Tiere Essen (gebundene Ausgabe) / Jonathan Safran Foer Testbericht

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ab 8,27
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Summe aller Bewertungen
  • Niveau:  anspruchsvoll
  • Unterhaltungswert:  hoch
  • Spannung:  hoch
  • Humor:  wenig humorvoll
  • Stil:  sehr ausschmückend

Erfahrungsbericht von Jatue

seit diesem Buch esse ich keine Tiere mehr

5
  • Niveau:  durchschnittlich
  • Unterhaltungswert:  hoch
  • Spannung:  hoch
  • Humor:  durchschnittlich
  • Stil:  durchschnittlich
  • Zielgruppe:  jedermann

Pro:

endlich mache ich mir Gedanken über die Herkunft der NAhrung

Kontra:

nicht förderlich zum Fleischverzehr

Empfehlung:

Ja

um es Vorweg zu sagen:
dem Autor geht es nicht darum, daß wir alle Vegetarier werden - er will aber aufklären über die Sauerei, die wir den Mitgeschöpfen antun.
Nur sehr wenige von uns haben wahrscheinlich jemals einen Massentierhaltungs- betrieb von Innen gesehen. Nach dem Lesen des Buches von Foer hat man den Eindruck , nun Bescheid zu wissen, was in diesen Fabriken, egal ob sie für Rinder, Schweine oder Geflügel gebaut wurden, geschieht. Wer das Buch gelesen hat kann also nicht mehr sagen: das habe ich nicht gewußt! Dies sei sehr wohl auch als Warnung gesagt...
Anzumerken ist noch, daß das Buch die Situation in Amerika beschreibt. Deshalb wird auch viel Platz dem Thanksgiving und dem obligaten Truthahn gewidmet. Die Seiten 377 - 392 dienen dann der Sachlage in Deutschland. Der Bund der Vegetarier hat in diesem Anhang die Massentierhaltung in Deutschland dargestellt und nimmt Bezug auf die jeweiligen Aussagen in Foers Buch.
Wobei sich die Situation in Deustchland tendenziell besser darstellt als in den Staaten. Aber keineswegs wird es erstrebenswert sein ein Tier in einer deutschen Produltionsstätte sein zu wollen ( in einem folgenden Leben vielleicht.)
Jonathan Safran Foer macht sich grundlegende Gedanken über:
- wieso essen wir Fische und Schweine, aber keine Hunde?
- wie funktionieren unsere Essensentscheidungen
und er beschreibt sehr drastisch:

- wie Hühner aufwachsen und sterben
- wie Schweinefarmen funktionieren
- wie Meeresmassenfischfang funktioniert und was dieser anrichtet

und er beschreibt Fakten:
- Massentierhaltung ist ohne Öuälerei der Tiere nicht möglich
- Intensivhaltung ist Folter. 99,9 Prozent der Masthühner, 97 % der Legehennen, 99
% der Puten, 95 % der Schweine und 78 % der Rinder werden so gehalten.
- es gibt Alternativhaltungen aber die sind recht selten und könnten den
Nahrungsbedarf nicht decken.
- Selbstverständlich werden wir krank durch die MAssentierhaltung, letztlich gelangen
die eingestzten Medikamente ja wieder in unserem Körper.
- Die Umweltverschmutzung ist gigantisch. Alleine Smithfield, ein global
operierender Schweinemastbetrieb, produziert mehr Scheisse als die Bevölkerung
von Texas und Kalifornien zusammen.
- es wird immens Geld verdient in diesem Bereich.
- Farmer haben kein interesse daran gesunde Tiere großzuziehen.
Dabei schont uns der Autor nicht mit Details. Er beschreibt wie Tiere gefoltert und mißhandelt werden. Scheinbar bieten sich Massentierhaltungsbetriebe an, Aggressionen an Tieren auszulassen. Und natürlich sind die "Produktionsmethoden" an sich schon grausam weil sie eben nur auf Menge und Gewinn ausgerichtet sind.
Die Faktenlage ist erdrückend, die Einflussnahme der Lobbiisten offensichtlich, denn Tierschutzgesetze sind schwer gegen die Gewinnabsichten der Industrie durchzusetzen.

