Vidocq (DVD) Testbericht
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Erfahrungsbericht von mima007
Gute DVD: Der Mörder mit der Spiegelmaske
Pro:
-
Kontra:
-
Empfehlung:
Ja
\"Vidocq\" ist ein Thriller über einen perversen Serienkiller à la \"Sieben\", nur dass die Handlung im Jahr 1830 spielt und sich um den Kampf eines berühmten Detektivs gegen dieses Ungeheuer dreht. Fatasy und Horror, Krimi und Märchen verschmelzen hier zu einer Einheit.
Die Handlung schreitet rasant und dynamisch voran, und der Zuschauer fühlt sich mitten in ein Videospiel à la \"Tomb Raider\" versetzt. Beide Wirkungen sind vom Regisseur Pitof (\"Alien 4\") absolut beabsichtigt. Und er meint: \"Erst auf der DVD erschließt sich der Film dem Zuschauer vollkommen.\" Na denn!
Filminfos
O-Titel: Vidocq (F, 2002)
FSK: ab 16
Länge: ca. 94 Min. inkl. Abspann
Regisseur: Pitof
Drehbuch: Jean-Christophe Grangé (frz. Thrillerautor)
Musik: Bruno Coulais
Darsteller: Gerard Depardieu, Guillaume Canet, André Dussolier, Ines Sastre u.a.
Handlung
In den Elendsvierteln der Hauptstadt Paris treibt im Jahr 1830 ein Serienkiller sein Unwesen. Seine Handlanger kaufen junge Mädchen, Jungfrauen, deren armen Eltern ab, um sie einem geheimnisvollen Mann zu überantworten, der allgemein als \"Der Alchimist\" bekannt ist.
Doch das Gesicht dieses Typen, geheime Experimente anstellt, hat noch niemand gesehen - jedenfalls keiner, der das überlebt hätte. Der Killer trägt eine Maske, die das Gesicht des Betrachters spiegelt - meistens im Augenblick des Todes.
Auch Monsieur Vidocq, der berühmteste Polizist bzw. Detektiv von Paris, hat diesen Anblick nicht überlebt, wie es scheint. Gleich in der ersten Szene unterliegt dieser bärenstarke Mensch (gespielt von Depardieu) dem Monster in einem Zweikampf, der in den Gewölben der Glasbrennerei stattfindet. Wir sehen Vidocq in den Abgrund eines Ofens stürzen. Wie konnte es nur dazu kommen?
Um Vidocqs Ableben, das die Pariser erschüttert, aufzuklären, hat sein Partner Nimier keine Kraft. Aber er lässt sich dazu überreden, einem ahnungslosen Landei namens Etienne, der sich als offizieller Biograph Vidocqs ausgibt (Canet), die ganze Story zu erzählen.
Alles begann damit, dass zwei reiche Männer, die im Rüstungsgeschäft tätig waren, auf offenem Feld vom Blitz erschlagen wurden. Sie gingen in Flammen auf. Vidocq kommt hinter die raffinierte Methode, wie dies bewerkstelligt wurde, und greift bei Opfer Nr. 3 ein: Dieser Blitz geht zwar daneben, aber das Opfer, ein Arzt, erleidet einen Herzinfarkt. Offenbar ist der Hintergrund dieser Attacken kein politischer, sondern ein persönlicher.
In den Hüten der Opfer befand sich als \"Blitzableiter\" ein chinesischer Kamm, den eine Pariser Tänzerin hineinfabriziert hatte: die betörende Préah (Ines Sastre, die einzige Frau im Ensemble). Sie hatte einen brieflichen Befehl von dem Unbekannten erhalten. Dieser hatte drei Notabeln der Gesellschaft, eben den Opfern, das Elixier ewiger Jugend versprochen, wenn sie ihm Jungfrauen verschaffen würden. Aus deren Blut wolle der mann mit der Spiegelmaske das Elixier gewinnen. Als sich die Gentlemen nach acht Liferungen weigerten, murkste der Killer sie ab.
Doch nun ist der Killer hinter den Schnüfflern selbst her: Etienne läuft die Zeit davon, der Mörder ist ihm auf den Fersen. Pfiffig findet er einen Tagebucheintrag, der ihm verrät, wo er der Mörder das nächste mal seine Spiegelmaske austauschen muss.
Es kommt zu etlichen handfesten Überraschungen, die die ganze Story auf den Kopf stellen, und zu einem sehenswerten Showdown.
