Commodore Amiga 4000 Testbericht

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Erfahrungsbericht von Terminator-II

Kann ein Computer Persönlichkeit haben? Oh ja!

5
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Pro:

seinerzeit revolutionäres Computersystem

Kontra:

durch Misswirtschaft von Commodore ruiniert

Empfehlung:

Ja

Tja, jemand der jüngeren Generation, der eigentlich nichts anderes als "PC" und "Windows" kennt, wird bei o.g. Frage sagen, "Ich ticke wohl nicht recht" oder so - doch andere, die in dieser einmaligen, phantastischen Zeit aufwuchsen, in der die Homecomputer dominierten und ein PC nicht viel mehr als eine überteuerte Schreibmaschine war, kommen bei dieser Frage vielleicht eher ins grübeln! Vor allem, wenn es sich bei einen solchen Homecomputer um einen Amiga handelt! Vorab, es geht in diesem Bericht zwar um den Amiga 4000, aber ich hole sehr weit aus, um auch mal den jüngeren PC-Freaks, die den Amiga nicht oder nur vom hörensagen ("...ja, das war so ein Spielecomputer in den 80er Jahren oder die Geschichte des Commodore Amiga nahezubringen.


■ ES WAR EINMAL...

Am Ende der achtziger Jahre kannten mehr Leute die Firma Commodore als den Bundeskanzler. Der Commodore Amiga, inoffizieller Nachfolger des legendären Commodore C64, feierte riesige Erfolge. Auf der Amiga-Messe "Amiga ´91" tummeln sich über 70.000 Besucher. Der Amiga war zu dieser Zeit auf der Spitze seines Erfolges. Die Idee und Technologie des Amiga war seinerzeit der "Konkurrenz" um Jahre voraus und einfach nur atemberaubend. Ein PC zu dieser Zeit kannte meist nur zwei Farben (grün/bernstein und schwarz), "Grafik" und "Sound" war ihm meist ein Fremdwort und das ganze war noch dazu schier unbezahlbar.

Sah es am Anfang noch anders aus, ist es aber eine Tatsache, daß auch der Amiga von Anfang an ein großes Problem hatte: Commodore. Diese Firma hatte letztendlich gleich an mehreren Fronten versagt und sich somit sein eigenes Grab geschaufelt. Viele gaben und geben dem Amiga selbst die Schuld, daß Commodore in Konkurs ging, doch das ist schlichtweg falsch. Der Hauptgrund für dieses Versagen war das Missmanagement von Commodore. Anstatt konsequent an der Weiterentwicklung der erfolgreichen frühen Amiga-Modelle 500 und 2000 zu arbeiten, ruhte sich Commodore am Erfolgs-Höhepunkt dieser Modelle auf seinen Lorbeeren aus.

Heute erinnert sich kaum noch jemand daran, daß der Amiga bei Filmen oder Serien wie Max Headroom, Babylon 5, Robocop, Seaquest DSV oder Miami Vice für die Trickszenen eingesetzt wurde... oder für die Steuerung der Anzeige in vielen Sportstadien und in unzähligen Fernsehstudios für die Wetterkarte oder Nachrichteneinblendungen. Der Amiga war flexibel, leistungsfähig, zuverlässig und preiswert. Multimedia, echtes Multi-Tasking, 4-Kanal Stereo-Sound, Resouren-sparendes, ein von Anfang an stabiles Betriebssystem mit grafischer Benutzeroberfläche - was konnte einen damals eigentlich dazu bewegen, einen PC auch nur anzusehen? Doch Commodore trug werbe- und marketing-technisch nicht allzuviel dazu bei, die imensen Fähigkeiten dieses Computers zu präsentieren oder ins rechte Licht zu rücken. Der Amiga verkaufte sich ja durch "Mund-zu-Mund"-Propaganda scheinbar eh´ von selber.


