Pro:
Schöne Landschaftsbilder, gute Schlachtszene
Kontra:
Vile Widersprüche, falsche Vermittlung des Orients, langatmig
Empfehlung:
Nein
ALEXANDER
USA/Großbritannien/Deutschland, 2004
Länge:173 Minuten
FSK:ab 12
Produktion:Oliver Stone, Moritz Borman, Jon Kilik, Thomas Schühly, Iain Smith Regie:Oliver Stone
Buch:Oliver Stone, Christopher Kyle, Laeta Kalogridis
Kamera:Rodrigo Prieto
Musik: Vangelis
Schnitt:Yann Hervé, Alex Marquez, Thomas J. Nordberg
Darsteller:Colin Farrell (Alexander), Anthony Hopkins (alter Ptolemäus), Angelina Jolie (Olympias), Jared Leto (Hephaiston), Rosario Dawson (Roxane), Val Kilmer (Philipp), Elliot Cowan (Ptolemäus), Joseph Morgan (Philotas), Christopher Plummer (Aristoteles), Brian Blessed (Ringer-Trainer)
Quelle: Cinomat
Alexander ist der Sohn des Königs Philipp von Makedonien. Dieser hat im 4. vorchristlichen Jahrhundert die griechischen Stadtstaaten und Teile des heutigen Balkan unterworfen. Oliver Stones Film versucht Alexanders Leben von seiner Kindheit an bis zu seinem Tod zu erzählen. Alexanders Kindheit prägt ihn stark. Er steht zwischen seinem Vater, der als barbarischer und halb verkrüppelter Tyrann dargestellt wird, und seiner Mutter, einer halbbarbarischen und schönen Frau, gespielt von Angelina Jolie. Während die Mutter ihm einredet von göttlichem Ursprung zu sein und göttergleich wie Achill zu sein, verlangt sein Vater seine Unterwerfung. Schließlich kommt es zu Konflikten mit beiden Elternteilen, die endlich dadurch beendet werden, dass Philipp ermordet wird und Alexander auf den Thron rückt. Die ersten Regierungsjahre Alexanders werden übersprungen. Die Erzählung setzt in der zweiten großen Schlacht gegen die Perser wieder ein. Alexander besiegt den persischen König Dareios III durch ein riskantes militärisches Manöver und erobert schließlich ganz Persien. Er versucht die Perser in die neue Herrschaftsordnung zu integrieren, in dem er großzügig ihnen gegenüber agiert, eine persische Frau aus einfachen Verhältnissen zur Frau nimmt und große persische Kontingente in sein Heer aufnimmt. Die eigene makedonische Klientel verschreckt er dadurch. Es kommt zu einem Attentat aus den eigenen Reihen. Alexanders Berater und Offiziere sind alte Jugendfreunde von ihm. Der Verrat einiger von ihnen trifft ihn schwer. Er lässt zwei von ihnen umbringen. Die Ehe mit der persischen Frau, Roxanne, ist er vor allem eingegangen, um einen Sohn zu bekommen. Doch die Ehe wird zu einer Krise für ihn. Sie wird nicht schwanger und er liebt eigentlich seinen Jugendfreund Hephaistion, der immer in seiner Nähe ist und in allen Krisen der einzige ist, dem Alexander stets vertraut.
Nach langen Märschen und Feldzügen durch Persien, Skythien bis hinunter nach Indien kommt es zu Konflikten mit seinen Soldaten. Sie wollen endlich nach Hause. Alexander lässt die Rädelsführer hinrichten und zieht weiter. Als Alexander in einer Schlacht gegen einen indischen Fürsten verletzt wird, entscheidet er schließlich doch zurück zu marschieren. Er macht Babylon zur neuen Hauptstadt seines Reiches und plant neue Feldzüge. Sein Freund Hephaistion stirbt und seine Frau gebährt ihm doch endlich einen Sohn. Kurz bevor er zu neuen Feldzügen aufbrechen will, wird er schließlich vergiftet und stirbt. Seine noch übrig gebliebenen Gefährten fangen an sich über seinem Leichnam um die Nachfolge zu streiten. So zerfällt das junge Reich Alexanders in die Diadochenreiche.