Mein Eindruck: der Film
In Frankreich gab es einmal eine sehr beliebte Serie um den klugen und kreativen Detektiv und Polizisten Vidocq, gespielt von Claude Brasseur. Monsieur Vidocq, seinerzeit der berühmteste Detektiv der Welt, erfand zahlreiche Methoden der Polizeiarbeit, die noch heute in Gebrauch sind, so etwa Fahnungsbilder oder minutiöse Aufzeichnungen über Tathergang, Zeugenaussagen und Leichenbeschreibungen. Vidocq inspirierte wohl auch Edgar Allan Poe zu seinen hervorragenden Detektivgeschichten wie etwa \"Die Morde in der Rue Morgue\".
Der Plan der Produzenten bestand darin, einen Spielfilm auf Basis dieser Serie zu realisieren, doch sie erhielten keine Rechte dafür. So konnten sie ihrem Regisseur Pitof freie Hand lassen, was Aussehen und Handlung des Film anging. Pitof hatte schon das 2. Team bei jeunets Science Fiction-Film \"Alien 4\" geführt und kennt sich hervorragend mit Spezialeffekten und Digitaler Aufnahmetechnik aus. Dieses Wissen nutzte er bei \"Vidocq\" voll und ganz: Man kann es nicht nur auf der Leinwand, sondern vor allem auf der DVD bewundern. Pitof: \"Alles wurde digital durchgeführt: von der Aufnahme über die Postproduktion bis zur Pressung der DVD.\" Die Folge: \"Die Bilder auf der DVD sehen besser aus als auf der Kinoleinwand, weil nicht so viele Informationen verlorengehen.\" Folglich sind selbst noch in den zahlreichen Schatten Details zu erkennen.
Die Story ist recht konventionell: Der Held stirbt in der ersten Szene, und es gilt, seinen Tod aufzuklären und wenn möglich sogar zu rächen. Die zahlreichen Rückblenden gehören zum normalen Werkzeugkasten an Stilmitteln, die dem Regisseur zur Verfügung stehen. Leider nur er die Chance nicht, den Charakter der Hauptfiguren entsprechend herauszuarbeiten, so dass uns die Handlung auf einer menschlichen Ebene interessieren könnte. Statt dessen konzentriert sich der Film auf Schaueffekte. Diese kann mann allerdings heute in vielen Filmen sehen.
Die Optik spaltet die Kritiker
Eine ganz andere Geschichte ist jedoch die Ästhetik, besonders die Optik der Bilder. Dies spaltete die Kritikerkaste und stieß zahlreiche Zuschauer vor den Kopf! Pitof befleißigt sich mehrerer Tricks: Zum einen sieht der Himmel immer aus wie bei einem Gewitter, wie man es auf Gemälden oder Stichen von Gustave Moreau oder El Greco sieht.
Dieser Himmel sieht aber ebenso wenig echt aus wie ein Panoramahimmel, der hinter einem Modellbaukasten an die Wand gemalt wurde. Der Grund für diesen Eindruck ist die verzerrte Perspektive, aus der man auf eine Szene blickt: der bekannte Fischaugeneffekt. Er führt dazu, dass der Hintergrund weit weg rückt, aber Objekte im Vordergrund überdimensionale Größe und Realität annehmen. Panoramen wie der Innenhof des Invalidenhofs werden so zu gefährdeten Ebenen, auf die man sich lieber nicht wagt. Und Notre-Dame ragt auf wie ein dunkel dräuendes Gebirge aus Stein.
In den Gewölben der Glasbrennerei füllen riesige Gesichter die Leinwand, in denen man jede Pore und jeden Schweißtropfen sieht. Dieser Hyperrealismus ist nur möglich durch die High-Definition Digitalkamera, die Pitof verwendete. (Man vergleiche manche Bilder aus \"Alien 4\" damit.) Der Eindruck der Verzerrung der Realität ist dann aber bei den gewaltsamen Begegnungen mit dem \"Alchimisten\" höchst willkommen: jede Begegnung mutet wie ein böser Traum an. Insbesondere der Fight zwischen Vidocq und Alchimist in dessen grauenerregendem Labor ist eine Übung in Raumverzerrung. Die übernatürlich wirkende Agilität des Killers, die an asiatische Kampfsporttechnik gemahnt, trägt ein Übriges zu dem Eindruck bei, es mit einem mörderdischen Mysterium zu tun zu haben.