■ ÜBERHEBLICHKEIT MACHT BLIND

Durch die großen Erfolge des Amiga war Commodore sehr selbstsicher geworden. Der PC, anfangs dem Amiga um Jahre hinterher, blieb aber in seiner Entwicklung (im Gegensatz zum Amiga) nicht stehen, im Gegenteil: fallende Hardware-Preise und der steigende Erfolg von "Windows" ließen den PC zunehmend den Homecomputer-Markt erobern. Commodore glaubte, man müsse den Wettstreit mit Firmen wie IBM oder Compaq aufnehmen. Die Gewinne, die das Amiga-Geschäft brachte, steckte Commodore ins PC-Business und verlor hierbei viel. Letztendlichh mußte Commodore die Niederlage im PC-Sektor anerkennen: In Europa hatte man bisher noch Modelle wie den Commodore PC-10 und PC-20 verkauft, mit mittelmäßigen Erfolg. Der Versuch, diese Modelle in den IBM-dominierten US-Markt zu drücken, war ein Desaster. Gleichzeitig sparte man an der Weiterentwicklung und am Marketing des Amiga, verpaßte eine Gelegenheit nach der anderen, den Amiga ins Bewußtsein der Öffentlichkeit zu bringen.

Langsam begriff man bei Commodore, daß man sich übernommen hatte. Hektisch folgten nun einige "neue" Modelle, allerdings ohne Sinn und Verstand - beispielsweise die verschiedenen Abarten des Amiga 2500, die nichts anderes waren als ein Amiga 2000 im Bundle mit verschiedenen Erweiterungskarten. In Amerika verkaufte sich der A2500 schlecht, in Europa gar nicht. Das Weihnachtsspecial 1989 - ein Amiga 500 inklusive Videorecorder - wurde ohne Verbindungskabel zum Recorder ausgeliefert... Commodore begann mit dieser undurchdachten Modellpolitik nun auch im Amiga-Sektor Verluste einzufahren.

Commodore weigerte sich dabei stets und weiterhin, die Amiga-Hardware für Dritthersteller freizugeben - wie es IBM mit dem PC so erfolgreich getan hatte. Interessenten gab es durchaus: Sun Microsystems wollte z.B. den Amiga 3000UX als preiswerte Alternative zu den eigenen Sparc-Stations, doch Commodore winkte ab. MicroMomentum und Gigatron hatten Pläne für Amiga-Laptops, doch Commodore war nicht interessiert.


■ DER ANFANG VOM ENDE

1990 kam dann endlich ein wirklich neues Modell auf den Markt, der Amiga 3000. Während Betriebssystem und CPU des Amiga intern schon immer in 32 Bit-Technolgie ausgelegt war, zog jetzt die übrige Hardware nach. Der Zorro-III-Bus (ungefähr wie PCI) war gegenüber seinem Vorgänger Zorro-II (ähnlich wie ISA) um ein vielfaches schneller, dabei asynchron und voll DMA-tauglich. Als Festplattenschnittstelle war serienmäßig ein SCSI-Adapter eingebaut, statt des langsam in die Jahre kommende Amiga OS 1.3 kam das komplett überarbeitete und modernisierte Amiga OS 2.0 zum Zuge. Der Chipsatz wurde erweitert, aus "OCS" (Original Chipset) wurde "ECS" (Enhanced Chipset), der zwar etwas moderner und schneller, aber z.T. nicht kompatibel zu seinem Vorgänger.

Sechs Wochen später erschien das Commodore Dynamic Total Vision (CDTV), quasi die erste Set-Top-Box - ein Amiga mit CD-Laufwerk, auf dem spezielle Video-CDs, aber auch Spiele und Büroanwendungen laufen konnten. Der Amiga steckte im Gehäuse eines schwarzen CD-Players und war optisch ein Leckerbissen. Die Software "AmigaVision" war ein Meilenstein, realisierte das, was Apple unter dem Schlagwort "Multimedia" propagierte, aber nicht liefern konnte: Sound von CD, Video von Laserdisk, Computergrafik, Live-Video, Interaktion... Wieder war Amiga als erstes mit einer neuen Technik auf den Markt gekommen. Eine astreine Multimedia-Maschine, doch wußten viele Käufer damit nichts anzufangen. Das im CDTV immer noch das inzwischen veraltete OS 1.3 arbeitete, machte das System auch unter Amiga-Kennern nicht gerade zum Verkaufsschlager.

