Pro:
ein wunderschönes Buch, das zum Nachdenken anregt . Ein Buch, das einem ans Herz wächst
Kontra:
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Empfehlung:
Ja
„Hallo, Mister Gott, hier spricht Anna“...schon so oft hatte ich dieses Buch beim Durchstöbern in der Buchhandlung in der Hand, und ich habe wirklich keine Ahnung, warum ich es bisher immer wieder ins Regal legte.
Aber wozu gibt es schließlich dieses Meinungsforum hier. Meinung gelesen, ab zu Amazon, und zwei Tage später hielt ich das Buch schließlich in den Händen.
Nun...Büchlein ist wohl eher die passende Umschreibung. Denn mit gerade mal 172 Seiten gesegnet, war ich der Meinung, dieses „Heftchen“ wäre nicht einmal Sonntag-Nachmittag-Ausfüllend.
Aber dem war dann schließlich doch nicht so. Warum, dazu will ich später kommen.
Jetzt fangen wir erst mal, wie üblich, mit der Inhaltsbeschreibung des Romans an:
Handlung
* * * * * *
Wenn ich sterbe (von Anna)
„Wenn ich sterbe,
Dann tu ich das selber.
Niemand tut es für mich.
Wenn es so weit ist,
Dann sag ich:
Fynn, stell mich hin.
Und dann guck ich rum.
Und dann lach ich.
Dann fall ich hin
Und bin tot.“
Hauptperson des Romans ist Anna.
Wer ist Anna?
Anna ist ein kleines rothaariges Mädchen mit fünf Jahren. Gerade mal einen dreiviertel Meter groß.
Zweite Hauptperson ist Fynn.
Fynn ist zwar nicht sein richtiger Name, aber er wird von jedem so genannt. Fynn ist neunzehn Jahre alt, hat eine stolze Körpergröße von 1,92 Meter und wiegt siebzig Kilo.
Diese beiden, schon rein optisch grundverschiedenen Menschen treffen sich eines nebelverhangenen Abends auf einer Parkbank an den Docks vom Londoner Hafen.
Nun...man kann sagen, schon vom ersten Augenblick ihres Treffens, ist Fynn von Anna verhext.
Drei Stunden verbringen die beiden auf der Parkbank, teilen sich Cervelatwürstchen und Schokoladenrosinen.
Ja...Fynn wird von Anna verzaubert, und erfährt von diesem kleinen verdreckten hungrigen Etwas dann schließlich recht schnell, das sie von zuhause abgehauen ist. Ihr Vater wäre ein Säufer, ihre Mutter eine Kuh, und sie geht garantiert nicht mehr dorthin zurück.
Mehr allerdings bekommt er zu diesem Thema heute, und auch später nicht aus Anna heraus.
Also beschließt Fynn Anna erst einmal mit zu sich nach Hause zu nehmen. Seine Mutter ist nach Fynns Worten „Mama, komm und sieh dir an, was ich mitgebracht habe“ keineswegs verwundert. Sie wundert sich eigentlich nie über etwas, und ist durchaus an Fynns angeschleppte Findelkinder gewöhnt. Egal ob es sich nun um Katzen, Hunde, Wellensittiche oder eben kleine dreckige Mädchen handelt, sie werden sofort bei ihr aufgenommen und umsorgt. Würde Fynn einen verlassenen Löwen eines Tages mit nach Hause bringen, wäre wohl die einzige Reaktion seiner Mutter „Das arme Ding“.
Sowohl Fynns Mutter auch ansonsten niemand kann sich Annas Charme entziehen. Nicht nur die sonst so kratzbürstige Katze Bossy, oder dem Hund Patch...sondern bald auch sämtliche Kinder und Erwachsene der Straße werden von Anna verhext. Sie reißt mit einer riesigen Macht alles an sich.
Der Grund für diese Anziehungskraft auf alles und jedem mag vielleicht nicht unbedingt Annas Lachen sein...denn dieses klingt so gar nicht wie Silberglöckchen, es ist eher eine Mischung aus Hundegebell, Motorrad und Fahrradluftpumpe.
Anna bezirzt einfach durch ihr Wesen, durch ihre großen fragenden Augen, und vorallem ihrem Verstand.
Eines von Annas größten Hobbies ist z.B. das Wörter sammeln.
Außerdem läuft sie jeden Tag aufs neue mit 1000 Fragen im Kopf herum. Weshalb - Was - Warum - Wieso sind da sicherlich noch die einfachsten Fragen, auf die es relativ einfach ist eine Antwort zu finden.
