Das Eulenhaus (Taschenbuch) / Agatha Christie Testberichte
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- Niveau: anspruchsvoll
- Unterhaltungswert: durchschnittlich
- Spannung: hoch
- Humor: wenig humorvoll
- Stil: ausschmückend
Pro & Kontra
Vorteile
- Rätsel-Krimi und Psycho-Thriller in erstaunlicher Balance.
- Die Autorin!
- verschiedenartige Charaktere, viele Verdächtige
- Spannung, interessante Personenbeschreibungen, viele Verdächtige, es passiert immer etwas anderes, Ermittlungsarbeit
Nachteile / Kritik
- Poirot ist nur Gaststar in seiner eigenen Serie.
- Poirot stört ein wenig..
- kleinere Unstimmigkeiten, melodramatisches Ende
- zu viele Richtungsänderungen bringen Verwirrung, Hercule Poirot wirkt nicht so persönlich
Tests und Erfahrungsberichte
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Mord im Eulenhaus
4- Niveau: anspruchsvoll
- Unterhaltungswert: hoch
- Spannung: hoch
- Humor: kein Humor
- Stil: ausschmückend
- Zielgruppe: jedermann
Pro:
Spannung, interessante Personenbeschreibungen, viele Verdächtige, es passiert immer etwas anderes, Ermittlungsarbeit
Kontra:
zu viele Richtungsänderungen bringen Verwirrung, Hercule Poirot wirkt nicht so persönlich
Empfehlung:
Ja
Und wieder ist ein Hercule Poirot-Krimi von Agatha Christie fertig gelesen. Das Buch heißt Das Eulenhaus.
Aussehen des Buches
Bei meiner Ausgabe handelt es sich um Eine Weltbild Verlag Edition, die vor etlichen Jahren einmal erschienen ist. Die Bücher sind alle fest gebunden, haben einen harten, schwarzen Deckel und rote und weiße Schrift. Es gibt keinen extra Einband. Dieses Exemplar zeigt auf der Vorderseite ein fast überwuchertes altes Haus. In einem Fenster sieht man eine Taschenlampe aufblitzen.
Text von der Vorderseite:
Agatha Christie
Das Eulenhaus
Ein Hercule Poirot-Krimi
Allgemeine Buchdaten
Das englische Original erschien 1946 unter dem Titel The Hallow. Die deutsche Originalausgabe liegt beim Scherz Verlag vor. Die Ausgabe des Weltbild Verlages ist eine Lizenzausgabe.
Leserschaft: Jedermann
Seitenanzahl: 233
Übersetzung: Ursula Gail
Weltbild Artikelnummer: 29684855
Preis: Das Buch kostete in der Weltbild Edition vor einigen Jahre 11,00 Euro. Das war der monatliche Preis für zwei Buchausgaben. Bei Amazon.de kostet ein broschiertes Buch von 2011 7,95 Euro.
Über die Autorin
Agatha Christie wird nicht umsonst die Queen of Crime genannt. Sie wurde 1890 in England geboren und pflegte während des 1. Weltkrieges Verwundete und arbeitete in einer Klinikapotheke. Dort erlange sie ihr Wissen über Gifte. Nachdem sie ihren zweiten Ehemann, einen Professor für Westasiatische Archäologie geheiratet hatte, bereisten die beiden den vorderen Orient. Daher spielen dort auch einige ihrer Krimis. Insgesamt schrieb sie 66 Kriminalromane, 144 Stories und 15 Theaterstücke. 1976 starb sie mit nur 85 in Oxford an einem Schlaganfall.
Beschreibung auf der Rückseite
Eine Wochenendgesellschaft im Eulenhaus der exzentrischen Lady Angkatell lässt stets das Unvorhersehbare geschehen – Kusine Midge, der stille Edward und die Bildhauerin Henrietta sind auf der Hut. Doch Dr. Christow trifft auf den wunden Punkt seiner Vergangenheit – die mondäne, höchst selbstsüchtige Schauspielerin Veronika Cray. Gewitterstimmung braut sich zusammen. Aber muss sich dies gleich in Mord entladen? Hercule Poirot, den statt des erhofften heißen Diners plötzlich eine kalte Leiche erwartet, reagiert ungnädig. Dann fühlt er sich bei der meisterdetektivischen Ehre gepackt: Welcher der Gäste mag dazu fähig sein, am helllichten Tag und noch dazu mitten am Swimmingpool, einen heimtückischen Mord zu begehen? Poirot wird das Gefühl nicht los, die teuflischen Tricks eines genialen Gehirnes vorgegaukelt zu bekommen...
