Pro:
Die größte Sammlung der ägyptischen Weltmacht
Kontra:
-
Empfehlung:
Ja
Quirlig und lebendig ist die Innenstadt von Kairo. Märkte und Händler, Autos und Busse, Mopeds und alles was sich irgendwie bewegen kann, findet sich in dieser Metrpole der arabischen Welt.
Und inmitten der Lebendigkeit fließt das die Quelle des Lebens ruhig in seinem breiten Bett: der Nil. Das dunkle Blau fließt unberührt von hektischem Leben und dem Verkehr über den vielen Brücken dahin wie seit tausenden von Jahren. Unwillkürlich gehen die Gedanken zurück in jene Zeit als die Pharaonen Ägypten noch regierten. Weltwunder haben die Herrscher damals erschaffen und noch heute bewundern Millionen von Menschen die Pyramiden von Gizeh, die sich etwa 20 km vom südwestlichen Stadtrand Kairos befinden.
Als aufmerksamer Beobachter fiel mir bei meinem ersten Besuch auf, daß die Spitzen der Pyramiden von Gizeh nicht mehr vorhanden sind. Auf meine Frage, wohin denn die Spitzen gekommen seien bekam ich die geheimnisvolle Antwort, daß sie sich in einem großen Schatzhaus befinden würden.
Das "Schatzhaus" entpuppte sich als die größte Sammlung altägyptischer Kunst und Kultur: das ägyptische Museum in Kairo. Ein prächtiger Bau beherbergt eine unschätzbar wertvolle Sammlung der Kultur- und Kunstgeschichte der Menschheit. Und betritt man das Museum durch die großen weißen Türen empfängt einen die Säulenhalle fast im Stil eines Tempels von Karnak mit großen Steinfiguren, Sarkophagen und herrlichen Statuen der "göttlichen" Pharaonen. Der feine Rosenmarmor des Bodens stammt von den Steinbrüchen der Pharaonen bei Assuan. Und so wandelt man auf historischen Spuren.
Geordnet scheint hier wenig zu sein. Das Museum quillt über von Exponaten, die in ihrer Vielfalt einfach nicht zu überbieten sind. Alleine um die 700 Statuen eines "kleinen" Grabes zu bestaunen und die Details und die Kunstfertigkeit zu bewundern sind mehrere Stunden notwendig. So kommt es, daß man sich auf wenige, bekannte Fundstücke beschränkt um den Rahmen des Besuches nicht zu sprengen.
Der "goldene Pharao" ist DER STAR des Museums und so zieht es auch mich zuerst einmal zum goldenen Thron und den Masken des berühmtesten Pharaos Ägyptens: Tutenchamun. Unzählige Funde aus dem Grab, die man sich so nie vorgestellt hätte, finden sich hier und der Lapislazuli glänzt in den goldenen Geschmeiden und Büsten noch viel lebendiger als es Bilder je zeigen können. Die feinen Einschläge des Hämmerns kann man erkennen - als ob es gestern angefertigt worden wäre. Begeistert bin ich von all dem Prunk und werde von den Massen anderer Besucher einfach weitergeschoben zu den nächsten Exponaten des goldenen Pharaos. Ruhe und Beschaulichkeit ist weder dem Besucher noch den Überresten der berühmten Herrscher Ägyptens gegönnt.
Sobald man sich aus Tutenchamuns Ausstellungsräumen entfernt, verteilt sich der Besucherstrom wieder. Und so finde ich im Museum die Spitzen des Weltwunders von Gizeh: hier nämlich sind die berühmten dunklen Pyramidenspitzen der Pyramiden von Gizeh zu finden. Einmal muss man diesen feinen Stein angefaßt haben, um die Kunstfertigkeit der Steinmetze vor 5000 Jahren schätzen zu wissen. Die glatte Oberfläche wäre heute ohne den Einsatz von Diamantschleiftechnik nicht mehr denkbar.
