Puccini, Giacomo - La Bohème (DVD) Testbericht

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ab 6,54
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Erfahrungsbericht von WotanCB

Das Trio Pavarotti - Freni - Ghiaurov

Pro:

emotionale Inszenierung, tolle Sänger

Kontra:

Trckanwahl im ersten Akt, peinliche Augenblicke in der Inszenierung

Empfehlung:

Ja

Wer hätte dieses Traumpaar der Oper nicht gerne einmal live erlebt? Die Rede ist von Luciano Pavarotti als Rodolfo und Mirella Freni als Mimi in Puccinis Oper „La Bohème“. Wer Opernkarten für DIE Interpreten dieser Rollen haben wollte, musste bestimmt tief in die Tasche greifen. Aber es gibt eine Aufführung auf DVD aus dem Opernhaus in San Francisco aus dem Jahr 1988, in das Freni und Pavarotti 21 Jahre nach ihrem Debüt im gleichen Haus in den gleichen Rollen zurückkehrten. Präsentiert wird diese DVD vom Label DeAgostini, das in Verbindung mit der Zeitschrift „die Opernsammlung“ diese Aufnahme verkaufte.

------ Die Personen und ihre Interpreten ------

Mimi – Mirella Freni
Rodolfo – Luciano Pavarotti
Musetta – Sandra Pacetti
Marcello – Gino Quilico
Schaunard – Stephen Dickson
Colline – Nicolai Ghiaurov
Benoit u. Alcindoro – Italo Tajo

Dirigent: Tiziano Severini
Regie: Francesca Zambello

------ Der Inhalt ------

1. Akt
Paris, 1830. In einer ärmlichen Mansarde leben der Dichter Rodolfo, der Maler Marcello, der Musiker Schaunard und der Philosoph Colline, die sich finanziell mehr schlecht als recht durchs Leben schlagen, ihre glücklichen Momente dafür um so mehr genießen. Schaunard verteilt seinen just verdienten Lohn unter den Freunden, anschließend prellen sie ihren Vermieter Benoit um die Miete und brechen zum Weihnachtsabend ins Quatier Latin auf. Rodolfo, der noch kurz zurückbleibt, lernt seine Nachbarin Mimi kennen, die in seiner Wohnung einen Schwächeanfall kennen. Beide fühlen sich schnell zueinander hingezogen und gestehen sich ihre Liebe.

2. Akt
Im dichten Gedränge vor dem Cafe Momus treffen sich die Freunde wieder und bestellen ein üppiges Mal. Plötzlich taucht dort Musetta, Marcellos ehemalige Geliebte, in Begleitung ihres reichen und älteren Verehrer Alcindoro auf. Um Marcellos Aufmerksamkeit zu gewinnen, stimmt sie einen verführerischen Walzer an. Unter einem Vorwand schickt sie Alcindoro fort und wirft sich dem Maler in die Arme. Die Bohemiens und die beiden Frauen nutzen den Zapfenstreich, um im Gedränge zu verschwinden; der zurückkehrende Alcindoro muss die Rechnung für alle zahlen.

3. Akt
Zwei Monate später arbeitet Marcello begleitet von Musetta in einem Gasthaus. Dort sucht ihn Mimi auf, die Probleme mit Rodolfo hat, der erwägt sich von ihr zu trennen. Sie kann ein Gespräch zwischen den beiden Freunden belauschen und erfährt, dass sie todkrank ist. Rodolfo gibt sich wegen seines ärmlichen Lebens die Schuld am Fortschreiten der Krankheit. Mimi und Rodolfo beschließen noch ein Weilchen zusammen zu leben und sich im Sommer zu trennen. In einem lauten Streit gehen Musetta und Marcello getrennte Wege.

4. Akt
In ihrer Mansarde lenken sich die vier Freunde mit gespielten Tanz und Duell von ihren Sorgen ab. Da schleppt Musetta die sterbende Mimi in die Wohnung. Die Freunde unternehmen alles, um ihr zu helfen. Für einen Augenblick allein gelassen, erinnern sich die beiden Liebenden an ihre erste Begegnung. Doch die bittere Wahrheit lässt sich nicht verdrängen: Mimi stirbt.

------ Die Inszenierung ------

Francesca Zambella zeichnete sich für die Regie verantwortlich. Zusammen mit David Mitchell (Bühnenbild) und den Kostümen von Jeanne Button und Peter J. Hall präsentiert sie eine sehr konventionelle Inszenierung. So bleibt die Handlung im 19 Jahrhundert und man kann sich als Zuschauer an eindeutigen Bildern freuen.
Das Geschehen richtet sich nach dem Libretto – und nicht umgekehrt – und das ist der eindeutige Vorteil dieser Inszenierung. Zambella kann also, ohne sich mit anderen Dingen befassen zu müssen, der Geschichte um Freundschaft, Liebe und Tod nachspüren. Dementsprechend gelingen ihr die emotionalen Momente sehr gut. Hier werden bewegende Momente geboten: Die sehr schöne erste Begegnung zwischen Mimi und Rodolfo, die beim berühmten Duett „O soave fanciulla“ auch stimmungsvoll ausgeleuchtet wird, der melancholische dritte Akt und das tragische Finale.

