Pro:
verschieden Präsentationsorte, Rahmenprogramm, aufwändige Installationen, Besucherzahlen
Kontra:
für Laienpublikum Zugang massiv erschwert, einige Präsentationsformen
Empfehlung:
Ja
Die documenta 12 liegt nun knapp ein Jahr zurück. Es ist also genügend Zeit vergangen, um ein Resümé zu ziehen.
Zunächst aber ein paar einleitende Worte über die documenta. Möglicherweise ist sie nicht jedem ein Begriff und daher möchte ich mit einer kurzen Einführung abhilfe leisten. Sie fand im Jahre 2007 zum zwölften Mal und wie immer in Kassel statt. Dort ist sie seit dem Jahre 1955 in einem Tonus von jeweils fünf Jahren zu finden – zwischenzeitlich gab es eine kleine Unregelmäßigkeit, sodass sie im vergangenen Jahr stattfand und die nächste im Jahre 2012.
Unter der künstlerischen Leitung von Roger M. Buergel und der Kuratorin Ruth Noack fand sie im Jahre 2007 statt. Dies ist auch eine Tradition, die fortgesetzt wird: Die documenta wird jedes Jahr von anderen Kuratoren organisiert, geplant und präsentiert.
Sie gilt neben der Biennale in Venedig als bedeutendste und auch global am stärksten wahrgenommene Ausstellung zeitgenössischer Kunst und genießt daher ein weltweites Ansehen. Kreiert wurde sie von Arnold Bode, dem damaligen Kurator des Museums Friedericianum in Kassel. Er schuf sie ins Leben, da im Zuge der nationalsozialistischen Diktatur der Umgang im Kunst einen herben Dämpfer einstecken musste und Schauderausstellungen wie die Entartete Kunst, in der wichtige und großartige Werke bedeutender Künstler in ihre Präsentation und dem Umgang deformiert worden waren. Das Ziel war die ernsthafte Präsentation von zeitgenössischer Kunst und ihren Einfluss auf gesellschaftliche Strömungen ersichtlich zu machen. Der intellektuelle Umgang mit Kunst stand schon immer im Zentrum der Ausstellung. Diese Exponate aber auch dem Laienpublikum zu präsentieren, sollte weiterhin verfolgt werden. Kunst nicht nur als Phänomen der Akademiker, Theoretiker, Sammler, Kuratoren, Investoren, Künstler etc. sondern auch als Teil der Gesellschaft sollte so wahrgenommen werden.
Die Weitergabe von Kunstwerten an ein disperses Publikum würde ich aber persönlich als nicht vollständig realisiertes Endprodukt klassifizieren. Die nackten Zahlen sagen jedoch etwas anderes:
„Die vom Künstlerischen Leiter Roger M. Buergel konzipierte Ausstellung der Arbeiten von 109 KünstlerInnen aus 43 Ländern wurde von 754.301 zahlenden Gästen besucht. Dazu kamen 4.390 FachbesucherInnen und 15.537 JournalistInnen aus 52 Ländern. Das bedeutet eine in der jüngeren documenta-Geschichte einzigartige Steigerung der Besucherzahlen von 16% bzw. 100.000 mehr zahlenden BesucherInnen als bei der Documenta11.
Ein Drittel* der BesucherInnen kam aus dem Ausland (* so die Zwischenergebnisse einer Studie, durchgeführt von Prof. Hellstern an der Universität Kassel), allen voran aus den Niederlanden, den USA, Frankreich, Belgien und Österreich. Deutlich mehr Publikum kam bei dieser documenta aus verschiedenen Staaten Osteuropas (angeführt von Polen), aus Australien und den USA sowie aus dem asiatischen Raum: aus Südkorea, Japan und vor allem China, das erstmals auf Platz sechs der Besucherrangliste liegt.“ (Quelle: http://www.documenta12.de/d120.html?&L=0)
Doch beim Besuch der Ausstellung – ich hielt mich insgesamt drei Tage in Kassel auf und beschäftigte mich in diesem Zeitraum ausschließlich mit der Documenta, sieht man von der abendlichen Erschließung der gastronomischen Einrichtungen Kassels und dem Studium des Brauereiwesen und der –wirtschaft ab. In Kassel fiel mir jedoch auf, dass viele Bewohner der statt überhaupt wussten, dass die Ausstellung gerade laufen würde, geschweige denn dass sie überhaupt über ihre Existenz Bescheid wussten. Das ist zum einen ein Armutszeugnis der Organisatoren, die anscheinend nicht breit gestreut genug ihre Werbestrategien platzieren konnten, anderseits aber auch Kennzeichen eines nicht geringen Teils des Volkes der Dichter und Denker. Die Schnäppchen bei KIK sind eben wichtiger als so was Komisches wie Kunst. Aber ich möchte hier nicht wertend agieren. Es war nur eine Tendenz, die mir im Laufe des Ausflugs aufgefallen ist.
