Flammenbrut (Taschenbuch) / Simon Beckett Testbericht

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ab 13,97
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5 Sterne
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Summe aller Bewertungen
  • Niveau:  anspruchsvoll
  • Unterhaltungswert:  durchschnittlich
  • Spannung:  hoch
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Stil:  ausschmückend

Erfahrungsbericht von LilithIbi

„Jedem zu zeigen, dass er da war.“

4
  • Niveau:  anspruchsvoll
  • Unterhaltungswert:  durchschnittlich
  • Spannung:  hoch
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Stil:  ausschmückend
  • Zielgruppe:  Männer

Pro:

-

Kontra:

-

Empfehlung:

Ja

„Egoistisch?“ Alex drehte sich zu ihr um.
„So etwas vor so vielen vollkommen fremden Menschen zu tun. Ohne sich dafür zu interessieren, wie furchtbar es für sie ist.“
„Hätten sie sich denn für ihn interessiert, wenn er es nicht getan hätte?“
„Nein, wahrscheinlich nicht, aber....“
„Also, warum sollte er sich dann für sie interessieren?“
(Zitat, S. 177)

~ Nachdem ich aus persönlichen und somit fast nur vor mir selbst nachvollziehbaren Gründen jahrelang einen Bogen um Simon Beckett's Werke machte, wurde mir erst durch dessen Roman „Tiere“ klar, dass nicht jede seiner Veröffentlichungen was mit der David Hunter Reihe zu tun haben würde. Nach und nach lese ich somit ebenfalls die Thriller, die andere z.T. bereits als „langweilig“, respektive eher mittelprächtig gelungen bezeichneten.

Flammenbrut umfasst als Taschenbuchausgabe 398 Seiten und hielt mich zu guter letzt länger beschäftigt, als ich es an für sich erwartet hätte. Soll heißen: der auf Spannung basierende unbedingte Drang, die Lektüre schnellstmöglich zu beenden, war in diesem Fall für mich nicht gegeben. Mehr noch: zwischendurch legte ich das Buch immer wieder mal auf Seite, machte einen Tag Pause oder hatte schlicht und ergreifend keine Lust.
Was alles nicht sonderilch negativ klingt, in meinem persönlichen Dasein jedoch durchaus eine gewisse Ausnahme darstellt.

Fakt ist, dass die Geschichte rund um Kate Powell, die ~ wie der Klappentext treffsicher offenbart ~ eine künstliche Befruchtung in Betracht zieht, durchaus ihren Reiz hat. Kate's beste Freundin Lucy ist wenig angetan von dieser Idee, bezieht quasi im Gesamtwerk stets die gegenteilige Position, was die Freundschaft auf eine wackelige Basis hebt. Als der vermeintliche Samenspender Alex Turner gefunden ist, ist Lucy zwar ebenfalls von dem jungen Mann begeistert ~ doch die kleinen Debatten zwischen den Frauen nehmen mehr und mehr Überhand. Kate kämpft im weiteren Verlauf schließlich alleine auf weiter Flur ~ tragischerweise genau dann, als sie ihre beste Freundin dringend gebraucht hätte....

'''Die Umsetzung versteht es durchaus, mich bereits auf den ersten Kapiteln regelrecht zu packen und gebannt-gespannt auf die Zeilen zu kleben. Die Szenerie rund um Lucy's eigene Kinder erweckt nicht nur beim Leser einen Verdacht, der auf besondere Art nachzuwirken versteht und vermutlich vorrangig den weiblichen Lesern ins (gedacht)mütterliche Herz schneidet:

„Du brauchst gar kein Mitleid mit ihm zu haben! Rowdys verdienen kein Mitleid!“ Die letzten Worte galten wieder ihrem Sohn. Immer noch schluchzend, rappelte er sich hoch und tappte mit ausgestreckten Armen auf sie zu. „Nein, ich will dich nicht haben“, sagte Lucy, als er vor sie hintrat. „Mit Rowdys will ich nichts zu tun haben.“
(Zitat, S. 79)

