Pro:
ein toller Hund, wenn man ihn zu verstehen weiß
Kontra:
nichts für kleine Kinder
Empfehlung:
Ja
Wie kommt man dazu, sich einen Afganischen Windhund anzuschaffen? Manchmal gibt
es keine klare Antwort auf diese Frage. Man sieht ihn und weiß, das ist der Hund, mit
dem ich meinen Alltag verbringen möchte.
So ging es uns, als wir das Tierheim besuchten, um nach einem Hund Ausschau zu halten.
Aisha, so heißt unsere Hündin, war kahlgeschorren und hatte einen dicken Verband an
ihrer linken Pfote. Eigentlich sah sie so richtig unansehnlich aus. Kein Wunder, was die
eineinhalbjährige Hündin schon alles hinter sich hatte. Sie wurde vom Tierschutzbund aus
einem Keller befreit, mit ihr einige Welpen. Sie war dafür bestimmt, Welpen zum teueren
Verkauf zu gebären und lebte mit einem gebrochenen Bein in einem dunklen Keller.
Unvorstellbar, daß man das einem Tier antun kann. Laut Tierheim war das ihr erster
Wurf.
Als wir Aisha vor elf Jahren mit nach Hause nahmen hatte sie einige Operationen an der
Pfote in Giesen hinter sich gebracht und war noch nicht sauber. Es war nicht immer
einfach. Das ganze Haus war während dieser Zeit mit Kunsstoffplanen ausgelegt, da man
ja nie wußte, wo sie gerade ihr Geschäft verrichtete. Aber nach einem halben Jahr hatten
wir sie soweit. Aisha lernte sehr schnell zu wuffen, wenn sie mußte und es war bald kein
Problem mehr.
Aisha und Harley (unsere Katze):
Obwohl Afganen zu den Hetzjägern gehören, war es nie ein Problem für sie, daß unsere
Katze mit im Haus lebte. In der Schlafzimmertür brachten wir einfach eine Katzenklappe
an, so daß sich Harley zurückziehen konnte, wenn es ihr zu bunt wurde. Richtige Freunde
sind sie nie geworden. Ich kann sagen, sie haben einander akzeptiert. Das einzig richtig
interessante für Aisha war das Katzenfutter. Wir hatten sie nämlich komplett auf
Trockenfutter eingestellt, da sie das am besten ohne Durchfälle vertrug. Als unsere Katze
vor einem viertel Jahr starb, war die Trauer nicht besonders groß, sie sah noch ein paar
mal nach dem Katzenfütterungsplatz und als sie merkte, daß da nichts mehr zu holen war,
war das Thema für Aisha auch abgeschlossen.
Charakter:
Nun ja, es war schon eine Umstellung vom Labrador auf einen selbstbewußten Afghanen
zu kommen. Sie haben ein ganz anderes Wesen, als das, das man sich so unter einem
richtigen Familienhund vorstellt. Und man muß Afganen auch so lassen, denn umerziehen,
das klappt beim besten Willen und mit aller Liebe nichts. Aber das darf man nun nicht
falsch verstehen, sie brauchen sehr viel Liebe, denn versucht man etwas mit aller Gewalt
(ich habe nie ein Tier geschlagen, höchstens mal etwas härter mit ihr gesprochen) zu
bezwecken, dann reagieren sie mit Sturheit und es kann passieren, daß sie sich für einige
Zeit zurückziehen. Afganen sind eine sehr stolze Rasse, die sich nicht so einfach
bevormunden lassen. Wenn Aisha mit mir sauer ist, dann wendet sie eiskalt den Kopf ab
und ich kann ihr anbieten was immer ich möchte, ich habe verloren. Also lasse ich sie
trotzen, sie kommt schon wieder.
Sie ist gegenüber ihren eigenen Leuten ein sehr treuer und feinfühliger Hund. Wenn wir
Besuch bekommen, steht sie nicht einmal auf, um ihn zu begrüßen. Wenn es Bekannte
sind, die sie öfters sieht, dann hebt sie allerhöchstens mal den Kopf. Auch wenn es an der
Haustür klingelt, hat man das Gefühl sie bekommt es gar nicht mit. Sie bleibt
anteilnahmslos erscheinend in ihrem Sessel liegen. Aber das darf man nicht unterschätzen,
denn afganische Windhunde bekommen alles mit. Sie steht auch auf, wenn einer von uns
mit dem Auto anfährt und steht dann einfach nur da und wartet, bis man Madame
begrüßt. Kurz danach dreht sie sich um und legt sich wieder zufrieden in ihren Sessel. Sie
liebt diesen Platz, denn von hier aus kann sie das ganze Erdgeschoß bis zur Haustüre
überblicken.
