Mobbing (Taschenbuch) / Annette Pehnt Testbericht
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Erfahrungsbericht von Hedwig_2010
Es kann jeden treffen
Pro:
Anspruchsvolle Literatur, die zum Nachdenken anregt.
Kontra:
Nichts
Empfehlung:
Ja
Dazu möchte ich aber erst einmal klären, was mit dem Begriff "Mobbing" eigentlich gemeint ist und woher er stammt:
Zitat aus Wikipedia: "Mobbing oder Mobben (von englisch to mob „anpöbeln, angreifen, bedrängen, über jemanden herfallen“ und mob „Meute, Gesindel, Pöbel, Bande“) steht im engeren Sinn für „Psychoterror am Arbeitsplatz mit dem Ziel, Betroffene aus dem Betrieb hinauszuekeln.“[1] Im weiteren Sinn bedeutet Mobbing, andere Menschen ständig bzw. wiederholt und regelmäßig zu schikanieren, zu quälen und seelisch zu verletzen [2], beispielsweise in der Schule (Mobbing in der Schule), am Arbeitsplatz, im Sportverein, im Altersheim oder im Gefängnis [3]. Typische Mobbinghandlungen sind die Verbreitung falscher Tatsachen, die Zuweisung sinnloser Arbeitsaufgaben, Gewaltandrohung, soziale Isolation oder ständige Kritik an der Arbeit.
1963 hat der Verhaltensforscher Konrad Lorenz den Begriff „Mobbing“ (Hassen) geprägt: Er bezeichnete damit Gruppenangriffe von Tieren auf einen Fressfeind oder anderen überlegenen Gegner – dort von Gänsen auf einen Fuchs. Der schwedische Arzt Peter-Paul Heinemann verwendete 1969 den Begriff für das Phänomen, dass Gruppen eine sich von der Norm abweichend verhaltende Person attackieren." Zitat Ende.
Mobbing ist also ein Sammelbegriff für verschiedene, oft höchst komplizierte Verhaltensweisen einer Gruppe gegenüber (vermeintlichen) Außenseitern.
Bei Konrad Lorenz war dieser Begriff noch eher positiv behaftet, denn eine einzelne Gans hätte gegen einen gerissenen Fuchs ja kaum eine Chance. In einer Gruppe von (kooperierenden) Gänsen sieht die Sache für den Fuchs allerdings schlechter aus. Die Überlebensstrategie einer Herde in der Natur.
Meistens verstehen wir Menschen allerdings „nur" das Hinausekeln eines unerwünschten Mitarbeiters (hauptsächlich) am Arbeitsplatz darunter, was eher der Begriffsdefinition des Arztes Peter-Paul Heinemann entspricht.
Annette Pehnt zeigt mit ihrem Roman „Mobbing" allerdings, dass Mobbing mehr umfassen kann und vielschichtigere Auswirkungen hat als nur von einer Arbeitsstelle vertrieben zu werden.
Doch zunächst:
***Die sachlichen Buchdaten***
Autor: Annette Pehnt
Titel: Mobbing
Erschienen: September 2007
Verlag: Piper
ISBN-10: 3492050700
ISBN-13: 978-3492050708
Seitenanzahl: 176
Buchformat: HC
Größe und/oder Gewicht: 19,4 x 12,4 x 2,2 cm
Anmerkung:
Der Piper Verlag führt das Buch mit gleichem Coverbild auch als Taschenbuch
ISBN-10: 3492252893
Preis: 8,99 €
***Autorenportrait***
Annette Pehnt (* 25. Juli 1967 in Köln) ist eine deutsche Schriftstellerin und Literaturwissenschaftlerin mit Wohnsitz in Freiburg im Breisgau.
Sie legte 1986 ihr Abitur ab und leistete anschließend freiwillige Sozialarbeit in Belfast (Nordirland); sie hat auch eine Zeitlang in Schottland gelebt. Danach studierte sie Anglistik, Keltologie und Germanistik an den Universitäten in Köln, Galway, Berkeley und Freiburg im Breisgau. Ihr Studium schloss sie 1994 mit dem Magistergrad und dem ersten Staatsexamen ab; 1997 folgte die Promotion an der Universität Freiburg mit einer Arbeit zur irischen Literatur.
