Drachenläufer (Taschenbuch) / Khaled Hosseini Testbericht

Vorwort:
Den 5 Sterne Beurteilungen kann ich mich zwar nicht anschließen aber Khaled Hosseinis Buch Drachenläufer ist definitiv lesenswert.
Das Land Afghanistan hat mich eigentlich immer schon interessiert, zuletzt auch aufgrund der Freundschaft zu einem Afghanen.

Lange Zeit wurde dieses Land der Terrorherrschaft der Taliban überlassen. Erst als diese (Taliban und Al-Quaida ist im Grunde dasselbe) die Terroranschläge des 11.9. verursachten kam Afghanistan wieder ins Blickfeld der Weltöffentlichkeit und vor allem der USA. Die Eroberung Afghanistans durch die Nordallianz folgte.

Zu spät aber immer noch besser als dieses Land dem Terrorregime der Taliban zu überlassen.

Wenn es übrigens interessiert: Der 11.9. war nur Teil einer schlussendlich missglückten Taktik.
Die Taliban/Al-Quaida wollten Afghanistan erobern, den 11.9. durchführen und dann die USA in ein zweites Vietnam führen. Dazu töteten die Taliban zuerst den Anführer der Nordallianz - Ahmed Shah Massoud und versuchten in einer Großoffensive die Reste der Nordallianz zu vernichten. Dies misslang und dadurch scheiterte schlussendlich die Taktik dieser Terroristen.
Der 11.9. war dann zwar ein furchtbares Ereignis aber mit Hilfe der Nordallianz hatte die USA dann keine Probleme die Taliban zu besiegen.

Dann jedoch schaffte es George Bush mit dem vollkommen falsch geführten, unrechtmässigen Irakkrieg den USA doch noch eine komplette Niederlage zuzuführen und auch in Afghanistan mit wenig Klugheit die Taliban wieder hochkommen zu lassen. Zudem vertraute er ohne Nachprüfung allen die erklärten sie seien gegen die Taliban und nun hat Afghanistan wahrlich keine Befriedung und Demokratisierung erlebt.

Afghanistan steht wenn Obama hier keine Wende erzielen kann vor Verhältnissen wie nach dem Abzug der Sowjets.


Buchbeschreibung, eigene Meinung:

Khaled Hosseinis Buch handelt in erster Linie von einer Freundschaft - zwischen einem Kind der paschtunischen Oberschicht und einem Hazara Jungen, einem Angehörigen der schiitischen Minderheit. Anhand dieser Freundschaft erzählt der Autor aber auch die Geschichte Afghanistans von der Zeit des relativen Friedens, über die Invasion der Sowjets bis zur schlimmsten Zeit - der Herrschaft durch die Taliban (die anfangs noch bejubelt wurden sich dann aber vor allem für die Minderheiten als Massenmörder und Bestien in Menschengestalt herausstellten).
Die Erzählung der Beziehung zwischen Amir und seinem Vater ist ebenfalls sehr gelungen. Alle Charaktere sind sehr gut beschrieben und passend. Lediglich der "Bösewicht" hätte etwas mehr Tiefgang verdient.

Die Sprache im Buch ist sehr schön, poetisch. Ein Lesevergnügen - dazu eine Leseprobe im Anschluß.

Der Autor beschönigt nichts sondern stellt Afghanistan dar wie es war - ein Alptraum. Zuvor erzählt er aber auch von dem durch den Einmarsch der Sowjets, den Bürgerkrieg und die Taliban untergegangenen schönen Afghanistan. Er thematisiert das Thema Minderheitenverfolgung in Afghanistan, in diesem Vielvölkerstaat vor allem unter den Taliban ein sehr grausames Kapitel. Wenn dem Autor vorgeworfen wird dies sei zu grausam muss ich einwenden dass er die schlimmsten Exzesse nicht anführt (die Taliban töteten Frauen im Fußballstadium von Kabul, häuteten ihre Gegner lebendig, vergewaltigten sogar kleine Mädchen). Kein Einwand von meiner Seite. Allerdings hätte ich mir einen anderen Schluß gewünscht. Der Schluß gefiel mir einfach nicht da er für mich sehr unlogisch ist und daher vergebe ich 4 Sterne.

