Pro:
eher nix
Kontra:
nur unter hohem Alkoholeinfluß zu ertragen
Empfehlung:
Ja
Letztes Jahr bekam ich sowas wie einen Provinzkoller. Die relative Monotonie der Freizeitangebote vor Ort und mangelnde Gelegenheiten sein Liebesleben glücklich auszufüllen, machen selbst den härtesten Fischkopp irgendwann depressiv. Also schafften es meine Freundinnen, daß ich mich Anfang des Jahres für eine Woche nach Berlin begab, damit ich mal was anderes sehe und so auf andere Gedanken komme. Eine der Freundinnen von mir hat einen Freund in Berlin, der bereit war, am Wochenende für mich den Führer durch das Berliner Nachtleben zu spielen. Am ersten Tag meines Aufenthaltes zeigte er mir die Busche.
Die Busche ist für die Schwulen und Lesben sowas wie ein Mekka. Man muß einmal in seinem Leben dort gewesen sein, damit man darüber reden kann. Und wie beim eigentlichen Mekka reicht auch in diesem Fall gewöhnlich eine Reise. Ich habe schon viel über dieses Etablissement gehört, doch waren die Aussagen recht uneindeutig und ich konnte mir nicht wirklich ein Bild machen. Wenn die Existenz einer Disco selbst in der tiefsten Provinz bekannt ist, so müßte sie eigentlich total toll sein. Dachte ich jedenfalls bis zu meinem Besuch.
Wie kamen an der U-Bahn-Station an und da es dunkel war, konnte ich nicht viel von der Umgebung erkennen. Plötzlich blieben wir dann vor einem unscheinbaren Gebäude stehen und stellten uns an die Schlange an, die sich schon vor dem Gebäude gebildet hatte. Auf meinem fragenden Blick hin, bekam ich von meinem Führer eine Bestätigung, daß wir hier richtig waren. Naja von außen machte diese Disco keinen so einladenden Eindruck. Eine Architektur im DDR-Stil, völlig unscheinbar, und das soll die Disko sein, über die alle reden?
An der Kasse mußten wir 5 Euro lassen, was im Vergleich zu den übrigen Partys wo wir waren preiswert war, da man, wenn in der Busche Eintritt bezahlt hat, auch kostenlos in die kleine Busche kommt, wenn man anschließend weiter feiern möchte. Eine Garderobe gibt es auch, man sollte das Geld aber passend haben, denn sowas wie Wechselgeld kennen die dort anscheinend nicht. Jedenfalls hab ich irgendwann aufgegeben, auf mein Geld zu warten, da die Typen ziemlich ignorant waren und schon die nächsten Leute fleißig abkassierten. Wichtig ist, daß man die Disco nicht verläßt, da man dann wieder Eintritt bezahlen muß! Diese Regelung wurde eingeführt, da viele raus zur nächsten Tankstelle sind, dort Alkohol getrunken haben und dann wieder rein sind. Man kann es mit der Geldgier auch übertreiben.
Die Disco war schon voll, weshalb ich die Einrichtung erst gegen Ende besser in Augenschein nehmen konnte. Im Internet bezeichnet die Busche sich als größte Gay-Disco Berlins, was ich aber bezweifeln möchte. Die Tanzfläche ist relativ klein und mit den Spiegeln an den Wänden wirkt der Raum viel größer als er eigentlich ist. Ob an der Decke, wie es sich gehört, auch welche sind? Keine Ahnung. Um die Tanzfläche herum befinden sich bequeme Sitzgelegenheiten, die meistens aber in Beschlag sind, so daß man sowieso fast nicht zum sitzen kommt.
Auf der einen Seite der Tanzfläche steht der Glaskasten, in dem man den DJ anscheinend aus sicherheitstechnischen Gründen untergebracht hat. Diese Sicherheitsverwahrung benötigt er dann auch, denn mit dem, was er uns geboten hatte, brachte er mich dem Zustand näher, in dem ich den nächstbesten Gegenstand in diese Richtung geworfen hätte, um uns von dem Leiden zu befreien. Da ich selber in einer Organisation bin, die Partys veranstaltet, weiß ich, daß wir unseren Gästen soviel Grausamkeiten nicht bieten können, ohne daß es sich früher oder später rächen würde.
