Gut gegen Nordwind (Taschenbuch) / Daniel Glattauer Testbericht

ab 4,50
Auf yopi.de gelistet seit 03/2009
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Summe aller Bewertungen
  • Niveau:  anspruchsvoll
  • Unterhaltungswert:  durchschnittlich
  • Spannung:  hoch
  • Humor:  humorvoll
  • Stil:  ausschmückend

Erfahrungsbericht von BulmaZ

...sich in Worte verlieben.

5
  • Niveau:  durchschnittlich
  • Unterhaltungswert:  sehr gering
  • Spannung:  hoch
  • Humor:  humorvoll
  • Stil:  ausschmückend
  • Zielgruppe:  Männer

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

Gehypte und von allen Seiten in den Himmel gehobene Bücher lösen bei mir normalerweise immer nur eins aus: Abscheu und Widerwillen. Viel zu oft schon habe ich mir Romane zugelegt, die alle Welt toll fand und bei denen ich mir am Ende dachte: Haben die einfach alle keinen Anspruch? Habe ich einen so merkwürdigen Geschmack? Nichtsdestotrotz erlag ich am vergangenen Wochenende einem solchen Roman, den alle Welt liebt. Nach knappen zwei Tagen hatte ich dann auch schon folgendes Büchlein ausgelesen:

Gut gegen Nordwind – Daniel Glattauer

:: Bezugsquelle & Preis ::

Gekauft habe ich das Taschenbuch bei Thalia.
Dort habe ich den üblichen Preis von 7,95 € bezahlt.

:: Eckdaten ::

Titel: Gut gegen Nordwind
Autor: Daniel Glattauer
Verlag: Goldmann
Erscheinungsjahr: 2006
Genre: Briefroman [?]
Seitenanzahl: 223 Seiten

:: Daniel Glattauer ::

Daniel Glattauer (* 19. Mai 1960 in Wien) ist ein österreichischer Schriftsteller. Daniel Glattauer wuchs im 10. Wiener Gemeindebezirk Favoriten auf und besuchte die Neulandschule am Laaer Berg. 1978 maturierte er und studierte ab 1979 Pädagogik und Kunstgeschichte. Nach Abschluss seines Studiums im Jahr 1985 schrieb er zunächst rund drei Jahre lang für Die Presse und wechselte danach zu der neu gegründeten Tageszeitung Der Standard, wo er seit 1989 unter dem Kürzel „dag“ für Kolumnen, Gerichtsreportagen und Feuilletons zuständig ist. […]Sein 2006 veröffentlichter Roman Gut gegen Nordwind wurde im selben Jahr für den Deutschen Buchpreis nominiert. Das Buch handelt als moderne Form des Briefromans von einer durch Zufall entstandenen E-Mail-Korrespondenz zwischen einem alleinstehenden Mann und einer verheirateten Frau und kann als moderne Variante von Gustave Flauberts Ehebruch-Roman Madame Bovary verstanden werden. Die Bühnenfassung wurde am 19. September 2007 im Linzer Posthof uraufgeführt. 2009 erschien die Fortsetzung Alle sieben Wellen.

Quelle: www.wikipedia.de

:: Gut gegen Nordwind ::

Eigentlich will Emmi nur ihr Zeitschriftenabo bei „Like“ per E- Mail abbestellen. Ihre Kündigung allerdings landet nicht bei der Zeitschrift, sondern bei Leo Leike. Was zunächst ein harmloses, witziges und geistreiches Geplänkel ist, wächst sich alsbald zu einer intensiven E – Mail Freundschaft aus, bei der mehrmals täglich unzählige Mails über den Äther geschickt werden. Anfangs nur zögerlich, bald allerdings in höherem Maße, erzählen sich Leo und Emmi Dinge aus ihrem Privatleben. Dabei baut sich eine Innigkeit auf, die alsbald nach einem Treffen schreit. Dennoch haben beide so ihre Zweifel. Würde ihre virtuell so hervorragend funktionierende Beziehung einem realen Treffen standhalten? Leo und Emmi vereinbaren ein Nicht – Treffen: Sie verabreden sich in einem Kaffee, allerdings nur, um sich umzuschauen und zu raten, wer der jeweils andere sein könnte…

:: Eindrücke ::

Daniel Glattauer hat mit „Gut gegen Nordwind“ einen absolut unkonventionellen Roman abgeliefert, der sich nicht nur aufgrund seines besonderen und ungewöhnlichen Stils von allem bisher Dagewesenen abhebt. Er fällt auch schwer in ein Genre zu kategorisieren – als schnöden Liebesroman möchte man dieses Meistwerk der Schreibkunst aber wohl in keinem Falle abtun. Diese Bezeichnung würde der Qualität des Buches einfach nicht gerecht.

