Pro:
Zweites Meisterwerk, voller Emotionalität und Harmonischer Melodien
Kontra:
- die perfekten 5 Songs findet man nur auf \"Parachutes\" -
Empfehlung:
Ja
Habt ihr schonmal einer CD entgegengefiebert ?
Habt ihr schonmal wochenlang im voraus jedes kleine bisschen an Information über eine CD aus dem Internet herausgefiltert ?
... seid ihr schonmal vor Ladenöffnung fiebrig vor dem CD-Laden gestanden und habt der Verkäuferin die noch eingeschweisste CD förmlich aus der Hand gerissen ?
Mir ging es so - und was war der Lohn, einer dieser lästigen "includes the hit-single-bla-bla-bla" Aufkleber, die den interessantesten Teil des Covers verkleben. Wenn ihr diese Aufkleber dann von der Hülle entfernen wollt, hinterlassen Sie immer diese schlierigen Streifen, die man kaum ohne Kratzer entfernen kann - daß hass ich wirklich!
Dennoch, daß Cover wirkt schon aussergewöhnlich, weisser Untergrund und darauf eine seltsame 3-D Darstellung des menschlichen Torso - der Kopf wird bei der Nase einfach durchtrennt. Hmmm...
Habt ihr schonmal acht Stunden im Büro gesessen, während ihr gewusst habt, daß draußen im Auto eine CD auf euch wartet, welche ihr schon seit Monaten sehnsüchtig erwartet... ?
Mit dem jungfräulichen Weiss ist aber Schluss nachdem man die CD-Hülle geöffnet hat - eine schwarze CD mit platinener Schrift erwartet uns dort...
auch das Booklet begrüsst den Informationssuchenden mit schwarzer Tristesse und güldenen Buchstaben die uns die 11 Titel des Albums auflisten.
Daneben ein Graufoto der vier Briten.
Auf der nächsten Seite eine Studioaufnahme - in Ihre Instrumente versunkene Menschen - einsame, mit sich beschäftige Menschen...
"People" heisst es auf der nächsten Seite - Guy Berryman, Jon Buckland, Will Champion und Chris Martin - Coldplay, ach ja - Phil Harvey war auch dabei! Infos über die Produktion - dann wirds politisch, Coldplay engagieren sich im "Fair-Trade-Agreement".
Doch keine Songtexte sind zu finden...
.... "OH TAKE ME BACK TO THE START ..."
Kennt ihr diesen Moment der Stille, während ihr den Play-Knopf des CD-Players gedrückt habt und die ersten Töne erklingen ?
Dramatisch hämmernde Drums leiten den ersten Titel ein - die Streicher untermalen auf ihre eigene Weise...
"Look at earth from outer space
Everyone must find the place
Give me time and give me space
Give me real, don't give me fake"
mit diesen Worten Martin´s verstummt der Drummer bei "Politik" nur noch ein sanftspielendes Piano gesellt sich zur kummernden Stimme.
Sanft lässt Martin jedes Wort lang ausklingen - im Refrain, welcher wiederum den Drummer in Erscheinung treten lässt, öffnet er dann mit lauter Stimme den Weg zur Melodiösität.
"Just open up your eyes"
Politisches Bewusstsein... ?
"Give me love over ... this" mit beinah gequält langanhaltender Stimme tritt zum ersten mal die Gitarre hervor und bringt rhytmische Stimmung mit ein, für die letzte Minute des Titels.
Als ich den folgenden Titel das erste mal hörte, wußte ich sofort das dieser Song nur von Coldplay sein kann... die Rede ist von "In my place".
Ein Song geradezu prädestiniert dafür an Tagen zu hören, an denen man sich richtig niedergeschlagen fühlt... wie oft ich diesen Song gehört habe? 50 - 100x - ich weis es nicht mehr...
"I was scared, I was scared,
Tired and underprepared, but I wait for you"
Eine Gitarre, welche zur zweiten Stimme wird, bringt uns mit all ihrer Melodie und Harmonie diesen Titel näher. Doch auch der Duettpartner lässt nicht lange auf sich warten, Chris Martin mit seiner Gesangsstimme, wie wir Sie bei "Yellow" lieben gelernt haben. Er lebt mit den Instrumenten - oder umgekehrt ? Die Symbiose die seine zart entwickelnde Stimme mit den ihn begleitenden Streichern eingeht ist Balsam ... für die Ohren.