Weitere "Meilensteine", die vom Kunden nicht aktzeptiert wurden, waren z.B. der Amiga 500 Plus. Auf dem Höhepunkt seines Erfolges wurde der Amiga 500 aprupt durch den Amiga 500 Plus ersetzt. Plötzlich funktionierten wegen des ECS-Chipsatzes etliche A500-Spiele auf den A500+ nicht mehr, da diese auf den ersten OCS-Chipsatz ausgelegt waren - sogar Spieleentwickler waren überrascht. Um Platz für den A500+ zu machen, verkaufte Commodore die alten Bestände des A500 zum Schleuderpreis und natürlich ebenfalls mit imensen Verlusten. Oder der Amiga 600, ebenfalls mit dem ECS-Chipsatz, viel zu kleinem Gehäuse und damit schlechter erweiterbar als ein A500 - alles in allem ein Gerät das weniger bot und mehr kostete. Es gab noch etliche weitere Fehlschritte dieser Art von Commodore, doch das würde hier den Rahmen sprengen. Wer wissen will, wie es hinter den Kulissen von C= wirklich abging, findet dazu unten einen Hammer-Bericht eines Ex-Commodore-Mitarbeiters.


■ COMMODORE HAT SICH SELBST ERLEDIGT

Prototypen der dritten Chipsatz-Generation (OCS > ECS > jetzt AGA) waren bereits seit einiger Zeit einsatzbereit - doch erst 1992 kam "endlich" (und meiner Ansicht nach doch zu spät) grünes Licht für die Produktion - aus AGA-Chipsatz, Zorro-III und dem neuen Amiga OS 3.0 entstand der Amiga 4000. Die neuen Grafikchips boten eine bis dato unbekannte Farbenvielfalt. Das neue Betriebssystem ist nochmals schneller, flüssiger, leistungsfähiger und stabiler geworden. Für das untere Marktsegment wird der A1200 entwickelt, und mit diesem Modell konnte sich das Ergebnis wirklich sehen lassen. Doch die Nachfrage im Weihnachtsgeschäft übersteigt das Angebot bei weitem, die alten Modelle will dagegen schlagartig niemand mehr haben. Das Fiasko rückt näher, die endlosen Verzögerungen und Fehlentscheidungen haben die Konkurenz aufholen lassen...

Das CD³² ist die erste echte 32 Bit-Spielkonsole, basierend auf dem (und vollständig erweiterbar zu einem) Amiga 1200 mit einem Double-Speed CD-ROM-Laufwerk. Die Nachfrage war sehr groß, doch schon reicht das Geld nicht mehr für eine Großserie, und von den produzierten 100.000 Stück werden die Hälfte allein in Großbritannien verkauft. Man munkelt, nur einige 100.000 verkaufte CD³² Geräte mehr (die Nachfrage war eindeutig da) und Commodore wäre gerettet gewesen...

1994 - es ist endgültig alles zu spät: Die vierte Chipsatz-Generation, die AAA-Chips mit 24 Bit Grafik und 16 Bit Sound, sind bis auf Kleinigkeiten schon serienreif, doch Commodore kann die Lieferanten nicht mehr bezahlen. In geringer Stückzahl wird noch der Amiga 4000T ausgeliefert, der erste Amiga im Tower. Ein MPEG-Modul zum CD32 und das OS 3.1 erscheinen, doch gleichzeitig werden bereits massiv Mitarbeiter entlassen. Im April 1994 muß eine Niederlassung nach der anderen den Bankrott erklären - Immer noch gut ein Jahr vor Windows 95. Es ist nicht zu fassen, Commodore hatte sich ohne zu dieser Zeit nennenswerte Konkurrenz selbst erledigt.

Danach begann noch das jahrelange Trauerspiel, in dem verschiedene Firmen wie Escom oder Gateway2000 die Amiga-Technologie aufkauften (oder sollte ich "ausschlachteten" schreiben?) und wieder abstießen. Echte Neuentwicklungen gab es nicht oder nur auf dem Papier. Ständig hieß es "...mit dem Amiga geht es weiter!", "...nein, doch nicht.", "Amiga - back for the Future!" usw. usw. - es war als Fan dieses Computers eine frustrierende und fast unerträgliche Zeit.