Meine eigene Buchbeschreibung
Hercule Poirot ist verärgert. Da hat er sich so sehr auf das Essen bei Lady Angkatell in ihrem Haus, das Eulenhaus genannt wird, gefreut und was veranstaltet die Gastgeberin? Einen Mord am Swimmingpool. Wie geschmacklos! Doch dann stellt sich heraus, dass es kein Spiel ist, sondern ein echter Mord. Irgendetwas kommt dem großen Detektiv von Anfang an komisch vor. Denn er hatte wirklich den Eindruck, die Szene, die sich vor seinen Augen am Swimmingpool abspielte sei ein Theaterstück. Gerda Christow stand mit einem Revolver über ihren Mann gebeugt, der als letztes das Wort Henrietta hauchte. Henrietta sind eine Kusine von Lady Angkatell und war die Geliebte von John Christow. Ermordete sie den begabten Arzt? Oder war doch die Ehefrau die Täterin? Auch die Polizei ermittelt eifrig. Doch dann stellt sich heraus, dass der Revolver in Gerdas Hand gar nicht die Tatwaffe war. Es scheint sogar so, als wäre jeder andere in der Familie Angkatell verdächtiger als Gerda. Mit der Zeit hat Poirot aber das Gefühl, dass man ihm tatsächlich etwas vorspielt. Ob er den wahren Täter doch noch ausfindig machen kann?
Meine Meinung und Fazit
Eigentlich scheint der Fall eindeutig zu sein. Schließlich erwischt man Gerda Christow mit der angenommenen Tatwaffe direkt am Tatort. Doch so einfach es auch aussieht, hat es dieser Fall ganz schön in sich wie Hercule Poirot feststellen muss. Er hat es nämlich mit einem wirklich gerissenen Gegner zu tun. So muss er bald feststellen, dass irgendwie jeder in der Familie Angkatell ein Motiv zum Mord gehabt hätte. Die einzelnen Familienmitglieder reagieren darauf sehr gelassen und weisen Hercule Poirot mitunter sogar direkt auf ihr Motiv hin. So ging Lucy Angkatell mit einer Pistole in den Garten um die Eier der Hühner einzusammeln. Sie möchte, dass ihr Neffe Edward Henrietta heiratet. Doch solange sie eine Affäre mit John Christow hat ist daran natürlich nicht zu denken. Edward Angkatell liebt Henrietta schon seit Kindertagen. Doch er ist im Vergleich zu John Christow farblos und schüchtern. Die Schauspielerin Veronica Cray hatte vor fünfzehn Jahren ein Verhältnis mit John Christow, lange bevor er verheiratet war. Damals war er ihr total verfallen. Inzwischen liebt er aber Henrietta. Als die Cray ihn nicht mehr in ihre Gewalt bringen kann, lauten ihre letzten Worte: Ich hasse Dich wie ich noch nie einen Menschen vorher gehasst habe. Ob sie Christow getötet hat? Alle scheinen ein besseres Motiv zu haben als Gerda Christow, die ihren Mann förmlich angebetet hat. Sie ist eher nicht so intelligent und hat sich bei allem auf ihren Mann verlassen. Es scheint absolut unmöglich, dass sie ihn umbringen konnte. Das Letzte was er sagte, war auch „Henrietta“. Weist das auf Henrietta als Mörderin hin? War sie eifersüchtig, weil Veronica Cray auf einmal wieder in Johns Leben auftauchte?
Genau diese zwischenmenschlichen Beziehungen machen diese Geschichte so interessant. Eigentlich kann ja keine Spannung aufkommen. Aber genau weil irgendwie jeder verdächtig scheint und weil sehr viel passiert, ist das Buch doch sehr spannend. Brutal ist es nicht. Der Mord wird zwar aus der Sicht des Mordopfers beschrieben. Aber es ist eher ein Überraschungseffekt. Anscheinend hätte John Christow niemals gedacht, dass er umgebracht werden könnte. Wer denkt sowas aber auch? Das Buch ist dadurch auch gut für Jugendliche zu lesen. Vor allem geht es um die Ermittlungsarbeiten von Hercule Poirot. Er hat auch viel zu tun. Zuerst kümmert er sich um den Inspektor, der überzeugt ist, dass er Gerda Christow den Mord nachweisen kann. Aber der Revolver, den sie in Händen hielt, ist nicht die Tatwaffe. Die Tatwaffe ist zunächst verschwunden und taucht dann ausgerechnet unter der Hecke von Hercule Poirots neuem Wochenenddomizil auf dem Land auf. Der Täter hat einen spitzen Humor, wenn er denkt, dass er Poirot so auch noch in die Riege der Verdächtigen hineinziehen kann.
