Medion MD 9682 Testbericht

Medion-md-9682
ab 73,50
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Summe aller Bewertungen
  • Design:  sehr gut

Erfahrungsbericht von Tut_Ench_Amun

Ali Pharao und die 30 Silberlinge

Pro:

Hübsches, eigenständiges Design / akzeptabler Raumklang für wenig Kohle / Sinnvolle Einstellmöglichkeiten

Kontra:

Erfordert hardwaremäßig zwingend 5.1 fähigen PC / Unglücklich angebrachter Bassregler und Netzschalter / Nicht vergleichbar mit teurem Heim-HiFi

Empfehlung:

Ja

Den gleichen Betrag erhielt Judas Ischariot seinerzeit für seinen Verrat an einem gewissen Herrn J. aus Nazareth – ob er die Kohle damals bei Aldi-Judäa verprasst hat, darüber schweigt sich die Bibel beharrlich aus. Der pharaonische Verrat indes ist weniger spektakulär und hat hoffentlich auch nicht so weitreichende Konsequenzen, als dass er ihm noch 2 Jahrtausende nachgetragen wird. Sein altes Logitech Soundsystem wurde eiskalt als arbeitsfauler Musiksklave denunziert und abserviert, als bei Aldi-Süd wieder mal die Computer-Aktions-Woche ausbrach. Im Angebot befand sich unter anderem ein alter Bekannter: Das silberne 5.1 Lautsprecher-Set von de facto Hausmarke Tevion/Medion namens MD9682. Für die in der Überschrift missbrauchten 30 ebenso silbernen Euromünzen, wobei man genau genommen sogar noch einen 5-Cent Kupferling wieder zurückerhält. Die Gelegenheit lokalpatriotisch – wie der olle Pharao nunmal ist - die heimische Wirtschaft zu unterstützen (Aldi sowie Medion haben beide ihren Sitz in seiner Heimatstadt, nicht weit weg von seiner Wohnpyramide) war also günstig, um den herrscherlichen Tempelrechner von Stereo auf Raumklang aufzurüsten. Versuchen wir zu klären ob der Discount-Sklave klanglich den Weg von Pontius nach Pilatus schafft oder ob es sich dabei vielmehr um Verrat an der Technik handelt...

[ Pharao inne Kiste | Lieferumfang ]
Auf dem Medion/Tevion üblichen Karton trompetet uns die gigantomanische Wattzahl von 450 in großen, roten Lettern entgegen, anscheinend hält man Aldi-Kunden per se offensichtlich für so debil, dass sie diesen Wert auch glauben und sich vor der Palette gegenseitig, sabbernd und wild um sich prügelnd auf die gierig ausgerollten Zungen treten. Zur Ehrenrettung sei angemerkt, dass darunter – nicht minder groß - ebenfalls die RMS-Leistung von (wesentlich glaubwürdigeren) 45 Watt steht. Worte wie „Power-Subwoofer“ verkaufen sich ebenfalls gut, es suggeriert kraftstrotzende Erdbebenwellen von apokalyptischen Ausmaßen, die eigentlich korrekte Lesart weist den Kasten als ‚aktiven‘ (sprich mit integriertem Verstärker und entsprechendem Stromanschluß ausgestatteten) Subwoofer aus, im Englischen eben: „powered“. Ich bin über die doppeldeutige Kreativität von Marketingabteilungen immer wieder fasziniert. Ein Schuft, wer hier an bewusste Täuschung des unbedarften Verbrauchers denkt. Doch nicht auf die geduldige Verpackung, sondern auf den Inhalt kommt es ja an...Ignorieren wir also das übliche auf die Brust trommelnde Gesabbel des Kartons geflissentlich.

Die Hauptkomponente ist jener aktive Subwoofer, er nimmt den Löwenanteil des Platzes und des Gewichts weg, gleichzeitig fungiert der silbergraue Klotz als Schaltzentrale und Schnittstelle zum Compi. Das Gehäuse macht einen hübschen Eindruck, der Quader hat die Maße (BTH) von 15 x 38 x 22 cm, benötigt also schon mal etwas Stellfläche. Die Front besteht aus silbernem, angerautem Kunststoff im geschwungenem Design, in das auch drei Drehregler und die Betriebsdiode eingelassen sind. Die ovale Ventilationsöffnung für die niederfrequenten Schallwellen ist oval und schräg ausgeführt, während der Korpus an sich aus langweilig grau folierter Spanplatte besteht. An der Rückseite findet sich das Verstärkermodul mitsamt dem kompletten Anschlussfeld für die Anbindung zum PC, die Satelliten-Lautsprecher, einem an dieser Stelle unpraktisch angebrachten Regler für die Basslautstärke und natürlich der Stromanschluss nebst dem hier ebenso unpraktischen Hauptschalter. Die Versorgung mit Saft erledigt das separate, mitgelieferte 12V/3A Steckernetzteil.