Schon von Beginn an wirkt „Gut gegen Nordwind“ erfrischend, neu und aufregend. Die Story an sich ist ganz sicher nicht neu – viele der Leser werden so etwas in dieser oder vermutlich eher ähnlicher Form schon erlebt haben. Genau das macht es nicht neu. Und genau das macht es so herrlich realistisch. Man taucht von der ersten E – Mail an ein in diesen Roman, lässt sich mitreißen und verfolgt die sich zunehmend steigernde Korrespondenz zwischen Leo und Emmi. Im Prinzip geht es die gesamten rund 200 Seiten stets immer nur um ein und dasselbe: den Kontakt zwischen zwei sich vollkommen fremden Menschen, die einander aufgrund ihres Stiles Mails zu schreiben nachhaltig beeindrucken können. Es geht ebenso immer wieder um die Frage: Treffen oder nicht treffen? Unweigerlich stellt man sich während des Lesens und vermutlich auch danach die Frage, was man selbst täte. Immerhin ist der virtuelle Kontakt nicht von alltäglicher Natur, erstrecht nicht von alltäglichem Niveau. Würde man so etwas also aufgeben, nur um seine Neugier zu befriedigen? Dies zu beantworten fällt mit zunehmendem Voranschreiten im Roman schwerer.

Interessant an „Gut gegen Nordwind“ ist wohl, dass der eigentliche Plot in einem Satz zusammengefasst werden könnte, in der Folge also inhaltlich wenig umfangreich ist. Innerhalb eines anderen Genres oder vielmehr mit einer anderen Umsetzung wäre dies wohl sehr platt und vermutlich auch langweilig. Hier ist es anders. Daniel Glattauer konstruiert einen Zauber, eine Magie, der man sich nicht entziehen kann. Man braucht gar nicht viel Brimborium, um die Geschichte spannend zu finden – wenn auch nicht spannend im eigentlichen Sinne. „Gut gegen Nordwind“ ist nicht nur zuweilen realistisch, es ist Herz erwärmend, erfrischend, einfach anders. Man muss die Geschichte einfach lieben, genauso wie ihre beiden tippenden Protagonisten.

Einen Roman ausschließlich mit E – Mails zu füllen, war sicherlich ein riskantes Manöver, das bestimmt auch zuweilen nicht bei jedem Leser Anklang gefunden haben wird. Immerhin schließt der Autor durch seine Stilwahl von vornherein vieles kategorisch aus. Keine Beschreibungen von Orten, Gedanken, Gefühlen. Es gibt lediglich den fortwährenden virtuellen Dialog zwischen Leo und Emmi zu lesen. Allerdings ist diese Idee genauso erfrischend wie die gesamte Geschichte und ihre Umsetzung. Einen Roman zu lesen, der ausschließlich aus E – Mail Verkehr besteht, ist doch sicher für so ziemlich jede eingefleischte Leseratte etwas Neues, Spannendes. Doppelt erfreut dürfte bei diesem Roman aber auch jener Leser sein, der einer ausdrucksvollen und rhetorisch hochwertigen Sprache etwas abgewinnen kann. Einer Sprache, die viel Raum für eigene Gedanken lässt, dabei aber mit vielen Gefühlsregungen spielt. Daniel Glattauer bedient beide Rollen, die der Emmi und die des Leo, hervorragend. Beide Stile wirken ausgefeilt bis ins Detail. Dabei bedient er sich so ziemlich allem, was in einem Dialog unterbringen kann: Sarkasmus, Ironie, Witz, Gefühl, Schlagfertigkeit. Alles zusammen ergibt die reinste Achterbahnfahrt. Glattauers Ausdrucksweise bleibt dabei kontinuierlich auf hohem Niveau, ohne hochtrabend zu werden. „Gut gegen Nordwind“ kann man also durchaus auch wegen seiner Sprache lesen.

Wie sich bereits aus der Inhaltsangabe und dem E – Mail Stil des Romans logisch ergibt, treten in „Gut gegen Nordwind“ lediglich zwei Protagonisten auf: Emmi Rothner und Leo Leike. Emmi ist verheiratet und hat zwei Kinder, Leo führt eine immer – mal – wieder – Beziehung zu Marlene, die beiden außer Frust und Kummer nichts gibt. Dennoch haben beide eine enorme Portion an Selbstbewusstsein und Witz. Ihr E – Mail Verkehr wirkt zuweilen wie ein literarisches Pingpong, bei dem beide Parteien stets gleichauf sind. Emmi und Leo sind sympathisch – keine Frage. Denn es wird sich sicher jeder Leser in einem der beiden wieder finden; zumindest in Teilaspekten. Sie beide sind absolut normale Menschen mit Makeln, aber frei von Klischees. Obwohl man mangels optischer Beschreibung nicht weiß, wie die beiden aussehen, kann man sie sich sehr bildhaft vorstellen. Bildhaft und plastisch werden sie durch die Charaktere, die sie darstellen. Und das spricht doch vielmehr für den Autor und sein Können, als ein ellenlanges Beschreiben optischer Vorzüge.

