Tintenherz (gebundene Ausgabe) / Cornelia Funke Testberichte
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- Handlung: sehr spannend
- Niveau: durchschnittlich
- Unterhaltungswert: hoch
- Spannung: hoch
- Humor: durchschnittlich
- Stil: ausschmückend
Tests und Erfahrungsberichte
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Eine Welt aus Büchern
04.01.2004, 23:45 Uhr von
Duvie
Manchmal fehlen einem einfach die Worte. Für alle anderen Gelegenheiten gibt es yopi!5Pro:
gute Geschichte, liebevoll erzählt
Kontra:
Illustrationen wiederholen sich
Empfehlung:
Ja
Ein Buch über Bücher und insbesondere über den Zauber, der in den Büchern steckt, ihre Figuren umgibt und auf den Leser überspringt. Oder geht es hier viel mehr um den Zauber, der im Leser steckt und den er auf die Figuren eines Buches überspringen lässt, um diese zum Leben zu erwecken?
Cornelia Funke heißt die Autorin, die dieses Kinder-, Jugend- und, wie ich finde, Erwachsenenbuch geschaffen hat. Sie ist schon lange als Autorin tätig und hat im Bereich Kinderliteratur schon so manchen Preis eingesteckt. „Tintenherz“ ist ihr neuestes Werk, bei dem es ihr ohne Zweifel gelang, zu beweisen, dass sie großes Feingefühl für das Schreiben besitzt und ausreichend Fantasie, um einen über 550 Seiten starken Roman lebhaft und spannend zu gestalten.
In der Vergangenheit wurde so mancher Vergleich zu J. K. Rowling gezogen, der wie ich finde gewaltig hinkt, da Cornelia Funke keine Senkrechtstarterin ist und weder ihr Werk „Tintenherz“ noch dessen Schreibstil mit „Harry Potter“ zu vergleichen ist. Zweifellos sind beides fantastische Bücher, die einen packen und zum Weiterlesen zwingen, doch sind die Welten, in denen sie spielen, völlig verschieden und auch die Menschen, die jeweils im Mittelpunkt stehen.
Für „Tintenherz“ wurde in dem Sinne keine neue Welt der Abenteuer und Mysterien geschaffen, statt dessen treten die Mysterien und Wunderwesen in unsere heutige und moderne Welt ein und sie sind es, die sich bei uns zurecht finden müssen und die den Weg nach Hause suchen.
Wie ihr merkt, steige ich nun schon in die Handlung ein, wer beabsichtigt das Buch noch zu lesen, sollte diesen Abschnitt überspringen!
Eines nachts taucht eine fremde, furchteinflösende Gestalt bei Meggie und ihrem Vater Mo auf. Es handelt sich um Staubfinger, wie sich heraus stellt einen alten Bekannten Mos, der beiden rät in den Süden zu fliehen, da Capricorn dicht auf ihren Fersen sei. Der Fremde spricht Mo mit dem Namen „Zauberzunge“ an und Meggie ist verwirrt und verängstigt von all diesen fremd klingenden Namen und von Mo, der in der folgenden Nacht ihre Sachen packt, um mit ihr zu ihrer Tante Elinor zu fahren. Gerade als sie morgens ihren Hof verlassen wollen, taucht Staubfinger erneut auf und bittet sie, ihn in den Süden mitzunehmen, was Mo trotz Meggies Unbehagen tut.
Zwar kommen alle gemeinsam noch wohlbehalten bei Elinor an, doch schon kurz darauf kommt Meggies bisheriges Weltbild ins Wanken. Mo verschwindet und mit ihm ein geheimnisvolles Buch. Kurz darauf fahren Staubfinder, Elinor und Meggie los, um Mo bei Capricorn, dem sagenumwobenen Bösewicht, zu suchen. Sie geraten ebenfalls in dessen Gefangenschaft und Meggie erfährt ein wohl gehütetes Geheimnis über ihren Vater: Zauberzunge besitzt die außergewöhnliche Fähigkeit Bücher zum Leben zu erwecken und mit seiner Stimme die Figuren aus einer Geschichte herauszulocken. Auf diesem Weg gerieten auch Staubfinger, Capricorn, dessen rechte Hand Basta und einige andere Gestalten in unsere Welt. Während Staubfinger sich in seine Welt der Feen und Kobolde zurücksehnt, dürstet es Capricorn danach mit seinen Männern in unserer Welt Macht zu erlangen, doch dafür muss ihm Capricorn seinen stärksten Gefährten herauslocken.
