Ausbildung der Ausbilder (AdA) Testberichte
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Pro & Kontra
Vorteile
- interessant und lustig
Nachteile / Kritik
- es wird leider "zu wenig" vermittelt
Tests und Erfahrungsberichte
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OHNE SOZIALE KOMPETENZ GEHT DA GAR NIX ...!!!!!!
10.12.2004, 16:35 Uhr von
BelgiumKing
Schlechte und persönliche Abwertungen? Immer von EINER Person? Noch offensichtlicher und peinlich...5Pro:
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Kontra:
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Empfehlung:
Ja
@@@ Der sogenannte “Ausbilderschein” @@@
Wer als Ausbilder in einem von rund 350 Ausbildungsberufen gemäß Berufausbildungsgesetz fungieren wollte, musste bis zum 1. August 2003 berufs- und arbeitspädagogische Kenntnisse gemäß der Ausbildereignungsverordnung vom 20.4.1972 (BGBl. IS707) vorweisen und den sogenannten “Ausbilderschein” erwerben.
Seit dem 1. August 2003 ist die Ausbildereignungsverordnung ausgesetzt, d.h. man kann unter einfachen Voraussetzungen auch ohne Nachweis dieser berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse ausbilden. Der Betrieb muss gemäß dem Ausbildungsberuf geeignet sein, der angedachte Ausbilder muss den Beruf selbst erlernt haben oder aber gemäß Berufsbildungsgesetz § 76.3 die doppelte Zeit in dem Metier gearbeitet haben, sofern er keine Ausbildung vorweisen kann.
Auch wenn die Ausbildereignungsverordnung ausgesetzt ist, kann die Prüfung weiter freiwillig abgelegt werden. Dies geschieht noch regelmäßig, wenn angehende Ausbilder besondere Kompetenzen erwerben und vorweisen wollen.
@@@ VORBEREITUNGEN @@@
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich auf die Prüfung der berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse vorzubereiten: Privatanbieter als auch die Industrie- und Handelskammer bieten Vorbereitungskurse an, die oftmals über drei Monate an jeweils zu Abenden zu je 90 Minuten absolviert werden.
Alternativ gibt es auch Anbieter, die Wochenseminare anbieten und auch solche, die Wochenendunterricht anbieten.
Ich habe mich seinerzeit bei der IHK Aachen über drei Monate durch Abendlehrgänge vorbereitet. Das war 1996. Die Kosten nach heutiger Sicht betragen aktuell ca. 500 Euro für die Vorbereitungskurse und ca. 150 Euro für die Prüfungsgebühr, die an die IHK zu verrichten ist.
@@@ INHALTE @@@
Der Unterrichtsstoff und auch die spätere Prüfung vor der zuständigen Kammer unterteilt in folgende Schwerpunkte:
- Planung und Durchführung der Ausbildung
- Der Jugendliche in der Ausbildung
- Rechtsgrundlagen
- Grundfragen der Berufsbildung.
Neben diesen Themen, die in einzelnen Prüfungsbögen im Multiple-Choice-Verfahren, befragt werden, ist noch eine praktische Unterweisung notwendig, d.h. zwei Prüflinge tun sich zusammen und simulieren eine Ausbildungssituation, wo ein bestimmter Ausbildungsinhalt vermittelt wird.
@@@ SCHWERPUNKTE IM DETAIL @@@
Planung und Durchführung der Ausbildung:
Dieser Baustein soll die Bedeutung der Ausbildungsordnungen (gem. BBiG) für die Planung und Durchführung der Ausbildung vermitteln. Auch die Zulässigkeiten ohne Ausbildungsordnung zu vermitteln, wird Teil des Vorbereitungsunterrichtes. Nach welchen Kriterien die einzelnen Ausbildungsabschnitte festgelegt werden, wird hier auch vermittelt.
Der Jugendliche in der Ausbildung:
Dieser arbeitspädagogische Schwerpunkte, der mir der wichtigste ist, geht auf den Azubi und seine Entwicklung ein. Entwicklung, Sozialisation, Reifung, Wachstum, Lernen und persönliche Anlagen werden behandelt. Die Phasen des Jugendalter werden nebst ihren Problemen definiert. Typische Merkmale und der Umgang mit dem körperlichen Bereich, Gefühlsbereich, geistigen und sozialen Bereich sind prüfungsrelevant. Umgang mit Problemen und deren Lösung sind das Thema dieser Vorbereitung.
