Pro:
Ausgewogene und gutmütige Dual Compound Alltagspelle mit sehr guter Haftung bis in den Grenzbereich
Kontra:
Leicht diffuse Rückmeldung sowie störrisches Einlenkverhalten - bei flotter Fahrweise wohlgemerkt
Empfehlung:
Ja
Kaum etwas bei der Kommunikation zwischen Motorrad und Straße ist so wichtig wie ein guter Reifen. Schließlich liegt die Entscheidung ob Abrauschen in die Botanik oder elegantes Verbleiben auf der Fahrbahn auf einem Fleck mit dem Flächeninhalt eines Bierdeckels. Heutige Pneus sind Wunderwerke der Technik und der Werkstoffkunde. Zwei Eigenschaften, die sich eigentlich diametral gegenüberstehen sind dabei unter einen Hut zu bringen. Zum Einen braucht man Reibung, damit die viel Gummis Grip aufbauen, zum Anderen bedeutet mehr Reibung auch mehr Verschleiß. Soviel Ingenieurskunst den Spagat zwischen Haftung und Abbriebfestigkeit zu schaffen kostet. Leider greifen manche Motorradhersteller vom Diktat des Rotstifts getrieben nicht immer zur tatsächlich besten Erstbereifung.
Der Markt sieht eine ganze Reihe möglicher Kandidaten für ein und das selbe Bike vor. Die Auswahl ist theoretisch heute dank EU-Recht vermeintlich einfacher, denkt man. Denn zumindest bei neuen Maschinen fällt die früher im Fahrzeugschein eingetragene Markenbindung flach. Doch ganz so paradiesisch ist es nicht. Es werden in den neuen so genannten EU-Papieren (Beamtendeutsch: "Zulassungsbescheinigung Teil I und II") zwar nur noch Reifengrößen festgeschrieben, doch eine eine Freigabe seitens des Reifenherstellers ist trotzdem Pflicht. Diese muss sogar mitgeführt werden, sofern man mit nicht-serienkonformer Besohlung durch die unendlichen Weiten der StVZO und Bürokratie cruist.
Bei Kawasaki bewies man bei der ER-6f ein glücklicheres Händchen bei der Wahl der Erstausstattung, als bei den Schwestermodellen ER-6n und Versys. Die kommen ab Werk mit Dunlop-Schwarten des Typs D221. Die sind vergleichsweise störrisch im Einlenkverhalten und wirken insgesamt hölzern. Bei Frollein F setzt man hingegen auf die schon nicht mehr ganz taufrischen, aber erprobten Bridgestone BT020, die auf der kleinen Kawa aber ausgezeichnet funktionieren. Akzeptable Eigendämpfung, gute Haftung (auch bei Nässe) zeichnen die Treter aus, zumindest wenn sie mindestens handwarm gefahren sind. Bei kalter Witterung rutscht es schon mal gutmütig, wenn man es meint übertreiben zu müssen. Ansonsten kleben die Dinger fast am Straßenbelag wie Pattex.
Zu bekritteln sind lediglich die etwas teigige Rückmeldung und das leichte Aufstellmoment in Schräglage. Da fehlt es den Reifen am letzten Quentchen Präzision. Das können beispielsweise Metzelers Road- und Sportec besser. Bei der Haltbarkeit gibt es nichts zu meckern, der Hinterreifen hält bei moderater Fahrweise gut und gerne 8.000 km durch, das Vorderrad auch 10 - 12.000. Das sind allerdings Schätzwerte, denn jeder Jeck fährt anders. Der Haltbarkeit kommt zugute, dass der Reifen als Dual-Compound ausgeführt ist. Das heißt im Klartext, dass die Reifenmitte härter ist, als die Reifenschultern. Die Idee dahinter ist folgende: Der Reifen wird zumeist mittig abgefahren, dort ist die verschleißfestere Mischung. In Kurven jedoch braucht man maximalen Grip, daher ist das Material am Rand der Lauffläche weicher.
Nicht jedes Reifenmodell funktioniert übrigens auf verschiedenen Motorrädern gleich gut. Zu unterschiedlich sind Setup und Fahrwerksgeometrie des jeweiligen Herstellers, des Konzepts und des jeweiligen Modells. Das Negativbeispiel, welches Motorrad nun gar nicht mit diesem Reifen zurechtkommt, ist Hondas CBF 600, das 2005er-Modell ist serienmäßig ebenfalls auf dem BT020er gleicher Breite unterwegs. Ich hatte bereits das zweifelhafte Vergnügen diese Paarung fahren zu dürfen. Die Honda wird definitiv besser auf andere Schlappen umgestellt, das Fahrgefühl hier ist mit "indifferent" und "diffus" noch höflich umschrieben. Das beweist, dass Vergleiche von einem Moped zum anderen nicht immer möglich sind und Eigenschaften nicht zwingend übertragen werden können.
Fazit
Das Modell ist zwar noch häufig im Handel anzutreffen, aber nicht mehr das Jüngste. Der Battlax 020 wird seit November 2006 nämlich von seinem lang erwartetem Nachfolger BT021 verdrängt. Dem dichtet Bridgestone natürlich jetzt schon (verbesserte) Eigenschaften an, die erst noch zu beweisen sind. Die alten Pellen sind damit längst noch nicht reif für die Abteilung Schrott & Gerümpel, sofern das Moped damit zurechtkommt, kann man diese zuverlässig funktionierenden Alltags-Sohlen gern noch unterschnallen. Der Satz kostet mit Montage (und je nach Dimension: 160, 180 oder 190er) zwischen 190 und 250 Euro und liegt damit im Normbereich seiner Klasse, dürfte in nächster Zeit aber langsamem Preisverfall unterworfen sein, denn der Erbe steht, wie gesagt, schon in den Startlöchern.
So Long
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