Jene überraschende Härte hinterlässt eine gewisse Skepsis beim Leser, bestätigt zumindest die vorherige Charakterisierung, dass Lucy überaus skeptischer wie auch resoluter Natur ist, die nur schwer von ihrer einmal gefassten Meinung abzubringen ist. Der Umstand, dass ihr Mann Jack ganz und gar nicht vehement gegen Kate's Idee ist, trotz Singleleben Mutter zu werden, gießt naturgemäß weiteres Feuer in die angespannte Freundschaftssituation.

Besonders hervorzuheben an dieser Stelle, dass es dem Autoren Simon Beckett bravourös gelang, den Leser unauffällig mitten ins Prozedere einzuweben. Kapitel für Kapitel kommt man kaum umhin, selbst pro und contra bezüglich einer künstlichen Befruchtung abzuwägen; ist vermutlicih überdies recht angetan von der Idee, eine Zeitungsannonce zu schalten, damit Kate sich quasi selbst einen Spender aussuchen kann. Der gruselig-gefährliche Aspekt dieser Idee tut sich erst nach und nach, beim genaueren drüber nachdenken auf ~ und doch ist man allzu gerne bereit, Kate Optimismus zu teilen und ihre Vorsichtsmaßnahmen als ausreichend anzusehen.

Lobenswert im diesem Zusammenhang nicht zuletzt die Tatsache, dass sich der Autor zur Niederschrift seines Thrillers umfassend mit dem Thema der künstlichen Befruchtung auseinandergesetzt und regelrecht recherchiert hat. Während man gleichermaßen jenes Tun irgendwo auch erwartet, gibt es zweifelsohne Romane, die die Vorgänge eher am Rande behandeln und trotzdem glaubwürdig bleiben. Simon Beckett hingegen geht noch einen ganzen Schritt weiter: mit immensen Feingefühl schildert er die Kleinigkeiten des Prozederes, während aus jeder betreffenden Zeile eine Art Hochachtung vor Schwangeren (oder gar Frauen an sich) hervordringt. Nicht nur, dass er detailliert auf die verbundenen Empfindungen Kate's eingeht; vielmehr merkt der Leser einen gewissen Respekt, die der Verfasser dem Zentrum des Romanes entgegenbringt.
Vergleichbare Werke erwähnen möglicherweise den Aspekt gewisser Verbote wie Kaffee, Nikotin und dergleichen sowie nicht zuletzt die weitverbreitete Morgenübelkeit ~ in „Flammenbrut“ wiederum leidet der Leser förmlich mit; fühlt die Bedrängnis, in der sich jene befinden, die mitten in der Bahn von dem unsteten Drang, sich auf der Stelle zu übergeben, als wäre es seine eigene.

Dementgegen wirkt „Flammenbrut“ bedauerlicherweise an manchen Details etwas zu konstruiert oder gar unglaubwürdig. Dass Kate als Leiterin einer Werbeagentur nicht wissen soll, wie man einen PC einschaltet, spielt im Buch zwar nicht mal eine Rolle; wirkt sich nichtsdestominder jedoch gleichermaßen befremdlich auf den Leser aus wie manch andere Randentwicklungen, die man schlicht und ergreifend als „zu viel des Guten“ kritisieren könnte. Dass der Zufall es so will, dass Kate in einer einzigen Situation gleichzeitig auf drei seitens Alex Turner verfasste Presseartikel (Zwillingsforschung, Zwangsstörung, sowie Pyromanie) stößt, die auf die weitere mögliche Entwicklung anspielen.... nunja, jenes könnte man mit guten Willen durchaus als aufsteigende Spannungskurve bezeichnen, zumal mindestens eine dieser Facharbeiten raffiniert versteht, den Leser erneut auf die falsche Fährte zu locken.
Über die von mir unterstellte Unmöglichkeit, Paketband, welches mehrfach um eine betreffende Stelle gewickelt wurde, binnen Sekunden durchzubeißen, kann, will und werde ich mich an dieser Stelle nicht weiter auslassen, um der Lektüre nichts vorneweg zu nehmen.