"Please, please, please,
Come on and sing to me, to me, me"
Und kaum verstummt er, erklingt die Gitarre zu ihrem "Gesang" - wie ein Echo erklingen die gesungenen Worte Martins noch einmal in jedem Saitenanschlag der Gitarre.
Als Kenner des Vorgängeralbums "Parachutes" könnte man sich nun bestätigt fühlen und weiterhin melodische, hymnenartige Titel erwarten - die "Parachutes" so großartig gemacht haben - fünf aufeinanderfolgende geradezu perfekte Songs.
Doch bei "God put a Smile on your face" wird schnell klar, daß dieses Album eben nicht "Parachutes" heisst.
Eine leicht schrammelig klingenden Akustikgitarre begleitet Martin bei seinem zunächst leicht nölig klingenden Gesang -
"Where do we go, nobody knows
I've got to say I'm on my way down
God gave me style and gave me grace
God put a smile upon my face"
weit entfernt von Melodiösität bewegt er sich hier mit seiner Trauer und Trotzgeprägten Stimme.
Man könnte in diesem Titel schnell verloren gehen, würde sich nicht der Schlagzeuger als erster aufraffen mit einprägendem Beat Tempo einzubringen, ihn begleitet eine dieser großartigen, aufjaulenden Gesangsgitarren.
Doch Martin verbleibt weiterhin in seiner trotzigen Stimmung - doch scheint sich in ihm etwas zu regen, denn beim Refrain blüht eine Melodie in seiner Stimme auf - die sich aus seiner dunklen Kehle den Weg zum Licht sucht. Ich schreibe diese Zeilen während ich die Augen geschlossen halte, nur um die Musik noch besser auf mich einwirken lassen zu können ...
der Wechsel von melancholischer Stimme hin zu harmoniesuchender Hoffnungstragender Gesangslage ist einfach phänomenal.
"The Scientist" - ein Song der unweigerlich an eine alte Liebe erinnert!
Ich gehe durch den Wald - abends, es ist ein warmer Tag gewesen - dieser warme Duft, das Zwitschern der Vögel und das sanftwogende Nachgeben des Waldbodens - Die Zivilisation hinter sich lassen !
Ich stöpsel mir den Ohrhörer ein und vernehme eine sich langsam aufbauende Pianomelodie -zu welcher sich schnell Chris Martin gesellt.
"I had to find you, tell you I need you
tell you I set you apart, tell me your secrets
And ask me your questions - Oh let's go back to the start"
Kaum vernehmbar stimmen leise die ersten Streicher mit ein - "nobody said it was easy - it`s such a shame for us to part".
Die warme Waldluft gesellt sich zu meinen Gedanken über die vergangene Liebe - über den Herzschmerz - und darüber ob da nicht doch noch Liebe wohnt ?
Gemeinsam mit meinen Gedanken, weckt der Schlagzeuger die Hoffnung in uns - "Tell me you love me
Come back and haunt me - Oh and I rush to the start"
Melodie macht sich in Chris Martin`s Stimme breit - sanftwogend diskutiert Sie mit meinen Gedanken im Kopf - es kommt zur Auseinandersetzung, welche von einer schrammenden Gitarre begleitet wird - doch Chris Martin sieht sich im Recht - die Musik verstummt - und ich steh wieder vor meinem Auto.
Aufgewühlt - ...
Dynamisches Pianospiel und sanftsäuselnde Streicher begeistern bei "Clocks", motivierter Gesang -
"Lights go out and I can't be seen
Tides that I tried to swim against
Have put me down upon my knees
Oh I beg, I beg and plead singing"
wie im Sekundentakt ertönen die Beats des Schlagzeugers, taktend - melodiös.
Die Gitarren geben ihre melodiöses, sanft entwickelndes Spiel zum besten und Chris Martin frohlockt in höchsten Tonlagen - und gemeinsam entweicht man im Mittelpart in eine aufgewühlte Klangwelt - hastig gesellt sich kurz ein Bläser hinzu, nur um kaum gehört wieder zu verstummen.
