Les Misèrables Testbericht

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Erfahrungsbericht von linnie

Miserables in Hannover?

Pro:

wunderschöne Musik, endlich ein zweites Mal gesehen

Kontra:

überforderte Sänger, schlechte Tontechnik, überteuerte Preise, Umbaulärm auf der Bühne während des Stückes

Empfehlung:

Nein

Seitdem ich vor einiger Zeit das Musical Les Miserables in Duisburg gesehen habe, ist es zu meinem Lieblingsmusical geworden, obwohl ich seitdem noch zahlreiche andere Musicals gesehen habe. Als ich gehört habe, dass dieses Musical in Hannover aufgeführt wird, musste ich unbedingt Karten kaufen, doch hat sich das gelohnt....?

** Wann und wo?
Les Miserables wurde aufgeführt am 27. Dezember um 20 Uhr im Theater am Aegi. Die Karten kosteten zwischen etwa 35 und 52 Euro, wobei Studenten keine Ermäßigung bekommen haben. Meine Karte der zweiten Preiskategorie hat 49,60 Euro gekostet. Die Sitzplätze in der sechzehnten Reihe waren gut, ich konnte alles sehen und hören und war demnach zumindest mit dem Sitzplatz sehr zufrieden.

** Das Musical
Ein Musical von Alain Boublil und Claude-Michel Schönberg (Komponisten von Miss Saigon) nach dem Roman von Victor Hugo

Musik: Claude-Michel Schönberg
Liedtexte: Herbert Kretzmer
Deutsche Übersetzung: Heinz Rudolf Kunze
Französische Originaltexte: Alain Boublil und Jean-Marc Natal
unter Verwendung weiterer Vorlagen von James Fenton

* Inhalt
Das Musical beginnt mit der Freilassung des Sträflings Jean Valjean, der fortan von der Gesellschaft als Ausgestoßener behandelt wird. Erst nachdem ihm ein Bischof den Diebstahl einer Silbertasse verzeiht, beschließt Valjean, sein Leben zu ändern und ein besserer Mensch zu werden. Er verheimlicht nun seine Vergangenheit in Kettenhaft, muss sich aber immer vor dem Aufseher Javert versteckt halten, der Valjean angedroht hat, ihn nie vergessen zu werden.

Valjean steigt zum Fabrikbesitzer und Bürgermeister auf und bewahrt seine ehemalige Arbeiterin Fantine vor der Festnahme durch Javert. Am Sterbebett verspricht er Fantine, sich um ihre uneheliche Tochter Cosette zu kümmern, die bei Wirtsleuten untergekommen ist. Javert ahnt nichts von der wahren Identität des Bürgermeisters und nimmt stattdessen einen anderen Mann fest, in welchem er Valjean zu erkennen glaubt. Nun gibt Valjean sich ihm zu erkennen, um den anderen Mann zu retten. Javert will Valjean verhaften, doch nach einem Kampf kann Valjean entkommen.

Valjean befreit Cosette aus den Fängen der üblen Wirtsleute Thenardier, für die die kleine Cosette schwere Arbeiten verrichten muss. Die beiden fliehen nach Paris, um Javert zu entkommen. Von nun an gibt Valjean Cosette als seine Tochter aus. Einige Jahre später trifft Cosette den Studenten Marius und verliebt sich in ihn. Auch Javert und Valjean begegnen sich wieder, doch erst nachdem Thenardier Valjean verraten hat, erkennt Javert seinen ehemaligen Sträfling. Unterdessen hat Eponine, die Tochter der Wirtsleute Thenardier, sich ebenfalls in Marius verliebt, der ihre Liebe allerdings nicht erwidert, weil ihm Cosette nicht aus dem Kopf geht. Eponine führt ihren Marius zu Cosette, wo die beiden sich gegenseitig ihre Liebe gestehen.

Die Barrikade wird erbaut. Eponine hat sich als Junge verkleidet und der Barrikade angeschlossen. Marius erkennt sie und schickt sie mit einem Brief zu Cosette. Die ersten Schüsse fallen und bald kommt ein schwer verletzter Junge auf die Barrikade. Es ist Eponine, die in den Armen Marius? stirbt. Javert hat sich unter die Studenten geschlichen, wird jedoch entdeckt und soll erschossen werden. Valjean, der sich dem Aufstand angeschlossen hat, verhilft ihm zur Flucht. Er betet für Marius, da er von Cosettes Liebe zu ihm erfahren hat. Während der Schlacht wird Marius schwer verwundet, doch Valjean rettet ihm das Leben und flüchtet mit ihm in die Kanalisation. Unter Cosettes Pflege wird Marius wieder gesund. Die beiden beschließen zu heiraten. Valjean will ihnen nicht im Wege stehen, bricht mit seiner Vergangenheit und verlässt die beiden. Doch durch die Wirtsleute Thenardier erfährt Marius, wer ihm beim Aufstand vor dem Tod gerettet hat. Cosette und Marius suchen Valjean und finden ihn todkrank. Am Ende erfährt Cosette ihre Lebensgeschichte, alle im Kampf Verstorbenen ziehen nochmals wie Geister an Jean Valjean vorbei und in der Hoffnung auf eine bessere Welt stirbt dieser.