Rechtsgrundlagen:
Das langweiligste und trockenste Kapitel beschäftigt sich mit der Vermittlung von Kenntnissen über den Rahmen des Grundgesetzes für die Ausbildung und dem BBiG (Berufsbildungsgesetz) als Basis für die Ausbildungsordnungen. Nach der Kenntnisvermittlung soll der angehende Ausbilder die Aufgaben der Ausbildungsberater, die zuständigen Stellen und Kompetenzen kennen, die Teilgebiete der Berufsbildung gem. BBiG kennen und die Orte der Durchführung von Ausbildung näher bezeichnen können.
Grundfragen der Berufsbildung:
in den Prüfungsvorbereitung sollen die Begriffe “Berufspädagogik” und “Arbeitspädagogik” inhaltlich vermittelt werden. Das Berufsbildungssystem der Bundesrepublik Deutschland wird ferner präzise erklärt, sowie die Systeme in anderen Industriestaaten. Zu den Grundfragen, die besprochen und geprüft werden,, gehören ebenfalls die Einflüsse des Wirtschaftssystem auf die Berufsbildung. Auch die Problematik des EG-Binnenmarktes bzgl. Der Anerkennung von Zeugnissen oder Befähigungsnachweisen wird thematisiert.
Wie erwähnt, werden diese Themen in der Prüfung schriftlich abgefragt. Je Thema gibt es einen Fragebögen und 45 Minuten Lösungszeit.
@@@ UNTERWEISUNGPROBE @@@
Die praktische Unterweisung wird vor einem Gremium der IHK durchgeführt, welches aus routinierten Damen und Herren besteht, welche selbst Ausbilder sind. Diese ehrenamtliche Aufgabe wird an einem separaten Termin, nach der schriftlichen Prüfung mit jenen durchgeführt, die diese bestanden haben.
Die üblichste Form ist, dass zwei Prüflinge sich zusammentun und eine praktische Unterweisung absprechen. Jeder ist wechselweise der Ausbilder und der andere der Azubi. Anhand meiner Prüfung beschreibe ich dieses. Ich hatte mich mit einer Fotografin namens Sabine abgestimmt.
In meiner Rolle als vermeintlicher Fotograf-Azubi sollte ich erlernen, wie ich Paßbilder mache. Hierzu hatte Sabine zwei Abblendschirme, ein Blitzanlage, einen Hocker und den speziellen Fotoapparat mitgebracht, der vier Paßfotos auswirft. Ein Mitglied des Prüfungsgremium durfte der Kunde sein, und Sabine zeigte mir, wie ich die Blitzanlage und die Abblendschirme ausrichte und die Kamera korrekt bediene, wohin der Kunde schauen soll und was sonst noch relevant ist. Ergebnis: Note “gut”.
Wer sich wundert, dass Sabine soviel Equipment mitschleppte, soll besser nicht fragen, was ein Koch ALLES anschleppt, um die Unterweisungsprobe zu praktizieren...
Ich habe es mir einfacher gemacht: als Industriekaufmann habe ich Rechnungen, Lieferscheine und Bestellungen nebst einer Rechenmaschine mitgebacht. Passte alles in einen Aktenkoffer... der Pseudo-Azubi sollte Rechnungs- und Lieferscheinprüfung im Einkauf anhand der Vorgänge durchführen. Stimmen alle Daten überein? Ist Skonto gemäß Auftrag auch berücksichtigt? Ist die Warenmenge auf der Rechung identisch mit dem Lieferschein und gar der Bestellung. Netto und Mehrwertsteuer errechnen mit der Rechenmaschine etc. etc.. Weniger ist mehr... Ergebnis: Note “sehr gut”.
@@@ SINN ODER UNSINN @@@
Auch wenn die AEVO ausgesetzt ist und theoretisch jeder Hansel ausbilden darf, ist diese Prüfung sehr wertvoll. Denn die Zahl der Ausbildungsbetriebe ohne diese Prüfung ist oft nicht einmal in der Lage, den Ausbildungsvertrag auszufüllen.