Aber die Wirkung kann auch aufgesetzt wirken. An groteske Szenen aus Fellinis legendärem \"Casanova\" erinnert jedenfalls Etiennes Vorstoß in den Rotlichtbezirk des Quartier du Temple. Du ausgestellten, grell geschminkten Vorzüge der käuflichen Damen sollen wie eine Phantasmagorie wirken. Doch der Betrachter, das landei Etienne, fällt weder in Ohnmacht noch lässt er sich umgarnen, sondern spaziert einfach mitten durch - bis zur nächsten Attraktion und Informationsquelle. In dieser Szene wirkt der Surrealismus nicht.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 1,85:1, 16:9
Tonformate: Deutsch: DTS, DD 5.1, Dolby Surround 2.0; Französisch: DD 5.0, Dolby Surround 2.0
Sprachen: Dt., Frz.
Untertitel: deutsch
Extras:
- Interview mit dem Regisseur Pitof (ca. 62 Minuten)
- Interview mit dem Drehbuchautor, dem Bestsellerautor Jean Christophe Grangé, der auch die Vorlage für \"Die purpurnen Flüsse\" lieferte (ca. 60 Minuten)
- Interview mit den Schauspieler Ines Sastre, Guillaume Canet (9 Minuten), aber keine mit den Stars Depardieu oder Dussolier.
- Bio- und Filmografien
- Making of \"Vidocq\" (ca. 15 Min.)
- Making of \"The Mask\" (Vortrag über CGI-Spezialeffekte mit Bildbeispielen)
- Storyboards
- Artwork + Diashow (Entwürfe von Comic-Künstler Caro)
- Kostüm-Bildergalerie
- Musikvideo \"Apocalyptica\"
- 2 Teaser (= Kurztrailer)
- Frz. und dt. Trailer
- DVD-Rom-Part zu diversen Websites
Mein Eindruck: die DVD
Der obigen Liste ist nur wenig hinzuzufügen. 160 Minuten Zusatzmaterial sprechen für sich. Allerdings muss man aufpassen, wie diese Zeit genutzt wird. Allein 130 Minuten davon gehen für Interviews drauf, von denen nur eines wirklich spannend ist, das mit Regisseur Pitof. Leider ist die Übersetzung des Wortes in deutsche Untertitel nicht immer grammatisch einwandfrei gelungen. Was man wirklich vermisst, ist ein Wort (oder gar zwei) von Superstar Depardieu.
Sei\'s drum. Das Making-of ist ordentlich geworden, und die Fotogalerien vermitteln einen Eindruck vom Aufwand, der für den Film getrieben wurde. Immerhin wurde sechs Jahre daran geplant, zwei Jahre lang daran geschrieben (Grangé) und etwa Jahr daran gedreht und postproduziert (Pitof). Gott sei Dank für ein üppiges Budget!
Unterm Strich
Den Zuschauer erwartet mit \"Vidocq\" nicht etwa den übliche betuliche Kostümschinken à la ZDF-Vierteiler \"Napoleon\". Vielmehr darf man sich anschnallen, festhalten und abfliegen in einen Bildersturm, der mehr mit Science Fiction und Actionabenteuern à la \"Lara Croft\" zu tun hat. Die Logik mag zwar ein wenig hinter den Zweikämpfen zurückbleiben, aber für Freunde dynamischer und unheimlicher Thriller-Action bietet die DVD ein gefundenes Fressen.
Digital-Bild und DTS-Surround-Sound erreichen Referenzniveau, auch wenn in den zahlreichen Schatten so manches Detail verlorengeht, wenn man ein weniger hochwertiges Wiedergabegerät (PC-Monitor, Fernseher) einsetzt.
An Bonusmaterial scheint man dem Käufer auf den ersten Blick viel zu bieten. Sogar das Booklet gemahnt an ähnliche Produktionen wie \"Der Herr der Ringe: Die Gefährten\". Aber beim 2. Blick enthüllen sich Schwächen. Wer will schon zwei Stunden lang französisch parlierenden Herren zugucken und angestrengt die Untertitel verfolgen? Wer sich das antut, wird schon bald vom Gott des Kopfschmerzes bestraft werden.
