Pro:
Aufgeschlossenheit, Uni, Nähe zu Polen, Preise, Unibibliothek
Kontra:
Bordsteine hoch um 20 Uhr und in den Semesterferien Tote Hose
Empfehlung:
Nein
Heute also wieder mal ein Reisebericht, ... oder sowas in der Art.
Ich hab 3 Jahre in Frankfurt Oder gelebt und studiert und möchte jetzt mal ein paar Vorurteile aus dem Weg räumen. Ich komme zwar selber nicht aus Frankfurt aber ich habe schon den Eindruck die Stadt etwas verteidigen zu müssen, denn sie ist wirklich nicht so schlecht wie ihr Ruf.
Lage
Erstmal ganz grundlegend: Frankfurt (Oder) ist si eine der östlichsten Städte Deutschlands, gelegen am Westufer der Oder und damit Grenzstadt zu Polen.
Die nächstgrößere Stadt ist Berlin, das eine knappe Stunde westlich von FFO (Frankfurt Oder) entfernt liegt.
Mit dem Zug kommt man günstig von und nach FFO mit folgenden Verbindungen:
- RE 1: Eisenhüttenstadt – Frankfurt – Berlin – Potsdam – Brandenburg / Magdeburg
- RE 11: Cottbus – Frankfurt
- OE 36: Frankfurt – Beeskow – Wendisch-Rietz – Königs Wusterhausen – Berlin-Schöneweide
- OE 60: Frankfurt – Werbig – Wriezen – Bad Freienwalde – Eberswalde – Berlin-Lichtenberg
Der Eurocity Warschau-Berlin hält auch in FFO und bringt nach Ost und West. EIne Fahrt von FFO nach Warschau kostet 18.20 Euro und eine nach Poznan kostet 12.60Euro.
Noch günstiger kommt man aber nach Poznan, indem man den Regionalexpress nimmt der 3x täglich fährt. Da zahlt man dann in Zloty im Zug (26 Zloty = 6,5 Euro). WICHTIG: Das Ticket bloß nicht beim Schalter der DB kaufen, denn da zahlt man verrückterweise 35 Euro für das Ticket.
Der EC braucht 1,5 Stunden und der Osobowe (Regionalexpress) 3 Stunden, aber das ist es wert :)
Die Stadt
Also FFO ist natürlich keine Großstadt, das Vorurteil stimmt. Und dort steppt auch nicht der Bär, aber es ist auch kein Popeldorf. Es leben hier knapp 63.000 Einwohner, die je nach Beschäftigung in FFO selbst oder wie viele in der Umgebung Arbeit gefunden haben (oder eben auch nicht).
Am bekanntesten ist die Stadt heute, abgesehen von rassistischen Vorurteilen und der Grenzlage, für ihren Sprößling Kleist.
Wer über die Autobahn nach FFO fährt, sieht schon von weitem das höchste Gebäude der Stadt, den Oderturm. Kein sonderlich schönes Gebäude, ist es doch nichts weiter als ein typisches Hochhaus. Aber der Oderturm ist mittlerweile im Erdgeschoss zu einem Einkaufszentrum erweitert worden, das mit einem noch etwas größeren Einkaufsbereich auf der gegenüberliegenden Straße durch eine verglaste Brücke verbunden ist. relativ bequem. Hier kriegt man alles von Aldi bis H&M und das schön zentral, denn der Oderturm ist wirklich super gelegen. Vom Bahnhof zu Fuss 10 Minuten, mit der Straßenbahn 5 Minuten, zu Fuss von der Grenze 10 Minuten und direkt neben der Uni gelegen. Perfekt für den kleinen Hunger zwischendurch.
Schön entspannen kann man auf der Insel Ziegenwerder, im Lennépark oder im Kleistpark die sich ebenfalls im Zentrum befinden. Beim Kleistpark befindet sich auch das Kleistforum, dass seit 2001neben seiner schönen Architektur nicht nur Augenschmaus in der Plattenbaustadt ist, sondern auch gutes Program liefert. So finden hier Opern, Operetten, Jazzkonzerte, Theateraufführungen, Musikfesttage, Lesungen, Diskussionen, etcetcetc statt.
Frankfurt hat insgesamt folgende Stadtteile aufzuweisen, die mehr oder minder alle durch die typische DDR-Plattenbauweise dominiert werden. Dennoch gibt es in einigen Stadtteilen auch was zu sehen. Hier also kurz eine kleine Liste:
Neuberesinchen: Wasserturm und Funkturm, der 2002 saniert wurde.