Auch an der Art der Präsentation hatte ich einiges zu kritisieren, obwohl natürlich der Ausmaß, die unglaubliche Anzahl der Exponate gigantisch ist. Jedoch besonders einige Präsentationsorte waren bei der d12 nicht vollständig in sich stimmig umgesetzt, wie ich fand. Begonnen hatte nämlich im Jahre 1955 alles damit, dass das Museum Friedericianum als ausschließlicher Ort der Ausstellung verwendet worden war. Das änderte sich jedoch schnell und so kamen Orte wie die Orangerie, die Auelandschaft, die documenta-Halle etc. hinzu. Besonders aber der für die d12 angelegte Aue-Pavillon wirkte wie eine riesige, sterile Halle mit schlechter Ausleuchtung und ungünstiger Wegführung. Auch der synchron dazu stattfindende Rummel (Kleinmesse, Kirmes) deformierte die Documenta in einer Form, dass sich eine Art Volksfestcharakter mit einschleuste, der unpassend war.
Positiv anzumerken ist jedoch der Einbezug von historischen Gebäuden und der besseren Präsentation von Kunstwerken wie im Falle des Schlosses Wilhelmshöhe. Auch die Anbindung ans Nahverkehrsnetz war den Organisatoren sehr gut gelungen. Für eine Tageskarte vom 9 Euro erhielt man die Möglichkeit kostenlos mit allen Bussen und Bahnen innerhalb Kassels sich frei zu bewegen.
Gerade auch die theoretische Konzeption der Kunstervermittlung schien mir bei der d12 sehr gut gelungen, obwohl sie von vielen Personen kritisiert worden war. Der künstlerische Leiter Roger M. Buergel und die Kuratorin Ruth Noack setzten den Fokus auf einen intellektuellen Zugang zur Kunst in Form der documenta magazines, online-blogs, Gesprächsrunden etc. Jedoch fehlte mir gerade in Bezug auf die 100-tägige Ausstellung, wie die documenta oft auch genannt wird, die Relevanz für die einzelnen Exponate. Gerade für Laien waren viele Ausstellungsstücke und ihre Präsentation und Kombination nicht so sehr ersichtlich. Es fehlten Tafeln über Informationen der Künstler und ihre Werke. Im Rahmen meines Seminars war dieser Kritikpunkt natürlich weniger stark ausgeprägt, da wir uns eh intensiv im Vorfeld und währenddessen beschäftigt hatten. Gerade aber für Neulinge und nicht so geschulte Kunstinteressierte, waren viele Konzepte wohl eher ein Buch mit sieben Siegeln.
Insgesamt habe ich daher sehr wichtige Eindrücke, die den Kunstbetrieb, den –handel, die –präsentation, den –umgang, die –vermittlung und den Kunstverkauf betreffen mitgenommen. Jedoch müssen hierbei Abstriche gemacht werden. Schön fand ich jedoch auch den Umgang und die Assimilation von dauerhaft platzierten Werken im öffentlichen Raum wie Exponate von Schütte oder der Spitzhacke von Claes Oldenburg. Ich habe daher einige Fotos dem Bericht hinzugefügt. Ich bin mit Ihnen nicht ganz zufrieden, da sie den Tragweite und das Ausmaß der Ausstellung nicht im geringsten wiederspiegeln können, jedoch einen kleinen Abriss zeigen können. weiterlesen schließen
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