"Come out upon my seas,
Cursed missed opportunities, am I a part of the cure
Or am I part of the disease, singing" -
doch den ganzen Song hindurch begleitet uns das Pianospiel.
Schräge Melodiebögen - die sich unter einer hektisch, nervös wirkenden Schlagzeuginstrumentierung vereinen - leiten "Daylight" ein.
Auch Chris Martin spinnt um seinen Gesang einen langen Bogen, die Endsilbe lässt er langatmig strömend in den Raum gleiten - nur von einem Bassisten instrumentiert lässt er eine minimalistische Klangsphäre auferstehen - die beim fast schon überfrachtet wirkenden Refrain einbricht.
"Oooh and the sunshine
Yeah on a starry night
Ooooh and I realised
Ooooh could I live without
Ooooh could I part without"
überraschend schwallt uns eine Welle Glücksgefühle durch den dynamisch und melodisch instrumentierten Refraineinsatz entgegen - welchen Chris Martin mit engelsgleicher, hoher Stimme begleitet.
And everything is okay... bei diesem Song wandelt man wieder auf diesem schmalen Grat von Melancholie und purem Glücksempfinden... dieses Gefühlsdurcheinander wird durch Martin`s hypnotisierenden Endgesangseinsatz noch mehr als verstärkt.
In einem dieser zurückgezogenen Momente auf der heimischen Couch eroberte mich "Green Eyes"
"Honey you`re a rock..."
der melodische von einer akustischen Gitarre begleitete Titel lebt wirklich vollends von Chris Martins Stimme !
Das weis er auch und nutzt dies beinahe schamlos aus, er spielt mit seiner Stimme, harmonisch betonend lässt er den Hörer Wort um Wort verstehen -
"The green eyes - Yeah the spotlight
Shines upon you and how could anybody deny you"
Erst als er sich sicher ist, daß der Hörer vollends seinem Organ verfallen ist, darf der Schlagzeuger taktend Tempo einbringen - in welchem Martin zur vollkommenen harmonischen Blüte findet !
Mit melodischer Lässigkeit verstärkt er sein Werben um die Liebe des Mädchens mit den grünen Augen.
"cause i came here with a load - and it feels lighter since i meet you, honey you should know, i could never go on without you"
Im blinden Liebestaumel ...
Es ist Samstag morgen - der Nebel hängt wieder mal tief, dennoch ein Anzeichen für einen schönen Tag - das Tau lässt die ersten durchdringenden Sonnenstrahlen glänzen - meine Laufschuhe sind geschnürt, kalte Luft einatmen - Discman einschalten...
Leise Gitarrenklänge spielen im Hintergrund, gemeinsam mit den sanft taktenden, mir den Laufschritt vorgebenden Drummer setzen Streicher ein, welche aber mit Chris Martins Gesang zunächst wieder verklingen.
"A warning sign
I missed the good part then I realised
i started looking and the bubble burst
i started looking for excuses"
Die kaltfeuchte Nebelluft lässt sich nur beschwerlich atmen - dennoch erfrischt es ungemein, sanfte Streicherklänge lassen harmonisch den Refrain erklingen, bei welchem sich Chris Martin die Liebe eingesteht, die er so eben verloren hat.
"When the truth is I miss you
Yeah the truth is that I miss you so."
Die Streicher lässt er gekonnt seine Stimme begleiten, so daß sich beides wunderbar gegenseitig ergänzt und beides harmonisch zur Entfaltung kommt.
Gedanken begleiten meinen Lauf, dennoch die Schritte werden schwerer - ein Piano, welches schwermütig über die hohe Stimme Chris Martins hinwegzieht ist der neue Taktgeber für meine Schritte...
Vorbei an meinem Maisfeld, über einen von Schlaglöchern verzierten Feldweg jogge ich nun - die Straße eine Anhöhe hinauf - gemeinsam mit den dramatischen, antreibenden Klängen von "A whisper" ist das kein Problem. Schrammelnde Gitarren, schnell taktender Schlagzeuger und die harmonieverstärkenden Streicherarrangements im Hintergrund intensivieren dieses Hörerlebnis.