Es werden eher die Personen und ihre Gefühle beschrieben, als zum Beispiel die Landschaft. Besonders ausschweifend finde ich die Beschreibungen nicht. Man benötigt die eine oder andere Information tatsächlich um auf die endgültige Lösung zu kommen. Das ewige Hin- und Her zwischen Verdächtigen und neuen Beweisen verwirrt allerdings etwas beim Lesen. Es ist damit nicht ganz so logisch aufgebaut, wie man es sonst von Agatha Christie gewohnt ist. Allerdings wäre die Geschichte ohne das ganze Durcheinander auch recht kurz gewesen. Hercule Poirot kommt menschlich nicht ganz so gut herüber wie in späteren Büchern. Er ist aber nicht unsympathisch. Besonders interessant fand ich vor allem die Beschreibungen über die persönlichen Umstände von John und Gerda Christow. Er ist ein begabter Arzt, der eigentlich nur seine Arbeit wirklich liebt. Neben seiner Ehefrau, die er meistens verunsichert und psychisch unterdrückt, was sie sich aber gefallen lässt, hat er auch viele Affären. Henrietta möchte er gern ganz besitzen. Aber sie ist eher ein Freigeist und möchte seine Ehe auch nicht zerstören. Sie ist auch eine der wenigen Personen die aufrichtig nett zu Gerda Christow ist. Trotzdem beendet sie die Affäre nicht, da sie John von ganzen Herzen begehrt und liebt. Gerda ist nicht wirklich dumm. Sie stellt sich nur manchmal etwas schwerfällig an. Ihren Ehemann verehrt sie fast als wäre er ein Gott. Meist versucht sie schon im Voraus zu erahnen was er denkt. Das verunsichert sie aber auch extrem. Durch ihre Schusseligkeit passieren ihr so sehr viele Missgeschicke, die er immer böswillig kommentiert. Dadurch wird Gerda immer schüchterner.
Das Buch ist schön gebunden und stabil, weist aber leider einige Rechtschreibefehler auf. Die Schrift ist wieder etwas klein. Und auch die Seiten wurden dieses Mal etwas enger bedruckt. Insgesamt erschwert das das Lesen etwas. Die Geschichte wurde von BBC mit David Suchet als Hercule Poirot auch schon verfilmt. Es ist sogar ein ganzer Film und nicht nur eine 45 Minuten Folge. Allerdings wurde das Drehbuch im Vergleich zum Buch etwas abgeändert. Anscheinend dachten sich die Drehbuchautoren auch, dass man etwas von der Verwirrung herausnehmen könnte um die Spannung zu steigern. Allgemein betrachtet ist die Verfilmung aber trotzdem gut gelungen.
Ich kann das Eulenhaus auf jeden Fall zum Lesen empfehlen. Es ist aber kein so großer Fall von Hercule Poirot. Aber das Buch ist ganz interessant zu lesen. Es kommt auch Spannung auf. Allerdings ist durch immer wieder neue Verdächtige und Beweise etwas Verwirrung mit beim Lesen inklusive. Hercule Poirot kommt menschlich auch nicht so stark herüber. Dafür ist die Ermittlungsarbeit sehr korrekt und interessant. Insgesamt vergebe ich eine Wertung von 4 Sternen. weiterlesen schließenProduktfotos & Videos
So sieht meine Weltbild Ausgabe aus. von anonym
am 30.05.2012Kommentare & Bewertungen
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giselamaria, 09.06.2012, 17:53 Uhr
Bewertung: besonders wertvoll
diese Krimis habe ich früher sehr viele gelesen. - Waren alle immer super - LG gisela
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babygiftzwerg, 03.06.2012, 15:28 Uhr
Bewertung: sehr hilfreich
Ich wünsche dir einen schönen Restsonntag. LG
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Gemütliche Landpartie mit Todesfolge
24.04.2012, 23:04 Uhr von
Hindenbook
Das wär's 'dank' der neuen AGB für mich bei Yopi.de. Mit der Einstellung der 'Zahlungen' kann ich...4- Niveau: durchschnittlich
- Unterhaltungswert: hoch
- Spannung: hoch
- Humor: kein Humor
- Stil: durchschnittlich
- Zielgruppe: jedermann
Pro:
Rätsel-Krimi und Psycho-Thriller in erstaunlicher Balance.
Kontra:
Poirot ist nur Gaststar in seiner eigenen Serie.
