Pro:
Hervorragende Fahrleistungen, sehr komfortabel, preisgünstig als Gebrauchte.
Kontra:
hoher Verbrauch, Folgekosten können exorbitant sein.
Empfehlung:
Ja
Bisher war es so, dass mir XM-Modelle nur in Form von Kundenfahrzeugen begegneten. Seit etwa 1 Jahr bewegen wir nun auch in der Familie einen inzwischen 15 Jahre alten XM V6 der ersten (Y3) Serie. 235000 Kilometer hat der Wagen bereits beim Kauf für sage und schreibe 500 Euro (neu hat das Auto 1990 über 50.000 DM gekostet) gelaufen, inzwischen sind ca. 19000 hinzugekommen. Bevor es richtig losgehen konnte war jedoch erst einmal der undichte Ausgleichsbehälter (gebraucht 10 Euro) des Kühlsystems sowie die fertige Batterie (neu für 60 Euro) auszutauschen. Auf der bisher gefahrenen Strecke blieben weitere Defekte bis vor kurzem aus, jüngst stieg der Wasserverbrauch dann doch über Gebühr an und die Erneuerung der Zylinderkopfdichtungen wurde fällig. Selig wer da selbst schraubt...Jetzt schnurrt er wieder.
Doch zunächst einige Fakten:
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Der XM unterteilt sich in zwei Serien. Die erste hieß Y3, die zweite – weitaus ausgereiftere Y4. Den teilweise miserablen Ruf in Bezug auf ständige Defekte erwarb sich der XM vorwiegend mit dem Y3. Dass die zweite Serie ab 1994 wesentlich besser geworden war konnte den schleppenden Absatz auch nicht mehr beflügeln. Eine Zahl: der direkte Vorgänger CX verkaufte sich weltweit in ca. 17 Jahren über eine Million mal. Vom XM konnten in elf Jahren nur etwa 300.000 Stück abgesetzt werden!
Aber: Es sind sehr viele XM auf dem Markt, die nicht zuletzt aufgrund mitunter biblischer Laufleistungen zu bisweilen unglaublichen Tarifen verscheuert werden.
Es gab 2 Liter Benziner mit und ohne Turboaufladung, 2,1 + 2,5 Liter Turbodiesel, ganz vereinzelt auch 2,1 Liter Saugdiesel, wobei es mit den 2,5 Liter-Dieseln sehr häufig Zylinderkopfprobleme gab, und eben die V 6-Versionen. Der XM V6 war der erste 6 Zylinder-Citroen seit dem seligen SM, der Mitte der siebziger nach sehr geringen Produktionszahlen wieder aus den Verkaufsräumen verschwand.
ANTRIEB
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Vom V6 gab es folgende Motorversionen:
XM V6 (Motorkennbuchstabe: ZPJ) mit 123 kw (167 PS);
XM V6 24V (Motorkennbuchstabe: ZPJ4) mit 200 PS und letztlich nur in den letzten Baujahren verbaute XM V6 mit ES9 – Motor.
Die allermeisten XM V6 sind aber mit der ersten Variante ausgerüstet, auch der unsere. Vom Kauf eines XM V6 24 V würde ich auch aus folgenden Gründen abraten:
Der Aufbau der Maschine ist um einiges komplizierter als die 2-Ventilversion. Ein Teil der Mehrleistung wird durch Schaltsaugrohre realisiert, die aufgrund exzessiver Kunststoffverwendung bei vielen Bauteilen nicht wirklich zuverlässig funktioniert. Insbesondere ältere Fahrzeuge machen dann richtig viel Ärger. Ich habe Kunden, die innerhalb eines Jahres drei oder viertausend Euro in den Erhalt Ihres 24V gesteckt haben. Außerdem ist der Mehrverbrauch gemessen am ‚gefühlten’ Leistungsgewinn ziemlich hoch. Gebrauchte Teile sind außerdem aufgrund der geringen Verbreitung kaum aufzutreiben.
Der ‚normale’ V6 ist hingegen ein überaus haltbares Aggregat. Laufleistungen von 300- oder 400-Tausend Kilometern wären realistisch, wenn der Rest der Fahrzeuge ähnlich haltbar wären (doch dazu später...).
Die elektronische Benzineinspritzung arbeitet sehr zuverlässig und macht nur selten Kopfzerbrechen. Häufig hingegen sind speziell bei älteren Fahrzeugen Kopfdichtungsschäden. Und wenn eine der beiden Dichtungen im Eimer ist sollten auch immer gleich beide gewechselt werden. Es ist einfach zuviel Arbeit (richtig viel! ...und Spezialwerkzeug braucht es wegen der Steuerkette auch) um da irgendein Risiko zu gehen. Gerne reißt auch einer der Abgaskrümmer, auch das nicht billig in der Behebung.
Auch Ölundichtigkeiten gehören zu den unangenehmen Erscheinungen, vor allem, wenn es zum Beispiel den Steuergehäusedeckel betrifft.
Kurbeltrieb, Nockenwellen, Ventile usw. sind standfest und um hier Schäden zu provozieren braucht es schon fast Vorsatz.