Zuhause ist Aisha ein absolut lieber und ruhiger Hund, bei der man oft gar nicht merkt,
daß es sie überhaupt gibt. Sie hält sich zwar immer in der Nähe von uns auf, aber sie ist
nicht aufdringlich. Es ist ihr einfach nur wichtig bei ihrem Rudel zu sein. Auch wenn es
nicht den Anschein hat, Afganen möchten beachtet werden. Bin ich mal länger im Keller,
dann wufft sie von ihrem Sessel aus, als wolle sie sagen: „Du warst jetzt lange genug
unten, komm wieder her. Ich bin auch noch da.“
Aisha geht nur gerne spazieren, wenn es ihr behagt. Gehen wir auf der Straße, ein für sie
uninteressantes Areal, dann latscht sie nur so mit, der Schwanz und Kopf hängen nach
unten und sie sieht so lustlos aus, daß man es gar nicht richtig beschreiben möchte. Ein
ganz anderes Bild des Hundes bekommt man im Wald und am Feldrand. Hier wird es für
sie so richtig interessant. Sie schaut aufmerksam über die Felder und springt mit
erhobenem Ringelschwanz vor mir her. Dann tobt sie sich so richtig aus. Bis sie ausgetobt
ist, hört sie auch nicht besonders auf Kommandos. Deshalb haben wir auch nie versucht
sie von der Leine zu lassen, denn sie käme nicht zurück. Erst nach einer Weile fängt sie
an, auch einmal zu hören. Wir haben uns eine zehn Meter lange aufspulbare Leine
zugelegt und das ist genau das richtige für sie. Da wir am Rande des Auwaldes leben,
lassen wir auch Aisha ihren weg, den sie gehen möchte selbst auswählen, denn wenn sie
sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, ist sie eh nicht davon abzubringen. Schon des
öfteren habe ich sie versucht in eine andere Richtung oder zum weitergehen zu bewegen
und hatte die Leine mit Halsband ohne Aisha in der Hand. Aisha bleibt dann gesträubt mit
allen vier Beinen in ihrer Antistellung stehen und bewegt sich keinen Meter weiter. Also
lege ich die Leine wieder an und wenn es dann Richtung heimwärts geht, dann rennt sie
wieder wie ein junger Gott.
Afganen sind Jagdhunde, die früher zur Hetzjagd eingesetzt wurden, auch wenn sie nicht
danach aussehen. Und diesen Naturtrieb kann man ihnen auch nicht abgewöhnen. Beim
Spazierengehen bekommt man ein richtiges Auge des eigenen Hundes, um einfach
schneller zu sein, als er. Ich schaue schon bevor Aisha auf die Idee kommt unter ein
Gebüsch zu schauen nach versteckten Tiere. Denn einmal war ich unachtsam, da hatte
sie ein Kaninchen im Maul. Das ging blitzschnell. So schnell konnte ich gar nicht
reagieren.
Nach diesem Vorfall beschlossen wir, mit Aisha bei einem Windhunderennen
teilzunehmen. Alles war wunderbar. Aisha war sehr beeindruckt, besonders von den
lautstarken Rüden, die Ihre Dominanz zu erkennen gaben. Endlich ging es zur Sache. Alle
Hunde standen neben ihrem Herrchen. Aisha neben meinem Freund. Zwar nicht ganz so
konzentriert, wie die anderen, aber sie stand eben auch da. Ziel bei diesem Rennen war
es, den falschen Hasen zu fangen. Aber so schlau war Aisha schon lange zu erkennen,
daß es sich nicht um einen wirklichen Hasen handelte. Nur eben anscheinend nicht für
meinen Freund, denn Aisha setzte sich hin und Klaus rannte wie ein Verrückter voran.
Als er zurückkam stand sie auf und die gespielte Hetzjagd war für sie vorbei. Auch die
nächsten Versuche verliefen, trotz Bestechungsversuche, erfolglos, so daß wir das Thema
Hunderennen aus Aisha’s Leben streichen mußten.
