Pro:
gemischte Musik, gut zum Tanzen, ab und zu nette Leutchen
Kontra:
Parkplätze, Erfrierungen, Getränke, Toiletten, aufgedonnerte \
Empfehlung:
Ja
Von vielen geliebt, von mindestens genauso vielen gehasst – die Busche in Berlin. Was die Busche ist? Eine schwullesbische Disko Berlins, die sich selbst als älteste Disko Berlins ausgibt und in der Szene, zumindest namentlich, weit über die Berliner Grenzen hinaus, bekannt ist. Der durchschnittliche, grad geoutete Homosexuelle wird früher oder später die Erfahrung machen – er begibt sich voller Vorfreude nach Berlin und nach Durchforstung sämtlicher Stadtmagazine und der Auskunft einiger, falls in Berlin vorhandener, Freunde, wird er spätestens am dritten Abend nicht um die Busche rumkommen. Ein ganz anderes Thema ist es wiederum, mit welchem Eindruck er von den „oftmals weniger gut gelaunten Tresenkräften“ nach Hause geschickt wird.
$$$DIE NAMENSFINDUNG$$$
Aber fangen wir mal von vorne an – wie kam die Busche zu ihrem Namen? Alles voll gestellt mit Büschen oder wie? Oder soll man doch eher im Busch-Outfit, hier sein Abend-Dasein fristen? Nichts dergleichen und der Hintergrund ist viel simpler, für heutige Verhältnisse vielleicht auch zu simpel. Während die „heutige“ Busche an der Oberbaumbrücke/East Side Gallery (Mühlenstr.) im Friedrichshain auffindbar ist, hatte diese Straße früher einen anderen Namen. Na, na, na??? Genau – Buschallee! Damals, also ca. 1986/87, auch noch in Weißensee und schon zu DDR-Zeiten existierend.
Der Name blieb, die Location ebenfalls und heute kann man sich, vielleicht auch mit Recht, als bekannteste Gay-Location Berlins brüsten. Aber das Adjektiv „bekannt“ birgt, zumindest wenn es sich um Szene-Kneipen oder Diskos handelt, eine kleine Gefahr in sich. „Bekannt“ heißt nämlich auch „überlaufen“, „no underground“, „nicht mehr in“. Oder einfach, um es mit den Worten der 68-er Generation auszudrücken: „Wer zwei mal mit der gleichen pennt, gehört schon zum Establishment“. Für die Busche bedeutet das: einmal, kann einmal zu viel sein.
$$$DAS VORSPIEL$$$
Nein, eine Bewertung soll das bisher noch nicht sein! Ein bisschen zappeln müsst ihr heute schon noch – aber es soll euch einen kleinen Einblick vermitteln. Einen Einblick in den „Eitelkeiten-Pool Berlins“ (Zitat aus der Siegessäule, Berliner Stadtmagazin).
Auf der Homepage werden sie laut und zahlreich angepriesen – die Parkplätze! Nur schade eigentlich, dass mir von diesen zahlreichen Parkmöglichkeiten selten mal einer unterkommt. Es ist auch mit Sicherheit vermessen, ca. 20-30 Parkplätze als zahlreich zu bezeichnen. Die anderen, umliegenden, an der Straße, an der Tankstelle nebenan und vor den Fabriken, kann man nämlich sicherlich nicht als die eigenen anpreisen – brüderliche Teilung mit dem Ostgut (das war mal, wurde Anfang Januar geschlossen), dem Speicher und der „Kleinen Busche“ ist angesagt.
Anstehen ist meistens nicht angesagt – vorausgesetzt man erscheint vor 0 Uhr, da haben die „Sicherheitsleute“ den Eingang ganz gut im Griff und auch der Mann an der Garderobe kommt mit dem Jacken-Verstauen ganz gut nach. Nach 0 Uhr hat man aber ausgiebig Zeit sich darüber Gedanken zu machen, warum man bei -5°C (© Macao) seine Jacke im Auto lassen musste, warum man leicht bekleidet, neurotisch zitternd und langsam am gesunden Geisteszustand zweifelnd, vor einem Betonklotz steht. Dabei kann man sich noch architektonische Gedanken machen, denn dieser Klotz, Marke altes DDR-Fabrikmodell hätte leicht viel besser und ansprechender ausgestattet werden können. Die kleine Sommerterasse (warum ist die im Winter eigentlich offen?) macht ja schon mal n ganz guten Anfang, wenn sie mich nicht so sehr an Mary Poppins erinnern würde.
$$$SESAM, ÖFFNE DICH$$$
Bis zur Eingangstür nun endlich (mir bilden sich schon die ersten Eiszapfen an der Nase) vorgedrungen, lasse ich unter der Woche 3,50€ und am Wochenende 5€ an der Kasse liegen, um mich dann doch über die gesparten 50 Cent für die Garderobe zu freuen, denen ich nun meine Erfrierungen 10. Grades zu verdanken habe.