Vorgewarnte halten sich daher an die vielen schönen bunten Bilder auf der Silberscheibe oder beschränken sich gleich ganz auf den Film. Die FSK-Freigabe ab 16 Jahren ist übrigens vor allem durch die ungeschminkte Darstellung von Tötungsdelikten gerechtfertigt. Man achte also auf ein intaktes Nervenkostüm, bevor man den Film startet.
Michael Matzer (c) 2003ff
Die Handlung schreitet rasant und dynamisch voran, und der Zuschauer fühlt sich mitten in ein Videospiel à la \"Tomb Raider\" versetzt. Beide Wirkungen sind vom Regisseur Pitof (\"Alien 4\") absolut beabsichtigt. Und er meint: \"Erst auf der DVD erschließt sich der Film dem Zuschauer vollkommen.\" Na denn!
Filminfos
O-Titel: Vidocq (F, 2002)
FSK: ab 16
Länge: ca. 94 Min. inkl. Abspann
Regisseur: Pitof
Drehbuch: Jean-Christophe Grangé (frz. Thrillerautor)
Musik: Bruno Coulais
Darsteller: Gerard Depardieu, Guillaume Canet, André Dussolier, Ines Sastre u.a.
Handlung
In den Elendsvierteln der Hauptstadt Paris treibt im Jahr 1830 ein Serienkiller sein Unwesen. Seine Handlanger kaufen junge Mädchen, Jungfrauen, deren armen Eltern ab, um sie einem geheimnisvollen Mann zu überantworten, der allgemein als \"Der Alchimist\" bekannt ist.
Doch das Gesicht dieses Typen, geheime Experimente anstellt, hat noch niemand gesehen - jedenfalls keiner, der das überlebt hätte. Der Killer trägt eine Maske, die das Gesicht des Betrachters spiegelt - meistens im Augenblick des Todes.
Auch Monsieur Vidocq, der berühmteste Polizist bzw. Detektiv von Paris, hat diesen Anblick nicht überlebt, wie es scheint. Gleich in der ersten Szene unterliegt dieser bärenstarke Mensch (gespielt von Depardieu) dem Monster in einem Zweikampf, der in den Gewölben der Glasbrennerei stattfindet. Wir sehen Vidocq in den Abgrund eines Ofens stürzen. Wie konnte es nur dazu kommen?
Um Vidocqs Ableben, das die Pariser erschüttert, aufzuklären, hat sein Partner Nimier keine Kraft. Aber er lässt sich dazu überreden, einem ahnungslosen Landei namens Etienne, der sich als offizieller Biograph Vidocqs ausgibt (Canet), die ganze Story zu erzählen.
Alles begann damit, dass zwei reiche Männer, die im Rüstungsgeschäft tätig waren, auf offenem Feld vom Blitz erschlagen wurden. Sie gingen in Flammen auf. Vidocq kommt hinter die raffinierte Methode, wie dies bewerkstelligt wurde, und greift bei Opfer Nr. 3 ein: Dieser Blitz geht zwar daneben, aber das Opfer, ein Arzt, erleidet einen Herzinfarkt. Offenbar ist der Hintergrund dieser Attacken kein politischer, sondern ein persönlicher.
In den Hüten der Opfer befand sich als \"Blitzableiter\" ein chinesischer Kamm, den eine Pariser Tänzerin hineinfabriziert hatte: die betörende Préah (Ines Sastre, die einzige Frau im Ensemble). Sie hatte einen brieflichen Befehl von dem Unbekannten erhalten. Dieser hatte drei Notabeln der Gesellschaft, eben den Opfern, das Elixier ewiger Jugend versprochen, wenn sie ihm Jungfrauen verschaffen würden. Aus deren Blut wolle der mann mit der Spiegelmaske das Elixier gewinnen. Als sich die Gentlemen nach acht Liferungen weigerten, murkste der Killer sie ab.
Doch nun ist der Killer hinter den Schnüfflern selbst her: Etienne läuft die Zeit davon, der Mörder ist ihm auf den Fersen. Pfiffig findet er einen Tagebucheintrag, der ihm verrät, wo er der Mörder das nächste mal seine Spiegelmaske austauschen muss.
Es kommt zu etlichen handfesten Überraschungen, die die ganze Story auf den Kopf stellen, und zu einem sehenswerten Showdown.