Empfehlung:
Ja
Kurzkritik für Ungeduldige
Ein Wochenende auf dem englischen Land endet für einen der Teilnehmer tödlich. Ebenfalls eingeladen ist Detektiv Hercule Poirot, der wieder einmal vor dem Problem steht, dass eigentlich sämtlichen Anwesenden ein Motiv und eine Gelegenheit unterstellt werden kann … – Der 22. Poirot-Krimi präsentiert nicht nur ein raffiniertes Mord-Rätsel, sondern ist auch ein dichter, erstaunlich modern wirkender Psycho-Thriller, der spannend verdeutlicht, wieso Agatha Christie weiterhin lesenswert ist & gelesen wird.
Das geschieht:
Lady Lucy und Sir Henry Angkatell laden zu einem geselligen Wochenende in das „Eulenhaus“, ihren Landsitz, ein. Die Gäste kommen nicht alle gern, denn vor allem die Lady ist nett aber unberechenbar. Entfernte aber arme und auf eine Erwähnung im Testament erpichte Verwandte wie Edward oder David Angkatell müssen erscheinen. Dr. John Christow, ein aufstrebender Arzt, freut sich sogar, denn seine Geliebte, die Bildhauerin Henrietta Savernake, wird ebenfalls anwesend sein. Dass ihn Gattin Gerda begleitet, ficht Christow nicht an, denn diese gilt allgemein als Hohlkopf.
Ebenfalls in Henrietta verliebt ist Edward, der jedoch nie erhört wurde. Dass ihn die etwas rustikale Midge Hardcastle, eine gute Freundin Lady Lucys, schon lange begehrt, hat Edward dagegen nie bemerkt. Zu allem Überfluss macht ausgerechnet an diesem Wochenende eine neue Nachbarin den Angkatells ihre Aufwartung: Veronica Cray, die gefeierte Schauspielerin – und John Christows ehemalige Verlobte, die neuerlich Ansprüche auf ihn anmeldet.
Die Wochenend-Gesellschaft wird zum emotionalen Pulverfass. Just bei Ankunft des letzten Gastes trifft Christow im Garten des Eulenhauses eine Kugel in die Brust: Meisterdetektiv Hercule Poirot kann nur noch seinen Tod feststellen und der völlig verwirrten Gerda Christow einen Revolver abnehmen. Offenbar war sie längst nicht so ahnungslos wie ihr Gatte dachte. Dies vermutet jedenfalls Inspektor Grange, der den Fall übernimmt. Für ihn, der simple Fälle schätzt, steht Gerdas Schuld fest, obwohl sie behauptet, die Waffe neben dem sterbenden John gefunden und nur aufgehoben zu haben. Poirot ist skeptisch. Er blickt tiefer und erkennt die komplexen Verbindungen zwischen den Gästen. Dass diese noch weiter reichen als erwartet, setzt den Detektiv unter Zeitdruck, denn der Mörder/die Mörderin will noch nicht ruhen …
Ein Wochenende in der Hölle
Man nehme: einige Männer und Frauen, deren Lebenswege nicht unbedingt friedlich miteinander verknüpft sind. Normalerweise trennt sie die sichere Entfernung; sie können sich aus dem Weg gehen und einander betrügen, umwerben oder enttäuschen. Ein böswilliges Schicksal – hier in Gestalt von Agatha Christie – sperrt sie nun in ein abgeschiedenes Landhaus. Flucht ist unmöglich, weshalb sich die Gemüter erwartungsgemäß erhitzen. Ein Sicherheitsventil hat die Autorin nicht vorgesehen, sodass sich die nur mühsam unterdrückten Spannungen irgendwann buchstäblich gewaltsam entladen.
Auf der Strecke bleibt ein von den Frauen allzu begehrter und von seinen erfolglosen Nebenbuhlern gehasster Mann. Sein Tod bietet zunächst den Einstieg in ein klassisches Krimi-Rätsel: Wer hat Dr. Christow erschossen? In einer umfangreichen Einleitung und noch ohne Anwesenheit eines hier störenden Hercule Poirot hat Christie deutlich gemacht, welche Bewohner als auch die Gäste des Eulenhauses Mordmotive hegen könnten.
Als der Detektiv die Szene endlich betritt, geschieht dies mit einem effektvollen Paukenschlag: Die Leiche liegt ihm bei seiner Ankunft zu Füßen – ein Klischee, das sogar Poirot zunächst vermuten lässt, man wolle ihn mit einem inszenierten Mord-Schauspiel standesgemäß begrüßen.