Dann mal rein ins Getümmel – da ist es wenigstens schön warm. Doch spätestens nach dem 4. durchgetanzten Lied, kann man sein T-Shirt als Wasserspender verwerden, denn anstatt eine Klimaanlage einzubauen, beschränkte man sich auf die einfach-pragmatische Lösung zweier Zimmerventilatoren über der Tanzfläche. Der Kampf um diese Plätze ist groß und wenn man einen ergattert hat, dann verbringt man den Abend damit, ihn zu verteidigen. Die Tanzfläche ist nicht unbedingt groß, aber ausreichend – für den Andrang des Stamm-Publikums. Bewahre Gott, man befindet sich an einem Wochenende mit erhöhtem Veranstaltungspegel der Stadt Berlin, in der Busche - den Sardinen in der Dose geht es unter Garantie besser. Moment mal, wie war das mit der Brandschutzverordnung? Würde mich doch glatt mal interessieren.
Aber ach ja, die Tanzfläche! Zu einem Rechteck geformt und mit zwei Podesten mit Spiegel versehen, bildet sie die rechte „Mitte“ und verläuft direkt vor dem DJ-Häuschen. Die linke „Mitte“ ist heute nicht die SPD, sondern die B-A-R, die immer rammelvoll ist, an der man mit Höflichkeit ignoriert wird und an der sich keiner der Besucher, die dort festgewachsen scheinen (damit kämen wir wieder zum Establishment von oben), gedenkt fortzubewegen. Durst artet zum Überlebenskampf aus!
$$$FLORA UND FAUNA$$$
Über die Einrichtung, mit vielen Bartischen und Stühlen zur linken vom Eingang und mit mehreren Tischen und einigen Sofas zur rechten, kann man sich eigentlich nicht beschweren. Kommt man früh genug, also noch wenn gähnende Leere herrscht, dann kann man sich auch einen netten Sitzplatz ergattern, aber wer kommt schon zum Sitzen? Mehr als man denkt!
Die Kritik, die ich hier dennoch anbringen würde, sind die Tafeln mit den Leucht/Neonbuchstaben. Furchtbar penetrant und nervend! Ich kann mir nicht helfen, aber mir schließen sich leichte Parallelen zur Hamburger Reeperbahn auf. Ein Homo-Freudenhaus? Das wäre mal was Neues! Dennoch ist dieser Gedanke, gar nicht so abwegig, wenn man sieht mit welcher Aufdringlichkeit sich manche „anbieten“ und hoffen, die nächste Nummer verbuchen zu können. Schwule geben sich meist in freizügigen Outfits, mit viel Glitzer und Glamour und nicht selten fragt man sich, was die da so treiben, so eng Po an Po. Aber das lesbische Klischee wird hier auch leicht bestätigt – Worker-Outfits, grimmige Blicke und Muscle-Shirts, sollen den Paarungsdrang erleichtern.
Andererseits muss man sagen, kann man nicht alle in dasselbe Boot reinsetzen. Viele Busche-Besucher, meist Berliner, suchen nur jemanden zum Quatschen und Unterhalten, mehr soll nicht dabei sein. Wenn man angesprochen wird, sollte man mit Reaktionen a la „Ich bin liiert“ vorsichtig sein und hinterm Berg halten, denn auch schwule/lesbische Berliner haben die typische „Berliner Schnauze“.