Doch Meggie und die anderen können fliehen und so ergibt sich ein ständiges Spiel aus Flucht und Verfolgung, denn jeder fürchtet den anderen, braucht ihn jedoch.
Capricorn benötigt Mo, um den gefährlichen Schatten herbeizulesen und Mo möchte „Tintenherz“ zurück, das Buch, das Capricorns Männer gemeinsam mit ihm entführt haben. Denn immer wenn Mo eine Figur herausliest, verschwindet dafür eine andere aus unserer Welt und so geriet Meggies Mutter in „Tintenherz“.
Soweit zur Handlung, die natürlích wesentlich ausschweifender ist, so manche Überraschung parat hat und eigentlich nie langweilig wird!
Aber eine gute Handlung alleine, macht noch keine gute Geschichte, auch die Figuren in ihr, müssen gut, facettenreich und liebevoll gestaltet sein, deswegen hier ein kurzer Überblick über die Figuren, die mir am eindrücklichsten und wichtigsten erschienen:
MEGGIE
Meggie ist eine ca. 12-jährige Halbwaise, deren Erinnerung an ihre Mutter nahezu erloschen ist, da diese sie und ihren Vater verlies, als sie drei Jahre alt war – zumindest glaubt sie das. Sie ist eine unglaubliche Büchernärrin und lebt nahezu in den bezaubernden Geschichten von Peter Pan, Odysseus und all den anderen Figuren.
Obwohl Meggie schon oft mit ihren Bücherhelden unglaubliche Abenteuer durchlebt hat, ist sie in Wahrheit keine übermutige Abenteurerin, sondern in erster Linie ein 12-jähriges Mädchen, das plötzlich in eine gefahrenvolle Situation gerät und um sich und all die Menschen, die sie liebt, bangen muss.
Meggie macht im Verlauf der Geschichte eine nachvollziehbare Entwicklung durch, von der wohlbehüteten kleinen Tochter, über eine trotzige Göre, bis hin zu einem tapferen und cleveren Mädchen, das aufgrund all dessen, was sie erlebt hat, gereift ist.
Meggie ist eine hervorragende Identifikationsfigur für die Kinder und Jugendliche, die dieses Buch lesen werden, da sie ein gewöhnliches Mädchen von nebenan ist, mit Stärken und Schwächen. Und da viele ihre Empfindungen wohl nachvollziehen können, vor allem dann, wenn die Erwachsenen ihr mal wieder lieber eine leicht durchschaubare Lügengeschichte auftischen, weil sie glauben, sie könne das eher verkraften als die Wahrheit.
MO
Obwohl Mo neben Meggie die handlungstragende Figur ist, finde ich, dass er etwas farblos wirkt. Klar wird, dass er ein ehrlicher Mann ist, mit großem Herzen und großen Gefühlen, die er nicht verbergen kann – was ihm öfter als einmal zum Verhängnis wird. Doch viel mehr erfahre ich über den Charakter dieses Mannes leider nicht.
Mo ist von Beruf „Bücherarzt“, das heißt er repariert alte Bücher und gibt ihnen einen neuen Einband. Wie seine Tochter Meggie liebt auch er Bücher über alles, hat ihr jedoch nie laut daraus vorgelesen, aus Angst auch sie in eine andere Welt hineinzulesen.
Für Mo ist Meggie das Wichtigste auf der Welt und aus Liebe zu ihr ist er bereit sich auf jede Gefahr einzulassen. Das andere, wofür er bereit ist sein Leben zu riskieren ist „Tintenherz“, da er sich sehnlichst wünscht einen Weg zu finden, um seine Frau wieder herauszulesen.
