Pro:
interessant und lustig
Kontra:
es wird leider "zu wenig" vermittelt
Empfehlung:
Ja
Ja, ich habe sie bestanden, die Ausbildungs-Eignungsprüfung, vielen wohl besser bekannt als AdA (Ausbildung der Ausbilder).
Und, war's schwer? Nicht wirklich!
Wie bin ich überhaupt dazu gekommen?
Vor nunmehr fast zwei Jahren flatterte bei meinen Eltern ein an mich adressierter Brief der Handwerkskammer ein. Bei meinen Eltern wohne ich zwar schon seit sechs Jahren nicht mehr, aber die Handwerkskammer hat anscheinend in ihre Handwerksrolle geschaut und dort meine alte Adresse gefunden.
Die HWK suchte Teilnehmerinnen für das Pilotprojekt Telia (erfolgreiches Lernen im Alltag, wer sich das T ausgedacht hat, weiß ich auch nicht). In diesem, von der EU finanziertem Projekt sollte vor allem Frauen mit Kindern das Ablegen der Teile 3 und 4 der Meisterprüfung via Telelearning ermöglicht werden.
Ich habe zwar (noch?) keine Kinder, aber da ich eingeladen war, habe ich die Einführungsveranstaltung gerne besucht.
Dort gab es EU-finanzierte Schnittchen und Getränke und es wurde so einiges über die Grundidee des Pilotprojektes vermittelt.
Inhalte der Ausbildung sollte zunächst der Erwerb des europäischen Computer-"Führerscheins" ECDL und anschließend Vorbereitung und Ablegen der obengenannten Teile der Meisterprüfungen sein.
Als besonderer Anreiz für die Teilnahme am Pilotprojekt wurde eine komplette Übernahme der Kosten und ein zeitlich relativ unabhängiges Lernsystem angepriesen.
Langer Rede kurzer Sinn: nur zwei Tage nach der Informationsveranstaltung ging auch meine Anmeldung bei der HWK ein.
Ein Jahr lang "quälten" wir uns mit starken technischen Problemen bis zum ECDL. Diesen hat jede der ca. 40 Teilnehmerinnen erfolgreich bestanden.
Nach einer Befragung, wer den noch weiter mitmachen wolle, kämpften sich nun ca. 25 Frauen durch die Ausbildung der Ausbilder.
Ich muß zugeben, daß ich nicht wirklich zu den Kämpferinnen gehörte. Ich habe zwar weiterhin an dem Projekt teilgenommen, aber starke technische und organisatorische Schwierigkeiten hatten mich dazu veranlaßt, an den Online-Unterrichtseinheiten und den gelegentlichen Präsenzunterrichten nicht mehr teilzunehmen. Die angebotene Prüfungsvorbereitung habe ich aus eigener Schusseligkeit verpaßt und so geschah es nun, daß ich dem sich nähernden Prüfungstermin ohne jegliche Vorbereitung entgegensah.
Da ich eine sehr gute Freundin in diesem Projekt gefunden habe, war diese so nett, mir das Script zu geben, aus dem ich mein Wissen für die theoretische Prüfung bezog.
Arbeitsrecht, Pädagogik und ein Abgesang darüber, wie toll doch die Einrichtung der HWK „an und für sich“ ist, waren der Inhalt.
Ich muß ehrlich gestehen, daß mir ein Tag Lesen des Scripts in Verbindung mit einem gewissen Grundverständnis der Einrichtung "Ausbildung", sowie meine Erfahrungen aus meiner eigenen Ausbildung zur Tischlerin gereicht haben, um die Prüfung mit einer zwei zu bestehen. (Bedenklich?)
Aber es war ja auch noch der praktische Teil abzulegen.
Ich machte mir ein paar Gedanken und befragte meinen Freund, der ebenfalls Ausbilder ist (allerdings von der IHK geprüft), was denn so erwartet würde, und kam zu dem Schluß, daß für die 20-minütige "Arbeitsprobe" das Anreißen einer Schwalbenschwanzzinkung passend wäre. (Für alle Nicht-Tischler: die Schwalbenschwanzzinkung ist eine der grundlegenden handwerklichen Fähigkeiten eines Tischlers und dient der Verbindung von zwei Holzstücken.)