Alabastervasen wechseln sich ab mit irdenen Töpfen und Kalebassen. Die dunkel geschminkten ausdrucksstarken Augen der Statuen scheinen einem zu folgen. Berührt haben mich die ausgestellten Sarkophage mit den Mumien. Glaubten doch die Ägypter an ein Leben nach dem Tod und an die ewige Reise der Toten durch die Welt der Lebenden.
Sicherlich ist das im ägyptischen Museum gegeben. Gibt es doch unzählige Mumien hier, die auf ihre Verwandschaftsverhältnisse mittels modernem Gentest untersucht werden. Radiokarbon Methoden bestimmen den genauen Todeszeitpunkt und Röntgenaufnahmen lassen uns bis in Detail an allen Krankheiten der Toten teilhaben. Der altägyptische Glaube, dass nur ein unversehrter Körper mit all seinen Organen im Jenseits weiterleben kann, gibt Forschern aus aller Welt ungeahnte Möglichkeiten um mit akribischem Arbeitseifer die Geheimnisse der altägyptischen Vergangenheit möglichst weit aufzudecken.
Berührt hat mich das Grab eines Kindes in einem der vielen Nebenräume. Ein mumifiziertes Krokodil und eine mumifizierte Katze sowie Spielsachen aus der Welt vor 5000 Jahren befanden sich bei der Mumie. Eine schöne Totenmaske. Gestorben ist das kleine Mädchen durch einen Sturz und doch ist sie so präsent und in unserer Mitte.
Volle 4 Tage habe ich im ägyptischen Museum zugebracht und mich erfreut an all den Exponaten und der großartigen Geschichte Ägyptens. Die Kunstfertigkeit mit der Bilder, Statuen und Schmuck hergestellt wurden, läßt nur den Schluß zu, daß die Menschheit nicht besonders viel dazu gelernt hat in den letzten 6000 Jahren.
Selbst die Navigation mittels der Sternbilder und die genau Observation der Himmelskörper läßt sich in den Papyri und den Aufzeichnungen leicht nachvollziehen. Große Kunst verbunden mit großem naturwissenschaftlichem Wissen. Die Grabbeigaben eines Arztes sowie die Inschriften in seinem Grab erzählen von Schädelöffnungen zum Zwecke der Tumourentfernung im Gehirn. Und von Blinddarmoperationen und dem Heilen von Knochenbrüchen. Die feinen Operationsmesser unterscheiden sich allenfalls im Werkstoff von den heute verwendeten. Das Wissen um Heilmittel und Narkosemittel stellt vermutlich noch heute für manches Pharmaunternehmen eine Quelle des Wissens dar.
Es gäbe noch viel mehr zu entdecken in dieser Schatzkammer Altägyptens. Viele Exponate stehen im Keller, weil einfach der Platz und die finanziellen Mittel fehlen um all die Schätze der Öffentlichkeit zu präsentieren. Das was der Öffentlichkeit präsentiert wird aber ist einfach überwältigend.
Eine derartige Vielzahl von Exponaten und der unglaubliche Prunk und Reichtum an Mitteln, Kunst und Wissen ist in der Geschichte sicherlich einmalig.
Es ist die Geschichte einer Supermacht, die die Welt über 5000 Jahre dominiert hat - in Kunst, Kultur und Wissenschaft und selbstverständlich in monetären Bereichen.
Sprachlos und hingerissen - begeistert und beeindruckt und unglaublich glücklich bin ich, daß ich diese Schätze der Menschheit mit eigenen Augen sehen durfte.
Mit einem Lächeln verabschiede ich mich von all den Mumien und freue mich, daß der große Glaube Altäpyptens und seiner mächtigen Götter bis heute in den Menschen am Nil wiederfindet: Die Toten sind ein Teil der Lebenden und die Auswirkungen dieses Glaubens kann man nirgends besser beobachten als im ägyptischen Museum in Kairo. Dort wo die Lebenden den Toten huldigen und die Toten den Lebenden einen Einblick in ihre Welt geben.
Die Adresse des ägyptischen Museums in Kairo ist:
Midan El Tahrir
Cairo, Egypt weiterlesen schließen
Bewerten / Kommentar schreiben