Dann geht es weiter zu einem Phänomen, was in den letzten zwei Monaten leider vermehrt Einzug erhält. Hetenpärchen! Alles kein Problem! Ganz im Gegenteil, schön, wenn es Heten gibt, die kein Problem haben mit Homos – aber wieso starren sie dann, als ob eine Herde grüner Marsmännchen vor ihnen auf der Tanzfläche zappeln würde. Außerdem verbiete ich es mit wirklich, in einer HOMO-Disco von einer HETE abwertend angeschaut zu werden. Ihr kennt mich, ich hab ganz bestimmt kein Problem mit Heteros, aber wenn ich jemandem mit Repekt entgegne, dann erwarte ich das gleiche. Zudem kommt hier große Kritik an die Türpolitik. Manchmal stehen mehr Heten als Homos in der Busche rum. Wieso kann man uns nicht wenigstens die kleinen Oasen lassen, die wir uns erkämpft haben.
$$$WASSER$$$
Wie gesagt, Durst ist in der Busche ein Überlebenskampf – war man aber doch standhaft genug, sich gegen festgewachsene Bäume und ignorierende Blicke, durchzusetzen, dann kann man sich mit 3,50€ bis 5€ für die meisten Getränke vertraut machen. Überrascht wird man jedoch von der Kleinwüchsigkeit der Gläser, die einen „doppelten Boden“ haben und weniger in sich bergen, als vermutet. Was wohl bisher auch meistens der Grund war, dass sich ein Toilettengang vermeiden ließ.
$$$KLO&CO$$$
Eigentlich sollte man ja fast dankbar sein, dass die Gläser recht klein sind. Die Vorstellung, dass sich jemand gerne öfter auf die Toiletten begibt, fällt mir nicht allzu leicht. Obwohl sich kurioserweise doch immer wieder Personen finden, die ihren gesamten Abend dort verbringen. 1. die Klofrau 2. der Sani und 3. ein gewisser Crispi oder Crossy, leicht erkennbar am Hut mit einen Plattscheibe dran, der anscheinend auch schon durch zahlreiche Talkshows gezogen sein soll. Außerdem soll der legendäre Busche-Strip ebenfalls auf sein Konto gehen – ich denke aber, den hätte niemand sehen wollen.
Was nun aber die Toiletten betrifft, nicht besonders sauber, nicht besonders schmutzig, aber irgendwie abstoßend, so dass man sich besser weit, weit weg von der Klobrille hält, wenn man dann doch mal dem Harndrang Einzug gewähren muss. Und zum Abschluß gibt es dann noch kalte Pfoten, weil nur ein Kaltwasserhahn zur Verfügung steht –ja, so habe ich mir das in der ehemaligen DDR genau vorgestellt.
$$$TANZBAR MUSS ES SEIN$$$
Der Leitspruch des DJ´s. Der heißt Günther und will Berlins ältester Turntablerocker werden – vielleicht wäre aber eine Überlegung, sein „Domizil“ ins Getreidefeld zu verlegen gar nicht so verkehrt. Denn was er spielt ist in Ordnung(© Macao), deswegen findet man mich öfter in der Busche, weil der Musikgeschmack meiner Freundin und mir leicht kollidiert und hier gibt es alles in ca. halbstündlichem Wechsel. NDW, Rosenstolz, Dance, Charts, Techno, 80´s, Kuschelrock, … nur wie er es spielt, das sollte Verboten werden. Oder man sollte an der Kasse vorgewarnt werden.
Ü-B-E-R-G-A-N-G – dieses Wort existiert in Günthers Wortschatz bedauerlicherweise nicht, dafür aber das Wort M-I-X. Was er nur allzu wörtlich nimmt! Nach NDW muss ich mich auf Techno einstellen und nach Techno geht es zu den 80´s – ein bisschen Feingefühl, was die Musikauswahl betrifft, wäre wünschenswert.
$$$MACHT WAS DRAUS$$$
Ist die Busche damit nicht empfehlenswert? Nein, das auch nicht direkt. Ich würde sagen, die Busche ist als Notnagel oder wenn man sich beim Musikgeschmack nicht einigen kann, eine Alternative, die man mal akzeptieren kann. Jedes Wochenende Busche, könnte aber ernsthafte Schäden hinterlassen. Vor allem würde ich es niemandem empfehlen, der gerade frisch geoutet ist und sich im Szene-Leben einfinden will – man bekommt einen völlig verzogenen und unwahren Eindruck von der Szene, deswegen vielleicht eher was für diejenigen, die schon länger wissen, dass sie „dazu“ gehören und mal was anderes machen/besuchen wollen.
$$$RESTINFO$$$
ERREICHBAR ÜBER: S/U-Bahn Warschauer Straße, Nachtbus (genauere Infos: www.bvg.de)
ÖFFNUNGSZEITEN:
Mittwoch: 21.30 – 5.00
Freitag: 22.00 – 6.00
Samstag: 22.00 -6.00
Sonntag: 21.30 – 5.00
INTERNET: www.diebusche.de
Es grüßt euch, ICH weiterlesen schließen
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