Als die Bildungsministerin Buhlman 2003 die AEVO für zunächst 5 Jahre aussetzte, sollte dies zu neuen und zusätzlichen Ausbildungsplätzen führen. Diese Vorgehensweise ist fragwürdig und wir wissen, dass immer noch - mehr als 12 Monate später - verzweifelt nach Ausbildungsplätzen gerufen wird.
Ohne die Rechtsgrundlagen zu kennen, kann nicht ausgebildet werden. Ich kenne “Ausbilder”, die nicht einmal wissen, dass bis zum 21. Lebensjahr die Berufsschule Pflicht ist. Arbeitspädagogisch indes ist es relativ, denn die Prüfung ist viel zu leicht aufgebaut, so dass so ziemlich jeder, der eigentlich als Choleriker ungeeignet ist, die erforderten 50 % korrekt bestehen kann.
Bei Bewerbungen macht sich der Nachweis der der Ausbildereignungsprüfung jederzeit gut. Es ist eine Weiterbildung, und Arbeitgeber schätzen solche Motivationen. Bis zur Aussetzung der AEVO konnte es sogar mitentscheidend sein, eine ausgeschriebene Stelle zu erhalten. Für hauptberufliche Ausbilder aber ist die Prüfung gem. AEVO Pflicht.
Wer Spaß am Umgang mit jungen Menschen hat, sollte sich diese Qualifikation für rund 650 Euro leisten. Vielleicht kommt ja auch der Arbeitgeber für die Kosten auf. Davon abgesehen können diese ansonsten steuerlich abgesetzt werden, ebenso wie die Fahrtkosten, die zu den Vorbereitungen und Prüfungen anfallen.
Der Ausbilderschein ist eine prima Sache und Hinweis auf Kompetenz...
JL ***für yopi und ciao*** weiterlesen schließen -
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die armen Stifte!
Pro:
interessant und lustig
Kontra:
es wird leider "zu wenig" vermittelt
Empfehlung:
Ja
Ja, ich habe sie bestanden, die Ausbildungs-Eignungsprüfung, vielen wohl besser bekannt als AdA (Ausbildung der Ausbilder).
Und, war's schwer? Nicht wirklich!
Wie bin ich überhaupt dazu gekommen?
Vor nunmehr fast zwei Jahren flatterte bei meinen Eltern ein an mich adressierter Brief der Handwerkskammer ein. Bei meinen Eltern wohne ich zwar schon seit sechs Jahren nicht mehr, aber die Handwerkskammer hat anscheinend in ihre Handwerksrolle geschaut und dort meine alte Adresse gefunden.
Die HWK suchte Teilnehmerinnen für das Pilotprojekt Telia (erfolgreiches Lernen im Alltag, wer sich das T ausgedacht hat, weiß ich auch nicht). In diesem, von der EU finanziertem Projekt sollte vor allem Frauen mit Kindern das Ablegen der Teile 3 und 4 der Meisterprüfung via Telelearning ermöglicht werden.
Ich habe zwar (noch?) keine Kinder, aber da ich eingeladen war, habe ich die Einführungsveranstaltung gerne besucht.
Dort gab es EU-finanzierte Schnittchen und Getränke und es wurde so einiges über die Grundidee des Pilotprojektes vermittelt.
Inhalte der Ausbildung sollte zunächst der Erwerb des europäischen Computer-"Führerscheins" ECDL und anschließend Vorbereitung und Ablegen der obengenannten Teile der Meisterprüfungen sein.
Als besonderer Anreiz für die Teilnahme am Pilotprojekt wurde eine komplette Übernahme der Kosten und ein zeitlich relativ unabhängiges Lernsystem angepriesen.
Langer Rede kurzer Sinn: nur zwei Tage nach der Informationsveranstaltung ging auch meine Anmeldung bei der HWK ein.
Ein Jahr lang "quälten" wir uns mit starken technischen Problemen bis zum ECDL. Diesen hat jede der ca. 40 Teilnehmerinnen erfolgreich bestanden.
Nach einer Befragung, wer den noch weiter mitmachen wolle, kämpften sich nun ca. 25 Frauen durch die Ausbildung der Ausbilder.