■ MEINE AMIGA-STORY

Ich war schon seit den ersten Tagen Amiga-Fan, meinen ersten Amiga, einen A2000, kaufte ich (noch als Lehrling) nagelneu für schlappe DM 1890.- + DM 640.- für den Monitor (per 24 Monate Ratenkauf!) - Ich hatte bis dahin wie viele andere nur einen C=64 und wollte -unbedingt- einen Amiga. Ich werde nie den Moment vergessen, als die Workbench (Betriebssystem) das erste mal von Diskette bootete und der freie Speicher zu bewundern war - "9xx.xxx Bytes free." Von 64 kb auf 1 gigantisches Megabyte...! Andächtig starrte ich diese Zahl an und dachte, "was zum Geier macht man mit so viel Speicherplatz ;)

Mit dem A2000 habe ich ca. 6 Jahre hochzufrieden gearbeitet. Damals ging das problemlos, heute ist das fast unmöglich, wieviele sitzen jetzt noch vor einem 6 Jahre alten PC? Sicher ein paar, aber der Großteil upgradet seinen PC doch mittlerweile einmal alle 1 - 3 Jahre oder?). Bis ich auch "Wind" von einem Amiga 4000 bekam - wieder wollte ich das "Flagschiff" haben, ein A1200 war mir als Nachfolger doch etwas zu klein. Doch ein A4000 war erstmal ein Wunschtraum. Schon zu Lebzeiten von Commodore war er sehr teuer, das ganze verschärfte sich dann ins fast schon utopische, als Commodore Pleite war. Die verhältnismäßig wenigen A4000, die auf dem Markt waren, wurden zu fast jedem Preis gekauft. Es war wirklich verrückt, jedesmal wartete ich sehnsüchtig auf das neue Amiga-Magazin mit dem Kleinanzeigenteil, doch wo (und um welche Urzeit!) man auch anrief: "...der ist schon verkauft." Selbst die wirklich übertrieben teueren Geräte gingen weg wie die warmen Semmeln. Der Amiga 4000 war damals fast schon eine Wertanlage!

Irgendwie habe ich es dann doch geschafft, nach langer Suche und weiter Fahrt habe ich dann auch einen Amiga 4000 ergattert - und das zum für damalige Verhältnisse fast schon Spottpreis! Dem Amiga 4000 war ich dann bis Mitte 1998 treu, als mich eine finanzielle Krise zwang, ihn komplett zu verkaufen - und selbst zu diesem späten Zeitpunkt ist mir das schwer gefallen. Es kam mir in gewisser Weise vor als hätte ich auch ein Stück von mir verkauft...


■ DER AMIGA 4000


▪ GEHÄUSE UND GRUNDDATEN

Der Amiga 4000 wurde im Gegensatz zu seinem kleinem Brudermodell Amiga 1200 (einer der, wenn nicht sogar der letzte Tastaturcomputer) in einem schlanken Desktop-Gehäuse eingebaut. Das Gehäuse bot Platz für ein 5.25" und zwei 3.5" Geräte. Es waren die Modelle Amiga 4000/030 und Amiga 4000/040 erhältlich, wobei der einzige Unterschied zwischen den Modellen die CPU und der Hauptspeicher waren. Im 030er kam ein Motorola 68EC030-Prozessor mit 25 MHz und 4 MB Arbeitsspeicher (2 MB Chip-RAM, das vorrangig nur für Grafik und Sound zur Verfügung stand und 2 MB Fast-RAM, universeller Arbeitsspeicher) zum Einsatz. Dem 040er spendierte man eine 68040-CPU, die ebenfalls mit 25 MHz betrieben wurde, die aber aufgrund Ihrer Architektur trotz gleichem Takt um einiges schneller war (ähnlich Pentium und Pentium-II), und 6 MB (2 MB Chip-RAM + 4 MB Fast-RAM) Hauptspeicher.


▪ CPU UND SPEICHER

Die CPUs waren dabei jeweils auf einer separaten Prozessorkarte installiert, deshalb konnten beide Modelle durch einfachen Austausch dieser Karte CPU-mäßig "modernisiert" werden. Der Speicher konnte durch handelsübliche 72-polige 4 MB-Module durch die insgesamt vier freien RAM-Sockel auf 16 MB Fast-RAM erweitert werden. Das Chip-RAM war immer kostbares Gut, denn der Grafikprozessor des Amiga konnte beim A4000 nur 2 MB verwalten, so daß dieses RAM nicht erweiterbar war. Später erschienen CPU-Karten von Drittherstellern, bei denen das Fast-RAM direkt mit auf der CPU-Karte installiert werden konnte, um so den langsameren Speicherbus zu umgehen.


