Pro:
Die Landschaft ist schön : )
Kontra:
eher weniger authentisch, schlecht mit ÖPNV erreichbar, keine wirklichen Einblicke in Kultur
Empfehlung:
Ja
INTRO
Während unseres Schulaufenthalts in den USA haben wir natürlich auch einige Exkursionen unternommen, die allerdings nicht primär dazu dienten, Land und Leute kennenzulernen, sondern in erster Linie Unterrichtsveranstaltungen der entsprechenden Fächer waren, was allerdings für uns aufs Gleiche rauskam.
.ANREISE
Eines sonnigen Oktobermorgens trafen wir uns um 7:30 – leider a.m. – um gemeinsam mit der dem Social Anthropology Abibturkurs (Fächer gibt’s in den USA…) ins Lancaster County im Bundesstaat Pennsylvania zu den Amish People zu fahren. Nach mehr als dreistündiger Fahrt durch immerhin vier Bundesstaaten sind wir dann in unserem Reisebus am Amish Farm House angekommen. Dieses befindet sich an der Route 30 Eastern in Lancaster. Kitchen Kettle Village, ein anderer Ort, den wir besucht haben, befindet sich in Intercourse, an der Route 340 und der sog. „Bird in Hand Farmers Market“ genau in der Mitte zwischen beiden. Ohne Auto ist alles schwer zu erreichen, da es kaum öffentliche Verkehrsmittel gibt. Von daher konnten wir froh sein, dass man uns einen Reisebus organisiert hatte.
Was wir bei und mit den Amish erlebt haben, erzähle ich euch im folgenden Bericht.
.WER SIND DIE AMISH ?
Amish People sind Leute, die vor über 200 Jahren aus deutschsprachigen Gebieten Europas, hauptsächlich aber aus der Schweiz, u.a. aus religiösen Gründen in die Staaten ausgewandert sind, um dort ein besseres Leben zu führen.
Die Amish, die auch die „Dutch people“ genannt werden , was allerdings nichts mit Holland zu tun hat, sondern eher auf eine falsche Aussprache des Worts Deutsch zurück zu führen ist, verzichten auf Elektrizität – weil sie glauben, dass die Medien die Kinder in negativer Weise beeinflussen – und Autos, sie haben daher nur Pferdekutschen, zumindest die strenggläubigen. Bei denen dürfen Frauen auch keine Knöpfe tragen, alle Kleider – die Frauen dürfen ja keine Hosen tragen – sind nur von Sicherheitsnadeln zusammengehalten. Das Hochzeitprozedere ist auch recht kompliziert, wie man uns während einer Führung erklärte, man kann nur im Frühling oder Herbst an zwei bestimmten Wochentagen heiraten, da sich die Feierlichkeiten über mehrere Tage erstrecken.
THE AMISH FARM HOUSE
Befindet sich also an der
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2395 Lincoln Highway East
Lancaster, PA 17062
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Geöffnet ist es je nach Jahreszeit, zwischen 10 und 16 Uhr allerdings immer. Genauere Infos zu den Öffnungszeiten könnt ihr der Website http://www.amishfarmandhouse.com/Visitor_Info.html entnehmen.
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Nachdem wir auf dem von Bäumen umgebenen Parkplatz geparkt hatten, sind wir erst einmal zum Hauptgebäude gegangen, wo wir dann von einem Guide empfangen wurden, der einige Wörter altertümliches Deutsch herausbrachte. Die Besichtigung des Farmhouse stand auf dem Programm, ehe es später in den Innenhof ging. Gemäß Preisliste, die sich ebenfalls auf der Website findet, kostet dies pro Person $8.95, Gruppenpreise ab 10 Personen gibt es auch, aber die werden wohl individuell verhandelt.
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Etwas irritiert waren wir dann schon, als wir in der Eingangshalle nach Geschlechtern getrennt sitzen müssen, die Amish People machen das aber in jedem Gottesdienst so, das dann also zur Rolle der Frau – gut, dass ich da nicht leben musss.
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In der Hausführung haben wir dann typische Amish Zimmer mit ebenso typischen Klamotten und Küchen gesehen – oder eben das, was die Amish den Touris als solches verkaufen wollten (vielleicht haben sie ja insgeheim doch Elektrizität und mit Playstation spielende Kinder?), später konnten wir auf eigene Faust das Gelände, das auch Tierställe, Milchräume und ähnliches umfasste, erkunden.
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Auch eine Imbisshalle gab es, vor der dann Holzpicknickbänke standen. Gegessen habe ich dort nichts, ich wollte nämlich nicht – wie einige andere – Bekanntschaft mit den Fliegen schließen, die sich um Kuchen & Co gruppierten. Im Souveniershop, einer kleinen Scheune, konnte man dann selbstgemachte Handarbeitssachen, u.a. Patchworkdecken kaufen, alles war meiner Meinung nach recht teuer, aber irgendwie müssen sie sich ja auch finanzieren.
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Ganz so streng nehmen die das mit der Elektrizität wohl auch nicht, denn im Hof befand sich einer der typisch amerikanischen Coca-Cola Automaten, und auch die Computerkasse im Souveniershop schien mir irgendwie nicht ohne Strom auszukommen.
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Praktischerweise gab es auch deutsches Infomaterial, obwohl die Amish ein recht merkwürdiges Deutsch sprechen, was wir u.a. an Hand einer Tageszeitung und der Bibel erfahren haben, waren sie doch sehr gut verständlich.