ELINOR
Elinor ist die Tante von Meggies Mutter. Doch eigentlich ist es falsch, sie in Verbindung mit anderen Menschen zu stellen, denn ihre größte Verbindung hat sie zu ihren Büchern – alte kostbare Werke, die alle Räume ihres riesigen Hauses zustellen. Als Mo und Meggie bei ihr auftauchen, ist sie deswegen zunächst gar nicht begeistert, da sie in Meggie und deren Kinderfingern eine potenzielle Gefahr für ihre Bücher sieht. Aber als es hart auf hart kommt, kann man voll auf Elinor zählen. Sie ist eine resolute alte Dame, die sich nicht unterbuttern lässt, oftmals zu vorschnell eine freche Antwort gibt und damit alle in Gefahr bringt.
Im Laufe der Geschichte macht auch Elinor eine Wandlung durch und erfährt, dass Bücher alleine ganz schön einsam sein können, wenn man sein herz erst einmal an richtige Menschen gehängt hat!
STAUBFINGER
Da Staubfinger aufgrund seines Charakters im Buch für die eine oder andere Überraschung sorgt, möchte ich hier nicht all zu viel über ihn verraten.
Für mich ist er eine der interessantesten Figuren, deren Charakter auch sehr gut durchdacht ist. Da er aus „Tintenherz“ stammt, musste er lernen sich in unserer Welt zurecht zu finden und wird ab und an einen kritischen Blick darauf – aber keine Angst, dieses ist keines der Bücher, dass unserer kommerziellen Gesellschaft einen Spiegel vorhalten möchte!
CAPRICORN
Irgendwie gab es keinen Blick hinter die Fassade dieses Mega-Bösewichts, aber vermutlich war genau das das Ziel von Cornelia Funke: hinter der abgrundtief bösen Art dieses Schurken gibt es nichts mehr! Capricorn ist sozusagen die Personifikation des Bösen und für ihn gibt es nichts Erheiternderes als sich am Leid anderer zu ergötzen.
Da es sich offiziell um ein Buch für Kinder ab 10 Jahren handelt, wird Capricorn zwar als grausam und herzlos beschrieben, die Beschreibungen seiner Untaten halten sich aber in Grenzen, was ich als sehr angenehm empfunden habe.
BASTA
Er ist der Handlanger Capricorns. Wie seinem Vorbild ist auch ihm das Leid der Menschen egal – bereitet ihm zuweilen sogar Genuss. Doch er ist nicht so stark wie Capricorn. Basta ist unglaublich abergläubisch und somit schnell von etwas abzubringen, wenn man ihm nur überzeugend genug erklärt, dass es ihm Pech bringen wird.
Eine detailliert und originell gestaltete Figur, wie ich finde.
Ich merke gerade, der Bericht wird etwas länger, da aber auch das Buch nicht gerade das dünnste ist, finde ich das angemessen.
Nachdem ihr nun Einblicke in Handlung und Figuren gewonnen habt, möchte ich auch noch den Schreibstil des Buches beurteilen.
Cornelia Funkes Sprache verstand es sehr schnell mich zu fesseln. Sie hat eine ausgewogene Mischung gefunden, um ausführliche Beschreibungen der Szenerie zu liefern, sodass man in seiner Fantasie die Landschaft mühelos erschaffen kann, vergisst aber dabei nie, die Handlung voran zu treiben. Erstaunlich fand ich, dass die handelnden Figuren zum Teil kaum bis gar nicht beschrieben wurden, sodass es von der Fantasie des Lesers abhängt, wie die kleine Meggie aussieht.
Die Wortwahl finde ich sehr gelungen, da häufig ein kleines Wortspiel eingeflochten wird und darüber hinaus die Beschreibungen sehr abwechslungsreich sind.
Fraglich ist, ob das Buch tatsächlich schon für jeden Leser ab 10 Jahren geeignet ist. Es taucht der ein oder andere Schachtelsatz auf – der zwar dem normalen Leser sehr gut tut, da er gemischt mit kurzen Aussagesätzen den Gesamtstil sehr lebendige wirken lässt – der schlechten Lesern durchaus Schwierigkeiten machen könnte. Zudem ist das Buch wirklich sehr lange und für Kinder, die noch nicht sonderlich schnell lesen, bestimmt frustrierend, wenn sie nach einem Monat noch nicht einmal 1/3 geschafft haben.