Generell handelt es sich bei „Flammenbrut“ um einen Thriller, der am besten funktioniert, desto weniger Details man vorab kennt ~ Überraschungen, Wendungen, Andeutungen, die völlig in die Irre führen gibt es zuhauf und machen nicht zuletzt einen unabstreitbaren Reiz aus, den ich niemanden vorweg nehmen möchte. Fakt ist dennoch, dass mit Kapitel 10 ein von mir nicht näher bezeichneter Umschwung seinen Einzug erhält; den die Lektüre hier bereits durchaus nötig gehabt hat. So gerne man an Kate's Leben teilnimmt, so sehr driftet der Roman anfänglich beinahe gen typischer Frauenfreundschaftsroman ab. Was meiner Meinung nach generell zwar nichts schlechtes ist; jedoch vermutlich eben eher wenig das, was der Großteil der Beckett-Fans bei dieser Lektüre erwartet hätte.
Die anschließende Ereignisse nebst Offenbarungen, die mir als Leser durchaus den Unterkiefer runterklappten, kamen nicht nur überraschend, sondern überdies dergestalt, dass nun endlich der Punkt erreicht war, an dem ich das Buch kaum noch aus der Hand legen wollte.

Der Umstand hingegen, dass der Thriller sich erneut ein wenig in die Länge zog, sorgt schlussendlich für den von mir vorgenommen Punktabzug.

===Summa summarum=== hat mir „Flammenbrut“ durchaus gefallen; wenngleich meiner Meinung nach sogar der Ausgang des letzten Kapitels im Detail ansatzweise unnachvollziehbar erscheint. Da ich jedoch kaum je in der Situation war, die hier ihren Platz findet, kann ich jenes vermutlich nicht wirklich beurteilen ~ überdies lässt sich das Tun durchaus mit der stetig zwischen den Zeilen eingeflochtenen Charakterisierung der Protagonisten erklären.

Abschließend fällt es mir schwer, nachzuempfinden, wieso „Flammenbrut“ so viele schlechte Kritiken erhielt. Ob und inwieweit jenes damit konform geht, dass der Wiedererkennungfaktor für Leser der Hunter-Reihe nicht gegeben sein mag, lässt sich von mir nur vermuten ~ eben weil ich wie eingangs erwähnt jene Veröffentlichungen nicht kenne.

Nichtsdestotrotz kann ich guten Gewissens hier die 4sternige Empfehlung aussprechen ~ und widme mich mit einer unweigerlichen Erwartungshaltung alsbald dem ebenfalls mehr schlecht als recht beurteilten Thriller „Obsession“.

30 Bewertungen, 6 Kommentare

  • belli81charlotte

    03.12.2012, 14:08 Uhr von belli81charlotte
    Bewertung: sehr hilfreich

    Schöne Adventstage wünsch ich dir ;-)

  • Miraculix1967

    15.08.2011, 21:43 Uhr von Miraculix1967
    Bewertung: sehr hilfreich

    Schöner Bericht und einen schönen Abend wünsche ich!

  • morla

    14.08.2011, 22:16 Uhr von morla
    Bewertung: sehr hilfreich

    lg. ^^^^^^^^^^^^^petra

  • sirikit06

    14.08.2011, 20:26 Uhr von sirikit06
    Bewertung: besonders wertvoll

    Wünsche Dir noch einen schönen Rest-Sonntag! LG

  • Matze081

    14.08.2011, 13:58 Uhr von Matze081
    Bewertung: sehr hilfreich

    Schöne Grüße aus Greifswald ;)

  • Lale

    14.08.2011, 13:25 Uhr von Lale
    Bewertung: sehr hilfreich

    Allerbesten Gruß *~*