Weshalb - Deshalb. Was - Das. Warum - Darum. Wieso....DIESO???? Wieso gibt es die Antwort Dieso eigentlich nicht?
Vorallem aber hat Anna einen ganz außergewöhnlichen Draht zu Gott. In ihren Augen ist sie die persönliche Beraterin von Gott, der natürlich Englisch spricht und deshalb liebevoll von ihr „Mister Gott“ genannt wird.
Und so hat sie nicht nur in Bezug auf Mister Gott ihre eigenen Ansichten, auch in allen Grundfragen des katholischen Glaubens hat Anna ihre eigene Ansichtssache. So ist sie z.B. der festen Überzeugung, das man die Bibel nicht zum Glauben braucht, da jeder Halbidiot den Inhalt in bestenfalls 30 Minuten verstehen würde.
Auch die ganze Instuition, genannt Kirche, ist für Anna eine suspekte Sache. Gibt es da tatsächlich Erwachsene, die in diesen Kindergarten gingen, so geht ihr die Beterei im Kollektiv gegen den Strich. Schließlich hat Anna ihre eigenen, höchst privaten Gespräche mit Mister Gott. Dafür aber eine Kirche aufzusuchen, das ist doch in hohem Maß lächerlich.
Ist Mister Gott nicht überall zu finden, so gibt es ihn überhaupt nicht. Also sind nach der Meinung Annas diese turmbewehrten Häuser in jedem Fall überflüssig. Ist doch so einfach wie logisch. Wenn man ein kleines Kind von vier Jahren ist, dann geht man einmal hin und bekommt die heilige Botschaft erzählt. Dann weiß man diese eben und richtet sich danach. Leute die später noch weiter in die Kirche gehen sind entweder zu dumm, oder tun dies aus Angeberei.
Drei Jahre lang lebt Anna schließlich bei Fynn, und das ungleiche Paar werden die engsten Verbündeten, hängen aneinander wie die Kletten.
Anna erklärt Fynn sicherlich mehr, als ihr umgekehrt Fynn, über Gott und die Welt, Menschen und Liebe, Lachen, Angst, Freude und Trauer.
In diesen drei Jahren erforschen und erfahren die beiden mehr als viele Menschen in ihrem ganzen Leben.
Mit einer einfachen kurzen Antwort ist Anna nun mal nicht einfach zufriedenzustellen. Sie hinterfragt wirklich alles und hat ihr ganz eigenes Weltanschauungsbild, von welchem Fynn immer wieder begeistert ist, und auch immer wieder den wahren Kern hinter ihren Gedanken erkennt.
Mit ihrer kindlichen Anschauung der Dinge bringt sie alles auf den Punkt.
So...das solls mal hier und jetzt in Sachen Inhaltsangabe gewesen zu sein. Ihr wißt jetzt im großen und ganzen worum es geht, aber glaubt mir...ihr werdet beim Lesen des Buches noch etliche von Theorien Annas ebenfalls hinterfragen, und Euch damit selbst auseinandersetzen.
Meine Meinung
* * * * * * * * *
Als erstes möchte ich Euch einmal einen Auszug des Klappentextes zum Besten geben:
„Anna liebt - einfach alles. Und alle lieben Anna.
Die Geschichte von Anna, dem „cleveren Engel“ ist ein reinigendes Gewitter, ein Brevier für Menschen, denen Liebe abhanden gekommen ist und denen vor lauter Alltag der „Draht nach oben“ gerissen ist.“
Diese paar Sätze sagen eigentlich schon alles über das Buch aus.
Auch ich empfand dieses Büchlein als reinigendes Gewitter, welches mich dann selber immer wieder erstaunte.
Normalerweise verschlinge ich Bücher in absoluten Rekordzeiten. Diese 172 Seiten, hätten normalerweise nicht einmal einen Sonntag nachmittag überlebt, aber ich habe dann doch ca. eine Woche für das Buch gebraucht.
Denn es sind immer wieder Passagen im Buch, die man einfach mehrmals lesen muß, um schließlich zu entdecken und zu verstehen, was Anna da eigentlich meint.
Und immer wieder mußte ich der kleinen Anna recht geben.
Die Gedanken von Anna haben wirklich zuweilen mehr als philosophische Ansätze. In einfachen kurzen Sätzen nimmt sie die ganze Welt auseinander, und fügt sie mit solch kindlicher Einfachheit und Klarheit wieder zusammen, das man sich als Erwachsener fragt: Wieso hast Du das noch nicht erkannt?
Vorallem aber Annas Freundschaft zu Gott hat mich fasziniert.
Ich gebe zu...mit Gott und der Religion habe ich schon seit langer Zeit nicht mehr allzuviel am Hut.