Die 5 kleinen Brüllwürfel, die als Satelliten dienen, sind allesamt baugleiche, mit silbrigem Stoffvlies bespannte Böxchen von 8 x 8 x 12 cm. Ihre dunkelgrauen Plastikgehäuse sind nicht einfach nur eckig ausgeführt, sondern folgen auch einer geschwungenen Formgebung. Ihr Grundriss ist entfernt dreieckig und die Schallwand (sprich die Front) neigt sich gebogen nach oben/hinten weg. Sie unterscheiden sich zum Teil nur durch die Kabel voneinander, die beiden Effektlautsprecher für den hinteren Surround-Ton haben 5 Meter, die beiden Front- und der einzelne Center-Lautsprecher dagegen 1,5 Meter vergleichsweise dünnem, zweiadrigen 0,75mm² Boxenkabel (abfällig: „Klingeldraht“) fest angeschlossen. Der Anschluss an die Terminals der Woofer-Kiste geschieht per Mono-Cinch Stecker. Unnötig zu erwähnen, dass weder Terminals noch irgendein Stecker in dieser Preisklasse vergoldet sind. Des weiteren enthält der Karton noch drei weitere vorkonfektionierte Kabelstränge und eine recht dürftige Betriebsanleitung.

[ Pharao Unplugged | Installation/Aufbau ]
Nur wer über einen hardwaremäßigen 5.1 Ausgang, respektive eine solche Soundkarte, verfügt kann mit dem Set überhaupt etwas anfangen, ein einzelner Stereoausgang (der Raumklang nur per Software emuliert) reicht definitiv NICHT zum Betrieb des MD9682. Bei neueren Desktop-PCs kann man davon ausgehen, dass es keine Komplikationen gibt, da sie in aller Regel über die passenden Anschlüsse verfügen aber Notebook-Fetischisten sind unter Umständen angeschmiert, können den ganzen Klumpatsch wieder einpacken und zurückbringen. Vorsicht Falle: Wer meint das System an einen Heim-DVD anzuschließen, mag das gern versuchen, doch ohne Adapter wird das erstens nix, denn PCs arbeiten mit Klinkensteckern, im HiFi-Bereich werden aber Cinch-Kabel benötigt. Zweitens wird es ein schier unlösbares Problem mit der Kanaltrennung von Center und Subwoofer geben, bei Computern gehen die beiden Signale huckepack über eine einzige Signalleitung, in der Heim-HiFi werden sie jedoch strikt getrennt – Also: Keine gute Idee. Lasst es. Das muss zwangsläufig scheitern.

Schreiten wir nun jedoch zur Aufstellung, die über Wohl und Wehe des Raumklangs entscheidet. Das ansonsten sehr dürftige Handbuch erklärt das anhand von Zeichnungen recht anschaulich, daher verzichte ich auf das Schinden von Text und das Warum und Wieso. Damit die Unterscheidung leichter fällt, wo nun welche Box hingehört, hat man seitens Medion an der Unterseite, die Lautsprecher mittels beschrifteter Aufkleber gekennzeichnet. Im Prinzip wär’s vollkommen egal, da ja alle baugleich sind, funktionieren würde das System trotzdem, dennoch gehören die beiden Boxen mit den längeren Kabeln selbstverständlich hinter die Sitzposition. Die kleinen Gesellen (insbesondere die drei Vorderen) sollten nach Möglichkeit mit Abstand zu anderen elektrischen Geräten aufgestellt werden, um Störeinstreuungen zu vermeiden, angeblich sind die Ulligen geschirmt, doch die Praxis sieht etwas nüchterner aus, als auf dem Papier angegeben – das ist ja bekanntlich geduldig.