Nach den großen Historienfilmen der letzten Jahre war es ja nur eine Frage der Zeit bis auch Alexanders Leben neu verfilmt wird. Ich ging gespalten in diesen Film, da Gladiator, King Arthur und Troja allesamt Enttäuschungen waren, aber auf der anderen Seite der Film von Oliver Stone gedreht ist. Nun kann man solche Filme auf zweierlei Arten bewerten, vom dramaturgischen Standpunkt aus und vom historischen Wahrheitswert aus. Vergleicht man den Film mit seinen unmittelbaren Vorgängern dieses Genres, muss man zugeben, dass er rein von den historischen Fakten her, den realen Ereignissen sehr viel näher ist. Die Marschroute Alexanders, die Ausrüstung, die Ereignisse, die Schlachtordnungen entsprechen weitestgehend den historischen Quellen. Natürlich gibt es aber dennoch Fehler. So wird Philipp zu Unrecht als tyrannischer Barbar dargestellt. Ganz so schlimm und unzivilisiert war er dann doch nicht wie Stone sich ihn vorstellt. Auch wird Alexander nicht in einer offenen Feldschlacht durch einen indischen Elefantenkrieger verletzt. Doch dieser Fehler ist verzeihbar, da diese Szene den dramaturgischen Höhepunkt des Filmes darstellt. Allerdings ist es nicht so, dass Alexander sich erst nach einer Verletzung zum Rückmarsch entschließt. Sein Plan war von Anfang an, nur den Nordwestlichen Teil Indiens zu erobern, um dann über den indischen Ozean zurück nach Ägypten zu segeln. Er überlegte zwar wirklich kurzzeitig weiter zu ziehen, musste aber einsehen, dass seine Soldaten nach einem Jahrzehnt des Krieges nicht mehr zu motivieren waren. Ansonsten sind noch zwei allgemeine Probleme der historischen Darstellung in diesem Film zu bemängeln. Zum einen die Homosexualität und zum anderen das von der Gegenwart geprägte Orientbild des Filmes. Homosexualität war in der Antike kein besonders großes Problem, im Gegenteil, sie war Alltag. Im Film kommt es immer wieder zu Szenen zwischen Hephaistion und Alexander oder zwischen Alexander und einem persischen Sklaven mit erotischen Spannungen. Als Roxanne Alexander in so einer Szene erwischt, dreht sie durch und bedroht Alexander mit einem Messer. Eine völlig unbegründete Reaktion für antike Verhältnisse.
Das Orientbild ist voll falscher Implikationen. Dareios Erscheinungsbild erinnert an Islamisten. Später wird er tot aufgefunden. Sein Leichnam mit einem ungepflegten Vollbart erinnert wiederum stark an Bilder des gefangen genommenen Saddam Hussein. Alles wirkt exotisch in Persien. Alexander und seine Freunde ziehen voller Staunen in Babylon ein und treffen auf Menschen mit exotischen Tanzstilen, leicht bekleideten Frauen usw. Dieses Bild vom Orient ist ein neuzeitliches, kein antikes! Dazu kommen immer wieder Hinweise, dass Alexander das alles doch nur macht, um die Perser zu befreien. Sicher wollte Oliver Stone keinen amerikanischen Propaganda-Film machen, aber in jeder Szene merkt man, dass Stone selbst stark von der gegenwärtigen amerikanischen Regierungspolitik geprägt worden ist. Alexander steht für den Westen, für Freiheit und für große Träume. Alexander will allen Menschen die Freiheit bringen und wird angetrieben von einem unbändigen Willen. Es ist der American Way of Life den Alexander hier lebt, er will die frontiers immer weiter hinaus schieben. Und die Perser mit ihrer exotischen und schönen Kultur sind leider unfrei, Sklaven ihres Königs Dareios, der visuell irgendwo zwischen Osama bin laden und Saddam Hussein pendelt. Wie kann Alexander anders als diesen armen Persern die Freiheit zu bringen?
Es wirkt schon lächerlich, wenn Alexander vor der großen Schlacht gegen die Perser bei Gaugamela seinen Soldaten zuruft, dass sie freie Männer sind und die Perser nur kämpfen, weil ihr König es ihnen befiehlt. Als diese gleichen freien Männer Jahre später, nicht weiter Krieg führen wollen, lässt er einige von ihnen hinrichten. So hat sich Oliver Stone in Widersprüche begeben, die er gar nicht auflösen konnte. Auf der einen Seite stehen die realen historischen Ereignisse, die er doch so authentisch wie möglich wiedergeben will, und auf der anderen Seite die Heroisierung Alexanders im Sinne einer aggressiven westlichen Außenpolitik und eines fehlgeleiteten modernen Orientbildes.