Und dann fordert Foer er zur Diskussion auf. Er stelle Statements von Menschen, die Fleisch essen, und Statements von Menschen die kein Fleisch essen aber Tiere züchten und Statements von Menschen die kein Fleisch essen und aus Überzeugung auch keine Tiere züchten gegenüber und lässt deren Argumente auf den Leser wirken.

Was mir an Jonathan Safran Foers gefällt ist die persönliche Beziehung, die er in seinem Buch zu Tieren entwickelt. Indem er deren Leiden in den Massentierhaltungen beschreibt agiert er so, als nähme er die Tiere als Individuen wahr. Zumindest mir ging es dann auch so, daß ich gemerkt habe, wie das Bewußtsein den Geschmack beeinträchtigen kann.

Foer vergleicht z.B. ein Schwein in einer Käfigstallhaltung mit einem Hund, der sein Leben lang in einen Kleiderschrank eingesperrt wird. Und er sagt, dieser Vergleich wäre "zu harmlos" . Dies hat mich beeindruckt, Ich habe auch Hunde gehabt und geliebt. Wenn ich nun daran denke, daß ein Schwein ein mindestens eben so hohes Bewußtsein wie ein Hund hat, so ist es undenkbar, daß man so ein Tier auf engstem Raum so einsperrt und dann noch , wie wir an anderer Stelle des Buches erfahren, unsäglich malträtiert ( Schwanz abknicken, Hoden rausreissen, Zähne abknipsen).

Foers Credo finden wir wohl in folgendem Abschnitt: " Ich liebe Sushi, ich liebe Brathähnchen ich liebe ein gutes Steak. Aber meine Liebe hat Grenzen. Seit ich die Wirklichkeit der Massentierhaltung mit eigenen Augen gesehen habe, ist mir die Entscheidung, kein konventionelles Fleisch mehr zu essen, nicht mehr schwer gefallen."

An einer Stelle des Buches vergleicht einen Tierschützerin die Massentierhaltung mit der Sklaverei. Ich denke, da ist etwas dran. Das Bild dazu: wir halten uns Tiere und begründen dies damit, daß sie uns ja als Nahrung dienen müssen. So als sollten sie uns dankbar dafür sein, daß wir sie ja leben lassen bevor wir sie essen.
An anderer Stelle wird von einem Pakt zwischen den Tieren und den Menschen geredet: der Mensch gibt den Tieren Schutz, Ernährung und einen guten Tod. Dafür gibt ihm das Tier seinen Körper als Nahrung. Diese Einstellung finden wir v.a. bei den Farmern, die Tiere möglichst natürlich halten, sie aber dann letztlich doch schlachten und verspeisen.

Am meisten Beeindruckt ( und bedrückt) hat mich das Kapitel über das Töten von Rindern. Hier beschreibt der Autor wie ein Großteil der Rinder nicht tot ist, wenn sie verarbeitet werden. Dies v.a. deshalb, weil das Herz weiterpunpen soll, damit das Tier möglichst schnell und effizient (!) ausblutet. Grauenhafte Beschreibungen sind das. Andere grauenhafte Beschreibungen schildern, wie Kühe noch auf der Schlachtbank gebären und was dann mit den neugeborenen Kälbern passiert...
Wem dies zu hart ist, der sollte das Kapitel "Tief Luft holen" (S. 259 - 268) nicht lesen. Das sind wirklich heftige Seiten.

Aufgestossen ist mir, daß sehr oft der Begriff "human" verwendet wird. Wenn etwa ein Schwein "human" geschlachtet wird, dann hat dies einen besonderen Beigeschmack, oder findet ihr nicht?