Brauchen die Satelliten relativ wenig Platz und sind leicht in Idealposition unterzubringen, wird es mit dem Parkplatz des Subs schon kniffliger, einerseits ist es für den Klang egal wohin mit dem Kasten, denn das menschliche Ohr kann tiefe Schallwellen eh nicht in der Richtung orten. Für gewöhnlich ist daher ein Subwoofer unter dem Tisch hervorragend aufgehoben. Es gibt hier aber einen Haken: Die Bedienelemente. An die kommt man aus naheliegenden Gründen besser dran, wenn sich der Sub in bequemer Griffweite befindet. Man sollte sich also bevor man blindlings loslegt schon mal ein paar Gedanken machen, wohin mit der Technik und dem nicht kleinen Kabelwust. Stichwort Kabel: Auch hier droht gerne Ungemach durch marodierende elektromagnetische Impulse, die sich durch unangenehmes Knacksen oder Brummen bemerkbar machen. Warum? Nachzulesen in Physikbüchern oder HiFi-Fachliteratur unter den Schlagwörtern „Induktion“ oder „Spule“. Merke: Auch wenn es schöner aussieht, sind die zu einem hübschen Paket zusammengedrillten Anschlussleitungen alle aufzudröseln und NICHT aufzuwickeln. Falls sie zu lang sein sollten, legt man überschüssiges Kabel in Schleifen. Die EMV-Verträglichkeit und der Klang werden's Euch danken...

Befinden sich die Lautsprecher alle an ihrem Platz und sind gemäß Anleitung verkabelt, werden jetzt noch die 3 Kabelstränge á 1,5 Meter aus dem Karton benötigt, sie dienen zur Signalübertragung zwischen Soundkarte und Subwoofer/Zentraleinheit, der die Impulse dann weiterverarbeitet und -reicht. Die eine Seite weist je einen Stereo-Klinkenstecker, die andere jeweils ein Paar rot/weißer Cinch auf, wie man sie auch schon aus der Heim-HiFi kennt. Die Klinkenstecker sind farblich codiert (Grün - Front, Schwarz - Rear, Orange- Center/Sub). Logischerweise werden die Klinkenstecker in die vorgesehenen (meist farblich gleichen) Anschlüsse an der Rückseite des Compis gestopft. Entsprechend gehören die Cinch-Stecker in die dazugehörigen Terminals an der Rückseite der Zentraleinheit des Medion-Systems, im Übrigen sind alle Steckverbindungen am Gerät beschriftet, man kann theoretisch nichts verkehrt machen, auch ohne Manual nicht. Eine Steckdose muss sich ebenfalls in der Nähe befinden, denn ohne Strom für das Netzteil haut das alles nicht hin, das wird aber erst jetzt angeschlossen wo alles andere erledigt ist. Der Probelauf kann nach einem nochmaligen Check aller Verbindungen also nun beginnen.

[ Pharao vs. Bill Gates | Handling ]
Legt man den sehr unglücklich auf der Rückseite platzierten Netzschalter um, passiert...Tja...erst mal nichts weltbewegendes. Mal abgesehen davon, dass die grüne Betriebsdiode zum Leben erwacht und ein leiser Einschaltknackser zu vernehmen ist. Bei mir werkelt eine MSI KT3-Ultra Hauptplatine, die einen Realtek AC97 Soundchip on Board hat. Zuerst musste also in den Einstellungen der Audio-Software dem Rechenknecht mitgeteilt werden, dass er in Zukunft mit 6 Kanälen arbeiten soll, statt wie bisher nur mit Zweien. Das Umprogrammieren klappt (wer ein ähnliches Board betreibt) übrigens auch ohne das optionale S-Bracket von MSI (mit den beiden zusätzlichen Klinkenbuchsen), allerdings fällt in diesem Fall der Mikrofoneingang flach, da er jetzt für die Center/Sub Ausgabe verwendet wird. Soweit zur Theorie, nach erfolgreich bestandenem Funktionstest mit meiner Software von MSI/Realtek für den Soundchip, die meinem Motherboard seinerzeit beilag. Wer über eine separate Soundkarte verfügt, muss dementsprechend an seiner installierten Audio-Software tüfteln, das oben gesagte gilt selbstredend für meinen Hobel mit genau diesem Motherboard.