▪ IDE UND SCSI

Der anfänglich für alle Amiga 4000 zugedachte SCSI-Controller fand letzendlich aus Kostengründen nur beim Amiga 4000 Tower Verwendung, die Desktops wurden mit einer relativ langsamen und etwas sensiblen IDE-Schnittstelle aus frühen IDE-Tagen ausgestattet. Ebenso wurden die Amiga HD-Diskettenlaufwerke mit 1.76 MB Kapazität, die anfänglich und erstmalig Im A4000 Verwendung fanden, kurz darauf wieder durch die günstigeren DD-Laufwerke mit 880 kb Speicherplatz ersetzt.


▪ STECKPLÄTZE

Der Amiga 4000 bietet vier sog. "Zorro-III"-Erweiterungsschächte (ähnlich wie PCI), drei echte PC-ISA- und einen Video-Steckplatz. Für diese Schächte gab es sehr viele Erweiterungskarten jeder Art, wie z.B. Grafikkarten, Schnittstellenkarten, SCSI- und bessere IDE-Controller, RAM-Erweiterungen, sogar PC-Brückenkarten, PC und Amiga vereint in einem Gehäuse! Es gab eigentlich nichts, was es nicht gab! Ein kleines Manko war, da die ISA- und der Video-Slot auf gleicher Ebene wie die Zorro-Slots lagen. Bei der Belegung eines Zorro-Slots wurde automatisch ein anderer Slot mitbelegt, so daß man den Amiga 4000 um maximal 4 Steckkarten erweitern konnte.


▪ CHIPSATZ

In Sachen Grafik und Sound kam Commodores AGA-Chipsatz zum Einsatz. Dies war die letzte zur Serienreife gelangte Version des Amiga Chipsatzes. In der Tradition des Amiga war es üblich, den jeweiligen "Hauptchips" Namen zu geben! Die beiden wichtigsten Chips hatten diesmal die Namen Lisa (Grafik) und Alice (Speicherverwaltung). Sie waren speziell auf 32-Bit Busbreite und die neueren 32 Bit-CPUs ab Motorola 68020 optimiert worden. Wie bei allen anderen wurde auch dieser Chipsatz durch Paula (Sound) komplettiert.


▪ GRAFIK

"Lisa" erlaubt es, in allen Auflösungen 256 Farben aus 16,7 Millionen zu verwenden. Dazu kommen zahlreiche neue Auflösungen und Bildwiederholfrequenzen. Mit entsprechenden Monitoren ist es durchaus möglich, eine 256 Farben-Workbench in 700x500 Pixeln darzustellen. Dadurch, dass beim Amiga die Farben in Bitplanes verwaltet werden, kommt es bei solch hohen Einstellungen leider zu spürbaren Geschwindigkeitseinbußen. Als Alternative gibt es spezielle Grafikkarten, deren Grafikfähigkeiten weit über die Möglichkeiten des AGA-Chipsatzes hinaus reichen und eine Arbeitsoberfläche in 1600x1200 und 16.7 Mio Farben problemlos möglich machen.


▪ SOUND

"Paula" sorgt neben anderen kleineren Aufgaben für den Sound im Amiga. Er ist der einzige Chip, der seit dem Ur-Amiga keinen Veränderungen unterlag. Das ist u.a. auch die Ursache, warum der Amiga Musik "nur" in 8-Bit abspielen kann und die serielle Datenübertragung nicht auf den maximalen Wert von 115.000 bps einstellbar ist. Doch damals war der Amiga dennoch ein echtes 4-Kanal-Stereo-Klangwunder!