Die Schwäche von Zambella in dieser Inszenierung, die aber glücklicherweise nicht durchgehend auftritt, ist die Personenführung. In den großen Chorszenen des zweiten Aktes geht zwar einiges unter, aber hier wirken manche Bewegungen einfach nur peinlich: Zum Beispiel klaut ein Junge einer Dame einen Unterrock aus dem Korb, wird eingefangen und bekommt von seiner Mutter den Hintern versohlt. Wäre das dann wenigstens glaubhaft gespielt, dann wäre dieser Anblick noch erträglich. Ein weiteres Beispiel ist der viel zu überzogene Auftritt des Spielzeughändlers Parpignol, der versucht seine arg kurze Rolle durch übertriebene Bewegungen aufzuwerten. In solchen Momenten wäre eine Regisseurin notwenig gewesen, die ihren Darstellern auch glaubhafte Bewegungen vermitteln kann. Und leider wird diese Schwäche auch deutlich in der so lustigen Szene des vierten Aktes, wo die ausartende Heiterkeit der Freunde der Lächerlichkeit preisgegeben wird.

Dennoch: Insgesamt kann man an dieser Inszenierung seine Freude haben. Sie wird vor allen wieder denjenigen gefallen, die von den Regisseuren des modernen Regietheaters die Schnauze voll haben.

------ Die musikalische Umsetzung ------

Mit 116 Minuten Lauflänge ist Puccinis Oper zwar recht kurz, aber in diesen Minuten müssen die Musiker die so emotionsgeladene Komposition meistern. Denn in der meiner Meinung nach ehrlichsten Oper überhaupt wird jede Über – wie Untertreibung schnell offenbar.

Etwas übertrieben hat es wohl Tiziano Severini, der teilweise arg flotte Tempi anschlägt. Das geht besonders im zweiten Akt auf Kosten der Balance zwischen Bühne und Graben, was einige Unstimmigkeiten wie falsche Einsätze zur Folge hat. Andererseits wird bei ihm die Diskrepanzen der diversen Stimmungen deutlich. Denn gerade für die beiden großen Arien und das Duett im ersten Akt und das tragische Finale lässt er sich viel Zeit und auch bei den schnellen Tempi gelingt es dem Orchester der San Francisco Opera einiges an Details aus der Partitur herauszuarbeiten. Und Severini weiß, welche (vordergründigen) Effekte man in dieser Komposition erreichen kann, beispielsweise durch Fermaten, bei denen sich besonders das Ensembles profilieren kann, was das Publikum auch mit spontanem Applaus auch dankend honorierte. Unverständlich sind mir die vereinzelten „Buhs“ gegen den Dirigenten am Ende der Oper.

Aber in dieser Aufnahme gehört die Aufmerksamkeit eh ganz dem Liebespaar, das gesungen wird von Luciano Pavarotti und Mirella Freni. Wie auch in der Karajanschen Studio-Aufnahme harmonieren diese beiden stimmen unerhört schön miteinander.
Pavarottis Rodolfo war mir schon immer sehr sympathisch und wie nicht in vielen Rollen ist seine korpulente Erscheinung hier einfach hinzunehmen, ohne das sie sein Bild stören würde. Über seinen Gesang muss ich kaum etwas schreiben, außer vielleicht: wunderschön. Sein Legato war zu dieser Zeit einfach der Hammer.
Ganz stark agiert und singt Mirella Freni als eine natürliche Mimi, der man sofort abnimmt, dass sie Blumenstickerein ist. Im Laufe der Vorstellung steigert sie sich immer weiter in ihre Rolle hinein. Ihre Erschöpfung sieht man ihr bei ihrem fulminant begrüßten Solo-Vorhang am Ende der Oper auch an.

Als Colline ist ihr im April dieses Jahres verstorbener Ehemann Nicolai Ghiaurov zu erleben. Ghiaurov war und ist auch nach seinem Tod einer der größten Bässe, der in vielen Rollen begeistern konnte. Natürlich ist der Colline keine Rolle in der ein Bassist besonders glänzen kann, aber Ghiaurov weiß seine Statur und seine große Stimme geschickt einzusetzen. Einige Phrasen klingen – eine Alterserscheinung? – etwas gepoltert, aber seine kurze melancholische Arie „vecchia zimarra, senti“ entschädigt für alles.