Seit 1992 lebt Annette Pehnt, die verheiratet und Mutter von drei Kindern ist, als Literaturkritikerin und freiberufliche Schriftstellerin in Freiburg im Breisgau; daneben lehrt sie auch an der dortigen Pädagogischen Hochschule.
(Quelle: Wikipedia)
Noch viel besser lernt man die Autorin (soweit dies per Internet natürlich nur möglich ist) auf ihrer eigenen Homepage kennen, auf die ich hiermit gerne verweise: www.annette-pehnt.de
Eine Leseprobe zum vorgestellten Buch habe ich leider nicht finden können.
***Buchcover und sonstige Gestaltung***
Sowohl auf dem gebundenen als auch auf dem mittlerweile erhältlichen Taschenbuch ist eine Treppe abgebildet, die man von unten sieht und auf der Menschen offenbar die Treppenstufen herabgehen. Ob das schon Absicht war, weiß ich natürlich nicht, aber, wenn man sich das Coverbild nach dem Lesen dieses Romans nochmal anschaut, fällt eben auf, dass Menschen auf dieser Treppe abwärts gehen und nicht etwa hinauf. Wenn man da eine tiefergehende Deutung wagen will, könnte man sogar zu dem Schluß kommen, dass Menschen, die jemanden mobben, auf ein tieferes Niveau herabsteigen. Zumindest schoß mir diese Allegorie durch den Kopf und ich konnte nur zustimmend nicken, denn auch ich empfinde das so. Dazu aber später. Es wäre allerdings interessant, zu erfahren, ob sich Buch-Designer tatsächlich beim Erstellen eines Coverbildes solche Gedanken gemacht haben.
***Mit meinen Worten***
Joachim Rühler, Angestellter der Stadtverwaltung, verheiratet, seine Frau, freiberufliche Übersetzerin und sich gerade in der Babypause befindend, haben 2 Kinder und ein Mittelreihenhaus. Als Behördenangestellter war er bisher u.a. zuständig für Jugendarbeit und -austausch und der festen Überzeugung, er arbeite mit einem langjährig zusammengewachsenen Team, sei kompetent und unersetzbar. Da bekommt das Amt einen anderen Vorgesetzten, besser gesagt, eine neue Vorgesetzte, die seinen Freund und Kollegen Markus und ihn selbst subtil und sukzessive, allmählich, aber stetig aus ihren bisherigen Aufgabenbereichen drängt, sich für sie nicht mehr ansprechbar zeigt und andere, ihr genehmere Untergebene fördert. Dieses Hinausdrängen gipfelt in den Entlassungen beider.
Während der aktiven Mobbingphase beginnt Joachim unter Schwindelanfällen und Schlafstörungen zu leiden, die vermutlich eine klassische körperliche Reaktion des Körpers auf die Bedrohung seiner Existenz sind, die Geschwindigkeit des Mobbingprozesses allerdings nur noch erhöhen. Der Freund Markus gibt diesem Druck irgendwann nach, Joachim selbst wird allerdings erst nach geraumer Zeit unter fadenscheinigen und rechtlich anfechtbaren Gründen fristlos entlassen. Er klagt auf Wiedereinstellung und wird nach dem gewonnen Rechtsstreit auch wieder eingestellt, allerdings unter unzumutbaren Arbeitsbedingungen.
Diesen länger andauernden Entwicklungs-Prozess bekommen wir als Leser allerdings nicht aus der Sicht von Joachim erzählt, sondern durch seine Ehefrau bzw. deren Gedanken, Reaktionen, Ängste und Sorgen. Denn durch die Probleme auf der Arbeitsstelle, die Joachim als Krieg empfindet, geschieht natürlich auch etwas in der Ehe, der Familie, hat Auswirkungen auf Bekannte, Freunde und Verwandte. Allerdings wird auch mit beklemmender Deutlichkeit klar, dass schon vorher etwas gärte, eben nicht alles in Ordnung war. Der Gerichtsstreit kostet auch eine Menge Geld und zum Schluß droht dadurch sogar die private Insolvenz.