Gubener Vorstadt: das historische Gebäude des städtischen Wasserwerks und die Gebäude nahe der Gertraudenkirche.
Klingetal: viele Grünanlagen
Hansaviertel: Nicht unbedingt sehenswert, aber wissenswert dass sich hier ein Olympiastützpunkt befindet.
Die Obere Stadt: Kleistpark und Kleistforum
Zentrum: Universitätsgebäude, Oderturm, Ziegenwerder, Lennépark, Grenze/Stadtbrücke, Marienkirche, Friedenskirche, Konzerthalle, die städtischen Museen, das Rathaus
Die Lebuser Vorstadt
Süd
Altberesinchen
Nuhnenvorstadt
Ein wichtiger Teil FFO's ist sicherlich die Stadtbrücke, die Slubice (Polen) und FFO (Deutschland) verbindet und auf welchen verschiedene Initiativen gestartet wurden, wie zum Beispiel die Städtepartnerschaft Slubfurt, die darauf zurückweist, dass FFO und Slubice ja mal eins waren.
Das ist nicht die Brücke, mit der man über die Autobahn nach Polen reinfährt, aber nichts desto trotz mit Auto, Fahrrad, etc und als Fußgänger passierbar. Direkt auf der polnischen Seite (rechts wenn man von der Brücke kommt) befindet sich dann auch das Collegium Polonicum, dass als Einrichtung der Universität Poznan eine Verbindung zwischen der Viadrina und Poznan (und damit stellvertretend für die Länder) darstellt.
Die Viadrina
Ich will hier nicht ewig lang über die Viadrina schreiben, obwohl ich das könnte, aber der Bericht ist über
FFO und da erwähne ich die Uni nur mal kurz, weil sie ja wichtiger Bestandteil der Stadt ist.
Insgesamt gibt es drei verschiedene und voneinander geografisch getrennte Uni-Gebäude: das Hauptgebäude, das Audimax und das Gräfin-Dönhoff-Gebäude. Alle drei liegen im Zentrum und das Hauptgebäude sowie das Gräfin-Dönhoff-Gebäude in 5-Minuten Entfernung voneinander und vom Oderturm. Das Audimax ist da schon etwas weiter entfernt, aber auch nicht die Welt - man ist halt in FFO. Mit der Bahn vom Oderturm ist man da in 7 Minuten.
Angeboten werden hier BWL, Kulturwissenschaften und Jura. Alles mittlerweile auch Bachelor und bei allem muss man mehrere Sprachen aufweisen, wenigstens drei wenn ich mich richtig erinnere. Aber das Sprachlehrangebot ist auch so gut wie an kaum einer anderen Uni.
Die Uni ist top! Kann ich nur empfehlen - vor allem: Sehr gute Mensa! :)
Stadtgeschichte
Gründung der ersten Siedlung in dem heutigen FFO war laut Urkunden 1226 und bereits 1253 wurde der Siedlung das Stadtrecht verliehen. Seit 1311 reisen viele Kaufleute über die Oder zur Ostsee und bis ca. 1490 gehörte FFO zum Bund der Hansestädte.
Die erste Universität Brandenburgs, die Alma Mater Viadrina, wird 1506 eröffnet und war geistiges Zuhause von Personen wie Heinrich von Kleist, den Brüdern Humboldt und Ulrich von Hutten. 1811 wurde die Universität von FFO nach Breslau verlegt und erst 1991 als Europauniversität Viadrina Frankfurt (Oder) wieder eröffnet.
Den Zweiten Weltkrieg überstand FFO fast gar nicht. Die Innenstadt wurde am 22.April 1945 dem Erdboden gleichgemacht und stellte bis 1950 Durchgangsstadt für Heimkehrer und Vertriebene dar.
Sehenswert
Wer sich etwas in der Stadt ansehen möchte, sollte folgendes nicht verpassen. Es gibt noch mehr, aber leider kenn ich die Details der Stadt dann doch nicht soooooooo gut. Wer sich allerdings aufmacht mal in Frankfurt Zwischenstop zu machen, für den kann diese kurze Liste hier schon einige Anhaltspunkte bieten. Weitere Informationen kriegt man in Frankfurt überall :)
1. Das Kleistforum (siehe oben)
2. Das Theater des Lachens:
Dieses Theater ist das einzige professionelle Puppentheater Brandenburgs und über die Stadtgrenze hinaus bekannt. Wer sich dafür interessiert, wird von dem Theater des Lachens wohl schon mal gehört haben, und wer es noch nicht kennt, sollte sich Vorführungen ansehen.