Wie es sich für ein Kinderbuch gehört, finde sich natürlich auch zahlreiche Illustrationen, die von der Autorin selbst stammen. Es handelt sich hierbei um schwarz-weiß Zeichnungen, die immer am Ende eines Kapitels stehen und sich darauf beziehen. Da ich die Zeichnungen sehr gelungen finde, habe ich sie oft einen Moment lang betrachtet, ehe ich mich dem nächsten Kapitel widmete, darum viel mir auch schnell auf, dass sich insbesondere in der zweiten Hälfte des Buches die Illustrationen teilweise wiederholen, was ich persönlich wirklich bedaure und der Ansicht bin, dass man, wenn man eh nur am Ende eines Kapitels eine Zeichnung abbildet, wirklich immer eine neue gestalten könnte.
Trotzdem lies ich mich gerne wieder versöhnen, da mir dafür die Idee, jedem Kapitel einen kleinen, passenden Textauszug aus einem anderen Buch voranzustellen, wirklich unglaublich gut gefiel. Diese Auszüge sind immer sehr kurz (1-5 Sätze) gehalten, geben eine leichte Vorahnung, auf das, was einen gleich erwartet, verraten aber niemals zu viel. Genau das gleiche kann man übrigens über die Titel der einzelnen Kapitel sagen.
Fazit
Ich empfehle dieses Buch uneingeschränkt weiter und zwar an Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Hier ist träumen erlaubt und eigentlich unvermeidbar. Das Buch knistert stellenweise vor Spannung und den Leser erwartet mehr als eine überraschende Wendung. Besonders gut gefällt mir die Tatsache, dass hier die Fantasie aus Büchern in unsere Welt geholt wurde und somit nahezu realistisch wird, ohne dabei selbstverständlich zu werden.
Ich werde trotz der kleinen Enttäuschung mit den Illustrationen alle 5 Sterne vergeben, da für mich die Geschichte im Vordergrund steht und diese ist liebevoll gestaltet und meines Erachtens von der Idee neu.
Zu guter Letzt – die Daten:
Buchtitel: Tintenherz
Autorin: Cornelia Funke
Verlag: Dressler Verlag
Erscheinungsjahr: 2003
Seitenzahl: 575
Preis (Festeinband): 19,90 € weiterlesen schließen -
Tintenherz, ein echtes Kinderbuch - Highlight
01.11.2003, 00:15 Uhr von
Libraia
Am meisten interessiere ich mich für Bücher, Filme und Politik. Klar, dass ich hierüber auch am m...Pro:
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Kontra:
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Empfehlung:
Ja
Cornelia Funke, Tintenherz Dressler Verlag 2003, 574 Seiten, 19,90 Euro
Wer sich auch nur ein wenig für Kinderliteratur interessiert, kann eigentlich gar nicht anders, als früher oder später auf Cornelia Funke zu stoßen. Sie ist seit vielen Jahren außerordentlich erfolgreich im deutschen Kinder- und Jugendbuchsektor. Ihre Bücher „Drachenreiter“ und „Herr der Diebe“ sind sehr phantasievolle, spannende, lebendige und zudem erfolgreiche Titel („Herr der Diebe“ beispielsweise wurde in mehr als 20 Sprachen übersetzt und wird derzeit verfilmt) und welches Mädchen zwischen neun und 13 Jahren kennt und liebt nicht die Serie „Die wilden Hühner“, eine sehr nette, witzige und lebensnahe Folge über eine Mädchenbande? Es gibt noch zahlreiche weitere lieferbare Titel dieser Autorin, die ich nun nicht alle aufzählen möchte, denn hier soll es ja um ihren neuesten Roman „Tintenherz“ gehen.