So viel zum reinen Inhalt - relativ oberflächlich betrachtet. Denn die Aussagen und Denkanstöße, die dieser Roman bringt und auslösen kann, sind viel vielschichtiger, wie gesagt.
***Stilistische Besonderheiten***
Diese Vielschichtigkeit wird von der Autorin auch im Besonderen durch die Erzählperspektive erzeugt.
Der Roman wird in Rückblicken an einem einzigen Tag, dem Valentinstag nämlich, durch die Erinnerung der Ehefrau an jenen anderen Valentinstag erzählt, der das Leben ihrer Familie erdrutschartig beeinflusste. Es beginnt mit dem Erhalt der Entlassungspapiere ihres Mannes Joachim, durchsetzt durch quasi fragmentarische Erinnerung, wie es dazu kam und wie ihr Leben dann weiterging, bis zum jetzigen Valentinstag.
Alle relevanten Fakten erfahren wir als Leser quasi nach dem Platzen der "Bombe", also der schriftlichen Entlassung des Ehemanns, aus zweiter Hand durch die erzählende Ehefrau, durch Dialoge und Versatzstücke, zu denen die volle Aufmerksamkeit des Lesers gefordert wird, um zu verstehen, worum es geht. Wörtliche Rede wird absolut sparsam eingesetzt. Es ist kein einfaches, oberflächlich dahinplätscherndes Buch, aber mich stört das wenig. Im Gegenteil, ich finde es dem sehr komplexen Thema sogar sehr angemessen. Außerdem belegt die Autorin durch die Erzählweise, bei der meiner Meinung nach jeder Satz der Autorin genau überlegt platziert wurde, was für ein Chaos durch Mobbing angerichtet werden kann. Annette Pehnt trägt dadurch der Tatsache Rechnung, dass es eben meist keinen genau definierten Punkt gibt, wo das Mobben begonnen hatte, sondern viele, für sich selbst genommen zunächst unwichtige, Details dazu beigetragen haben.
***Fazit***
Ich bin mittlerweile zu der Ansicht gelangt, dass jeder jederzeit zu einem Mobbing-Opfer werden kann, auch wenn er sich, wie Joachim Rühler, selbst sehr sicher in einer homogenen Gruppe fühlte. Seine subjektive Meinung, unangreifbar zu sein und Kollegen zu haben, auf die er sich felsenfest verlassen könnte, stimmte ja offenbar so nicht. Auf mich wirkte er recht selbstgerecht und nicht unbedingt teamfähig. Die Tatsache, dass die neue Vorgesetzte in kurzer Zeit Anhänger fand, die ihr Vorgehen unterstützten, spricht dafür. Vermutlich in Kollegen, die Joachim nicht immer selbst sehr kollegial behandelte und für die sich nun die Gelegenheit bot, sich zu profilieren und sich zu rächen. Es wird zwar im Roman nicht genau beschrieben, aber ein übergroßer Sympathieträger scheint Jo auch nicht gewesen zu sein. Bezeichnenderweise ist er zwar für Jugendarbeit und -austausch zuständig, was eigentlich eine hohe soziale Kompetenz zwingend voraussetzen würde. In der Praxis ist es jedoch meist so, dass Anspruch und Wirklichkeit in der Besetzung solcher Posten oft weit auseinanderklaffen und dass vielfach gilt: "Der Schuster hat die schlechtesten Schuhe". Er kann organisatorisch und administrativ ein Ass gewesen sein, vom Mitmenschlichen her muss das nicht zwingend so sein.
Mobbing passiert eben nicht einfach so aus heiterem Himmel, sondern hat meist eine Vorgeschichte. Die eigentlichen Auslöser dafür sind meist sehr geringfügig. Sie lösen allerdings eine Reihe von oft im Nachhinein nicht mehr genau zu spezifizierenden subtilen Vorgängen aus, die eine starke Eigendynamik entwickeln. Auch in diesem Roman ist das so.