Ich muß zugeben, daß ich nicht wirklich zu den Kämpferinnen gehörte. Ich habe zwar weiterhin an dem Projekt teilgenommen, aber starke technische und organisatorische Schwierigkeiten hatten mich dazu veranlaßt, an den Online-Unterrichtseinheiten und den gelegentlichen Präsenzunterrichten nicht mehr teilzunehmen. Die angebotene Prüfungsvorbereitung habe ich aus eigener Schusseligkeit verpaßt und so geschah es nun, daß ich dem sich nähernden Prüfungstermin ohne jegliche Vorbereitung entgegensah.
Da ich eine sehr gute Freundin in diesem Projekt gefunden habe, war diese so nett, mir das Script zu geben, aus dem ich mein Wissen für die theoretische Prüfung bezog.
Arbeitsrecht, Pädagogik und ein Abgesang darüber, wie toll doch die Einrichtung der HWK „an und für sich“ ist, waren der Inhalt.
Ich muß ehrlich gestehen, daß mir ein Tag Lesen des Scripts in Verbindung mit einem gewissen Grundverständnis der Einrichtung "Ausbildung", sowie meine Erfahrungen aus meiner eigenen Ausbildung zur Tischlerin gereicht haben, um die Prüfung mit einer zwei zu bestehen. (Bedenklich?)
Aber es war ja auch noch der praktische Teil abzulegen.
Ich machte mir ein paar Gedanken und befragte meinen Freund, der ebenfalls Ausbilder ist (allerdings von der IHK geprüft), was denn so erwartet würde, und kam zu dem Schluß, daß für die 20-minütige "Arbeitsprobe" das Anreißen einer Schwalbenschwanzzinkung passend wäre. (Für alle Nicht-Tischler: die Schwalbenschwanzzinkung ist eine der grundlegenden handwerklichen Fähigkeiten eines Tischlers und dient der Verbindung von zwei Holzstücken.)
Ich habe mir also noch mal meine Lehrbücher aus der Ausbildung angeschaut, alles wesentliche zusammengeschrieben und eine Materialliste gemacht.
Auf, auf also zu meiner ehemaligen Firma, Holz zugeschnitten und Werkzeug ausgeliehen.
Zwei Tag vor der Prüfung machte ich einen ersten Test mit meinem Freund.
Ich hatte mir vorher überlegt, was ich alles erzählen möchte und welche Fähigkeiten zu vermitteln sind und probierte dieses nun erstmals am lebendem Objekt.
Eine absolute Katastrophe!
Ich habe völlig planlos herumgestottert und mein Freund, der diese Technik glücklicherweise wirklich nicht kennt, hat fast nichts verstanden.
Ich habe mich aber nicht entmutigen lassen und wir haben es gleich anschließend nochmals versucht.
Mein Freund hatte gute und berechtigte Kritik geübt. Diese im Kopf und die Uhr fest im Auge, ist der zweite Versuch auch gleich wesentlich besser gelungen.
Beim dritten Anlauf hatte ich nach genau 19 Minuten und 56 Sekunden alle gesteckten Lehrziele erreicht.
Dabei habe ich etwa 11 Minuten mit dem Vormachen, 8 Minuten mit Kontrolle des "Nachmachens" und eine weitere Minute mit Lob und anschließender Aufgabenverteilung verbracht.
Aus den hier gewonnenen Erkenntnissen strickte ich mir abends eine entsprechende Beschreibung meiner Vorführung. Ich erläuterte warum ich für diesen Auszubildenden genau so vorgehen wollte und beschrieb die Schritte meiner Unterweisung.
Am nächsten Tag gab es dann den Test am echten Prüfungs-"objekt", meiner Schwester.
Diese hatte von Tischlereiarbeiten wirklich keine Ahnung und die eingesetzten Werkzeuge vormals noch nie in der Hand gehabt.
Nach dem ersten Durchlauf beherrschte sie das Anreißen einer Schwalbenschwanzzinkung jedoch fast perfekt und ein zweiter Test brachte schon beinahe Routine.
Bei der Prüfung traten wir also schon wie ein "eingespieltes" Team auf.
Alles klappte und die Zeit von 20 Minuten habe ich diesmal auf den Punkt getroffen.
Im anschließenden Nachgespräch mußte ich noch ein paar Punkte aus meiner schriftlichen Ausarbeitung erläutern.