Motive und Masken
Dem ist faktisch tatsächlich so, obwohl sich der sich anschließende Kriminalfall als wesentlich härtere, weil in der komplexen Realität wurzelnde Nuss erweist. Noch weniger als sonst bringt die nackte Indiziensuche Poirot weiter. Er muss seine psychologischen Kenntnisse in den Fall einbringen, die sich glücklicherweise mit den Jahren entwickelt haben. Der frühe Poirot konnte sich allein auf die Fakten stützen. Der jeweilige Fall glich einem Uhrwerk, das der Detektiv wie ein Mechaniker auf Spuren und Fehler = Lügen überprüfte.
Doch 1946 hat sich die Welt weitergedreht, und ihre Bewohner sind längst keine Schachfiguren mehr. Der Mensch ist ein kompliziertes Wesen. Das Unterbewusstsein beeinflusst sein Denken und Handeln in einem Maße, das über die reißbretthafte Planung eines Mordes weit hinausgeht. Der Tod von John Christow ist auch deshalb so schwer zu lösen, weil unterdrückte Gefühle mitverantwortlich sind und sich die Grenze zwischen ‚gut‘ und ‚böse‘ verwischen.
Quasi jede/r im Eulenhaus hat etwas zu verbergen. Mit dem Tod von John Christow hat es oft gar nichts zu tun. Genrekonform gibt es zwar nur einen Mörder oder eine Mörderin. Poirots Problem ist, dass er die von ihm befragten Männer und Frauen zur Offenheit zwingen muss. Erst anschließend vermag er zu entscheiden, ob sich eines dieser ‚Geständnisse‘ in die Rekonstruktion des Tathergangs einpassen lässt.
Der Detektiv wird Mensch
Nur der Hercule Poirot, den Agatha Christie in „Das Eulenhaus“ charakterisiert, ist dieser Aufgabe gewachsen. Aus dem komischen Mann mit dem Eierkopf, dem penibel getrimmten Schnurbart und der absoluten Ordnungsliebe ist ein Detektiv geworden, der die ‚menschliche‘ Seite seines Metiers beherrscht, weil er den Status der reinen „Denkmaschine“ hinter sich gelassen hat. Vier Jahre sind seit seinem letzten Fall („Five Little Pigs“, 1942; dt. „Das unvollendete Bildnis“) verstrichen, in denen Christie sichtlich über ihre Figur nachgedacht hatte.
Dieser Poirot hüllt sich zwar genreüblich in Schweigen, was den Fortschritt seiner Untersuchung des Mordfalls Christow betrifft. Doch er lässt sich durchaus in die Karten sehen. Poirot reflektiert sein Handeln, und Christie ermöglicht es uns, an seinen Gedankengängen teilzuhaben. Auf diese Weise gewinnt Poirot an Persönlichkeit, denn Christie verengt sein Denken nicht auf den Detektiv, sondern gibt auch dem Privatmann Raum.
In „Das Eulenhaus“ präsentiert die Autorin einen Fall, der nur von einem Ermittler zu lösen ist, der mit Emotionen ‚arbeiten‘, d. h. sie interpretieren, lenken und manipulieren sowie – anders als Inspektor Grange – einen von den Indizien scheinbar vorgegebenen Tathergang gegen den Strich bürsten kann. Die daraus resultierende Spannung ist weit entfernt von der Seifenschaum-Schlägerei moderner ‚literarischer‘ Kriminalromane, die Ziegelsteindicke vor allem erreichen, weil sie sich endlos im Kreis drehen. Christie hält die Fäden fest in der Hand und macht deutlich, dass „Gefühl“ und „Gefühlsduseligkeit“ keineswegs Synonyme sein müssen, wenn die Emotion Teil des Geschehens bleibt, statt es zu dominieren oder gar zu ersetzen.
Agatha Christie wusste, wie hier zu gewichten war. Kein Wunder, dass ihre Geschichten, die doch ‚nur‘ Krimis waren, so zeitlos sind. Nachdem dies endlich auch in Deutschland als seltene Tugend erkannt war – Jahrzehnte hatte es gedauert –, wurden Christies Romane endlich neu und vor allem ungekürzt übersetzt. So kommen auch die Leser des „Eulenhauses“ in den Genuss der ‚vollständigen‘ Geschichte; sie wissen es zu schätzen.
Exkurs: Poirot muss weichen
„The Hollow“ gehört zu jenen Christie-Werken, die von der Autorin selbst in ein Theaterstück umgewandelt wurden. Sie hatte das entsprechende Potenzial in diesem Roman erkannt, den sie in ihrer Autobiografie kritisierte, weil sie ihm Hercule Poirot quasi aufgezwungen hatte. Sie fand ihn bei nüchterner Betrachtung zu prominent für das „Eulenhaus“-Drama. So entfernte Christie Poirot aus dem Figurenpersonal, als sie den Roman 1949/50 für die Bühne adaptierte – es funktionierte wie erhofft und konturierte die übrigen Figuren deutlich stärker.