In wohlgewählten, kurzen Momenten des Auflebens lässt Chris Martin seine Stimme zunächst erklingen -
"I hear a sound the ticking of clocks
I remember your face remember to see where you are not"
die Anhöhe ist bald geschafft - die Sohlen der Schuhe wirken durchgelatscht, die Oberschenkel ziehen schon leicht - oben über die Straße - hinauf auf die steinerne Brücke - über den Kanal...
dort angekommen belohnt uns Martin mit einem gutgewählten Gesangsmoment, nach welchem ich erstmal durchatmen muss - die rhytmisch, sanfte Instrumentalisierung des Endparts mit Streichern gibt mir dazu Gelegenheit.
Wieder zu Hause - verschwitzt - "A rush of blood to the head" erklingt - der Titelsong.
Ein Titel mit langer Anlaufzeit - geprägt nur von Martin`s heller Stimme.
"You said I'm gonna buy this place and burn it down
I'm gonna put it six feet underground
You said "I'm gonna buy this place and watch it fall
Stand here beside me baby in the crumbling walls"
Nach dieser Anlaufzeit, entwickelt sich daraus ein bunter Harmonie-Schmetterling voller akustischer Instrumentierung - träumende Gitarren, rhytmisch taktendes Schlagzeug und ein Refrain...
"Honey all the movements have started to make
see me crumble and fall on my face
and I know the mistakes that I've made
see it all disappear without trace.
And they call as they beckon you on
They said start as you need to go on"
... der wie ein Lichtschein durch das Dunkel bricht, intensiv der Gesang von Chris Martin, welcher mit heller Stimme Wort um Wort ausatmet und Instrumente, die harmonisch spielerisch der Stimme von Chris Martin zu mehr Klangvermögen verhelfen.
Ein sehr textintensiver Titel - mit enormen Tiefgang -"Meet me on the road, meet me where I stand
Blame it all upon a rush of blood to the head"
Zur Ruhe kommen - leise...
Ein Klavier klimpert sich harmoniesuchend ein für "Amsterdam" -
"Come on, oh my star is fading i swerve out of control
And if I, if I'd only waited i'd not be stuck here in this hole."
Ein Duett der traurig, deprimiert klingenden Stimme Martins mit dem ebenso gefühlsbetont zu Werke gehenden Pianisten, der er selbst ist.
Ich selbst sitze auf meiner Couch und blättere etwas in der Zeitung - doch nach einem kurzen Pianosolo erweckt man meine Aufmerksamkeit...
nach vier Minuten sanftharmonischer Stille, quillt plötzlich eine Eingängigkeit in Form von melodischen Instrumenten durch die Lautsprecher die die eingeschlafenen Ohren mit frischem Blut versorgt.
"Stuck on the end of this ball and chain and I'm on my way back down again
Stood on a bridge, tied to a noose and sick to the stars - you can say what you mean but it won't change a thing
I'm sick of the secrets"
Chris Martin´s Stimme erwacht plötzlich aus ihrer deprimierten Grundstimmung und lässt Hoffnung erahnen...
QUESTIONS OF SCIENCE...
Der Zauber ist verflogen - doch das Herbeigezauberte ist immer noch da!
Coldplay haben es tatsächlich geschafft, nach dem kaum zu übertreffenden Debütmeisterwerk legen Sie mit "A rush of blood to the head" ein nicht minder überzeugendes Werk vor.
Die großartigen hymnischen Titel des Vorgängeralbums sind zwar größtenteils nicht mehr vorhanden, aber man hat sich nun mehr auf die Qualitäten des Songwritings konzentriert - mit vollem Erfolg.
Chris Martins Stimme lebt jede einzelne Strophe -
versehen mit einer grandios harmonischen Instrumentierung haben die Jungs eine weitere, grandiose Gitarrenmusikperle vorgelegt.
Das Album gefällt mit seiner emotionalen Vielfältigkeit - durch die es wahre Höhepunkte setzt und den Hörer zu begeistern weis. weiterlesen schließen
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