▪ KICKSTART

Das "Kickstart", wie es von Commodore benannt wurde, war das "BIOS" des Amiga. Allerdings kann (und muß) man hier keine z.T. stundenlangen Einstellungen vornehmen. Einschalten, zwei Sekunden warten und los geht´s! Die ersten öffentlichen Kickstart-Versionen 1.1 (ca. ab 1985), 1.2 und 1.3 (ca.1987/88) kamen beim "Ur"-Amiga 1000 sowie den frühen Amiga 500 und 2000 zum Einsatz. Version 2.04 (ca.1990) war neueren Amiga 500+, 600, 2000 und 3000 vorbehalten. Die letzten Versionen 3.0 und 3.1 kamen dagegen nur beim Amiga 1200, 4000 und dem CD32 zum Einsatz. Bereits ab Kickstart Version 1.3 gab es eine integrierte Festplattenunterstützung. V2.04 bot u.a. moderneren Look oder auch Lokalisierung seiner Workbench, also länderspezifische Einstellungen. Man konnte und kann stets ein komplettes, aktuelleres Amiga-OS, bestehend aus Kickstart, Workbench und Handbüchern für seinen Amiga nachrüsten. So gibt es sicher noch heute einige Amiga 500 aus den ersten Tagen, die mit Amiga OS 3.1 ausgerüstet wurden.


▪ AMIGA OS UND BETRIEBSSYSTEM

Das Amiga OS war lange vor Windows eines der ersten Betriebssysteme, das über eine grafische Benutzeroberfläche verfügte. Dazu war dieses OS von Anfang an, später sowieso, im höchsten Maße resourensparend und stabil. Wenn es sein muß, kann man das Betriebssystem auch bei einem A4000 ohne Festplatte, nur von einer einzigen 3.5" Diskette mit 880kb Kapazität hochfahren. Und dies ist dann kein "abgesicherter Modus" oder so etwas, man kann dann -vollständig- mit dem Gerät arbeiten. Das soll mal einer mit seinem Windows versuchen!

Der Clou von Amiga OS war und ist seine Stabilität und einfache Verständlichkeit. Hier gibt es keine "schweren Ausnahmefehler", Bluescreens, eine absolut undurchschaubare "Registry" oder fragwürdige Meldungen wie "Windows-Schutzfehler - System angehalten". Klar, auch ein Amiga stürzte ab und zu bei zwielichtiger Software einmal ab (für Insider: dann gab es den "Amiga-Bluescreen", die "Guru Meditation aber das war nur sehr selten der Fall. Man konnte das Betriebssystem mit der Zeit sehr gut durchschauen bzw. verstehen lernen und die wenigen Pannen wirklich leicht selber beheben, wenn man sich mit diesem Betriebssystem ein wenig befasste. Eine komplette Neuinstallation des Betriebssystems, wie es bei Win 3.11, 95 und auch heute noch öfter als gewünscht vorkommen kann, war eigentlich niemals nötig.

Weiterhin konnte man das OS und seine Workbench (das ist quasi der Amiga-Desktop) wirklich bis ins Detail nach seinem eigenen Geschmack verändern, Icons, Title-Bar, Zeichensätze, Hintergründe, Menüs, Meldungen, einfach alles - es gibt unzählige Programme, um das Amiga OS seinem Geschmack anzupassen und so entstand mit der Zeit wirklich eine "persönliche", vertraute Hard-/Softwarekombination, die einem in gewisser Weise echt ans Herz wachsen konnte. "Amiga", auf deutsch, "Freundin" - ein bisschen was war schon dran an dem Namen!


■ FAZIT (Update 10/2004)

Der Amiga inspirierte zum "selbermachen" in jeder Weise - hatte ich auf dem C64 nur gezockt, fing ich mit dem Amiga an zu composen, editieren, malen, programmieren - wurde ich etwa kreativ? Das Web entdeckte ich mit dem Amiga, ebenso brannte ich meine erste CD damit. Das kann man heute auch alles mit einem PC, aber es ist einfach nicht dasselbe - alles wird einem "vorgekaut" in den Rachen gesteckt, Erfahrungen wie "Abenteuer" (naja etwas übertrieben), "Erfolgserlebnis" und einfach der "Wow"-Effekt bleiben heute meist auf der Strecke. Der Amiga gab einem das Gefühl, "man selbst" macht es, heute ist es mehr "es (die Software) erledigt das schon, denk´ nicht drüber nach". Kein Werbeslogan konnte besser ausdrücken, was ich hier vermitteln will: "Amiga - gives you a creative edge"! Stimmt!

