Lepanto Solera Gran Reserva Testbericht

Werde ich in Gesellschaft brauner Schnäpse gesehen, dann handelt es sich bei den fraglichen Hochprozentern in aller Regel um Schotten. Mit Franzosen pflege ich seltener Umgang, mit Spaniern erst recht. Ich bitte, das nicht falsch zu verstehen: Ich habe grundsätzlich nichts gegen Cognac und Brandy; ich kenne sie nur nicht gut genug.


Dass ich mich in der Welt der Traubenbrände zu wenig auskenne, stelle ich immer wieder mal fest. Neulich erst habe ich z.B. einen Hennessy XO kosten dürfen und war davon sehr angetan. Am vergangenen Freitag dann habe ich einen Lepanto kredenzt bekommen und war davon mindestens genauso angetan. Schon die Nase war bemerkenswert: Eine so ausgeprägte Karamellnote wie im Duft dieses Brandys habe ich selten gerochen – zuletzt wohl beim äußerst geschickt vermarkteten bayerischen Single Malt Whisky Slyrs. Im Unterschied zu dem empfinde ich die weiche Karamellnote des Lepanto allerdings nicht als unangenehm.

Was die Nase verspricht, hält der Gaumen: Weich, warm, vollmundig, geschmacklich sehr intensiv – wenn vielleicht auch eine Spur weniger rosinig-weinig als andere Weinbrände, die ich kenne. Ich werde mir den Lepanto jedenfalls mal vormerken – und sei es nur als Geschenk-Idee für den Brandy-Fan in meinem Bekanntenkreis, der den Osborne Veterano noch immer für der Weisheit letzten Schluss hält.

Was ich drollig finde: Dem Vernehmen nach verkauft sich der Whisky Cardhu aus der schottischen Speyside-Region gerade in Spanien dermaßen gut, dass die ursprünglich für den gesamten europäischen Markt bestimmte Produktion inzwischen fast ausnahmslos von spanischen Einkäufern aufgekauft wird: Ich frage mich, ob die goße Beliebtheit, derer sich der Cardhu offensichtlich erfreut, wenigstens zum Teil der viereckigen Flasche geschuldet ist ... ? Ich sehe im Design der Flaschen von Cardhu und Lepanto durchaus Parallelen.


R e s ü m e e

Der Lepanto und ich haben auf Anhieb Freundschaft geschlossen. Die Nase des Lepanto bietet viel Karamell, am Gaumen ist der Brandy weich, vollmundig und ohne jede Spur von Sprittigkeit - die Investition in Höherpreisiges lohnt offensichtlich auch im Bereich spanischer Weinbrände.