Als „The Hollow“ am 10. Februar 1951 im Art’s Theatre zu Cambridge uraufgeführt wurde, konnte Christie zu ihrem Kummer nicht anwesend sein; sie begleitete einmal mehr ihren Gatten auf einer Ausgrabungs-Expedition im Irak. Doch das Stück wurde von der Kritik wie vom Publikum geschätzt. Der letzte Vorhang fiel erst nach insgesamt elfmonatiger Laufzeit und 376 Aufführungen im Londoner New Ambassadors Theatre. Die zufriedene Agatha Christie ließ umgehend ein nächstes Bühnenstück folgen: Im Oktober 1952 öffnete sich „Die Mausefalle“. Dieses Stück wird seitdem aufgeführt; es ist das am längsten ununterbrochen gespielte Theaterstück aller Zeiten.
In der Verfilmung kehrte Poirot – gespielt natürlich von David Suchet in der Rolle seines Lebens, die er seit 1989 innehat – zurück. „The Hollow“ entstand 2005 als 53. Episode der britischen TV-Serie „Agatha Christie’s Poirot“.
Anmerkung: Mit „Das Eulenhaus“ begann 1947 der Scherz-Verlag die legendäre Serie seiner „Schwarzen Kriminalromane“, die bis 2004 lief.
Autorin
Agatha Miller wurde am 15. September 1890 in Torquay, England, geboren. Einer für die Zeit vor und nach 1900 typischen Kindheit und Jugend folgte 1914 die Hochzeit mit Colonel Archibald Christie, einem schneidigen Piloten der Königlichen Luftwaffe. Diese Ehe brachte eine Tochter, Rosalind, aber sonst wenig Gutes hervor, da der Colonel seinen Hang zur Untreue nie unter Kontrolle bekam. 1928 folgte die Scheidung.
Da hatte Agatha (die den Nachnamen des Ex Gatten nicht ablegte, da sie inzwischen als „Agatha Christie“ berühmt geworden war) ihre beispiellose Schriftstellerkarriere bereits gestartet. 1920 veröffentlichte sie mit „The Mysterious Affair at Styles“ (dt. „Das fehlende Glied in der Kette“) ihren ersten Roman, dem sie in den nächsten fünfeinhalb Jahrzehnten 79 weitere Bücher folgen ließ, von denen vor allem die Krimis mit Hercule Poirot und Miss Marple weltweite Bestseller wurden.
Ein eigenes Kapitel, das an dieser Stelle nicht vertieft werden kann, bilden die zahlreichen Kino und TV Filme, die auf Agatha Christie Vorlagen basieren. Sie belegen das außerordentliche handwerkliche Geschick einer Autorin, die den Geschmack eines breiten Publikums über Jahrzehnte zielgerade treffen konnte (und sich auch nicht zu schade war, unter dem Pseudonym Mary Westmacott sechs romantische Schnulzen zu schreiben).
Mit ihrem zweiten Gatten, dem Archäologen Sir Max Mallowan, unternahm Christie zahlreiche Reisen durch den Orient, nahm an Ausgrabungen teil und schrieb auch darüber. 1971 wurde sie geadelt. Dame Agatha Christie starb am 12. Januar 1976 als bekannteste Krimi Schriftstellerin der Welt. (Wer mehr über Leben und Werk der A. C. erfahren möchte, wende sich an www.agathachristie.com.)
Impressum
Originaltitel: The Hollow (London : Collins 1946/New York : Dodd, Mead & Company 1946)
Deutschsprachige Erstausgabe: 1947 (Scherz Verlag/Die schwarzen Kriminalromane 1)
Übersetzung: N. N.
288 S.
[keine ISBN]
Neuausgabe: 1967 (Ullstein Verlag/Ullstein Kriminalroman 1122)
Übersetzung: N. N.
188 S.
[keine ISBN]
Neu überarbeitete Fassung: 1973 (Scherz Verlag/Scherz-classic-Krimi 425)
Übersetzung: N. N.