Auch die Automatik-Getriebe wie die Fünfgang-Schaltboxen sind durchaus standfest, lediglich die Differentialwellendichtringe neigen zur Inkontinenz. Der Austausch ist einfach, genauso, wie der der Antriebswellen, die allerdings auch nur kaputt gehen, wenn eine gerissene Achsmanschette längere Zeit ignoriert wird.
Öfter allerdings habe ich von Defekten bei Automatikgetrieben gehört, was aber wohl auch nicht selten auf Wartungsfehler zurückgeführt werden kann.
FAHRWERK
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Tja, hier sind wir beim ganz großen Pluspunkt der XM. Fast alle XM V6 haben Hydraktiv-Fahrwerk mit DIRAVI-Lenkung.
Das Hydractiv steht für die Möglichkeit, die Fahrwerksabstimmung vor zu wählen: Sport oder Komfort. Ich denke aber, dass die Sportoption eher überflüssig ist. Wer fährt schon Citroen um eine harte Federung zu haben. Die DIRAVI-Lenkung ist aus dem CX bekannt und war beim XM nur optional zu haben: Die DIRAVI-Lenkung ist eine geschwindigkeitsabhängige Servolenkung, die sich selbsttätuig auch im Stand nach Lenkradeinschlag in Geradeausstellung zurück bewegt. Wer damit je unterwegs war liebt sie!
Grundprinzip der Federung ist die Hydropneumatik. Das heißt, dass an allen Rädern Federelemente (Federzylinder mit Federkugeln) sind, die eine Membran beherbegen, die ein Stickstoffreservoir vom Öldruck der Zentralhydraulik trennt. Diese Federung stellt gleichzeitig einen automatischen Niveauausgleich an allen vier Rädern dar.
Beim Hydractiv-Fahrwerk kommt pro Achse noch eine Hydractiv(=Zusatzfeder-)kugel dazu, die je nach vorgewählter Fahrwerksabstimmung zu oder abgeschaltet werden kann. Zusammen mit zwei Druckspeicherkugeln und einer ‚Antisink’kugel können so bis zu neun Federkugeln verbaut sein!
Im Gegensatz zu anderen Stimmen halte ich vom befüllen defekter Kugeln nicht viel. Erstens bringt das nur für einen begrenzten Zeitraum etwas, zweitens ist der Wechsel neuer Kugeln so simpel, dass es sich kaum lohnt hier sparen zu wollen. Neue Originalkugeln kosten um die 50 Euro pro Stück und es müssen ja nicht immer gleich alle gewechselt werden. Im Durchschnitt halten die Kugeln 7 bis 8 Jahre.
Das Hydrauliksystem beim XM ist absolut ausgereift und Defekte sind relativ selten. Meistens sind undichte Leitungen oder Druckregler an Fleckenbildung unterm Fahrzeug schuld, ohne jedoch gleich zum Totalausfall zu führen. Anders als bei BX oder CX kommen durchgerostete Druckleitungen nicht mehr vor, aber wehe die Druckleitungen zwischen dem Federzylinder rechts vorn und der Hydractiveinheit vorn ist (z.B. an der Verpressung) undicht: Dann gibt es richtig viel Arbeit...
Ganz neu sind Schäden an den vorderen Federbeinlagern oben: Die Gummimetalllager zerlegen sich (insbesondere durch Ölkontamination) und im Extremfall brechen die Federbeine durch die Motorhaube. Unbedingt kontrollieren, wenn die Fahreigenschaften nicht einwandfrei sind!
Interessanterweise kommen ausgeschlagene hintere Schwingarmlager, wie es bei BX und CX alle Nas’ lang vorkommt, kaum noch vor.
BREMSEN
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Die Bremsen beim XM sind ohne Fehl und Tadel! Hinten hat sich seit 1970 im Prinzip nichts geändert (Konzeptionell ist die Festsattelbremse mit der des GS identisch) und das ist auch gut so, vorn sind Girling-Bremsen verbaut, die durch hohe Ersatzteilkonstanz (Die Klötze wurden nur einmal geändert) auffallen. Es ist jedenfalls ganz anders als z.B. beim ZX, wo der Ersatzteilhändler nach Bendix, Girling oder oder oder fragt...
Gerne defekt sind die Handbremsseile und immer wieder gerne der eine oder andere ABS-Sensor, wobei zumeist nur die Stecker verdreckt sind. Im Zweifelsfall durchmessen.
Die Bremsen verzögern stets beeindruckend und sind absolut standfest. Pulsieren im Pedal kann jedoch auf Verzug einer Bremsscheibe hindeuten, ist aber sehr selten.
LENKUNG
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Auch hier gibt es nix besonderes. Im Gegensatz zum CX wird der XM durch eine stinknormale Zahnstangenlenkung auf Kurs gebracht. Defekte sind relativ selten, aber wenn richtig teuer.
Im Gegensatz dazu ist das Auswechseln der gern ausgeschlagenen Spurstangenköpfe, der Traggelenke oder der Stabilisatorstangen ein Kinderspiel. Lediglich für die Traggelenke bedarf es eines Spezialwerkzeuges, dass es von Facom für 40 Euro gibt.