Die Notenverkündung war lustig! :-)
Die Prüferinnen waren sehr begeistert und das obwohl ich meiner Pseudo-Auszubildenden gesagt hatte, sie solle ihr Berichtsheft zu Hause führen. (Böser Fehler: das Führen des Berichtsheftes hat der Arbeitgeber während der Arbeitszeit zu ermöglichen, auch wenn ich wirklich keinen einzigen Auszubildenden kenne, bei dem dieses der Fall war.)
Als Note gab es eine eins und das Prüfungsteam wollte kaum glauben, daß meine Schwester in Wirklichkeit keine Tischlerin sondern Gärtnerin und Mutter ist.
Um jetzt endlich mal zum Fazit zu kommen:
Die theoretische Prüfung ist meines Erachtens zu einfach
Damit meine ich jetzt nicht, daß ich mich nicht gefreut hätte, sie bestanden zu haben, aber wenn ich mich in unserem Kurs so umschaue, würde ich manchen zukünftigen Auszubildenden doch wünschen, daß der Teil Pädagogik intensiver behandelt worden wäre.
Für die praktische Prüfung sollte man unbedingt vorher üben, und das am besten mit Leuten, die von der Materie wirklich keine Ahnung haben.
Daran kann man am besten Erkennen, ob man die Inhalte wirklich vermitteln kann.
Die Prüfer wollen ja nun mal nicht sehen, ob der Auszubildende die gelehrte Tätigkeit anschließend auch beherrscht, sondern sie wollen sehen, wie man diese dem Azubi vermittelt. Es geht hier halt um die Ausbildung zum Ausbilder. ;-) weiterlesen schließen -
"Moment, ich muß erst im Handbuch nachschauen - mauern, aufräumen und ???."
Pro:
-
Kontra:
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Empfehlung:
Nein
„Moment, ich muß erst im Handbuch nachschauen – mauern, aufräumen und ???.“
Ein Titel, der zu tausend Prozent auf den Ausbildungsbetrieb meines Sohnes zutrifft. Selbstverständlich gibt es auch Firmen, die über ein gut funktionierendes Lehrlingsprogramm verfügen, nur eben nicht diese Firma. Ich war immer sehr Stolz dort zu arbeiten, aber als mein Sohn seine Lehre begann und mich ständig nervte mit den Worten: „In was für einem Laden arbeitest du eigentlich“, begann ich für einige Dinge, um die ich mich vorher nicht gekümmert habe und auch nicht mußte, die Augen etwas weiter zu öffnen.
Wie in meinem Steckbrief zu lesen ist bin ich arbeitslos. Vorher habe ich 23 Jahre in einem Baubetrieb als Sekretärin gearbeitet, davon die letzten 11 Jahre im Büro der Geschäftsleitung. So kenne ich eigentlich sehr gut die Unterschiede der Lehrlingsausbildung in der ehemaligen DDR und danach. Wenn ich von Lehrlingsausbildung schreibe, bezieht sich das auf die innerbetriebliche Ausbildung. Es soll keine Wehmutsbeschreibung sein, sondern aufzeigen, daß einige Dinge sehr gut hätten übernommen werden sollen. Wenn ich das jetzt alles so aufschreibe, kommt mir der Verdacht -Geld vom Staat für die Lehrlinge kassieren, aber ja nichts für sie tun -. Billige Arbeitskraft, die den Mund halten sollte. Kritiker sah man überhaupt nicht gerne und mein Sohn war ein eifriger Kritiker, also immer etwas unbequem.
Zu DDR-Zeiten wurden die Lehrlinge, wenn sie in den Ferien auf die Baustellen verteilt worden sind, in sogenannten Lehrlingsbrigaden zusammengefaßt. Jeder Brigade war ein Ausbilder zugeteilt, der sie zu ihren Arbeiten einteilte, Kritik übte, sie anleitete, die Arbeit überwachte und mit Rat und Tat zu Seite stand, wenn es mal nicht so funktionierte. So waren sie nie sich selbst überlassen und wurden von einer Ecke in die andere geschubst, weil keiner so recht wußte, wo er sie einsetzen sollte.
Mein Sohn genoß eine Ausbildung als Maurer mit Fachhochschulabschluß. Eine teure Ausbildung nicht nur für den Lehrling, sondern auch für den Betrieb. Die Einmaligkeit dieser Ausbildung sollte eigentlich für den Betrieb eine Verpflichtung gegenüber dem Lehrling sein.