Mein Eindruck: der Film
In Frankreich gab es einmal eine sehr beliebte Serie um den klugen und kreativen Detektiv und Polizisten Vidocq, gespielt von Claude Brasseur. Monsieur Vidocq, seinerzeit der berühmteste Detektiv der Welt, erfand zahlreiche Methoden der Polizeiarbeit, die noch heute in Gebrauch sind, so etwa Fahnungsbilder oder minutiöse Aufzeichnungen über Tathergang, Zeugenaussagen und Leichenbeschreibungen. Vidocq inspirierte wohl auch Edgar Allan Poe zu seinen hervorragenden Detektivgeschichten wie etwa \"Die Morde in der Rue Morgue\".
Der Plan der Produzenten bestand darin, einen Spielfilm auf Basis dieser Serie zu realisieren, doch sie erhielten keine Rechte dafür. So konnten sie ihrem Regisseur Pitof freie Hand lassen, was Aussehen und Handlung des Film anging. Pitof hatte schon das 2. Team bei jeunets Science Fiction-Film \"Alien 4\" geführt und kennt sich hervorragend mit Spezialeffekten und Digitaler Aufnahmetechnik aus. Dieses Wissen nutzte er bei \"Vidocq\" voll und ganz: Man kann es nicht nur auf der Leinwand, sondern vor allem auf der DVD bewundern. Pitof: \"Alles wurde digital durchgeführt: von der Aufnahme über die Postproduktion bis zur Pressung der DVD.\" Die Folge: \"Die Bilder auf der DVD sehen besser aus als auf der Kinoleinwand, weil nicht so viele Informationen verlorengehen.\" Folglich sind selbst noch in den zahlreichen Schatten Details zu erkennen.
Die Story ist recht konventionell: Der Held stirbt in der ersten Szene, und es gilt, seinen Tod aufzuklären und wenn möglich sogar zu rächen. Die zahlreichen Rückblenden gehören zum normalen Werkzeugkasten an Stilmitteln, die dem Regisseur zur Verfügung stehen. Leider nur er die Chance nicht, den Charakter der Hauptfiguren entsprechend herauszuarbeiten, so dass uns die Handlung auf einer menschlichen Ebene interessieren könnte. Statt dessen konzentriert sich der Film auf Schaueffekte. Diese kann mann allerdings heute in vielen Filmen sehen.
Die Optik spaltet die Kritiker
Eine ganz andere Geschichte ist jedoch die Ästhetik, besonders die Optik der Bilder. Dies spaltete die Kritikerkaste und stieß zahlreiche Zuschauer vor den Kopf! Pitof befleißigt sich mehrerer Tricks: Zum einen sieht der Himmel immer aus wie bei einem Gewitter, wie man es auf Gemälden oder Stichen von Gustave Moreau oder El Greco sieht.
Dieser Himmel sieht aber ebenso wenig echt aus wie ein Panoramahimmel, der hinter einem Modellbaukasten an die Wand gemalt wurde. Der Grund für diesen Eindruck ist die verzerrte Perspektive, aus der man auf eine Szene blickt: der bekannte Fischaugeneffekt. Er führt dazu, dass der Hintergrund weit weg rückt, aber Objekte im Vordergrund überdimensionale Größe und Realität annehmen. Panoramen wie der Innenhof des Invalidenhofs werden so zu gefährdeten Ebenen, auf die man sich lieber nicht wagt. Und Notre-Dame ragt auf wie ein dunkel dräuendes Gebirge aus Stein.
In den Gewölben der Glasbrennerei füllen riesige Gesichter die Leinwand, in denen man jede Pore und jeden Schweißtropfen sieht. Dieser Hyperrealismus ist nur möglich durch die High-Definition Digitalkamera, die Pitof verwendete. (Man vergleiche manche Bilder aus \"Alien 4\" damit.) Der Eindruck der Verzerrung der Realität ist dann aber bei den gewaltsamen Begegnungen mit dem \"Alchimisten\" höchst willkommen: jede Begegnung mutet wie ein böser Traum an. Insbesondere der Fight zwischen Vidocq und Alchimist in dessen grauenerregendem Labor ist eine Übung in Raumverzerrung. Die übernatürlich wirkende Agilität des Killers, die an asiatische Kampfsporttechnik gemahnt, trägt ein Übriges zu dem Eindruck bei, es mit einem mörderdischen Mysterium zu tun zu haben.