Erstens kennt man in der Busche keine Übergänge und die Auswahl der Titel war auch ziemlich mäßig. In der Busche nennen sie, wie mir von meinem Führer erklärt wurde, das System Runden. Dabei werden von einer Musikrichtung ein paar Titel gespielt und dann kommt was anderes dran. So kommt es vor, daß nach Oldies plötzlich so etwas wie Techno kommt oder nach einem schnellen Titel etwas ganz ruhiges. Als ob das nicht schon grausam und unprofessionell ist, hört der DJ sich zu gerne reden. Ganz im Stil einer typischen Dorfdisco ist er mit einem Mikrophon bewaffnet und ließ ständig seine Sprüche los, wenn er nicht gerade den Titel an- und absagte. Seine Fragen an das Publikum beantwortete er gerne gleich selber, so daß wir uns, um es erträglicher werden zu lassen, am anderen Ende der Disco aufhielten.
Am anderen Ende war es nicht viel ruhiger, dafür war dort die Bar. Alkohol war bei der Beschallung die einzige Möglichkeit das Leiden zu verringern, denn im besoffenen Zustand ist selbst der mieseste DJ erträglich. Die Preise waren relativ human, wenn man sie mit den üblichen Preisen der ansässigen Clubs vergleicht. Da ich aber das gleiche Getränk, nämlich Martini, da der bei mir stimmungsaufhellend wirkt, konsumiert habe, fiel mir auf, daß die ihn beinhalteten Gläser immer kleiner wurden. Ein Schelm, der böses dabei denkt. Die Geschwindigkeit der Barfrauen war ziemlich lahm und man mußte relativ lange warten, wenn man nicht völlig ignoriert wurde.
Was man von den konsumierten Getränken nicht gleich ausschwitzen kann, mußte man woanders hintragen. Die dafür vorgesehenen Toiletten waren für meinen Geschmack nur mäßig sauber, obwohl es in der Busche sogar eine Klofrau gibt. Jedenfalls war ich froh, daß ich an diesem Abend keine meiner üblichen Magenprobleme hatte.
Kommen wir zum Wichtigsten, nämlich dem Publikum, daß dort verkehrt. Wer gerne die typischen Cliches ganz in echt bewundern möchte, der kommt dort voll auf seine Kosten. So viele falsche Blondinen auf einem Haufen habe ich noch nie gesehen. An dem Abend waren die biologischen Männer in der Mehrzahl, die zu einem großen Teil ihre feminine Seite zu sehr betonten. Das gleiche galt auch für die anwesenden Frauen, die oft männlicher wirkten als ihre männlichen Pendants. Die Altersgruppe der Besucher würde ich auf 18 bis Mitte 30 schätzen wollen, aufgrund der „Kostümierung“ ist das für mich etwas schwer abschätzbar.
Die Busche hat den Ruf eine Abschleppbar zu sein, was sie offensichtlich auch war. Wenn man geil ist und seine Ansprüche nicht zu hoch schraubt, dann bleibt man die Nacht nicht allein, wenn ihr versteht, was ich meine. Auf der Homepage der Disco nennt man so etwas „sich näher kennenzulernen“.Ich hätte auch was mit nach Hause nehmen können, wenn ich gewollt hätte, aber habe mich benommen. Aber das mußte nun wirklich nicht sein und im besoffenen Zustand falle ich keine Entscheidungen.
Die Disco war um 6 Uhr Morgens zu Ende und da ich völlig aufgeputscht war, besuchte ich die die zugehörige kleine Busche, in der man noch bis um 8 Uhr tanzen konnte. Die Einrichtung war etwas stilvoller und der DJ nervte nicht mit dummen Sprüchen und hatte auch eine bessere Musikauswahl.
Mein Urteil über diese Disko ist relativ mäßig. Eine unehrliche Garderobe, eine langsame Bar, mäßige Bedürfnisanstalten, ein DJ mit sadistischem Musikgeschmack und die Regelung mit dem mehrfachen Bezahlen finde ich nicht gerade förderlich um die Leute anzulocken. Wer extrem leidensfähig ist und was zum F*** sucht, für den ist die Busche wunderbar geeignet. Für mich, der 3 Stunden mit der Bahn fahren muß, um nach Berlin zu kommen, für den ist die Busche jedenfalls kein triftiger Grund diese Fahrt zu unternehmen.
Mehr Infos unter:
www.diebusche.de weiterlesen schließen
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