Über die Autorin:
Cornelia Funke wurde 1958 in Dorsten (Westfalen) geboren. Sie machte in Hamburg eine Ausbildung als Diplompädagogin. Danach studierte sie an der Fachhochschule für Gestaltung, zeitgleich arbeitete sie als Erzieherin auf einem Bauspielplatz. Nach ihrem Studium arbeitete sie vorwiegend als Kinderbuchillustratorin, begann jedoch mit 28 Jahren damit, selbst Kinderbücher zu schreiben. Mittlerweile sind es über 40 Titel geworden.
Frau Funke lebt gemeinsam mit Mann und zwei Kindern in Hamburg und ist hoffentlich noch lange weiterhin produktiv.
Zum Inhalt:
Meggie, die 12-jährige Hauptfigur des Buches ist eine ausgesprochene Leseratte, sie liebt es, in ihre Lieblingsgeschichten immer wieder einzutauchen und in andere Welten zu versinken. Kein Wunder eigentlich, denn ihr Vater Mo ist Buchbinder, der alte Wälzer höchst liebevoll restauriert. Dann gibt es noch Tante Elinor, eine etwas verschrobene und furcht erregende Frau, die nur für ihre riesige und exklusive Bibliothek lebt und mit echten Menschen nicht all zu viel im Sinne hat.
Mo und Meggie leben glücklich und zufrieden in ihrer eigenen abgesonderten Welt, sehr viele Kontakte zu andern Kindern hat Meggie nicht, da beide oft mit einem Bus durch die Welt reisen, aber sie vermisst nichts, Mo vermisst allerdings Meggies Mutter, aber daran lässt sich wohl nichts ändern, anscheinend ist sie schon lange tot…
Eines Abends taucht ein seltsamer Gast im Hause auf, ein Mann namens Staubfinger, der ein höchst ungewöhnliches Tier namens Gwin mit sich führt, eine Art Marder mit Hörnern. Staubfinger warnt Mo, den er Zauberzunge nennt, er fordert ihn auf, mit ihm zu fliehen, denn Capricorn sei hinter ihm her.
Klar, dass Meggie nicht nur unheimlich zumute wird durch das seltsame Gebaren des unerwünschten Gastes, sondern sie wird auch sehr neugierig; doch ihr Vater, der sonst immer alles mit ihr besprochen hatte, bleibt diesmal Erklärungen schuldig. Hastig fliehen die drei Richtung Süden, um erst mal bei Tante Elinor (die keine Kinder mag) Station zu machen.
Vor wem flieht der Vater eigentlich, wer ist Capricorn und weshalb muss das geheimnisvolle Buch unbedingt vor Capricorn und seinen Mannen gerettet werden?
Fragen über Fragen stellen sich Meggie, und einige werden ihr leider nur all zu schnell beantwortet. Nachdem Capricorns Männer Tante Elinors Haus ausfindig gemacht hatten, ist schnell klar, dass die Flucht weitergehen muss – und sie führt direkt in die Höhle des Löwen: in ein Dorf in Italien, das sich der Bösewicht Capricorn als Räubernest ausgesucht hatte. Ein Dorf, in dem alle Bewohner diesem Mann untertan sind, vor dem sie vor Furcht erzittern (erinnert das nicht ein bisschen an die Mafia? – Ähnlichkeiten sind wohl nicht ganz zu übersehen). Doch was Meggie in diesem Dorf entdecken wird, das geht weit über eine „normale“ Verbrecher- oder Detektivgeschichte hinaus: sie wird mit so vielen unglaublichen und phantastischen Geschehnissen konfrontiert, dass es nur ein so mutiges, beherztes (und belesenes) Mädchen wie sie aushalten kann.