3. Die Marienkirche im Stil der Backsteingotik wird seit 1979 rekonstruiert, nachdem sie im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Hier gibt es mittelalterliche Bleiglasfensterfelder die erst 2002 als Kriegsbeute von Russland zurückgegeben wurden.
4. Die Friedenskirche ist das älteste Gebäude der Stadt und existierte bereits vor der Stadtgründung 1253.
5. Konzerthalle:
Die Konzerthalle befindet sich in einer ehemaligen Franzsikanerkirche aus dem 13.Jahrhundert und garantiert das gesamte Jahr hindurch Unterhaltung. Ob nun Deutsch-Polnische Musiktage oder Orgelkonzerte, für jeden Musikfan dürfte etwas dabei sein.
6. Museen:
- Es gibt das Kleist-Museum im Gebäude der ehemaligen Garnisonsschule mit vier Dauerausstellungen rund um das Leben und Werk Kleists. Hier befinden sich beeindruckend viele Dokumente, Abbildungen, etc wie nirgendwo sonst über diesen Künstler.
- Sportmuseum / Museum der Jugen Kunst und das Museum der Viadrina als kulturhistorisches Museum der Stadt.
7. Das Rathaus wurde ursprünglich als Ratsstube und Kaufhalle errichtet (um 1260 herum), dann während der Renaissance umgebaut und schließlich nach dem Zweiten Weltkrieg im selben Stil wieder aufgebaut.
Mentalität
Als letztes will ich nun ein paar Sätze zu den Vorurteilen gegenüber FFO verlieren.
Ja, hier sind viele Menschen arbeitslos, wen wunderts? So abgelegen...
Ja, Frankfurt ist keine Partystadt. Gegen 20 Uhr werden die Bordsteine hochgeklappt und man muss sehen wo man bleibt.
Ja, Frankfurt ist eine Studentenstadt. Zwar kein Mannheim oder so, aber immerhin. Während des Semesters weiß man gar nicht wo man sich vor den Studenten verstecken soll, die lauern überall und die Bahnen sind rammelvoll.
Nein FFO ist nicht rechtsradikal. Regiert wird hier durch die CDU und die Stadt selbst erscheint sehr weltoffen - muss sie bei den vielen Studenten aus dem Ausland auch sein. Informationen im Bahnhof und in Bussen sowie Straßenbahnen, etc gibt es auf Deutsch, Englisch, Polnisch, Türkisch ... Das sind die 4 Sprachen die mir jetzt einfallen.
Ja, auch in FFO gibt es Personen, die freiwillig keine Haare auf dem Kopf haben. Nein, die sind nicht immer aggressiv und ja, auch ich fürchte mich vor denen, ABER die helfen einem auch schon mal schwere Tüten in die Bahn zu tragen ,etc. Also definitiv nicht von Grund auch böse - es besteht Hoffnung :)
Ja, die Universität ist genial. Wunderbare Neubauten, grandiose Professoren, ein kleines aber feines Studienangebot mit einem sehr großen und supertollen Sprachzentrum.
Ja, auch hier kann man schöne Wohnungen finden und zwar in jedem Stadtteil. Viele Studenten wohnen zwar in Studiwohnheimen, aber Mietpreise sind erschwinglich, auch bei tollen renovierten Wohnungen, von denen es mittlerweile einige gibt.
Nein, Frankfurter haben keinen krassen Dialekt. Man versteht sie. Es ist keine Gossensprache.
Nein, nicht jeder FFO'ler sprich polnisch und nicht jeder will es können.
Ja, hier kann man tatsächlich sehr gut Polnisch lernen und sehr günstig einkaufen, wenn man mal eben über die Brücke hopst.
Ja, FFO'ler sind hilfsbereit, wie oben bereits angemerkt, auch die bei denen man es nicht erwarten würde.
Ich find die Stadt toll :) Der Bahnhof ist neu renoviert und mein regelmäßiges Durchfahrts- und Umsteigegebiet und ich erinner mich immer gern an meine Zeit hier. Aber ich bin auch keine Partymaus. ... Ach ja, die Bibliothek der Viadrina ist für alle zugänglich und atemberaubend, in der Architektur genauso wie im Bestand - wirklich toll!
Fahrt mal hin. Mehr als nen Tag werdet ihr nicht brauchen :) Aber für alle Studenten in spe, ... schreibt FFO nicht ab, die Uni ist ein Studium wert. weiterlesen schließen
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