Ich glaube zwar, das es da sicherlich „etwas“ gibt, aber ich kann mich einfach mit den strengen Riten der Kirche nicht anfreunden.
Schon als kleines Kind sah ich den sonntäglichen Kirchgang schon wie Anna, als absoluten Unsinn. Meine Großeltern haben allerdings auf solche Argumentationen nie reagiert.
Durch dieses Buch habe ich mir sogar mal wieder Gedanken über Gott, über den Glauben gemacht.
Habe darüber nachgegrübelt, und mußte feststellen, das ich mit Annas Meinung über Gott wesentlich besser Freund geworden bin als mit den vorgegeben Vorschriften.
Gott ist schließlich überall, in jedem von uns drin.
(Anna: „Mister Gott muß sich manchmal ganz klein machen, sonst weiß er doch überhaupt nicht, wie ein Marienkäfer lebt - oder?“)
Schon große Worte oder? Aber wie gesagt...ich habe mir mal nach langer Zeit durch dieses Buch mal wieder richtige Gedanken über dieses Thema gemacht.
Aber nicht nur um Gott macht sich Anna Gedanken, eigentlich über alles in dieser Welt. Man wird durch das Lesen des Buches regelrecht aufgefordert, sich auch mit Kleinigkeiten, den „Nichtigkeiten“ des Lebens zu beschäftigen und sie selbst zu hinterfragen.
Würden mehr Menschen die Welt aus Annas Augen sehen, wäre sicherlich einiges einfacher, und die Welt wäre eine bessere.
Daher muß ich sagen, ich empfehle dieses Buch wirklich jedem. Somit auch Leuten, die vielleicht schon vom Titel „Hallo Mister Gott, hier spricht Anna“ abgeschreckt wurden.
Ich verrate ausnahmsweise nicht zuviel, wenn ich Euch auch gleich mal mitteilen muß, das Anna im Buch mit acht Jahren an einem Unfall stirbt. Nicht zuviel verraten deshalb, da es schon im Vorwort dem Leser mitgeteilt wird.
Eine richtige Geschichte, wird hier im Grunde gar nicht erzählt. Das heißt das Buch hat im Grunde keinen richtigen Handlungsstrang.
In insgesamt 27 kurzen Kapiteln erfährt der Leser lediglich immer wieder neue Perspektiven aus Annas Welt, in den 3 Jahren in welchen sie mit Fynn zusammenlebt.
Aber wenn ich mit solchen Büchern im Grunde sonst nicht so viel anfangen konnte (die Nicky braucht halt immer eine richtig schön aufgebaute Story), war ich ganz einfach begeistert!
Ein Buch, das ich sicherlich noch oft lesen werde. Denn es hat es einfach verdient mehrfach gelesen zu werden.
Übrigens...Anna hat wirklich gelebt. Die Geschichte wird ja von Fynn erzählt, und lediglich Fynn steht auch in großen Buchstaben als Autoren-Pseudonym auf dem Umschlag.
Bei diesem Pseudonym handelt sich um einen Mathematiker aus Irland.
Die Geschichte von Anna erschien 1974 das erste Mal in deutscher Sprache, und Millionen hat sie schon begeistern können.
Die Welt schreibt: „Eines der schönsten, anrührendsten, menschlichsten, heitersten, melancholischsten Bücher, das je erschienen ist!“
Dem möchte ich mich hiermit anschließen.
Es gibt auch eine Fortsetzung von Annas Geschichte. Ihre berühmten Briefe sind unter dem Titel „Anna schreibt an Mister Gott“ ebenfalls als Taschenbuch erschienen.
Mit Sicherheit werde ich mir das baldmöglichst zulegen und lesen.
Zuguterletzt möchte ich Euch die letzen Sätze des Buches noch aufschreiben:
Auf dem Rückweg kam ich an dem großen Marmorengel vorbei. Er versuchte noch immer, seine marmornen Blumen auf das marmorne Grab zu legen.
„He Du“ sagte ich zu ihm „gibs auf. Du schaffst das nie“.
Die eisernen Pforten öffneten sich. Ich sagte: „Die Antwort heißt - in mir drin, ganz in der Mitte.“
Und einer kurzer Schreck überfiel mich, als ich Anna sagen hörte:
„Und auf welche Frage ist das die Antwort, Fynn?“
„Das ist leicht. Die Frage heißt –Wo ist Anna?“
Ich hatte sie wiedergefunden. Und ich war sicher, irgendwo saßen Mister Gott und Anna nebeneinander und lachten. weiterlesen schließen
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