Bootete ich früher den Amiga hoch, freute ich mich mit dem Gerät zu arbeiten, denn er arbeitete ehrlich und gut, auf "seiner" Workbench war man zuhause. Fahre ich heute meinen PC hoch, ist immer ein wenig Gleichgültigkeit dabei, manchmal auch Mißtrauen, wenn die Kiste oder das Betriebssystem Tags zuvor mal wieder aus der Reihe tanzte. Die Windows-Oberfläche mit ihrem Touch von Sterilität, Undurchschaubarkeit und "mach keine Experimente damit, sonst Format C:" tut ihr übriges. System-Backup und zweite Backup-Platte? Früher völlig unnötig, heute kein "Muß", aber etwas wohler fühlt man sich damit schon. Dabei bin ich mittlerweile kein Anfänger in Sachen Windows mehr, im Gegenteil. Ich habe mich mit großer Neugier (aber nicht mit Begeisterung wie beim Amiga) in die "Wintel"-Welt gestürzt und befasse mich mittlerweile gut fünf Jahre ausührlich damit. DOS, Windows, Hardware, Netzwerke, Web, ich habe wirklich alles durch.

Und in dieser Zeit habe ich in Sachen "Windows" Dinge erlebt, die einem immer wieder aufs neue die Kinnlade runterfallen oder den Kopf schütteln lassen. Klar ist ein PC heute -technisch- dem Amiga überlegen - aber die Idee, den Geist, die Innovation, die Klasse und vor allem die Wärme, die hinter dem Begriff "Amiga" stehen, hat ein Windows-PC nie gesehen und er wird diese Dinge auch nie sehen. Der Amiga besaß tatsächlich so eine Art "Persönlichkeit", der PC hier besitzt einfach nichts davon. Es ist nur ein Gerät. Kann sein, daß sich nun einige an den Kopf fassen, aber vielleicht verstehen es dafür auch einige andere, denen es ähnlich erging. Ich stehe auf jeden Fall zu dieser Aussage. Rein von der Zeit her gesehen, in der ich mich mit Computern befasse, war die Amiga-Zeit die beste meines Lebens! ;o)

Last but not least: Vor einiger Zeit fand ich "WinUAE", einen Amiga-Emulator im Web. Und dieser funktioniert -erstaunlich- gut! Ich hatte seinerzeit vor dem Verkauf meines Amiga die komplette Festplatte auf CDs gebrannt. Mithilfe dieser CDs und des Emulator habe ich nun "meinen" Amiga zurückinstalliert, genauso, wie er damals war *froi*! Das ganze in unser Netzwerkzimmer gebracht und dort installiert. Ergebnis: Von vier PCs sind drei seit einigen Tagen nicht mehr eingeschalten worden, alle tummeln sich eng zusammengedrückt an meinem Netzwerk-PC und Monitor vor dem emulierten Amiga, ganz wie in den alten Zeiten! Einfach nur schön! Falls der eine oder andere nun eventuell neugierig auf das Thema Amiga geworden ist, unten habe ich einige interessante Links zusammengefaßt! Ich wünsch´ euch viel Spaß damit!

CU,
Termie
(erstveröffentlicht bei Ciao ©10.2004)


■ LINKS ZUM AMIGA

• Der momentane Eigner der Amiga-Technologie:
http://www.amiga.de

• Commodore-Ende aus Sicht eines Ex-Mitarbeiters, hochinteressant:
http://home.t-online.de/home/r.benda/story1.html

• Technische Informationen zu den Amiga-Modellen:
http://www.red11.de/amiga/modelle.htm

• ein aktives Forum aus den Hochtagen des Amiga:
http://www.amiga-club.de

• WinUAE, der Amiga-Emulator für Windows:
http://www.winuae.net

• Amiga Software und Hilfe jeder Art für den emulierten Amiga:
http://www.amiga-island.de

• das legendäre "Aminet", das weltgrößte Amiga Software-Archiv:
http://ftp.uni-paderborn.de/aminet

52 Bewertungen, 1 Kommentar

  • absinth_girl

    07.04.2006, 19:25 Uhr von absinth_girl
    Bewertung: sehr hilfreich

    sehr schöner bericht!