Unterm Strich ist „Gut gegen Nordwind“ ein bittersüßer Roman, den man gelesen haben sollte – auch, wenn ich mit solchen Äußerungen nur ungern um mich werfe, da sie mich meinerseits schon oft zu Romanen getrieben haben, mit denen ich am liebsten meinen nicht vorhandenen Kamin beheizt hätte. Hier allerdings trifft es zu. Glattauers Roman ist von allem etwas: Witz, Melancholie, Traurigkeit, Spaß. Man könnte es, so man denn ein Freund abgedroschener und mindestens einmal zu oft verwendeter Phrasen wäre, als Wechselbad der Gefühle bezeichnen. „Gut gegen Nordwind“ ist ein Roman, der anders ist als andere. Ein Roman, den man locker an einem gemütlichen Nachmittag oder einer gemütlichen Nacht durchgelesen haben dürfte. Er überzeugt durch ein hohes Stilniveau und letztlich durch ein Ende, das sich für den Leser zwar wie ein Schlag in die Magengrube anfühlt, aber besser gewählt nicht hätte sein können. Langer Rede kurzer Sinn ist also: Lesen und verzaubern lassen.

66 Bewertungen, 18 Kommentare

  • bigmama

    26.03.2010, 08:06 Uhr von bigmama
    Bewertung: sehr hilfreich

    LG Anett

  • Piefke82

    24.03.2010, 21:12 Uhr von Piefke82
    Bewertung: sehr hilfreich

    Liebe Grüße, Piefke

  • anonym

    24.03.2010, 17:35 Uhr von anonym
    Bewertung: sehr hilfreich

    Schöne Grüsse, Talulah

  • Steinbock78

    24.03.2010, 14:46 Uhr von Steinbock78
    Bewertung: sehr hilfreich

    Liebe Grüsse und genieß das schöne Wetter Steinbock78

  • mima007

    24.03.2010, 14:18 Uhr von mima007
    Bewertung: sehr hilfreich

    Viele Gruesse, mima007

  • bettie47

    24.03.2010, 02:55 Uhr von bettie47
    Bewertung: sehr hilfreich

    Super Grüße von Bettie47

  • timecode001

    24.03.2010, 01:00 Uhr von timecode001
    Bewertung: sehr hilfreich

    Klasse Grüße v.timecode001

  • Hamsterbacke09

    24.03.2010, 00:07 Uhr von Hamsterbacke09
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sehr hilfreich. Freue mich immer auf Gegenlesungen und Leserunden.

  • morla

    23.03.2010, 21:36 Uhr von morla
    Bewertung: sehr hilfreich

    lg. ^^^^^^^^^^^^petra

  • senora

    23.03.2010, 20:49 Uhr von senora
    Bewertung: sehr hilfreich

    Die Sonne lacht und ich lächel mit. SH. LG

  • laeuft

    23.03.2010, 18:43 Uhr von laeuft
    Bewertung: sehr hilfreich

    Toll berichtet, LG Franz

  • rainbow90

    23.03.2010, 18:23 Uhr von rainbow90
    Bewertung: sehr hilfreich

    Ein toller Bericht. LG

  • Maria90

    23.03.2010, 17:55 Uhr von Maria90
    Bewertung: sehr hilfreich

    schönen dienstag. freue mich über ein paar gegenlesungen.

  • tina08

    23.03.2010, 17:32 Uhr von tina08
    Bewertung: sehr hilfreich

    Viele Grüße .... Tina

  • Jack100

    23.03.2010, 17:26 Uhr von Jack100
    Bewertung: sehr hilfreich

    Danke für das Lesen meines Berichtes. Viele Grüße

  • struppitoeter

    23.03.2010, 17:25 Uhr von struppitoeter
    Bewertung: sehr hilfreich

    Sehr hilfreich! Super!

  • sigrid9979

    23.03.2010, 15:59 Uhr von sigrid9979
    Bewertung: sehr hilfreich

    Schön berichtet.....

  • KaTaRaGiRl

    23.03.2010, 15:34 Uhr von KaTaRaGiRl
    Bewertung: sehr hilfreich

    würde mich über gegenlesung sehr freuen