Anstatt sich durch die entstandene, reale Mobbing-Situation selbstkritisch zu hinterfragen und zu überlegen, auch einmal aus eigenen Verhaltensstereotypen auszubrechen, verfallen gemobbte Menschen ja oft in die fatalistische Akzeptanz ihrer Opfer-Rolle, ja ertrinken manchmal sogar in Selbstmitleid. Auf den ersten Blick ist das natürlich durchaus verständlich, denn es gibt ja allzu oft kein wirklich greifbares Fehlverhalten, das eine Gruppe einem Einzelnen zu Recht vorwerfen könnte. Vielmehr werden oft Verhaltensweisen angeprangert, die die Gruppe bei anderen Gruppenmitgliedern durchaus toleriert. Mobbing wird also zu etwas, was nicht wirklich greifbar und dementsprechend auch nicht angreifbar ist. Joachim kämpft dagegen verbissen um seine Rechte, spricht sogar von einem Krieg, den er unbedingt gewinnen will. Erst sehr spät kommt er überhaupt auf die Idee, klärende Gespräche mit der Vorgesetzten herbeizuführen. Anfangs versucht er nur über die Kollegengruppe zu reagieren, von denen nach und nach aber dann immer mehr wegbrechen.
Zu Kompromissen ist er selbst irgendwann gar nicht mehr bereit und war es wohl auch nie wirklich. Der Grund für seine Entlassung ist rechtlich anfechtbar, die wahren Ursachen jedoch nicht, da diese im zwischenmenschlichen Bereich angesiedelt sind. Will sagen: Joachim kann nicht vor Gericht gehen und sagen: meine Vorgesetzte und einige Kollegen können mich nicht leiden und ich sie auch nicht. Es gibt keine Gesetze, die so etwas regeln.
Einem aufmerksamen Leser kann in diesem Roman auch einiges mehr an festgefahrenem Rollenverhalten auffallen: Der Mann als Haupternährer der Familie, der sich in seinem gutgepolstertem Nest plötzlich von einer nicht detailliert beschriebenen, weiblichen Machtinhaberin bedroht fühlt. Die Vorgesetzte bleibt für den Leser gesichtslos, die Gefahr äußert sich in Kompetenzentzug und verändertem Verhalten des zuvor für sicher und für sich subjektiv positiv gehaltenem Büronetzwerks der Kollegen. Unwillkürlich fragt man sich sogar, ob Joachim mit seinem Freund und männlichen Kollegen nicht vielleicht sogar die neue Vorgesetzte gemobbt hätte, wenn ihnen diese nicht zuvor gekommen wäre, so selbstzufrieden und sich in der eigenen Wichtigkeit und Unersetzbarkeit wiegend erscheint dem Leser manchmal der Ehemann.
Auch wird kaum in der ehelichen Beziehung geredet, sondern die im Nachhinein doch recht frühen, körperlichen Warnzeichen bei Joachim durch die Ehefrau geflissentlich übersehen bzw. schnell heruntergespielt zugunsten eines nach außen hin funktionierenden Familienbildes. Joachim diskutiert seine Ängste und Befürchtungen und auch seine "Kampf"-Strategien eher mit seinem Freund und seinen Kollegen als mit seiner Frau, so dass sie erst durch die Entlassung überhaupt erfährt, was mit ihrem Mann passierte. Die Ehefrau wiederum ist ensetzt, dass ihr Mann sein Wehren gegen die Anschuldigungen und das Mobbing als Krieg empfindet, den es unter allen Umständen zu gewinnen gilt und die Gesprächsversuche seiner Frau mit ihm als möglichen Verrat und Illoyalität. Doch auch sie empfindet es als Kampf, ihre sich verändernde Beziehung zu bewahren und den Status Quo oder das, was sie dafür hielt, wieder herzustellen.
Es scheint so, als ob sie nicht wirklich wußte und weiß, wie ihr Ehemann eigentlich denkt und fühlt. Da scfheint es immer eher ein Gegen- als ein Miteinander gegeben zu haben.