175 S.
ISBN-10: 3-502-50425-3
Neue, ungekürzte Ausgabe: 1985 (Scherz Verlag/Scherz-Krimi-Klassiker 1032)
Übersetzung: Ursula Gail
232 S.
ISBN-10: 3-502-51032-6
Neuausgabe: 2004 (Fischer Taschenbuchverlag/TB Nr. 16762)
Übersetzung: Pieke Biermann
222 S.
EUR 7,95
ISBN-13: 978-3-596-16762-3
Limitierte Sonderausgabe (geb.): 2011 (Fischer Verlag)
Übersetzung: Pieke Biermann
412 S.
EUR 9,00
ISBN-13: 978-3-596-51171-6
www.fischerverlage.de
(Copyright 24.04.2012, Dr. Michael Drewniok)
Dieser Text erscheint auch auf anderen Websites meiner Wahl; er wird durch meinen Namen identifiziert und bleibt dadurch - hoffentlich - auch für Faker-Sheriffs als mein geistiges Eigentum erkennbar, mit dem ich AGB-konform umgehen darf wie es mir beliebt. M. D. weiterlesen schließenKommentare & Bewertungen
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anonym, 25.04.2012, 09:41 Uhr
Bewertung: besonders wertvoll
BW und einen Gruß aus dem Schbg.- Land
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Rache und Eifersucht
Pro:
verschiedenartige Charaktere, viele Verdächtige
Kontra:
kleinere Unstimmigkeiten, melodramatisches Ende
Empfehlung:
Ja
"Das Eulenhaus" ist ein Kriminalroman von Agatha Christie. Die englischsprachige Originalausgabe erschien 1946 unter dem Titel "The Hollow".
Inhalt
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Lady Lucy Angkatell und ihr Mann Sir Henry haben einige Verwandte und Freunde auf ihr Anwesen eingeladen, das "Eulenhaus" genannt wird.
Auch der Arzt Dr. John Christow nimmt die Einladung gerne an, obwohl sich seine Frau Gerda bei solchen Festen nicht sonderlich wohl fühlt. Christow hofft, im Eulenhaus auch seine Geliebte Henrietta Savernake zu treffen, die eine Verwandte von Lady Lucy und Sir Henry ist. Doch der Abend verläuft völlig anders als geplant. Denn plötzlich stört die Schauspielerin Veronica Cray die traute Runde. Sie war einst die Verlobte Dr. Christows, bis dieser sich von ihr getrennt hat. Als der Arzt seine frühere Liebe schließlich nach Hause geleitet, feiern die beiden das Wiedersehen auf ganz eigene Weise. Doch hinterher wird Christow klar, dass er kein Interesse mehr an der sehr von sich selbst eingenommenen Schauspielerin hat.
Zu seinem großen Pech überlebt er allerdings den nächsten Tag nicht. Der berühmte Detektiv Hercule Poirot, der in der Nähe des Eulenhauses wohnt, findet den erschossenen Arzt neben Lady Lucys Schwimmbecken - und über ihn gebeugt seine Frau Gerda mit einer Pistole in der Hand.
Was erst eindeutig scheint, erweist sich schnell als verzwickter Kriminalfall. Seltsamerweise ist nämlich die Waffe, die Gerda Christow in der Hand hielt, nicht die, mit der ihr Mann erschossen wurde. Mit der Zeit stellt Hercule Poirot fest, dass überhaupt nahezu jeder der Angkatells und ihrer Gäste ein Motiv gehabt hätte, den sauberen Doktor zu ermorden.
Dr. Christow war beispielsweise nicht der einzige, der an der Bildhauerin Henrietta Savernake interessiert war. Edward Angkatell hat es sich schon seit langer Zeit in den Kopf gesetzt, Henrietta zu heiraten und keine andere. Dies wäre auch der etwas eigenen Lady Lucy Angkatell lieber gewesen, die sich aus einer solchen Verbindung ihres Neffen einen Erben erhofft. Aber auch die gekränkte Veronica Cray und Henrietta Savernake selbst geraten ins Visier der Polizei, die Rache und Eifersucht als Tatmotiv vermutet.
Doch wie immer stellt der Meisterdetektiv Hercule Poirot seine ganz eigenen Ermittlungen an und zieht seine genialen Schlüsse daraus...
Meine Meinung
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"Das Eulenhaus" war wieder einmal ein Kriminalroman nach meinem Geschmack: Ein Mord, viele Verdächtige zum Mitraten, und auch eine gewisse Portion Spannung, auch wenn ich diesen Roman nicht unbedingt als mitreißend bezeichnen würde.
Hinzukommt mit dem genialen Meisterdetektiv Hercule Poirot eine meiner liebsten Krimifiguren.