Die Erstbeste, dahergelaufene MP3-Datei in WinAmp sorgt für heruntergezogene Mundwinkel – alles irgendwie dünn und kraftlos, zudem keine Aktivität beim Subwoofer. Auch hektisches Hantieren an den Drehreglern brachte keine hörbare Besserung. Beim bordeigenen Media Player von Mickrigsofts XP, das gleiche Spiel. Am MD9682 konnte es nicht liegen, denn die Testläufe im Konfigurationsprogramm von Realtek haben ja gezeigt, dass alle Lautsprecher korrekt angesprochen werden und einwandfrei funktionieren. Der Schurke war – wie so oft – Windows selbst, denn allen Audio-Programmen wird bei Installation einfach mal der generische, kastrierte Standard-Codec von XP stiekum verordnet und der schert sich einen Dreck, um die vorgenommenen Einstellungen und eventuell vorhandenen Spezialfunktionen des im PC verbauten Soundchips. Hausmannskost á la Microsoft. Ein Umstand der bei meinen vorherigen Stereo-Boxen nicht weiter negativ auffiel. Erst als ich allen Abspielprogrammen (WinAmp, Media Player, DVD-Player) die Treiber und Codecs vom Hersteller meines Soundchips von Hand auf „AC97“ mit Hardwarebeschleunigung zugewiesen hatte, kam das Surround-System endlich richtig und mehrkanalig aus dem Schuh. Man lernt eben nie aus...

Ab jetzt war es möglich unter Alltagsbedingungen zu fahren, natürlich in erster Linie DVDs, die - neben vielen PC-Games – auch Mehrkanalton bieten. Der Eindruck ist durchaus positiv, man darf dabei aber nicht vergessen, dass es sich um ein Budget Produkt handelt und kein High End Equipment. Für seine Verhältnisse spielt das System fetzig auf, neigt aber bauartbedingt und je nach Aussteuerung des Signals, schon bei mittleren Pegeln zum Übersteuern, was weniger den Zwerg-Woofer betrifft, sondern vielmehr die Satelliten, die dann die Parlamentärsflagge hissen und damit unmissverständlich kundtun, dass bald buchstäblich das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Die kleinen Quäken fangen generell recht früh an unangenehm zu kratzen. Das war zu erwarten, die Physik lässt sich nicht betuppen. Mit einer moderaten Einstellung der Klangregler fährt man in kleinen Räumen, wie meinem Arbeitszimmer ganz gut – dort spielt auch der Sub verhältnismässig voluminös aber nicht sehr konturiert. Sein Klangcharakter ist eher weich und schwammig, knochentrockenen Kickbass möchte er nicht so gern. Hat man einmal eine gute Balance gefunden stellt sich gerade bei DVDs auch eine gewisse Räumlichkeit ein, keine Offenbarung zwar, aber ganz ordentlich. Liegt Stereo, also kein Mehrkanalton in Dolby Digital oder ProLogic an, wird das Signal auf alle Lautsprecher interpoliert, lässt sich mit den Drehreglern aber, egal ob 2- oder Mehrkanalton, nach Gusto anpassen. Dumm nur, dass der Bass-Regler an der Rückseite sitzt.

[Adventures in LowFi | Fazit ]
Tonal sicher um Lichtjahre von dem entfernt, was ich als neutral, ausgewogen oder - den Bass betreffend - gar brachial bezeichnen würde, doch eine achtbare Vorstellung und Verbesserung zu meinem bisherigen Stereo System allemal. Zur Partybeschallung ist das MD9682 nun nicht unbedingt geeignet, zumindest dann nicht, wenn es richtig laut werden soll und der Raum zu allem Überfluß auch noch groß ist – dann geht dem Set rasch die Puste aus. Für ne entspannte DVD-Session vorm Compi in (echtem) Surround reichts jedoch und auch für mit Mehrkanalton ausgestattete PC-Spiele eröffnen sich neue Klangwelten. Die Verarbeitung ist bislang nicht zu beanstanden, klar, die Potis der Drehregler sind etwas wackelig, es fehlt die stets wünschenswerte Kopfhörer- und Mikrofonbuchse und ich bin sonst vergoldete Anschlussklemmen gewohnt, doch Hey! Das war für knapp 30 Euro auch nicht ernsthaft zu erwarten. Immerhin bietet es eine Menge praktischer Einstellungsmöglichkeiten und ein nettes, eigenständiges Design, das sich gut auf dem Tisch macht. Dazu eine 3-Jahres-Garantie. All das ist bei vergleichbaren Geräten auch längst keine Selbstverständlichkeit. Würde ich meine üblichen Heim-HiFi Maßstäbe anlegen wären nicht mehr als 3 Sterne drin, doch das wäre ein Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen. Es gibt natürlich Besseres, jedoch in diesem Preissegment wesentlich mehr Schlechteres: 4 Sterne und die Budget-Empfehlung.

So Long

Der aldimedionistische Lokalpatriotismus-Pharao

39 Bewertungen