Das Gewinnen des Rechtstreits um die Wiedereinstellung ihres Mannes will die Ehefrau mit ihren Freunden, die längst keine mehr sind und vermutlich auch nie waren, feiern und alles soll dann wieder so sein, wie von ihr vorher wahrgenommen. Sie zieht also die Illusion dem tatsächlichen Stand der Dinge vor und geht überhaupt nicht darauf ein, wie die Arbeits-und Lebenssituation für ihren Mann nach der Wiedereinstellung aussehen würde.
Die Ehefrau erfährt sowieso schon alles sozusagen aus zweiter Hand, durch den Filter gedrückt, den ihr Ehemann darstellt und scheint angewiesen darauf, was er ihr von seinem Büroalltag erzählt, sich und ihr eventuell zurechtbiegt und eben eventuell auch verschweigt. Offensichtlich war sie aber auch lange Zeit völlig zufrieden mit dieser Regelung. Zuhause mit ihren Kindern ist ja wieder ihr "Revier", in der der entlassene Ehemann plötzlich irgendwie als Fremdkörper stört und sich doch bitte um ein anderes, sinnvolles Betätigungsfeld für sich selbst kümmern sollte.
Beklemmend zu lesen ist es, wie der Zweifel und die Unsicherheit allmählich die Beziehungen weiter zerstört, wenn klar wird, wie wenig man schon vorher vom anderen wußte, wie wenig offen geredet wurde. Sie selbst durchläuft alle Stadien der Hilflosigkeit, zynischen Frustes und Verzweiflung, handelt aber nur ein einziges Mal aktiv, als sie zum Amt fährt und endlich mal mit den Gegenspielern ihres Mannes Auge in Auge stehen möchte. Doch selbst da kehrt sie unverrichteter Dinge wieder um und schnauzt lieber völlig uninvolvierte Menschen und sogar ein Kind an. Menschen also, die gar nicht wissen können, wie es in ihr aussieht und was sie überhaupt meint.
Bezeichnend und höchstwahrscheinlich von der Autorin ja so gewollt, finde ich in diesem Zusammenhang auch, dass Joachim ausgerechnet an einem Valentinstag entlassen wird. Diesen Tag verbinden wir ja allgemein mit Liebe, Nächstenliebe, Verständnis, Mitgefühl und Zuneigung. All diese positiven menschlichen Beziehungen geraten durch einen Anlass ins Wanken und decken meiner Ansicht nach viel mehr Mobbingschauplätze auf als nur einen einzigen.
Die Freunde beschweren sich einerseits zu Recht, dass in der Freundesrunde nur noch die Probleme eines einzelnen Paares behandelt werden. Andererseits ist ihr Rückzug von der belasteten Familie auch wieder nichts anderes als Mobbing und erschwert die Situation dadurch nur noch, ist, wenn man so will, ein überdeutliches Zeichen unserer gesellschaftlichen Sprachlosigkeit.
Ich finde, Annette Pehnt hat mit „Mobbing" einen sehr guten Roman geschrieben, der dem Leser viel Spielraum für eigene Überlegungen lässt, wie man selbst in solch einer Situation reagieren würde, ob nun als direkt Betroffener oder als mitbetroffener Lebenspartner, Verwandter oder Freund. Und gleichzeitig wird von der Autorin recht klar und teilweise sogar unangenehm deutlich umrissen, wie die Gesellschaft reagiert, wenn jemand plötzlich vermeintlich oder tatsächlich ins Abseits gerät. Und was ist eigentlich das Abseits? Wer bestimmt, wer dazugehört und wieviel tun wir selber, um zu einer Gesellschaft zu gehören?
Das Buch hat nur wenige Seiten und ist sehr schnell durchgelesen und kann doch einen riesengroßen Nachhall im Leser erzeugen. Zu welchen Zugeständnissen ist man selbst eigentlich bereit, um zu der Gesellschaft dazu zu gehören, wo ist die individuelle persönliche Grenze und welche Werte hat man eigentlich selbst, bis zu welchem Punkt lässt man die eigene Freiheit durch andere einschränken und wann ist es Zeit, aus dem allgemeinen Rat-Race zugunsten der eigenen Zufriedenheit, des eigenen Sich-Wiedererkennens auszusteigen?
