Waking Life (DVD) Testbericht

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ab 16,74
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Erfahrungsbericht von Nietzsche

Träum ich oder bin ich wach?

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Filme, die sich mit der Frage beschäftigen, was eigentlich Realität ist oder besser gesagt: woran erkenne ich, daß ich mich in der Realität befinde?, gab es bereits einige: Matrix, Welt am Draht oder Open your Eyes - um nur einige zu nennen.
Nun startete ein neuer Film, der sich dieser Frage widmete. Allerdings unterscheidet er sich von den genannten in doppelter Hinsicht: Er ist animiert und außerdem läßt sich keine wirkliche Handlung ausmachen.

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Story:
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Wie eben bereits angedeutet hat dieser Film keine Handlung im klassischen Sinne. Eine kurze Inhaltsangabe werde ich jedoch trotzdem versuchen zu geben!

Der Film beginnt mit einem Traum, aus dem ein junger Mann (Wiley Wiggins) kurz darauf erwacht. Er wandert umher und trifft dabei auf unterschiedliche Personen, die philosophische Theorien diskutieren. Fragen danach, ob unsere Handlungen frei sind oder determiniert, nach dem Phänomen der Zeit, der Wiedergeburt und evolutionärer Art werden besprochen.

Die Hauptperson wacht ab und zu erneut auf, befindet sich jedoch immer wieder in einem neuen Traum. Schließlich erklärt ihm eine Hauptperson, daß er daran erkennen könne in einem Traum zu sein, daß es nicht möglich sei die zeit abzulesen und das Licht ein- oder auszuschalten. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die Hauptperson zu begreifen, daß sie sich innerhalb eines Traumes befindet, aus dem es anscheinend kein entrinnen gibt.
Es beginnen nun Diskussionen mit Traumpersonen über das Phänomen des Traumes, bzw. das Problem der Wirklichkeit. Befindet sich der junge Mann nun auch in einer Wirklichkeit oder nicht?

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Zum Film:
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Es mag seltsam erscheinen, daß ein Animationsfilm Schauspieler hat. Dies liegt jedoch an der besonderen Machart. Der Film wurde zunächst auf Digital Video gedreht und hinterher am Computer durch ein sogenanntes Retoskopie-Verfahren verfremdet - also quasi übermalt. Dabei entstanden sind Bilder, die zum teil sehr realistisch wirken - bis hin zu stark stilisierten Szenen.

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Meine Meinung:
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Ich war auf diesen Film sehr gespannt, denn selten werden Filme philosophischem Inhalts angekündigt und eigentlich so gut wie nie solche, die ganz bewußt \"nur\" auf den Inhalt setzen und von einer Handlung fast gänzlich absehen - zumal wenn sie in Amerika gedreht wurden! ; )
Vorweg muß ich anmerken, daß ich Philosophie studiere und das hat mir den Film wohl auch streckenweise verleidet. Die erste Hälfte des Filmes wirkte auf mich wie eine Einführung in \"Philosophie für Anfänger\". Sämtliche vorgestellte Gedanken waren mir vertraut und brachten deswegen auch keinen aha-Effekt. Was für viele sicherlich anregend sein könnte wirkte auf mich leider höchstens noch unterhaltsam.

Die zweite Hälfte des Filmes mit Fragen nach der Wirklichkeit innerhalb eines Traumes waren eher anregend, zumal hier auch sogenannte \"Wachträume\" thematisiert wurden. Diese Träume zeichnen sich dadurch aus, daß der Träumer sich darüber bewußt ist, daß er träumt und so in den Traum aktiv eingreifen kann. Da ich solche Träume selbst schon hatte, weiß ich wie schwer es in diesem Fall ist zu sagen, ob man sich innerhalb der Wirklichkeit befindet oder nicht. Man weiß zwar, daß man träumt, doch der Traum erlangt durch die Bewußtwerdung dermaßen an Intensität, daß er sich allein durch die Wahrnehmung schwer von der Wirklichkeit trennen läßt.
Allerdings verhält sich vieles innerhalb des \"Wachtraumes\" nicht nach den Gesetzen der Realität, weswegen die Trennung doch zu machen ist. An dieser Stelle wird der Film selbst auch etwas unrealistisch, denn Gespräche mit Traumpersonen, wie sie der Hauptakteur führt sind mir so niemals geglückt. Statt zu philosophieren sprachen jene nur in Rätseln oder plötzlich in fremden Sprachen.

Gewöhnungsbedürftig ist auch die Machart des Films. Zum Teil wirkt die Technik interessant aber größtenteils doch eher stressig. In den meißten Szenen wirkt das komplette Bild, als herrschte großer Seegang. Häuser, Fenster, Bäume und sogar Körperteile wabern und schwanken, daß man bald irritiert nach einem Fixpunkt sucht, der sich jedoch nur selten finden läßt.
Andere Szenen wiederum sind still und wirken als kämen sie direkt aus einem impressionistischen Pinsel.

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Fazit:
*****

Der Film wirft viele Fragen auf, die für jeden interessant sein dürften, der gern über sich und das Leben reflektiert. Wer jedoch Antworten erwartet, der wird enttäuscht sein, denn die gibt es natürlich nicht. Natürlich deswegen, weil die Philosophie nicht dazu da ist, um Fragen entgültig zu beantworten - eher schon, um neue Fragen aufzuwerfen.
Der Film hat mir eigentlich ganz gut gefallen, doch noch mal werde ich ihn sicher nicht ansehen; dazu ist mir die Machart allein schon zu stressig. Oftmals lenkten die Bilder sogar zu sehr vom Gesprochenem ab. Vielleicht sollte man aus dem Film besser doch ein Hörspiel machen, wie mein Freund bemerkte... .

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USA 2001
Länge: ca. 97 Minuten


Produktion: Detour Film Prod./Independent Film Channel/Line Research/Thousand Words
Produzenten: Tommy Pallotta, Jonah Smith, Anne Walker-McBay, Palmer West
Regie und Buch: Richard Linklater
Kamera: Richard Linklater, Tommy Pallotta
Musik: Glover Gill
Schnitt: Sandra Adair

Darsteller: Wiley Wiggins, Ethan Hawke, Julie Delpy und Steven Soderbergh

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