Der gemeinsame Auftritt des Trios Freni – Pavarotti – Ghiaurov in diesen Rollen hatte schon einen legendären Charakter. Da diese drei Sänger zum Zeitpunkt nicht mehr die Jüngsten waren, spricht es auch für die Regie von Zambello, dass sich die drei Stars nicht von den drei anderen jüngeren Sängern zu sehr abheben.

Ganz klarer Gewinner ist hier der Marcello von Gino Quilico, Der smarte und sympathische Sänger ist optisch wie stimmlich eine Idealbesetzung, sieht man von gelegentlichen Intonationstrübungen in der Höhe einmal ab.

Eine sehr ausgewogene Leistung bietet auch Sandra Pacetti als zickige Musetta, ohne dass sie ähnliche Höhepunkte wie ihre bisher genannten Kollegen erreichen kann.

Einen Schaunard ohne Fehl und Tadel singt Stephen Dickson. Neben der Freni ist er der einzige, der sich recht natürlich bewegen kann. Dafür ist seine Stimme wenig individuell.

Zu loben ist auch Veteran Italo Tajo, der sein stimmlich-komödiantisches Talent als Alcindoro, bzw. als Vermieter Benoit einmal mehr unter Beweis stellen kann.

------ Die DVD ------

Nach einem interessanten, überspringbaren Trailer zu den weiteren und vergangenen Ausgaben der Opernsammlung, kann man die Sprachen des Menüs auswählen:
Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch, Castellano, Niederländisch und Schwedisch.

Das Menü:
Programm starten (ich denke, ist klar)

Titelauswahl:
Der Name täuscht. Hier kann man nicht einzelne Tracks anwählen, sondern nur jeweils die vier Akte. Beim Abspielen der DVD selber, kann man verschiedene Szenen anwählen. Leider sind besonders im ersten Akt die Tracks sehr schlampig gesetzt worden. Die ersten Orchestertakte sind nur zu hören, wenn man den Auftritt des Dirigenten beobachtet. Auch das Duett von Mimi und Rodolfo ist nicht anwählbar. Man muss erst die Arie der Mimi anhören (nicht, dass sich das nicht lohnen würde) und kommt dann erst in den Genus dieses wundervollen Stückes. Dafür haben irgendwelche schlauen Techniker an den Schluss des Duettes – kurz vor den finalen Spitzenton der beiden Sänger – einen Track gesetzt. Völlig überflüssig.
In den anderen drei Akten ist man bei dieser Arbeit wesentlich sorgfältiger vorgegangen.

Tonformat:
Man kann wählen zwischen PCM Stereo und Dolby Digital (Stereo). Ton und Aufnahmesteuerung sind sehr zufriedenstellend.

Untertitel:
Gesungen wird in italienischer Sprache. Untertitel sind erhältlich in Englisch, Deutsch und Französisch.

Das Bild (Format 4:3) ist wie der Ton zufriedenstellend. Die Kameraführung fängt dank der schon fast legendären Video-Regie von Brian Large das Geschehen sowohl im Überblick als auch im Portrait gut ein.

Ansonsten bietet die DVD keine weiteren Extras. Wer schon ein paar meiner Berichte gelesen hat, weiß, dass ich bei dem Preis von 14,99 auch nicht so viel Wert darauf lege, da eine normale CD-Aufnahme dieser Oper teurer ist. Allerdings sollte das, was geboten wird ordentlich sein, und da ich mit den Tracks im ersten Akt nicht zufrieden bin, ziehe ich von den sonst vier Sternen für eine gute aber nicht überragende DVD noch einen Stern ab. Wie üblich weise ich darauf hin, dass das Menü bei dem Original-Label anders ausfallen könnte.

------ Fazit ------

Wer einen gelungen Einblick in Puccinis Meisterwerk haben möchte, ist hier bestens bedient. Schließlich werden hier drei Sänger aufgeboten, die in ihren Rollen Maßstäbe gesetzt haben. Für die musikalische Umsetzung kann ich fünf Sterne vergeben, für die Inszenierung vier und für die DVD nur drei. Also kommen wir auf vier Sterne. Eine gute Oper – passend für die melancholischen, freudigen und kalten Weihnachtstage.

18 Bewertungen, 4 Kommentare

  • anonym

    26.03.2005, 23:28 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    erstbericht, ganz liebe grüße tammy

  • SternenChaos

    26.03.2005, 11:02 Uhr von SternenChaos
    Bewertung: sehr hilfreich

    schöner erste Bericht ;).Liebe Grüße

  • knudly

    25.03.2005, 22:58 Uhr von knudly
    Bewertung: sehr hilfreich

    Der Bericht ist super!

  • pumba

    25.03.2005, 22:57 Uhr von pumba
    Bewertung: sehr hilfreich

    ...aber der Bericht ist nicht schlecht :)