Wird eine Ehe, eine Lebensgemeinschaft tatsächlich nur noch am erworbenen Wohlstand, den Aktivitäten der Kinder und den Urlaubszielen gemessen? Und wie wohl fühlt man sich dabei? Und, so irrwitzig es auch klingen mag, ist gemobbt werden nicht manchmal sogar eine Riesenchance, sein bisheriges Leben neu zu überdenken und ganz andere Wege zu gehen als bisher? Wir Menschen sind oft auf Gruppenbildung angewiesen, weil wir uns in einer Gruppe meistens am wohlsten fühlen. Aber das birgt auch die Gefahr, dass man öfter etwas tut, nur um nicht außerhalb zu stehen.
Seinen eigenen Weg zu gehen, egal, wer was dazu zu sagen hat, ist darum das Schwerste, aber auch gleichzeitig das Erfüllenste, was ein Mensch tun kann - in ständigem Dialog mit den Menschen, die wir lieben und in ständigem Abgleich zu unserer Umwelt.
Eines ist jedenfalls auch klar: Mobbing ist kein Phänomen und keine Erfindung unserer Gesellschaft, sondern das damit Gemeinte ist ein Verhalten, das es schon immer gab und das sich in vielfältiger Ausprägung und Abstufung zeigt. Sehr schnell kann erfahrungsgemäß der Gemobbte auch selbst zum Mobber werden, genau so wie ein Kind, das geschlagen wurde, auch selbst erfahrungsgemäß als Erwachsener bei der Kindererziehung zu Schlägen greift. Solche Teufelskreise gilt es also immer - am sinnvollsten natürlich durch professionelle Hilfe - zu durchbrechen. Denn erst, wenn man weiß, wie Mobbing entstehen kann, kann man auch effektiv dagegen angehen.
Offensichtliche Individualität ist in kaum einer Gesellschaft erwünscht und wir beherrschen es eher schon zu perfekt, zwischen denen, die "dazugehören" und denen, die dies nicht (mehr) tun, zu polarisieren. Manchmal eventuell mit etwas schlechtem Gewissen, aber meistens wird dies sehr schnell verdrängt, wenn man das "Glück" hatte, nicht zu denen zu gehören, die eben "draußen" sind. Es wäre meiner Ansicht nach aber sogar eine große Chance für einen Gemobbten, zu reflektieren und sein Leben nochmal ganz anders zu gestalten.
Ich hatte das Glück, den Roman von Freunden empfohlen bekommen zu haben und möchte hiermit jedem empfehlen, ihn auch einmal zu lesen. Es lohnt sich, denn es regt zum eigenen Nachdenken und gemeinsamen Diskutieren an und das ist es doch, was ein Buch leisten sollte!
Herzlichen Dank für das Lesen und Bewerten meines Berichts
Hedwig_2010
97 Bewertungen, 31 Kommentare
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04.02.2012, 10:16 Uhr von anonym
Bewertung: besonders wertvollbw
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10.11.2011, 09:50 Uhr von scorpion0911
Bewertung: besonders wertvollliebe Gruesse Monika
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01.11.2011, 17:31 Uhr von ThomasKu
Bewertung: besonders wertvollSehr guter Bericht! Würde mich über Gegenlesungen freuen! MfG ThomasKu
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29.10.2011, 19:54 Uhr von Volker111
Bewertung: besonders wertvollGefällt mir ausgesprochen gut
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29.09.2011, 08:40 Uhr von MelE
Bewertung: besonders wertvollMobbing ist wirklich ein wichtiges Thema, denn wie du schon sagst "Es kann jeden treffen!" Ich habe es leider auch schon erlebt, als ich in der Ausbildung war. Ich denke mit Grauen an diese Zeit zurück!