Nachdem wir dann die Farm besichtigt hatten und keinen wirklichen Amish live und in Farbe gesehen haben, ging es in Richtung
.KITCHEN KETTLE VILLAGE
einem in den 1950er Jahren – wahrscheinlich nur für Touristen im Rentenalter gegründeten- Pseudo-Amish People Ort. Dass er mit den eigentlichen Amish People nichts zu tun haben dürfte, kann man auch daran erkennen, dass dieses Örtchen im Internet unter der Domain http://www.kitchenkettle.com/index.asp erreichbar ist und mittlerweile sogar über soziale Medien, wie Facebook verfügt. Dort kann man sich auch über die Öffnungszeiten – normalerweise von 9 bis 17 Uhr - sowie Gruppenbesuche mit entsprechendem Bespaßungsprogramm (Herstellen von Quilts beispielsweise) informieren. Die jenigen, die mit dem Auto anreisen können übrigens folgende Adresse in ihr Navi tippen:
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Kitchen Kettle Village
3529 Old Philadelphia Pike
Intercourse, PA 17534
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Bei unserem Besuch kamen wir uns so vor, als würden wir den Altersdurchschnitt gleich um 30 Jahre senken... Auch dort war wieder mal kein Amish zu sehen, lediglich die Sachen, die dort verkauft wurden, hatten den Anschein, als könnten sie von Amish People hergestellt werden (die ja vielleicht in irgendwelchen Kellern gefangen gehalten werden)...
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Natürlich wurde auch für das leibliche Wohl gesorgt, in einigen Läden konnte man Gelees und andere Produkte kaufen, die als typisch Amish gelten, andere Shops boten frische Take-Away-Sandwiches (ab 4 $) und kalte Getränke (ab 1 $) an, auch Schokoladen-Fudge konnte man kaufen, ebenso wie Blumen, Kristallkram und sogar Lack und Leder....
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Nach mehr oder minder kurzem Aufenthalt ging es dann nach einer Minifotosession vor einer Kutsche zu unserem letzten Ziel, dem...
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BIRD IN HAND FARMERS MARKET
einer Art umkonstruierter Scheune, in der dann wieder angebliche Amish Produkte verkauft wurden... Die Scheune ist allerdings nicht immer geöffnet, je nach Monat variieren die Tage, in allen Fällen ist jedoch Freitags und Samstags von 8:30 am - 5:30 pm geöffnet, auch er ist im Internet zu finden, unter http://www.birdinhandfarmersmarket.com/html könnt ihr euch eine 360° Ansicht anschauen.
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Während eine Freundin etwas für ihre kleine Cousine gekauft hat, hatte ich einen „Pretzel“ (man beachte die Schreibweise...), den ich an einem Stand gekauft habe, wo dann doch ein mehr oder weniger echtes Amish Mädel bedient hat. Die war allerdings so schüchtern, dass sie gerade einmal den Preis gesagt bekommen hat.
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Hauptsächlich bekommt man hier Lebensmittel und Co (Cookies, Kuchen, Kräuter + Gewürze, Gemüse, Obst, Aufschnitt), allerdings gibt es auch Handarbeitssachen, Klamotten, Alkohol, Blumen, Möbel, Kitsch, Unterwäsche, Kristallkram und Imbissstände, an denen man Hot Dogs, Suppen, polnische Würste etc. bekommt
.FAZIT
Dann ging es auch schon zurück auf den Heimweg. Was habe ich mitgenommen? Gerne würde ich euch von total authentischen Erfahrungen erzählen, über einen Einblick in das Alltagsleben der Amish, aber das kann ich beim besten Fall nicht. Die besuchten Orte stellen lediglich eine Auswahl der Amish dar, wie sie sich selbst den neugierigen Touristen präsentieren wollen.
Trotzdem fand ich es reichlich unglaubwürdig, einerseits zu erzählen, man verzichte komplett auf Elektrizität, dann aber andererseits seine Waren an Elektrokassen verkaufen, Coca Cola Automaten nutzen und natürlich auch Glühbirnen – so ist sie halt, die Doppelmoral. Versteht mich nicht falsch, ein Leben ohne Elektrizität finde ich ziemlich schwierig und gönne es jedem einzelnen Amish von Herzen, in einer beheizten Hütte, mit Internet und bösen Medien zu leben ïŠ
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Was ich bei unserem Besuch allerdings spannender gefunden hätte, wäre der Kontakt zu Menschen unseren Alters gewesen. Ab und zu liest man ja in den deutschen Medien – einfachmal Amish auf SPON eingeben - von jungen Amish und ihrem realitätsfernen Leben und der Rumspringa Zeit, wo sich die jungen Amish entscheiden, ob sie das Leben als Amish weiterleben oder nicht. Sicherlich wäre es spannend gewesen, junge Amish zu treffen, die sich bewusst für oder gegen das Leben in Pennsylvania entschieden haben.
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Das Fazit? Berücksichtigen muss ich also den nicht ganz authentischen Eindruck, den wir von den Amish People im Lancaster County bekommen haben und die von Touristen überlaufenen Marktstände im Bird in Hands Farmers Marekt sowie in Kitchen Kettle Village. Wenn es jetzt noch Kaffee und Kuchen gegeben hätte, würde ich sagen: die perfekte Kaffeefahrt für Rentner, aber leider doch nichts für jungen Leute.
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Ich bin deshalb unentschlossen bei der Empfehlung und vergebe durchschnittliche 3 Sterne. weiterlesen schließen
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