KOMFORT/INNENRAUM
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Um es noch einmal zu sagen: Es gibt wohl kaum eine günstigere Möglichkeit, ein hochluxuriöses Auto zu erwerben, als einen XM V6: Klimaanlage (u.U. Klimaautomatik), elektrische Fensterheber rundum, elektrische Spiegel, Lenkradbedienung des Radios, Hydropneumatische Federung, Servolenkung mit Diravi, elektrisches Glasschiebedach, Trennscheibe zum Kofferraum, Bordcomputer und und und, dass sind Features, die beim XM V6 zur Serienausstattung gehören. Wer Glück hat erwischt vielleicht ein Exemplar mit Lederausstattung oder CD-Wechsler.
Die elektrisch verstellbaren Sitze sind überaus bequem und die Bezüge hochwertig. Die Fondpassagiere freuen sich über üppige Platzverhältnisse. Der Kofferraum ist sehr groß und glattflächig.
Und im Gegensatz zum CX fällt nicht nach zehn Jahren alles auseinander. Der gesamte Qualitätseindruck ist gar nicht schlecht.
Wie dem auch sei: Der XM V6 ist immer hochwertig ausgestattet.
Aber: Ob auch alles noch funktioniert steht auf einem anderen Blatt. Leider sind Autos, bei denen wirklich alles funktioniert selten. Eine Instandsetzung übersteigt schnell den Fahrzeugwert, der aufgrund des horrenden Wertverlustes ohnehin i. d. R. meistens nicht allzu hoch ist. So verschlingt die Instandsetzung der Klimaanlage gerne auch mal vierstellige Summen.
KAROSSERIE
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Die Karosserie gehört für mich zu den Schwachpunkten. Nicht etwa wegen der Qualität – Im Gegesatz zu den Vorgängern ist das Thema Rost komplett zur Bedeutungslosigkeit verurteilt worden. Nein, es ist einfach dieser blöde Hüftknick, die zerklüftete Optik. Sie hat nichts mehr von dieser zeitlosen Eleganz, die CX oder gar DS ausgezeichnet hat. Nun, ich kann damit leben, sonst hätten wir ihn nicht. Ansonsten ist sie wirklich in allen Belangen dem CX überlegen. Durch reichliche Kunstoffverwendung ist der XM trotz opulenter Ausstattung auch nicht wesentlich schwerer geworden.
Ein häufiger Mangel sind die vorderen Scheinwerfer: Die Streuscheiben vergilben mit der Zeit, was die Lichtausbeute erheblich herabsetzt. Einzelersatz ist nicht lieferbar!
Ansonsten empfinde ich auch beim XM, wie bei allen anderen modernen Autos auch, die Tatsache, dass die Stoßfänger in Wagenfarbe lackiert sind, als hochgradig ärgerlich. Jeder Parkrempler verursacht horrende Schäden.
WIRTSCHAFTLICHKEIT
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Man muss es ganz klar sagen: Auch wenn der XM zu günstigen Kursen zu erwerben ist, die (Folge-) kosten sind nicht von schlechten Eltern.
Sind die Ersatzteilpreise (für Selberschrauber) noch einigermaßen erträglich und der Wagengröße angemessen, so müssen erhebliche Werkstattkosten zumindest einkalkuliert werden.
Auch Steuer (bei Euro 1 und 3 Liter Hubraum sind es z.Z. 450 Euro/Jahr) und Versicherung (Haftpflicht-Typklasse 22) erfordern einen wohlgefüllten Geldbeutel.
Am heftigsten dürfte aber – insbesondere bei intensiver Nutzung – der Spritkonsum, wohlgemerkt, wir sprechen vom V6, ins Kontor hauen: Meine Frau verbraucht bei überaus zurückhaltender Fahrweise ca. 10 Liter Super/100 km, bei flotterer Gangart oder gar häufigem Stadtverkehr sind 12 bis 15 Liter/100 km wohl realistisch...
FAZIT
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...wobei das einzigartige Fahrgefühl, der seidenweiche Sechszylindersound und die wohnliche Innenausstattung den geneigten XM-Besitzer zu entschädigen vermögen.
Den XM V6 (nicht jedoch den XM V6 24V) würde ich Leuten, die nicht auf jeden Euro zu achten haben, die aber gerne ein Fahrzeug bewegen möchten, dass auf der einen Seite hohe Individualität, auf der anderen Seite höchste Fahrkultur bietet schon empfehlen – wenn auch nicht ohne Einschränkung.
Inzwischen ist eine Euro-2-Nachrüstanlage für ca. 220 Euro lieferbar, Fünf Sätze habe ich auch schon verbaut. Der Einbau ist relativ einfach, mehr als eine Stunde braucht man nicht, auch, wenn die Konfektionierung des Kabelbaums und die Verständlichkeit der Einbauanleitung streckenweise zu wünschen übrig lassen.
Der Steuersatz reduziert sich von 450 auf 220 Euro. weiterlesen schließen
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