Erzähltechnisch und dramaturgisch ist der Film durchwachsen. Es ist Ptolemäus, ein Begleiter Alexanders, der nach seinen Tod das Diadochen Reich Ägypten begründen wird, der einem seiner Schreiber die Ereignisse von damals diktiert. So kommentiert Ptolemäus aus dem Off immer wieder die Handlung. Zum Schluss impliziert er, dass Alexander von seinen Freunden vergiftet wurde, sagt seinem Schreiber dann aber, er solle schreiben, Alexander starb am Fieber. Das ist mal ein schöner Versuch, Geschichte zu verfälschen. In der antiken Geschichte ist man ja stark abhängig von antiken Schreibern und viele dieser Schreiber waren alles andere als objektiv, so auch Ptolemäus. Dennoch ist es ziemlich gesichert, dass Alexander unspektakulär an Fieber starb. Der Film ist trotz seiner Länge durchsetzt von vielen Sprüngen, auch kommen Rückblenden vor. Das lässt den Film oft sehr zerstückelt wirken. Dennoch hat Stone es nicht geschafft, den Film lückenlos spannend zu halten. Vielleicht hätte er noch radikaler manches auslassen sollen. Einige Längen hat der Film auf jeden Fall.
Zwei große Schlachten bilden die Höhepunkte des Filmes. Die erste Schlacht bei Gaugamela gegen die Perser ist gewaltig groß. Leider führt die unruhige Kameraführung, sehr viel Staub und zu viele Nahaufnahmen zu einer Unübersichtlichkeit, die diese sicher teure Angelegenheit ziemlich verderben. Die zweite Schlacht gegen die Inder ist zwar kleiner gehalten, aber um einiges besser. Sie findet im Dschungel statt. Die Makedoner bauen ihre Phalanxen auf und warten. Schließlich fängt die Erde an zu beben und aus dem Dickicht tauchen ein Dutzend Elefanten auf, die durch die Reihen der Makedoner rennen. Die Schlacht scheint verloren zu gehen, doch Alexander reitet auf alleine auf einen der Elefanten zu und wird dabei verletzt, was seine Soldaten zu noch mal motiviert und den Schlachtverlauf wendet. Meines Wissens gab es noch keinen Film, der eine antike Schlacht mit Elefanten (lasse mich gerne eines besseren belehren) dargestellt hat. Auch wenn der Schlachtverlauf nicht den Tatsachen entspricht, hat Stone diese filmische Herausforderung gut gemeistert.
Schließlich bleiben noch die Schauspieler. Keiner der Schauspieler macht seine Aufgabe besonders gut oder schlecht. Ob man Colin Farrell den Alexander abnimmt ist jedem selbst überlassen. Alexander war nach den Quellen ein Mensch mit schweren Sinnkrisen und einem unbändigen Willen, immer mehr zu erreichen. Zumindest die weichliche Seite nimmt man Farrell ohne Probleme ab. Eine grandiose Fehlbesetzung ist allerdings Alexanders Mutter. Angelina Jolie ist einfach noch nicht in dem Alter, die Mutter zu spielen. Besser wäre sie als Roxanne gewesen!
Abschließen bleibt zu sagen, dass Alexander ein politisch problematischer Film mit einigen Widersprüchen ist. Oliver Stone konnte sich nicht entscheiden zwischen einer historischen korrekten und einer modern interpretierten Darstellung. Er konnte sich dramaturgisch nicht entscheiden, ob er eine detailgenaue oder eine stark geraffte Geschichte erzählen will. Er hat große Bilder eingefangen, aber keine richtig schöne Atmosphäre einfangen können. Natürlich kommen solche großen Historienfilme am besten im Kino rüber, aber dennoch kann ich den Film nicht für den Kinobesuch empfehlen. Das Geld ist er nicht wert. Die Zeit kann man auch einfach besser verbringen, zum Beispiel mit dem Lesen einer Alexander-Biographie, die ein korrektes Bild der antiken Verhältnisse aufzeigt. weiterlesen schließen
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