Aber die Wirkung kann auch aufgesetzt wirken. An groteske Szenen aus Fellinis legendärem \"Casanova\" erinnert jedenfalls Etiennes Vorstoß in den Rotlichtbezirk des Quartier du Temple. Du ausgestellten, grell geschminkten Vorzüge der käuflichen Damen sollen wie eine Phantasmagorie wirken. Doch der Betrachter, das landei Etienne, fällt weder in Ohnmacht noch lässt er sich umgarnen, sondern spaziert einfach mitten durch - bis zur nächsten Attraktion und Informationsquelle. In dieser Szene wirkt der Surrealismus nicht.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 1,85:1, 16:9
Tonformate: Deutsch: DTS, DD 5.1, Dolby Surround 2.0; Französisch: DD 5.0, Dolby Surround 2.0
Sprachen: Dt., Frz.
Untertitel: deutsch
Extras:
- Interview mit dem Regisseur Pitof (ca. 62 Minuten)
- Interview mit dem Drehbuchautor, dem Bestsellerautor Jean Christophe Grangé, der auch die Vorlage für \"Die purpurnen Flüsse\" lieferte (ca. 60 Minuten)
- Interview mit den Schauspieler Ines Sastre, Guillaume Canet (9 Minuten), aber keine mit den Stars Depardieu oder Dussolier.
- Bio- und Filmografien
- Making of \"Vidocq\" (ca. 15 Min.)
- Making of \"The Mask\" (Vortrag über CGI-Spezialeffekte mit Bildbeispielen)
- Storyboards
- Artwork + Diashow (Entwürfe von Comic-Künstler Caro)
- Kostüm-Bildergalerie
- Musikvideo \"Apocalyptica\"
- 2 Teaser (= Kurztrailer)
- Frz. und dt. Trailer
- DVD-Rom-Part zu diversen Websites
Mein Eindruck: die DVD
Der obigen Liste ist nur wenig hinzuzufügen. 160 Minuten Zusatzmaterial sprechen für sich. Allerdings muss man aufpassen, wie diese Zeit genutzt wird. Allein 130 Minuten davon gehen für Interviews drauf, von denen nur eines wirklich spannend ist, das mit Regisseur Pitof. Leider ist die Übersetzung des Wortes in deutsche Untertitel nicht immer grammatisch einwandfrei gelungen. Was man wirklich vermisst, ist ein Wort (oder gar zwei) von Superstar Depardieu.
Sei\'s drum. Das Making-of ist ordentlich geworden, und die Fotogalerien vermitteln einen Eindruck vom Aufwand, der für den Film getrieben wurde. Immerhin wurde sechs Jahre daran geplant, zwei Jahre lang daran geschrieben (Grangé) und etwa Jahr daran gedreht und postproduziert (Pitof). Gott sei Dank für ein üppiges Budget!
Unterm Strich
Den Zuschauer erwartet mit \"Vidocq\" nicht etwa den übliche betuliche Kostümschinken à la ZDF-Vierteiler \"Napoleon\". Vielmehr darf man sich anschnallen, festhalten und abfliegen in einen Bildersturm, der mehr mit Science Fiction und Actionabenteuern à la \"Lara Croft\" zu tun hat. Die Logik mag zwar ein wenig hinter den Zweikämpfen zurückbleiben, aber für Freunde dynamischer und unheimlicher Thriller-Action bietet die DVD ein gefundenes Fressen.
Digital-Bild und DTS-Surround-Sound erreichen Referenzniveau, auch wenn in den zahlreichen Schatten so manches Detail verlorengeht, wenn man ein weniger hochwertiges Wiedergabegerät (PC-Monitor, Fernseher) einsetzt.
An Bonusmaterial scheint man dem Käufer auf den ersten Blick viel zu bieten. Sogar das Booklet gemahnt an ähnliche Produktionen wie \"Der Herr der Ringe: Die Gefährten\". Aber beim 2. Blick enthüllen sich Schwächen. Wer will schon zwei Stunden lang französisch parlierenden Herren zugucken und angestrengt die Untertitel verfolgen? Wer sich das antut, wird schon bald vom Gott des Kopfschmerzes bestraft werden.
Vorgewarnte halten sich daher an die vielen schönen bunten Bilder auf der Silberscheibe oder beschränken sich gleich ganz auf den Film. Die FSK-Freigabe ab 16 Jahren ist übrigens vor allem durch die ungeschminkte Darstellung von Tötungsdelikten gerechtfertigt. Man achte also auf ein intaktes Nervenkostüm, bevor man den Film startet.
Michael Matzer (c) 2003ff
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