Allerdings bleibt Hercule Poirot in "Das Eulenhaus" im Gegensatz zu anderen Romanen Agatha Christies eher etwas blass. Zu Beginn des Buches taucht er nicht einmal auf. Erst nach dem Mord an Dr. John Christow erfährt man, dass der zu Beginn des Romans angekündigte Verbrechensexperte der berühmte Meisterdetektiv ist. Etwas befremdlich fand ich auch, dass Poirot in diesem Roman als Franzose bezeichnet wird, wo es in sämtlichen anderen Poirot-Romanen, die ich bisher gelesen habe, immer heißt, er sei Belgier. Aber dies sind natürlich Spitzfindigkeiten, die auf die Qualität des Romans keine (oder zumindest kaum) Einfluss haben.
Aber auch später steht der Detektiv nicht (wie gewohnt) im Vordergrund. Hauptaugenmerk legt die Autorin auf die Beziehungen der Angkatells und ihrer Freunde untereinander.
Dabei gelingt es Agatha Christie wunderbar, nahezu jede im Roman vorkommende Person verdächtig zu machen. Vor allem die verwirrten Liebesbeziehungen oder solche, die es mal werden wollen, sind von entscheidender Bedeutung. Dr. Christow liebt zwar seine Frau Gerda, aber auch Henrietta. Diese beiden lieben ihn ebenfalls, aber auch Veronica Cray hat es auf ihn abgesehen. Edward Angkatell hingegen liebt Henrietta, die er aber trotz drei Heiratsanträgen nicht für sich gewinnen kann. Aber auch Edward wird geliebt, nämlich von Midge, für die er aber unerreichbar scheint. So entsteht ein herrlicher Gefühlswirrwarr, durch den man als Leser irgendwann selbst nicht mehr weiß, was man eigentlich denken soll.
Aber es gibt natürlich auch noch einige kleine Kritikpunkte, die ich habe: allen voran das Ende, das mir doch ein wenig arg melodramatisch vorkam. Na ja, immerhin hat sich der Mörder einen "wirkungsvollen" Abgang verschafft.
Bedenklich fand ich allerdings, dass Hercule Poirot einen beabsichtigten Giftanschlag nicht verhindert hat, obwohl er ihn zumindest ahnte. Die moralischen Einstellungen der damaligen Zeit scheinen sich offensichtlich nicht unbedingt mit meinen zu decken, insbesondere auch was das Gerechtigkeitsempfinden angeht.
Autor
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Agatha Christie wurde am 15. September 1890 unter dem Namen Agatha Clarissa Miller als drittes Kind von Frederick und Clarissa Miller geboren.
1912 heiratete sie Archibald Christie. Sie zogen nach London, wo Agatha Christie in einer Krankenhausapotheke arbeitete.
Um die finanzielle Situation ihrer Familie aufzubessern, fing sie an, Romane zu schreiben.
Ihr erster Roman wurde 1920 unter dem Titel "The Mysterious Affair at Styles" (in Deutschland unter dem Titel "Das fehlende Glied in der Kette" erschienen) veröffentlicht.
Nach der Scheidung von ihrem Mann im Jahr 1928 erschuf Agatha Christie mit Miss Marple ihre zweite große Romanfigur nach dem belgischen Detektiv Hercule Poirot. Als Vorlage für diese Figur diente Christies Großmutter.
Auch im Theater hatte sie großen Erfolg: Ihr Stück "The Mousetrap" ("Die Mausefalle") wurde am 25. November 1952 in London uraufgeführt und ist seitdem ohne Unterbrechung dort zu sehen.
Insgesamt schrieb Agatha Christie 70 Kriminalromane.
Sie starb am 12. Januar 1976 im Alter von 85 Jahren.
Wesentlich mehr Informationen über Agatha Christie findet ihr im Internet unter http://www.krimi-couch.de/krimis/agatha-christie.html
Dieser Seite sind auch die Informationen für die obige kurze Biographie entnommen.
Fazit
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"Das Eulenhaus" ist ein guter Kriminalroman, wie man ihn von Agatha Christie kaum anders gewohnt ist.
Die Charaktere sind interessant, grundverschieden und nahezu ausnahmslos des Mordes verdächtig. Trotz der oben erwähnten kleineren Kritikpunkte hat es mir wirklich Spaß gemacht, diesen Roman zu lesen.
Aus diesem Grund kann ich diesen Krimi nur weiterempfehlen und vergebe wohlverdiente vier Sterne.
Daten der aktuell erhältlichen Ausgabe
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In der mir vorliegende Ausgabe ist das Buches leider nicht mehr im Handel erhältlich. Allerdings ist es im Jahr 2003 vom Scherz Verlag neu herausgegeben worden:
Das Eulenhaus / Christie, Agatha
Scherz Verlag, 2003
ISBN: 3-502-51907-2
Preis: 7,90 Euro weiterlesen schließen
Informationen
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