** Die Aufführung
Nachdem ich von der ?großen Aufführung? in Duisburg so begeistert gewesen bin, war ich umso gespannter darauf, wie eine Bühne dieses Musical für einen Abend in Hannover aufführen würde. Die Ausstattung in Duisburg war damals der Zeit, in der das Musical spielt, entsprechend relativ spartanisch gewesen, von daher konnte ich mir durchaus gut vorstellen, dieses Musical auch auf einer kleinen Bühne zu sehen. Die Kulisse in Hannover war ebenfalls sehr spartanisch, oft wurden einfach zwei Wände vor die Bühne geschoben, um im Hintergrund den Umbau zu ermöglichen. Aufgebaut war nur wenig, meist kam das Musical mit Hilfe der Kostüme aus. In den Szenen in der Kneipe war im Hintergrund auf der Bühne eine Bar aufgebaut, im Vordergrund standen ein paar Tische. Im Rotlichtmilieu war eine Art Häuserfront zu sehen, wo die Huren aus den Fenstern schauten, um die Herren aufzugabeln. Die Barrikade bestand aus zwei Holzgerüsten und einigen Brettern auf der Bühne und das Haus Valjeans in Paris war im Grunde genommen gar nicht zu sehen, sondern lediglich der Garten mit einem Baum mittendrin und umzäunt, um ungebetene Besucher abzuhalten.

Die Kulissen waren für eine Wanderbühne in Ordnung und auch die Perücken und Kostüme haben mir gefallen, doch sonst.....

** Die Kritikpunkte
Leider war die Aufführung nicht wie gewünscht, denn besonders negativ ist mir der Ton aufgefallen, so war in weiten Teilen des Musicals das Orchester lauter als die Sänger. Dadurch war es unheimlich schwer, die Texte zu verstehen und dem Musical zu folgen, wenn man den Inhalt nicht kannte (das bestätigte mir mein Freund). Selbst wenn das gesamte Ensemble im Chor gesungen hat, kamen sie nicht gegen das Orchester an. Außerdem fiel mir auf, dass die Mikrofone der Sänger unterschiedlich eingestellt waren, denn sangen verschiedene Darsteller hintereinander solo, so merkte man deutlich, dass einige Sänger lauter waren als andere. Das schmälerte den Musicalgenuss doch deutlich, denn gerade den Gesang finde ich ja so wunderschön (eigentlich). Am Soundcheck hätte man wohl besser nicht sparen sollen....

Ein weiterer Kritikpunkt waren einige der Sänger, denn manchen merkte man an, dass sie mit ihrer Rolle etwas überfordert waren. Das fiel besonders stark auf, wenn hohe Passagen gesungen wurde, dann wurden die Stimmen teilweise frappierend dünn und manch einem Sänger schlug dann fast die Stimme um. Auch war an einigen Stellen die Melodie gegenüber der CD-Aufnahme der Duisburger Aufführung verändert. Den Grund dafür habe ich nicht verstanden.

Wenn die hintere Bühne durch den Vorhang oder durch Wände verdeckt wurde und im Vordergrund gesungen wurde, konnte man deutlich die Umbaugeräusche aus dem Hintergrund vernehmen, sodass man manchmal kaum den Liedern lauschen konnte, weil ein Gerumpel von der Bühne die Musik übertönte. Hier fühlte ich mich manchmal wie in einer schlechten Generalprobe!

Ein letzter Kritikpunkt betrifft einen Kinderdarsteller, der den Anführer der Studentenbewegung spielte. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass in Duisburg diese Rolle von einem Kind besetzt gewesen ist. Diese Veränderung kann ich ja noch einsehen, wenn das Kind hätte singen können, was leider überhaupt nicht der Fall gewesen ist. Dieses Kind traf nämlich keinen einzigen Ton (!), was dem Zuhörer fast schon Zahnschmerzen verursachen konnte....

** Die Musik
Die Musik auf der CD der Duisburger Aufführung ist kurz gesagt einfach nur fantastisch. Les Miserables ist meiner Meinung nach musikalisch gesehen das attraktivste Musical mit den schönsten Melodien. Auf der CD hört man so schöne und tragische Stücke wie ?Nur für mich?, ?Trinkt mit mir? und ?Dunkles Schweigen an den Tischen?, alles Stücke, die einem die Tränen in die Augen treiben, weil sie so unglaublich schön sind. Bei der Hannoveraner Aufführung trieb es mir allerdings höchstens dank der durchschnittlichen Sänger die Tränen in die Augen. Die CD kann ich allerdings nur empfehlen und der würde ich auch volle 5 Sterne verteilen...

** Fazit
Insgesamt kann ich nur sagen, dass ich für knapp 50 Euro Eintrittspreis mehr erwartet hätte. Ich fand es fast schon unverschämt, was einem in Hannover vorgesetzt wurde, denn mir ist das in Musical oder Oper noch nie passiert, dass das Orchester die Sänger übertönt hat! Das hätte doch mal einem Techniker auffallen müssen, aber leider änderte sich nichtmal nach der Pause etwas an diesem Zustand. Rein optisch gesehen war die Aufführung wirklich gut, aber in einem Musical möchte ich auch etwas zu hören bekommen! Daher kann ich von der Aufführung einer Wanderbühne nur abraten und empfehlen, das Musical in Berlin zu besuchen. Wegen der schönen Musik und der guten Leistung des Orchesters vergebe ich noch knapp 3 Sterne, allerdings keine Empfehlung.

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