Der Menschenräuber (gebundene Ausgabe) / Sabine Thiesler Testbericht

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ab 8,96
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Summe aller Bewertungen
  • Niveau:  anspruchsvoll
  • Unterhaltungswert:  gering
  • Spannung:  durchschnittlich
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Stil:  sehr ausschmückend

Erfahrungsbericht von margy

menschenräuber

3
  • Niveau:  durchschnittlich
  • Unterhaltungswert:  hoch
  • Spannung:  hoch
  • Humor:  kein Humor
  • Stil:  ausschmückend
  • Zielgruppe:  Männer

Pro:

siehe bericht

Kontra:

siehe bericht

Empfehlung:

Ja

Zum Buch:

Die gebundene 464seitige Ausgabe des Buches erschien im Heyne Verlag als Roman am 24. Mai 2010 in deutscher Sprache. Unter der ISBN 978-3453266315 kostet es 19,95 €.

Buchumschlag:

Das Gesicht einer versteinert wikenden Frau mit weißen Rastern vor den Augen, die an Jesu Kreuzigung erinnert, ist das Cover des Buches in schwarzweiß.

Autorin:

Sabine Thiesler (* 1957 in Berlin) ist eine deutsche Schriftstellerin, Synchronsprecherin und Schauspielerin.

Klappentext:

Wehe, wenn wir uns wiedersehen

Zuerst verliert er durch einen schrecklichen Unfall seine Tochter. Dann seinen Beruf und schließlich seine Frau. Als der erfolgreiche Medienmanager Jonathan in einem einsamen Bergdorf in der Toskana ankommt, scheint er am Ende zu sein. Doch dann trifft er die junge Sophia und beginnt mit ihr ein neues Leben. Bis ihn die Vergangenheit einholt. Aus Rache wird er zum Mörder, aber das ist erst der Anfang ...
Die junge Kunststudentin Giselle wird am helllichten Tag von einem betrunkenen Autofahrer überfahren und tödlich verletzt. Ihr Vater Jonathan, ein erfolgreicher Fotograf und Medienmanager, kommt über ihren Tod nicht hinweg und rutscht ab in Alkoholismus, Depression und Verwahrlosung. Daran zerbricht auch seine Ehe.
In einer Novembernacht fährt Jonathan einfach los. Ohne Ziel, ohne Geld und ohne Hoffnung. Er strandet in einer heruntergekommenen Ferienwohnung einer Bauernfamilie in der Toskana. Als Jonathan aber deren blinde Tochter Sophia kennenlernt, ist er bis ins Mark schockiert: Auf geradezu unheimliche Art gleicht sie seiner toten Tochter. Jonathan bleibt in Italien, findet neuen Lebensmut und heiratet Sophia. Aus dem abgewirtschafteten Gehöft machen die beiden ein luxuriöses Feriendomizil. Doch eines Tages verbringen Gäste aus Deutschland dort ihren Urlaub, und als Jonathan erkennt, wer sich da eingemietet hat, erwachen erneut sein Hass und seine Rachegefühle. Er übt tödliche Vergeltung, aber das ist ihm noch nicht genug ...

Inhalt in eigenen Worten:

Jonathan wohnt und lebt in Berlin, ist ein sehr erfolgreicher Fotograf und Manager. Seine Frau Jana arbeitete als Primaballerina. Sie beide haben Giselle, eine Tochter, die sehr viel arbeitet und darin auch ihre Erfüllung findet.
Giselle verunglückt tödlich. Das ist das schlimmste, was Jonathan passieren konnte. Für ihn bricht eine Welt zusammen und er weiß nicht mehr ein noch aus und verliert jeden Halt. Seine Familie ist zerstört. Seine Frau Jana trauert, aber sie nimmt am Leben teil. Sie braucht zwar Monate, um den Tod ihrer Tochter einigermaßen zu verwinden, doch sie kehrt ins normale Leben zurück. Jonathan hingegen zieht sich in ein selbsterrichtetes Schneckenhaus zurück, nimmt nicht mehr am alltäglichen Leben teil und beginnt, immer mehr Alkohol zu trinken. Er wird depressiv und vernachlässigt sich zunehmend. Er wäscht sich nicht, er duscht nicht mehr. Er selbst ist sich egal geworden. Jana wendet sich von ihm ab, so dass die Ehe auseinandergeht. Er geht weg aus Berlin in die Toskana. Dort lernt er Sofia kennen. In seinen Augenist sie der Spiegel seiner Tochter. Sie sieht ihr so verdammt ähnlich. Die neue Frau an seiner Seite ist blind und Jonathan lebt an ihrer Seite. Doch die Vergangenheit holt ihn eines Tages wieder ein und er wird zum Mörder.

Leseprobe:

Schwere Wolken hingen über der Heide, der Wetterbericht hatte Schneeregen und Graupelschauer angesagt.
Er stand am Fenster, blickte auf den trostlosen, grau gepflasterten Hotelparkplatz mit fünf armseligen Parkbuchten, von denen nur zwei besetzt waren, und wusste, dass er nur diese eine Chance hatte. Heute war der Tag, auf den er Monate gewartet hatte, heute musste es passieren.
Nachdem er vor zehn Minuten das Telefonat beendet hatte, triumphierte er innerlich. Sie war einfach zu gutgläubig und hatte ihm die Adresse verraten.
Die erste Hürde war genommen, und es war unproblematischer gewesen, als er gedacht hatte. Er ging ins Bad, betrachtete ein paar Sekunden sein Gesicht im Spiegel eines altmodischen Allibert und begann sich sorgfältig zurechtzumachen.
Es war jetzt zwanzig vor elf. Zeit der Visite und daher viel zu gefährlich. Er wollte noch zwei Stunden warten, denn es erschien ihm günstiger, wenn auf den Stationen das Mittagessen gerade vorbei war und das Geschirr abgeräumt wurde.
In den letzten zwei Wochen hatte er sich einen Bart wachsen lassen, den er jetzt sorgfältig schnitt, so dass er gepflegt wirkte. Der schlohweiße Bart störte ihn maßlos, er kam sich verwahrlost und unsauber vor, geradezu verwildert.
Aber es handelte sich ja nur noch um wenige Stunden. Wenn alles erledigt war, würde er ihn abrasieren. Die Perücke hatte er schon vor Wochen in Florenz gekauft. Sie war aus Echthaar, handgeknüpft, und hatte über fünfhundert Euro gekostet. Das war es ihm wert. Graue, drei bis vier Zentimeter lange Haare, die sehr natürlich wirkten und gut zu seinem schmalen Gesicht passten.

Meinung:

Schon der Prolog beginnt mit der eisigen Stimmung, den eisigen Gefühlen der Hauptfigur. Die Einleitung stimmt schon auf den Hass, die Leere in dem Mann ein.
In diesem Buch und der Handlung geht es nicht um Äußerlichkeiten, sondern vielmehr um die Stimmung, die einen Menschen im Inneren, in seiner Seele bewirkt.
Es geht darum, was ein Unglück mit dem einen oder anderen Menschen anrichten kann.
Der eine verkraftet das Unglück der Tochter mit der gebührenden Trauer und dem Tragen im Herzen und in den Gedanken, bei dem anderen ist es so, dass er komplett den Boden unter den Füßen verliert und sich mit der Realität der Welt nicht mehr zurechtfindet.
Anstatt sich selbst nicht aus den Augen zu verlieren trotz der Trauer ist der Mann nur mit den Gedanken an seine Tochter und deren Tod verbunden.
Damit verlässt er sich selbst, vergräbt sich, stirbt selbst, obwohl er noch lebt. Er vernachlässigt sich, unternimmt nichts mehr, begibt sich nicht in den Alltag, unterhält sich nicht, lenkt sich nicht ab.
So verbittert dieser Mann, der lebt und trotzdem innerlich gestorben zu dem Zeitpunkt, als seine Tochter tödlich im Auto verunglückte.
So tragisch das alles auch sein mag, sein Kind zu verlieren, dieser Mann verliert sich und sein Leben völlig aus den Augen.
Seine Gefühle stumpfen ab und so ist er auch nicht in der Lage, über die Gefühle seiner Mitmenschen nachzudenken. Zu sehr ist er mit dem Unglück der Tochter beschäftigt und mit dem, wer der Todesfahrer war.
So sinnt er auf Rache und fädelt einen schlimmen Plan aus, der ihm zum Verhängnis wird, weil er über sein Vorhaben nicht mehr weiter nachdenkt.
Masken setzen die Figuren der Geschichte auf, einmal dieser Todesfahrer und auch der Vater der Toten. Der eine macht einen großen Fehler genau wie der andere.
Aus dem Blickwinkel einer dritten Person, eines Zuschauers und Erzählers ist das Buch geschrieben. Sehr einfühlsam und gleich vom ersten Kapitel beginnend ist die Handlung sehr spannend eingefädelt. Die Überschrift des 1. Kapitels lautet Giselle, der Name der Tochter.
Sehr gut, deutlich und klar, flüssig geschrieben ist der gesamte Text und die spannende Handlung reißt bis zum Schluss nicht ab.
Mir fiel auf, dass Jonathan selbst in seiner Ehe schon mit den folgenden Auswirkungen auf seine Person behaftet war, als er noch mit seiner Frau und der kleinen fünfjährigen Giselle zusammenlebte und die Welt für ihn noch in Ordnung sein musste. Seine Haare waren zerzaust und nicht gekämmt.
Das Drama dieses Buches erzählt über Leidenschaft, Verzweiflung, über die Stimmung in der tiefsten Seele eines Menschen und dass es darüber hinaus aber auch immer noch einen Weg gibt, das Leben neu in die eigene Hand zu packen.
Bildhafte Beschreibungen stellen dem Leser die Toskana vor. Jonathan ist ein Egoist, der nur an sich denkt und die Wünsche seiner Frau in den Hintergrund drückt.
Ich persönlich finde, dass der Roman sehr gut und tiefgründig geschrieben ist, jedoch auch mit zu vielen Zufällen gespickt. Deshalb nur 3 Sterne.

29 Bewertungen, 5 Kommentare

  • Matze081

    06.11.2011, 20:07 Uhr von Matze081
    Bewertung: sehr hilfreich

    Schöne Grüße aus Greifswald ;)

  • Miraculix1967

    06.11.2011, 17:02 Uhr von Miraculix1967
    Bewertung: sehr hilfreich

    Schönen Sonntag, SH und LG Miraculix1967

  • Nina1805

    06.11.2011, 13:08 Uhr von Nina1805
    Bewertung: sehr hilfreich

    SH und noch einen schönen Sonntag!

  • tina08

    06.11.2011, 12:00 Uhr von tina08
    Bewertung: sehr hilfreich

    Viele Grüße ... Tina

  • katjafranke

    06.11.2011, 11:58 Uhr von katjafranke
    Bewertung: sehr hilfreich

    Viele liebe Grüße. KATJA