Ich habe mir also noch mal meine Lehrbücher aus der Ausbildung angeschaut, alles wesentliche zusammengeschrieben und eine Materialliste gemacht.
Auf, auf also zu meiner ehemaligen Firma, Holz zugeschnitten und Werkzeug ausgeliehen.
Zwei Tag vor der Prüfung machte ich einen ersten Test mit meinem Freund.
Ich hatte mir vorher überlegt, was ich alles erzählen möchte und welche Fähigkeiten zu vermitteln sind und probierte dieses nun erstmals am lebendem Objekt.
Eine absolute Katastrophe!
Ich habe völlig planlos herumgestottert und mein Freund, der diese Technik glücklicherweise wirklich nicht kennt, hat fast nichts verstanden.
Ich habe mich aber nicht entmutigen lassen und wir haben es gleich anschließend nochmals versucht.
Mein Freund hatte gute und berechtigte Kritik geübt. Diese im Kopf und die Uhr fest im Auge, ist der zweite Versuch auch gleich wesentlich besser gelungen.
Beim dritten Anlauf hatte ich nach genau 19 Minuten und 56 Sekunden alle gesteckten Lehrziele erreicht.
Dabei habe ich etwa 11 Minuten mit dem Vormachen, 8 Minuten mit Kontrolle des "Nachmachens" und eine weitere Minute mit Lob und anschließender Aufgabenverteilung verbracht.
Aus den hier gewonnenen Erkenntnissen strickte ich mir abends eine entsprechende Beschreibung meiner Vorführung. Ich erläuterte warum ich für diesen Auszubildenden genau so vorgehen wollte und beschrieb die Schritte meiner Unterweisung.
Am nächsten Tag gab es dann den Test am echten Prüfungs-"objekt", meiner Schwester.
Diese hatte von Tischlereiarbeiten wirklich keine Ahnung und die eingesetzten Werkzeuge vormals noch nie in der Hand gehabt.
Nach dem ersten Durchlauf beherrschte sie das Anreißen einer Schwalbenschwanzzinkung jedoch fast perfekt und ein zweiter Test brachte schon beinahe Routine.
Bei der Prüfung traten wir also schon wie ein "eingespieltes" Team auf.
Alles klappte und die Zeit von 20 Minuten habe ich diesmal auf den Punkt getroffen.
Im anschließenden Nachgespräch mußte ich noch ein paar Punkte aus meiner schriftlichen Ausarbeitung erläutern.
Die Notenverkündung war lustig! :-)
Die Prüferinnen waren sehr begeistert und das obwohl ich meiner Pseudo-Auszubildenden gesagt hatte, sie solle ihr Berichtsheft zu Hause führen. (Böser Fehler: das Führen des Berichtsheftes hat der Arbeitgeber während der Arbeitszeit zu ermöglichen, auch wenn ich wirklich keinen einzigen Auszubildenden kenne, bei dem dieses der Fall war.)
Als Note gab es eine eins und das Prüfungsteam wollte kaum glauben, daß meine Schwester in Wirklichkeit keine Tischlerin sondern Gärtnerin und Mutter ist.
Um jetzt endlich mal zum Fazit zu kommen:
Die theoretische Prüfung ist meines Erachtens zu einfach
Damit meine ich jetzt nicht, daß ich mich nicht gefreut hätte, sie bestanden zu haben, aber wenn ich mich in unserem Kurs so umschaue, würde ich manchen zukünftigen Auszubildenden doch wünschen, daß der Teil Pädagogik intensiver behandelt worden wäre.
Für die praktische Prüfung sollte man unbedingt vorher üben, und das am besten mit Leuten, die von der Materie wirklich keine Ahnung haben.
Daran kann man am besten Erkennen, ob man die Inhalte wirklich vermitteln kann.
Die Prüfer wollen ja nun mal nicht sehen, ob der Auszubildende die gelehrte Tätigkeit anschließend auch beherrscht, sondern sie wollen sehen, wie man diese dem Azubi vermittelt. Es geht hier halt um die Ausbildung zum Ausbilder. ;-) weiterlesen schließen
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