Kurzbeschreibung
Im Jahr 1975 ist Amir zwölf Jahre alt. Um seinem Vater seine Stärke zu beweisen, will er unbedingt bei einem Wettbewerb im Drachensteigen gewinnen. Dazu braucht er Hassans Hilfe. Hassan ist sein bester Freund. Obwohl sein Vater der Diener von Amirs Vater ist, hat die innige Freundschaft der Jungen allen Herausforderungen standgehalten. Bis zum Ende dieses erfolgreichen Wettkampfes, als Amir sie auf schreckliche Weise verrät.
Die dramatische Geschichte einer Freundschaft, eine Geschichte von Liebe und Verrat, Trennung und Wiedergutmachung vor dem Hintergrund der jüngsten Vergangenheit Afghanistans.

Daten:
Verlag: (BVT BERLINER TASCHENBUCH VERLAG) 2006 11. Aufl. 2006. Ausstattung/Bilder: 385 S. Seitenzahl: 385 BVT Bd.149
Deutsch Abmessung: 19 cm Gewicht: 346g
ISBN-13: 9783833301490
ISBN-10: 383330149X
Preis: 10,50

Leseprobe:
Der frisch gefallene Schnee glitzerte auf den Straßen, und der Himmel war makellos blau. Der Schnee bedeckte jedes Dach und lastete auf den Zweigen der verkümmerten Maulbeerbäume, die unsere Straße säumten. Über Nacht war der Schnee in alle Ritzen und Spalten gedrungen. Ich schaute blinzelnd in das blendende Weiß, als Hassan und ich durch das schmiedeeiserne Tor traten. Ali schloss das Tor hinter uns. Ich hörte, wie er leise ein Gebet sprach - das tat er immer, wenn sein Sohn das Haus verließ.
Ich hatte noch nie so viele Menschen in unserer Straße gesehen. Kinder warfen Schneebälle, zankten sich, jagten hintereinander her, kicherten. Drachenkämpfer und ihre Helfer steckten die Köpfe zusammen, trafen letzte Vorbereitungen. Aus angrenzenden Straßen vernahm ich Lachen und Geplapper. Die Dächer waren schon voller Zuschauer, die es sich auf Gartenstühlen bequem gemacht hatten. Heißer Tee dampfte aus Thermoskannen, und die Musik von Ahmad Zahir plärrte aus den Kassettenrecordern. Der unglaublich populäre Ahmad Zahir hatte die afghanische Musik revolutioniert und die Puristen empört, weil er den traditionellen Musikinstrumenten tabla und Harmonium elektrische Gitarren, Schlagzeug und Bläser hinzugefügt hatte; auf der Bühne oder auf Partys setzte er sich über die vorgeschriebene strenge, ja abweisende Haltung der älteren Sänger hinweg und lächelte doch tatsächlich beim Singen - lächelte manchmal sogar Frauen zu. Ich wandte meinen Blick zu unserem Dach und entdeckte dort oben Baba und Rahim Khan, die in dicke Wollpullover gekleidet auf einer Bank saßen und Tee tranken. Baba winkte. Ich konnte nicht erkennen, ob es mir oder Hassan galt."Wir sollten uns bereitmachen", sagte Hassan. Er trug schwarze Schneestiefel aus Gummi, einen leuchtend grünen chapan-Umhang über einem dicken Pullover und abgewetzte Cordhosen. Sonnenlicht ergoss sich über sein Gesicht, und ich sah, wie gut die rosafarbene Narbe über seiner Lippe verheilt war.
Plötzlich wäre ich am liebsten gar nicht erst angetreten. Hätte am liebsten alles wieder eingepackt, um nach Hause zurückzukehren. Was hatte ich mir bloß dabei gedacht? Warum tat ich mir das an, wo ich doch bereits wusste, wie es ausgehen würde? Baba saß auf dem Dach, beobachtete mich. Ich fühlte, wie mich sein sengend heißer Blick traf. Das hier würde selbst für meine Verhältnisse ein Versagen auf der ganzen Linie bedeuten."Ich bin mir nicht sicher, ob ich heute Drachen steigen lassen möchte", erklärte ich."

Fazit: empfehlenswert