. eingegriffen werden.
Von den Ausmaßen her erinnerte das Handy eher an einen Brikett oder an einen Backstein, umgeben mit der Aura oder besser dem Fluch des Heiligen Grals. Pretty Woman war reizvoller als dieses Gerät und befreite Edward Lewis wenigstens zeitweise vom Fluch der permanenten Erreichbarkeit.
Gehörte er doch in jenen Zeiten, also 1990, zum exklusiven Club der Superreichen.
Und ob 'reich' in Superreichen etymologisch mit Erreichbarkeit verwandt ist oder es sich doch eher um eine Etymogelei handelt, das lasse ich mal so stehen.
Seither ist Deutschland durch das Mobiltelefon, das hier den Namen 'Handy' angenommen hat, verändert worden.
Und niemand weiß, ob der Namen sich nicht doch aus dem Schwäbischen ableitet: 'Hänn di koi Schnur?' oder nicht doch aus dem Englischen, aber dann würde ja die Mehrzahl 'Handies' geschrieben, also das 'y' richtigerweise in 'ie' umgewandelt.
Auch hier möchte ich kein abschließendes Urteil abgeben.
Zwar hat das Handy ein steile Karriere gemacht, aber dadurch seine Exklusivität eingebüßt. Es ist zu einem Massenmedium aufgestiegen. Im dritten Quartal des letzten Jahres sind rund 51 Millionen Exemplare allein in Westeuropa verkauft worden.
So jedenfalls IPC, ein US-amerikanisches Institut für Marktforschung.
Das ist eine Geldmaschine geworden, die läuft und läuft und läuft, geschmiert durch Flatrates, die im Deutschen den Ausdruck 'sparen' pervertiert haben. Denn noch mehr spare ich, wenn ich überhaupt kein Handy habe und auch keine Flatrate in Anspruch nehme.
Aber das Handy hat die Welt verändert - und damit seine Bewohner.
Die gelben Telefonzellen und auch ihre magentafarbenen Nachfolger sind aus dem öffentlichen Straßenbild verschwunden.
Die Telekom behauptet: "Zu teuer", die Kisten werden in den Ruhestand versetzt.
Einige wenige fristen noch ein sinnvolles, ein halbwegs sinnvolles, Dasein - für einen Konstanzer Studenten zum Beispiel als Kunstobjekt oder für Taucher (hallo Schumitoni) als Punkt für die Orientierung in der Nagoldtalsperre im Schwarzwald.
Die Zukunft und auch die zukünftige Kommunikation passt in die Hosentasche. Die permanente Verfügbarkeit ist garantiert.
Aber genau diesem Trend will ich mich nicht beugen, denn wie schon an anderen Stellen des Öfteren behauptet:
Wer jedem Trend hinterher läuft, gerade der verliert seine Individualität und läßt sich durch die Meinung anderer kujonieren.
Denn es gehört zu den Kollateralschäden des mobilen Terrors, dass gerade der Nahbereich eines persönlichen Umfelds aus dem Blick gerät.
Die SMS-Frequenz eines fernen Dritten gibt in einem Plausch im Cafe den Takt vor und nahezu jeder ist schon in einem Großraumbüro durch schmetternde Fanfaren, bronzen tönende Kirchenglocken oder kläffende Köter aus dem sinnierenden Schlummer gerissen worden.
Auf der anderen Seite ist ein Hoch auf die Ingenieure anzustimmen, wenn man bedenkt, was die kleinen Dinger heutzutage alles können.
Doch nicht nur die Kultur des Gespräches wird zerhäckselt und hält die Konzentration klein.
Was ist mit all jenen Tänzern, Musikern und Schauspielern, die ein klagelied davon singen können, wenn Nokia eine Einleitung im Pianissimo zerdudelt oder eine effektvolle Kunstpause zur Lachnummer wird?
Auch die stillen Orte, an denen um Erkenntnis gerungen wird, werden zu Kommunikationsinseln umfunktioniert. Nicht einmal in Bibliotheken oder Kirchen werden diese Monster ausgeschaltet.
In die Luft gehen, scheint das einzige Rezept zu sein, um diesem Terror zu entkommen.
Denn an keinem anderen Ort der Welt scheint das Handyverbot konsequenter umgesetzt zu werden als im Flugzeug.
Noch.
Im Musentempel wird man höflichst darum gebeten, das "Mobiltelefon oder Uhren mit lauter Alarmfunktion zu überprüfen und, falls noch nicht geschehen, auszuschalten."
Und ein Wunder geschieht:
Ist jemand abgenabelt vom Getriebe der Hektik des Mobilfunks, so tut sich ihm, und auch ihr - das aber nur, um in etwa dem geschlechtlichen Gleichgewicht zu genügen - ein Zauberreich auf, in dem für ein paar wunderbare Momente die Welt, vor allem die Außenwelt, innehält.
Und ich wiederhole meine Eingangsfrage:
Wer erklärt mir, warum der Mensch mit einem Mobiltelefon herumlaufen soll oder gar muss?
Ich bedanke mich ganz herzlich bei Rolf Döring, der mich aufmerksam machte und mir bei manchen Formulierungen hilfreich in die Seite trat.
Und auch diesmal weise ich darauf hin, dass dieser Artikel auch auf anderen Plattformen, auch unter dem Namen des mir ehelich anvertrauten Weibs – cunda - erscheinen wird. Ebenfalls – auszugsweise und umformuliert - in etlichen Tageszeitungen,.
Anderslautende Meinungen werden – wie üblich – respektiert, jedoch weitgehend ignoriert.
topfmops bedankt sich fürs Lesen und Bewerten, freut sich auf viele, lesenswerte Kommentare und hofft, Euch eine kleine Anregung gegeben zu haben. weiterlesen schließen
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