Fellpflege:
So edel wie Afganen aussehen, so sehr muß man aber auch ihr Fell pflegen, denn es neigt
sehr schnell dazu zu verfilzen. Ich benutze dazu eine spezielle Stahlbürste, einen
weitmaschigen Kamm und eine Entfilzungsbürste, die mit Batterien betrieben wird. Die
Borsten rotieren leicht, so daß man ohne zu zerren leicht die Knoten aus dem Fell
beseitigen kann. Ich habe mal durch Zufall die Bürste bei einer Hundeausstellung entdeckt
und es ist wirklich super, denn manchmal ist es schon eine Qual, das ganze Wirrwarr
herauszukämmen. Sie mag es gar nicht besonders gerne gebürstet zu werden, vielleicht,
weil sie es als Welpe nicht gelernt hat.
Wichtig ist auf jeden Fall, daß man mit den Haarspitzen beginnt und von oben etwas Haar
dazunimmt und sich bis auf die Haut durchkämmt. So entdeckt man jede Verwirrung der
Haare und sie lassen sich, wenn auch nicht immer leicht, lösen. besonders aufpassen muß
man bei den Ohren und an den Pfoten, denn da sind sie besonders empfindlich.
Aisha läuft während der Kämm-Prozedur öfters mal eine Rund, der wenn man sie an den
Hinterbeinen kämmt setzt sie sich, aber sie wehrt sich nicht wirklich. Man merkt ihr
einfach nur die Unannhmlichkeiten an. Bis dann der ganze Hund gebürstet ist, das dauert
manchmal schon eine gute halbe Stunde. Danach schüttelt sie sich richtig, daß sie wieder
so richtig durcheinander aussieht und ihr die Haare aus den Augen streichen muß, damit
man überhaupt wieder etwas vom eigenen Hund sieht.
Ist sie sehr schmutzig muß sie auch mal wieder gebadet werden, denn sonst bekommt
man das Fell nicht mehr sauber und es läßt sich nach dem baden auch wieder einfacher
bürsten. Es gibt spezielle Shampoos, die nicht nicht so sehr riechen und das Fell wieder
geschmeidig machen. Zu oft bade ich Aisha allerdings nicht. Im Sommer lasse ich sie
lieber mal in einen See springen. Sie läuft dann darin rum und setzt sich mal. Das war es
dann auch schon. Untertauchen wie z.B. ein Labrador oder schwimmen möchte Aisha
nicht. Ich weiß gar nicht, ob Afganen überhaupt schimmen können. Egal für was man
sich entscheidet, man sollte auf jeden Fall darauf achten, daß kein Wasser in die Ohren
gelangt, oder daß man diese auch wieder richtig trocknet.
Wenn man sich für einen Afganen entscheidet, muß man einfach wissen, daß man sich
auf einen selbständigen Hund einläßt, der seinen eigenen Kopf hat. Er ist nicht
unerziehbar, wie manche Menschen glauben, er ist einfach nur anders, als andere Hunde.
Afganen gehören nicht zu den unterwürfigen Hundenrassen,die alles recht machen
wollen. Sie sind eigenständige Lebewesen und das muß man ihnen auch zugestehen.
Auch wenn sie arrogant und unnahbar wirken, sie sind feinfühlige und sensibele
Lebewesen, die viel Liebe und Zuwendung brauchen. Die Eigenarten und Charakter des
Hundes zu verstehen und aktzeptieren, das ist das Geheimnis, um mit ihm glücklich zu
werden.
Man muß einfach mehr als bei einem anderen Hund auf ihren Willen eingehen, dann hat
man in einem Afganen einen ganz tollen Freund gefunden. Wir behandeln Aisha fast wie
gleichberechtigt und wir sind ein ganz tolles Trio.
Aber wer ihn als Dekorationsstück benutzen möchte, wegen seines leichten tänzelnden
Ganges und seiner edlen Erscheinung, der sollte besser die Finger von ihm lassen, denn
viele Afganen landen in Tierheimen, weil der Hund den Erwartungen des Halters nicht
entspricht.
Egal für welches Tier man sich entscheidet, man muß sich zuvor gründlich informieren
und sich Gedanken darüber machen, ob man auch die Eigenheiten einer Rasse
aktzeptieren kann. Wir konnten nur einen Hund aus dem Tierheim nehmen, wir nahmen
die Mutter, weil sie es am schwierigsten hatte und auch Welpen besser vermittelt werden
können.
Wenn ich Aisha so neben mir liegen sehe, bin ich sehr stolz, daß sie das alles geschafft
hat und wir ihr ein schönes Leben bieten können. Und ich wünsche mir sehr, daß sie
gesund uralt wird. Aber ich werde sie auch, wenn es an der Zeit ist mit Würde und ohne
Schmerzen gehen lassen. Das alles steht in meiner Verantwortung. weiterlesen schließen
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