Foers Buch gipfelt dann auch im Herauskitzeln der Entscheidung ob man es für dich selbst gerechtfertigen kann eine andere Kreatur leiden zu lassen um sich selbst Genuß zu verschaffen. Immer wieder benutzt er menschliche emotionale Qualitäten, wie Leidensfähigkeit, Qual, Trauer, Schmerzempfinden um damit zu beschrieben, wie es den Tieren zumute sein muß. Dies geschieht im Leser dann auch. Er empfindet zum Teil großes Mitleid mit den Tieren. Dadurch wurde zumindest ich angeregt über meinen Fleischkonsum nachzudenken.
Das Buch fordert letztlich eine radikale Entscheidung:
verdränge ich, was wir den Tieren antun und gebe mich weiterhin dem Fleischverzehr hin oder werde ich in Zukunft meinen Fleischkonsum drastisch einschränken und mit schlechtem Gewissen ( ab und zu) Fleisch zu mir nehmen aber doch sehr viel mehr pflanzliche Produkte verzehren
oder höre ich ganz auf und werde Vegetarier.

Daß es eine Illusion ist zu sagen: ich ernähre mich ja von BIO- Produkten - wird in Foers Buch auch deutlich. Zum einen sind die Maßstäbe für Bio imemr auch mit Massentierhaltunen vereinbar, zum Anderen werden selbst extrem natürlich gehaltene Tiere letztlich auch zur Schlachtbank getrieben und erleben diesen Verrat des Besitzers am Tier und diesen emotionales Stress des Getötetwerdens.

Die ca. 400 Seiten lesen sich schnell, auch weil 90 Seiten davon Anmerkungen und Zitierstellen sind.
Irgendwie kam bei mir aber nur ein Bruchteil des Geschriebenen wirklich an. Ich weiß nicht, liegt es an der Übersetzung, der verschraubten Satzstellung oder an was. Z.T. las ich das Buch seltsam abwesend. Vielleicht wirkt hier auch Verdrängung - weil es uns alle ja sehr nah betrifft.
Aber wer das Buch gelesen hat wird sich dem Ernährungsproblem ganz anders stellen und auch die eigenen Eßgewohnheiten überdenken. Mir ging es so, daß das Buch in mir einen Ekel gegenüber unserer Fleischherstellungsmethoden hervorgerufen hat. Ich werde in Zukunft möglichst wenig Fleisch essen, wobei ich mir unsicher bin, wie lange dieses Ekelgefühl anhalten wird, denn wir wissen aus der Präventionsarbeit, daß Abschreckung nicht lange anhält.
Trotzdem glaube ich, daß Foers Buch ein wichtiges Buch ist. Es ist , wie schon gesagt, kein wissenschaftliches Buch, aber es beschreibt die nachvollziehbaren Gedanken, eines Konsumenten, der sich der Fleischherstellung näher widmet und sich die Methoden anschaut - etwas, das wir anderen ja alle mehr oder weniger Tag für Tag verdrängen.

Fazit: mich hats berührt und mein Essverhalten verändert....

17 Bewertungen, 3 Kommentare

  • Luna2010

    03.07.2011, 01:44 Uhr von Luna2010
    Bewertung: besonders wertvoll

    Wer hier kein BW gibt! Sowas sollte GANZ Dringend mal ausgezeichnet werden. Empfehlen kann ich auch den Film EARTHLINGS. Kann man sich kostenfrei im Internet ansehen. Ist eine Doku, geht rund 2 Stunden. Ist aber nichts für sensible Menschen. Menschen sind die Viecher und die Bestien, nicht die Tiere!

  • katjafranke

    02.07.2011, 22:56 Uhr von katjafranke
    Bewertung: sehr hilfreich

    Liebe Wochenendgrüße von der Katja

  • echodelta

    02.07.2011, 22:26 Uhr von echodelta
    Bewertung: sehr hilfreich

    Toller Bericht! Schöne Grüße, Kai = echo-delta