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22.09.2011, 17:16 Uhr von titus01
Bewertung: besonders wertvollWirklich bw...LG...titus01
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19.09.2011, 17:47 Uhr von anonym
Bewertung: besonders wertvollWunderbar beschrieben. Liebe Grüße
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15.09.2011, 09:03 Uhr von austin77
Bewertung: sehr hilfreichwürde mich über deine Gegenlesung sehr freuen. lg
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12.09.2011, 17:43 Uhr von Tweety30
Bewertung: besonders wertvollBW und liebe Grüße!
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10.09.2011, 17:28 Uhr von Miraculix1967
Bewertung: besonders wertvollSchönes Wochenende und LG aus dem gallischen Dorf Miraculix1967
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07.09.2011, 19:36 Uhr von paula2
Bewertung: besonders wertvollliebe Grüße
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05.09.2011, 12:23 Uhr von hameln58
Bewertung: besonders wertvollliebe Grüße Gina
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05.09.2011, 09:21 Uhr von chasen
Bewertung: besonders wertvollbw und lg
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04.09.2011, 19:28 Uhr von tina08
Bewertung: besonders wertvollViele Grüße ... Tina
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27.08.2011, 16:35 Uhr von Clarinetta2
Bewertung: besonders wertvollmanchmal kann es ein kleiner anlass sein, ich werdes auf jeden fall lesen-bw
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27.08.2011, 12:43 Uhr von jinmil2006
Bewertung: besonders wertvollLiebe Grüße und einen schönen Samstag!
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26.08.2011, 15:33 Uhr von cleo1
Bewertung: besonders wertvollBW, keine Frage. LG und ein schönes Wochenende. claudia
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26.08.2011, 09:51 Uhr von anonym
Bewertung: besonders wertvollToller Bericht.LG Quacky BW
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25.08.2011, 17:37 Uhr von feliciano2009
Bewertung: besonders wertvollwegen so einem Mist war ich lange krank
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22.08.2011, 18:38 Uhr von Powerdiddl
Bewertung: sehr hilfreich... und einen sonnigen Gruß.
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22.08.2011, 16:52 Uhr von campino
Bewertung: besonders wertvolllg andrea
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22.08.2011, 00:24 Uhr von goat
Bewertung: besonders wertvollIm Großen und Ganzen bin ich Deiner Meinung. Der Bericht ist wieder erstklassig. Natürlich gab es das Problem schon bevor das Kind einen Namen bekam. Aber die Problematik hat sich gerade in Zeiten des Konkorrenzkampfes, wie er jetzt herrscht, eindeutig verschlimmert. Die Arbeitsplätze heute sind nicht mehr das, was sie mal waren und es wird nunmal leider mit härteren Bandagen gekämpft als früher. Die Hemmschwelle ist gesunken und leider wird auf die Mitmenschen zu wenig Rücksicht genommen.
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21.08.2011, 23:11 Uhr von morla
Bewertung: besonders wertvolllg. ^^^^^^^^^^^^petra
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21.08.2011, 23:08 Uhr von sani001
Bewertung: besonders wertvollLiebe Grüße! Über Gegenlesungen würde ich mich freuen!
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21.08.2011, 22:30 Uhr von katjafranke
Bewertung: besonders wertvollLiebe Grüße....KATJA
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21.08.2011, 22:14 Uhr von minasteini
Bewertung: sehr hilfreichLeider kein bw mehr. LG Marina
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21.08.2011, 22:04 Uhr von manyatta
Bewertung: besonders wertvollLeider auch schon in der Kinderzeit ein schlimmes Thema, mein Sohn kann davon bereits ein Lied singen. Wunderbarer Bericht!!
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21.08.2011, 21:48 Uhr von oskermit
Bewertung: besonders wertvollKLASSE! Ich freue mich über Gegenbesuche, smile
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21.08.2011, 21:45 Uhr von Goldband
Bewertung: besonders wertvollSuper interessanter Bericht! LG
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21.08.2011, 21:16 Uhr von Lale
Bewertung: sehr hilfreichernstes Thema... Allerbesten Gruß *~*
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21.08.2011, 21:01 Uhr von 0Laggy0
Bewertung: besonders wertvollSchön berichtet, wünsche noch ein angenehmes Restwochenende!
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