Polo Jacke Pharao Tibet Testbericht

Normalerweise wird hier im Tempel die gute alte Lederkluft bevorzugt, wenn's ums Entern des Bikes geht. Doch Textilklamotten sind leichter, bequemer und werden immer auch sturztechnisch immer sicherer, sodass Merkwürden letztes Jahr alle Dogmen über Bord warf und tatsächlich eine lange Textil-Jacke bei Polo erstand. Die durfte ihre Nehmer-Qualitäten unlängst unter Beweis stellen und wurde bei einem kurzen aber heftigen Bodenkontakt dabei gleich zerschossen. Ihren Job, meine kostbare Haut zu retten, hat sie dabei so gut erledigt, dass umgehend für Ersatz gesorgt wurde. Ihre Nachfolgerin steht nun wärmend und schützend in meinen Diensten. Bisher unversehrt.

In and Out
Angeboten wird die Tibet-Jacke in verschiedenen Größen und Versionen, die Geschlechtertrennung lässt schön grüßen. Allerdings ist dies natürlich keinesfalls als Diskriminierung zu verstehen, sondern trägt der doch etwas anderen Anatomie von Männlein und Weiblein Rechnung. Und deren modischen Geschmack. Während die Lady-Version zum geänderten Schnitt auch etwas bunter (z.B. weiß/orange oder weiß/blau) daherkommt, bekommen die Kerls höchst männliches Grau/Schwarz, Sand/Schwarz oder Schwarz uni angepottet. Die Größen rangieren von S - XXL und sind halbwegs ehrlich bemessen, will heißen, ich mit meiner Konfektionsgröße von 50/52 passe gut in L.

Noblesse Oblige
Premium verpflichtet. Unter dem Label "Pharao" verkauft Polo seine Enduro- und Outdoor-Kollektion, also den staubigen Geschmack von Freiheit und Abenteuer. Das entspricht in etwa Louis' "Madhead"-Marke, die ein ähnliches Klientel bedient. Nur Pharao ist noch ein gutes Stück gediegener und besser ausgestattet. Die Jacke hat so manches ausgefallene und nützliche Feature zu bieten. Nicht umsonst rangiert ihr Listenpreis noch ein gutes Stück jenseits der magischen 150 Euro-Marke. 169 werden dafür normalerweise aufgerufen. Weiß der Mopped-Gott - kein Pappenstiel.

Wasser- und winddichte Klimamembrane ("PoloTex Premium", vergleichbar mit GoreTex oder Sympatex). Abriebfeste Textilfasern mit 500D (an einigen Stellen gar 1000D), individuell positionierbare CE-Protektoren am Rücken (nicht im Lieferumfang enthalten - s.u.), Schultern und Ellbogen. Zusätzlicher Lederbesatz an den Schultern, massenhaft Taschen an allen möglichen Positionen, diverse (verschließbare) Belüftungsschlitze, persönlich einstellbare Kompressionsgurte an Ober- und Unterarm und auch das Isolier-Innenfutter (herausnehmbar) sind schon mal ein Wort. Die sicherheitsrelevanten Nähte sind doppelt nach ISO 4916 ausgeführt.

Der Hauptreißverschluss ist zusätzlich mit einem Klett in voller Länge und obendrauf mit Druckknöpfen gesichert. Die Taschen sind auch gleich zweifach verschlossen, nämlich ebenfalls mit Klett und Druckknopf. Besonders pfiffig ist der kleine Klarsicht-Einschub am linken Arm - eigentlich gedacht für Uhr, Kompass etc. Ich missbrauche das Täschchen gerne für meinen Werksausweis, wenn ich mit dem Hobel ins Werk fahre. Brauch ich nicht das Portemonnaie aus der Innentasche fummeln, was sich mit Handschuhen stets denkbar abenteuerlich gestaltet.

Ein kurzer Verbindungsreißverschluss nimmt nicht nur mit Hosen aus dem eigenen Hause (FLM, Mohawk, Road und natürlich Pharao) Verbindung auf, auch die Konkurrenz darf mitspielen. Zumindest bei der Wahl der Beinkleider bleiben zumindest Fans der konkurrierenden Louis-Kette nicht außen vor, deren Reißverschlüsse sind ebenfalls kompatibel. Pech haben Hein Gericke Kunden, dort setzt auf eine andere, eigene Verzahnung, die nur mit HG kompatibel ist. Doch keine Panik, der Rettungsanker naht: Alle die keinen (passenden) Reißverschluss vorweisen können, mögen auf den pfiffigen, integrierten Sitzsteg zurückgreifen, der versteckt im Futter auf seinen Einsatz lauert, um die Jacke am Hochrutschen zu hindern.

Leider befindet sich in der Rückentasche serienmäßig kein CE-Protektor, sondern nur ein Platzhalter. Die Matte aus PU-Schaum hat das richtige Format und bietet zwar auch einen gewissen Schutz, wenn's einen auf den Rücken haut, doch der wahre Jakob ist das auf keinen Fall. Also: Unbedingt zertifiziertem Protektor nachrüsten (oder externen drunterziehen). In Schulter und Ellbogen sind bereits "richtige" Protektoren drin. Diese fast ausschließlich von Polo verwendeten Pads werden aufgrund ihrer Form gerne als "Schildkrötenpanzer" belächelt, sind aber durchaus bequem zu tragen, praktisch und vor allem: CE-zertifiziert.

Fazit
Die Features lesen sich, wie ein Who-is-Who moderner Materialien und Techniken, die nicht nur Bikers Herz erfreuen, sondern etwa auch die des Trekking-begeisterten Wanderers. Die Protektoren machen die ohnehin schon wuchtige Jacke recht steif und schwer, was man grade auf dem Moped jedoch nicht so realisiert, sich im Falle des Falles aber als sehr wirksam erweist. Besonders bei usseligem Wetter ist der Zwirn eine exzellente Wahl. Robust, atmungsaktiv, wasser- und winddicht und mit einer Menge Taschen und Täschchen gesegnet. Ihr Einsatz ist theoretisch nicht nur aufs Motorrad beschränkt, wenngleich sie dafür konzipiert ist - auch Outdoor-Enthusiasten können sie durchaus mal anprobieren.