Sicher werde ich nun nicht ins Detail gehen (bei diesem Buch wäre es ein Verbrechen, zu viel zu verraten, denn es hat einige sehr überraschende, ganz und gar nicht vorhersehbare Elemente), aber dass Mos Name „Zauberzunge“ ihm nicht nur einfach so als Spitzname gegeben wurde, sondern dass er durch seine Stimme tatsächlich Märchen wahr werden lässt, so viel möchte ich doch andeuten. Meggie versteht nun, warum ihr Vater ihr nie, niemals aus einem ihrer geliebten Büchern vorgelesen hat…
Zauberhafte und märchenhafte Einsprengsel gibt es in diesem Buch zuhauf: Fabeltiere, Feen, Schattenwesen, sprechende Tiere, Märchengestalten, die real werden, all das und noch viel mehr verwebt Cornelia Funke in ihre eigentliche Geschichte mit ein – und zwar so, dass der Leser / die Leserin gerne (und wie gerne!) mitzieht und sich verzaubern lässt. Doch was ist denn die „eigentliche Geschichte“? Man könnte es reduzieren auf den alten Kampf „Gut gegen Böse“ und tatsächlich gibt es diese Schwarzmalerei auch in „Tintenherz“. Aber die Autorin geht darüber hinaus. Gerade an der Figur Staubfingers, aber in geringerem Maße auch durch Tante Elinor, durch Mo und auch bei Meggie selbst werden die menschlichen Zwischentöne sichtbar gemacht, die Grauzonen; es gibt eben selten nur das Gute und das Böse, manchmal wird die Abgrenzung schwierig.
Die fulminante Story strebt einem höchst dramatischen Ende zu, einer Lesung, bei der es um Leben und Tod geht. So spannend wurde wohl noch nie eine öffentliche Vorlesung inszeniert wie hier und sicher hing noch nie zuvor so viel davon ab, w i e gelesen wird, eine Lesung als regelrechtes Showdown.
Schluss jetzt! Kein Wort weiter zum Inhalt! Selber lesen!!!
Zum Stil:
Schön, dass alles manchmal – leider viel zu selten – so gut zusammen passt wie hier. Frau Funkes Ausbildung zur Pädagogin, ihre Erfahrungen als Erzieherin und Mutter, ihr Studium für Gestaltung sowohl wie ihr unglaubliches Talent zum Fabulieren und ihre großartige Kreativität und Phantasie haben zu einem optimalen Ergebnis geführt: ein Buch, das einfach jeder gerne lesen muss (denke ich zumindest, Ausnahmen gibt es immer).
Vor jedem Kapitel stellt die Autorin Zitate aus berühmten Kinderbüchern, aber auch aus Fantasyromanen von Mark Twain bis Tolkien. Auch wenn ich den Zusammenhang zur Story nicht immer (aber oft) erkennen konnte, sind die Zitate einfach wunderschön. Ich kann mir vorstellen, dass sie beim einen oder anderen jugendlichen Leser den Wunsch erwecken, die Geschichte zu den Zitaten kennen zu lernen; das wäre ja sehr wünschenswert.
Illustrationen:
Am Ende jeden Kapitels hat die Autorin selbst kleine, sehr stilvolle Schwarzweiß- Zeichnungen eingefügt, die den Text gut ergänzen.
Meine Meinung:
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Eine gelungene Mischung aus Fantasy, Märchen, Abenteuerroman, Detektivgeschichte, ein bisschen was fürs Herz ist natürlich auch dabei und im Hintergrund immer die philosophische Frage nach dem „wie handle ich richtig, was ist eigentlich gut und was ist falsch“. Die Geschichte gewinnt zunehmend an Spannung und reißt die Leser richtig mit.
Gibt es denn gar nichts Negatives an diesem Buch? - doch: anfangs störte mich die starke Betonung des Wertes von Büchern, die übergroße Leselust der Agierenden ein wenig. Wie sehr Frau Funke den Stellenwert von Literatur und Büchern betonen will, das ist mir als Buchhändlerin natürlich sehr sympathisch, aber dennoch ist die Übertreibung ein klein wenig penetrant. Ein Kind, das sich an ein so dickes Buch heranwagt, wird Bücher sowieso mögen, man muss es doch nicht davon extra überzeugen, oder? Aber das ist ein kleines Manko, das sich auch nach ein paar Seiten verliert, dann wird die Geschichte so spannend, dass man sowieso alles andere vergisst…
Fazit: Ein ungewöhnlich gutes Kinderbuch, eines der Highlights der letzten Jahre. weiterlesen schließen
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