Die Einsätze meines Sohnes auf den Baustellen waren oftmals sehr chaotisch. Klar, zuerst konnte er noch nicht viel und mußte sich an Aufräumungsarbeiten beteiligen, aber auch nachdem er bereits im zweiten bzw. dritten Lehrjahr war, verbesserte sich dieser Zustand kaum. Manchmal wurde ihm erlaubt zu mauern, öfter mußte er Urlaub nehmen, weil man nicht wußte wohin mit ihm oder er wurde artfremd in der maschinentechnischen Abteilung eingesetzt.
Für die Lehrlinge gab es außerhalb der Baustellen einen Betreuer, der keine Vorstellung von dem Niveau seiner Ausbildung hatte und auch die Bauleiter und Poliere auf den Baustellen konnten damit so recht nichts anfangen.
(Die Ausbildung, die mein Sohn in Anspruch nahm, gibt ihm die Möglichkeit, nach erfolgreichem Abschluß, sofort ein Studium zum Bauingenieur aufzunehmen.)
Da mein Sohn schon etwas älter war, er hat seine erste Ausbildung im zweiten Lehrjahr abgebrochen, waren natürlich seine Vorstellungen und Gedanken über die Ausbildung etwas gereifter. In einem Gespräch erzählte er mir dann, daß er gerne mal mehr Einblick in die Arbeit des Bauleiters haben möchte. Dazu zählt zum Beispiel die Organisation einer Baustelle, die Materialabwicklung, die Angebotsauswertung und das Lesen von Bauplänen. Ich fand diese Idee super und sagte zu ihm, spreche mit deinem Betreuer darüber, was er auch tat. Aber dieses Gespräch fruchtete leider nicht. Noch heute stelle ich mir die Frage, warum eigentlich nicht. Er mußte weiterhin seiner Maurerarbeit nachgehen oder die Baustelle aufräumen.
Im Personalbüro gab es noch eine Mitarbeiterin, die den bürokratischen Kram für die Lehrlinge erledigte und Ansprechpartnerin sein sollte, wenn es Probleme gab, aber auch sie reagierte nicht auf sein Anliegen. Den Weg zum Personalchef ersparte er sich, denn der hatte überhaupt keine Ahnung von Lehrlingsbetreuung. Ihn interessierten bloß die schulischen Leistungen. Ich muß zur Schande meiner ehemaligen Firma eingestehen, sie waren froh, wenn er weit weg in der Schule war. Es herrschte die totale Gleichgültigkeit, was den innerbetrieblichen niveauvollen Einsatz betraf. Man war nur richtig „scharf“ auf allerbeste Noten. Doch eine Ausbildung besteht nicht nur aus Theorie. Ich erinnere mich noch wie mein Sohn eines Tages sagte, wie soll ich eigentlich im Betrieb das Mauern weiter üben, wenn man mich nicht läßt. So freute er sich immer, wenn er der Firma den Rücken kehren konnte.
Am liebten hätte ich mich eingemischt, aber mein Sohn hat es mir verboten und ich habe mich daran gehalten. Nicht ganz, drei Monate bevor ich die Firma verlassen mußte, konnte ich mir einen entsprechenden Kommentar nicht verkneifen, aber da war seine Ausbildung bereits beendet. Sollte sich jetzt jemand die Frage stellen, warum ich nicht doch früher reagiert habe, kann ich nur schreiben, es wäre für die Ausbildung meines Sohnes nicht sehr vorteilhaft gewesen.
Als ich vor zwei Tage über diese Rubrik gestolpert bin, mußte ich sofort wieder an seine Ausbildung denken. Angefangen von der Mitarbeiterin im Personalbüro, die eingeschüchtert war vom Personalchef bis zum Polier auf der Baustelle, sie alle sollte man in ein Programm stecken mit dem Titel „Ausbildung der Ausbilder“. Aber wer schickt sie dahin? Die Lehrlinge?
Es gibt diesen wunderbaren Spruch, den einige Eltern und Großeltern immer wieder gerne vom Stapel lassen „Lernjahre sind keine Herrenjahre“. Ich finde diesen Spruch abgedroschen und die, die ihn benutzen, haben wohl keine besseren Einfälle. Alles entwickelt sich vorwärts, warum nicht auch die Lehrlingsausbildung? weiterlesen schließen
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